Erdogan hat wieder Jerusalem im Visier

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Foto Präsidentschaft der Republik Türkei
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Foto Website der Regierung / Präsidentschaft der Republik Türkei
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Der türkische Präsident glaubt, dass die israelische Souveränität in Jerusalem ein historischer Unfall ist, und alles, was er tut, ist darauf ausgerichtet, diesen Unfall wieder rückgängig zu machen.

von Nadav Shragai

Bei der Entscheidung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, das Direktorat für religiöse Angelegenheiten in «Direktorat für Jerusalem und Umra-Angelegenheiten» umzubenennen, geht es nicht um blosse Semantik, sondern um Inhalt. Erdogan sieht sich als Nachfolger in der Linie der osmanischen Sultane. Er will das alte Imperium wiederherstellen und sieht sich aus islamischer Sicht für Jerusalem verantwortlich.

Erdogan sieht sich als Nachfolger von Salah al-Din (Saladin) und Suleiman dem Prächtigen und die Türken sind die «Enkel» der beiden. Daher hält Erdogan an dem Traum eines muslimischen Kalifats mit Jerusalem als Hauptstadt fest. Entsprechend hat er das Studium der osmanischen Sprache in türkischen Schulen wieder eingeführt und er empfängt Führer und Würdenträger mit einer Ehrengarde, die alte osmanische Kalifatsuniformen tragen.

Aus Erdogans Sicht ist «Jerusalem unter Besatzung», ist nach Mekka und Medina von grösster Bedeutung und sollte Teil der «Umra» (kleine Pilgerfahrt die jederzeit im Jahr durchgeführt werden kann, im Gegensatz zur grossen Haddsch. Anm.d.Red.) sein. Getreu dieser Weltanschauung rief der türkische Präsident bereits 2017 dazu auf, die Stadt durch einen Massenansturm muslimischer Touristen zu «erobern». «Wir müssen Al-Aqsa viel öfter besuchen», sagte er damals. Er stellte enttäuscht fest, dass im Jahr zuvo nur 26.000 türkische Touristen Jerusalem besucht hatten, die höchste Zahl aller muslimischen Länder, aber weit weniger als die Hunderttausende von Amerikanern, Russen und Franzosen, die Jerusalem und die Al-Aqsa-Moschee besuchten.

Erdogan ist überzeugt, dass die israelische Souveränität in Jerusalem ein historischer Irrtum ist. Alle seine Schritte in Bezug auf Jerusalem, einschliesslich der bereits erwähnten Namensänderung, zielen darauf ab, dies zu ändern. In seiner Vision sieht er sich als der moderne Salah al-Din und zukünftige Befreier Jerusalems. Die muslimischen Touristen – in manchen Fällen «arbeitslose» Türken, deren Besuch in Israel von den türkischen Behörden finanziert wird – sind Erdogans Soldaten im Kampf um Jerusalem.

In einem Video, das vor zwei Jahren von pro-türkischen Agitatoren in den sozialen Medien gepostet wurde, ist ein besorgter palästinensischer Mann zu sehen, der die Muslime um dringende Hilfe bei der Verteidigung der Al-Aqsa bittet. Das Video wechselt schnell zu Bildern von Schiffen, Flugzeugen und Fahrzeugen, die in die türkische und palästinensische Flagge gehüllt sind und ein eindeutiges Ziel haben: Al-Aqsa. Das Video zeigt dann eine Masse von Menschen, die die Tore des Geländes stürmen, die IDF-Soldaten zurückdrängen und jeden Quadratzentimeter des Geländes ausfüllen. «Al-Aqsa ist befreit», erscheint schliesslich auf dem Bildschirm.

Die Murabitun und die Murabitat („Verteidiger des Glaubens“, Gruppen muslimischer «Wächter»), die routinemässig Juden belästigten und am Besuch des Tempelbergs hinderten, wurden schliesslich verbannt. Sie waren die Vorhut von Erdogans grössenwahnsinniger Vision und der Leiter des nördlichen Zweigs der islamischen Bewegung in Israel, Scheich Raed Salah, sein Verbündeter im Heiligen Land. Jetzt – mit der Rekrutierung türkischer Pilger im Rahmen der Umrah – will Erdogan seinen «Befreiungskrieg» im Namen der Al-Aqsa fortsetzen, die von den Juden und Israel «erobert, kontaminiert und geschändet» wurde.

2015 schickte Erdogan den Leiter des Direktorats für religiöse Angelegenheiten, Mehmet Gormez, nach Jerusalem, um das «Lailat al-Qadr»-Gebet (Nacht der Bestimmun) auf dem Tempelberg zu organisieren, wobei er Jerusalem im Grunde schon damals als «Pilgerstation» einbezog. Jetzt hat er es offiziell gemacht. Ginge es nach ihm, würde er das nächste Lailat al-Qadr-Gebet wahrscheinlich selbst leiten.

Nadav Shragai ist Autor und Journalist. Auf Englisch zuerst erschienen bei Israel HaYom. Übersetzung Audiatur-Online.