Irans Mullahs wollen den „Atomdeal“ – Biden auch

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Der iranische Aussenminister Mohammed Dschawad (Javad) Sarif. Foto Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=86722202
Der iranische Aussenminister Mohammed Dschawad (Javad) Sarif. Foto Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=86722202
Lesezeit: 4 Minuten

Die regierenden Mullahs im Iran, welche die mögliche Präsidentschaft des designierten Präsidenten Joe Biden im Jahr 2021 bejubeln, fordern ihn bereits jetzt auf, sich dem Nuklearabkommen von 2015 wieder anzuschliessen, das der Iran übrigens nie unterzeichnet hat.

von Majid Rafizadeh

Der iranische Präsident Hassan Rouhani drängt bereits die nächste US-Regierung zu diesem Schritt, in der Hoffnung, dass die Biden-Regierung ins Weisse Haus einziehen wird; nach Angaben der staatlichen Agentur IRNA wies Rouhani darauf hin:

„Jetzt hat sich für die nächste US-Regierung eine Gelegenheit ergeben, die Fehler der Vergangenheit auszugleichen und auf den Weg der Einhaltung internationaler Abkommen durch die Achtung internationaler Normen zurückzukehren.“

Auch der iranische Aussenminister Mohammed Javad Zarif riet Biden auf Twitter, die von Präsident Trump verfolgte Iran-Politik des maximalen Drucks aufzugeben und sich wieder dem Atomabkommen anzuschliessen.

Die Trump-Administration übte nach ihrem Rückzug aus dem Nuklearabkommen erheblichen politischen und wirtschaftlichen Druck auf das iranische Regime aus und verhängte erneut Sanktionen gegen die Mullahs.

Die iranische Führung freut sich aus mehreren Gründen über die Aussicht auf eine Wiederbelebung des Atomdeals. Erstens bedeutet die Rückkehr zum Abkommen, dass die aktuellen Sanktionen gegen Teheran aufgehoben werden und das Regime dem globalen Finanzsystem beitreten kann. Durch das Nuklearabkommen wird sich das iranische Regime erneut einen Blankoscheck erkaufen, um seine aggressive und fundamentalistische Politik im gesamten Nahen Osten voranzutreiben, wie es bereits nach dem Nuklearabkommen im Jahr 2015 der Fall gewesen war.

Das Nuklearabkommen von 2015 ermöglichte den Zufluss mehrerer Milliarden Dollar  in die Staatskasse des iranischen Regimes und verschaffte damit dem Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) die benötigten Einnahmen, um seine militärischen Eskapaden in der Region auszuweiten. Dieses Projekt umfasste die Finanzierung, Bewaffnung und Unterstützung ihrer Terror- und Milizengruppen im Libanon, Irak, Syrien, Jemen und im Gazastreifen sowie in Südamerika. Nach dem Nuklearabkommen eskalierte das Ausmass der iranischen Einmischung und die Interventionen in der Region spürbar, und die Finanzierung von Milizengruppen nahm zu. Der Iran erhöhte auch seine Waffenlieferungen an seine Milizen, da die Zahl der von Irans Stellvertretern stationierten ballistischen Raketen auf ein noch nie dagewesenes Niveau anstieg.

Dank der Politik der gegenwärtigen Regierung ist der Iran nun aber zumindest nicht mehr in der Lage, seine Söldner und Stellvertreter, darunter Hamas und Hisbollah, zu finanzieren.

Die Begeisterung der iranischen Mullahs für das Nuklearabkommen gründet sich auf dessen grundlegende Mängel, insbesondere wegen der Verfallsklauseln, welche die Beschränkungen des iranischen Atomprogramms nach dem baldigen Auslaufen des Abkommens aufheben. Der Atomdeal verhindert nicht, wie fälschlicherweise angepriesen wurde, dass der Iran Atomwaffen erwirbt, sondern ebnet Teheran den Weg zu einem legitimierten Atomstaat.

Im Rahmen des Nuklearabkommens sind die Militärstandorte des Iran, wie z.B. Parchin, wo angeblich nukleare Entwicklung und Forschung betrieben werden, für die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde unerreichbar. Darüber hinaus hat das Atomabkommen keine Bezugnahme auf das iranische Programm für ballistische Raketen, eine Kernsäule seiner Aussenpolitik und als Trägersystem für Atomwaffen eng mit dem Atomprogramm verbunden.

Zweitens würde das Regime mit dem Abkommen globale Legitimität erlangen, was es noch schwieriger machen würde, die iranische Führung für bösartiges Gebaren oder terroristische Aktivitäten weltweit zur Rechenschaft zu ziehen.

Und schliesslich wollen sich die regierenden iranischen Geistlichen sofort wieder an dem Atomdeal beteiligen, weil er andere Regierungen im Nahen Osten erneut entfremden und unweigerlich zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und ihren traditionellen Verbündeten, insbesondere Israel, Saudi-Arabien und den Golfstaaten, führen würde. Das Nuklearabkommen von 2015 schloss Israel und die Golfstaaten unnötigerweise von den Verhandlungen mit dem Iran aus, obwohl diese Länder vor der Haustür des Iran leben und die Folgen der iranischen Stellvertretertätigkeit stärker spüren als alle westlichen JCPOA-Nationen. Dieses fehlerhafte Abkommen zugunsten des Iran anerkannte nicht die berechtigten Bedenken anderer Länder in der Region hinsichtlich der potentiellen nuklearen Fähigkeit des Iran, der Verbreitung von Raketengeschossen oder der Finanzierung von gewalttätigen Stellvertretern – sowohl innerhalb als auch ausserhalb ihrer Territorien.

Die iranische Führung steht mit ihrem Wunsch nach einer Wiederbelebung des Nuklearabkommens nicht allein: Biden hat erklärt, dass die Wiederaufnahme in den JCPOA höchste Priorität habe. Immerhin kam das Abkommen zustande, als Biden Vizepräsident in der Obama-Regierung war. Darüber hinaus schrieb Biden in einem Meinungsbeitrag für CNN:

„Ich werde Teheran einen glaubwürdigen Weg zurück zur Diplomatie anbieten. Sollte der Iran zur strikten Einhaltung des Atomabkommens zurückkehren, würden die Vereinigten Staaten dem Abkommen als Ausgangspunkt für Folgeverhandlungen wieder beitreten. Gemeinsam mit unseren Verbündeten werden wir darauf hinarbeiten, die Bestimmungen des Nuklearabkommens zu stärken und auszuweiten und gleichzeitig auch andere besorgniserregende Punkte ansprechen.“

Es scheint, dass sowohl die Ayatollahs als auch Biden das gefährliche Nuklearabkommen wiederaufleben lassen wollen. Es würde nicht nur Irans raubtierhafte Neigungen und terroristische Gruppen stärken, sondern auch einen Weg für den Iran bieten, um mühelos seine lang ersehnte Atombombe zu erhalten.

Dr. Majid Rafizadeh ist ein iranisch-amerikanischer Politikwissenschaftler, Harvardgelehrter und Vorsitzender des International American Council on the Middle East. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.