Die Unternehmensverantwortungs-Initiative verachtet die Selbstbestimmung der Völker

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Symbolbild. Foto 🇨🇭 Claudio Schwarz | @purzlbaum / unsplash.com
Symbolbild. Foto 🇨🇭 Claudio Schwarz | @purzlbaum / unsplash.com
Lesezeit: 4 Minuten

Die Unternehmensverantwortungsinitiative (UVI) ist ein gefährlicher Etikettenschwindel. Ob sie ihre Versprechungen für eine bessere Welt halten kann, ist mehr als fraglich. Was sicher ist: Die Schweiz will sich damit über das Recht anderer Länder stellen. Das endete in der Geschichte noch nie gut und widerspricht der Selbstbestimmung der Völker.

Ein Kommentar von Max Meyer

Eine Gruppe von Schweizer Nichtregierungsorganisationen steuert auf den Höhepunkt ihrer langjährigen, vermutlich millionenteuren Kampagne zu: Ende November stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über die Unternehmensverantwortungsinitiative – kurz «UVI» – ab. Damit wollen die Initianten, darunter Organisationen wie Public Eye, Solidar Suisse, die Gewerkschaft Unia und sogar die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) erreichen, dass Menschenrechte sowie die Umwelt durch Firmen besser geschützt werden.

Doch erreicht die Initiative dieses Ziel tatsächlich? Diese Frage muss im Zentrum stehen, wenn nun über die Vorlage entschieden wird. Weil sie ansonsten toter Buchstabe bleibt. Oder noch schlimmer: Die Unternehmen belastet, ohne konkreten Nutzen zu stiften. Und für die Schweiz einen rechtlich problematischen, kolonialistischen Weg einschlägt. Denn genau das ist bei dieser Initiative der Fall.

Eine neue Form von Schweizer Kolonialismus

Die UVI setzt nicht nur auf Konfrontation mit den Schweizer Unternehmen, sie geht auch davon aus, dass Schweizer Recht das «bessere» Recht sein muss als dasjenige von Entwicklungs- und Schwellenländern. Normalerweise wird für ein Schaden dort gehaftet, wo er verursacht wurde. Das ist nichts als logisch und dient der Tatsache, dass diese Nähe zu einer besseren Beurteilung der Umstände vor Ort führt. Wenn nun aber Schweizer Gerichte zuständig sein sollen für Verfehlungen von Schweizer Unternehmen irgendwo auf der Welt, dann entspricht dies nicht mehr diesem Prinzip, sondern überhöht das Schweizer Recht und setzt dieses in kolonialistischer Manier über das Recht anderer Länder. Die Initianten glauben wohl ernsthaft, dass die Schweiz in dieser Hinsicht irgendwie überlegen ist. Anstatt die lokalen Rechtssysteme zu stärken, wird einfach unser Recht «exportiert». Damit wird die Souveränität der Staaten weltweit in Zweifel gezogen. Ein gefährlicher Präzedenzfall, der gerade in einem neutralen Staat verhindert werden sollte. Gerade kleine Staaten wie die Schweiz oder auch Israel sind darauf angewiesen, dass die Souveränität der Nation und damit die Selbstbestimmung der Völker respektiert wird. Alles andere endete in der Geschichte in einer Katastrophe. Oder wären die Schweiz und Israel bereit, fremde Richter auf ihrem Territorium zu akzeptieren? Ein rechtlich sowie politisch problematischer Ansatz, wenn sich dieser durchsetzen sollte.

KMU sind nicht ausgenommen, sondern werden doppelt belastet

Die Initiative bürdet den Unternehmen zudem zu viel auf. Das zeigt sich besonders an der lückenlosen Überwachung der gesamten Lieferkette. Diese Überwachung aller Zulieferer und Unterzulieferer im In- und Ausland ist in der Praxis illusorisch. Keine Firma kann eine Garantie für das korrekte Verhalten für aller Zulieferer abgeben. Als Ausweg dienen verschärfte Lieferantenverträge. Durch (Knebel-)verträge werden alle Unternehmen die eigenen Auflagen, Pflichten und Risiken per Vertrag an die Lieferanten weitergeben, um so die eigenen Risiken zu begrenzen. Lieferanten, die diese Verträge nicht unterzeichnen wollen, müssen in Kauf nehmen, Kunden zu verlieren. Damit entsteht durch die Initiative eine Sogwirkung für alle Firmen, die in ein juristisches Schwarzer Peter-Spiel mündet und nichts bringt ausser mehr Bürokratie, mehr Überwachung und mehr Einmischung – gerade für KMU. Gepaart mit der vorgesehenen Beweislastumkehr, wonach die beklagten Unternehmen nachweisen müssen, ihre Sorgfaltspflicht erfüllt zu haben, ergibt dies eine toxische Mischung für unseren Rechtsstaat.

Wer die Initiative nicht nur von ihrem Ziel her betrachtet, sondern sich mit ihrem Mechanismus auseinandersetzt, dem wird schnell klar: Für Gewerbe und Industrie drohen Bürokratiemonster, Knebelverträge und zusätzliche Rechtsrisiken. Auch wenn die KMU nicht im Initiativfokus stehen, so geraten alle Firmen unweigerlich in ihren Sog und werden in Mitleidenschaft gezogen.

Bei Nein tritt besserer Gegenvorschlag des Parlaments in Kraft

Diese Punkte zeigen, weshalb die UVI an der Urne abgelehnt werden sollte. Nicht alles, was gut gemeint ist, wirkt auch so. Wird die Initiative abgelehnt, würde automatisch der viel bessere Gegenvorschlag des Parlaments in Kraft treten. Dieser sieht international kompatible Berichterstattungspflichten für Unternehmen vor, ohne die Fehler der Initiative zu wiederholen. Auch deshalb verdient die Initiative ein klares Nein, um dem ausgewogenen Gegenvorschlag zum Durchbruch zu verhelfen.

1 Kommentar

  1. Jetzt habe ich immer geglaubt, AUDIATUR berichte unabhängig und unbeeinflusst. Habe ich mich da so getäuscht??? Wieviel haben die Intiativ-Gegner, die über 8 Millionen in die Gegenkampagne investieren, geschmiert, damit Sie das veröffentlichen? Für mich ist das ein Grund, an der Loaylität von Audiatur zu zweifeln – lese künftig viel kritischer und stelle vorübergehend meine finanzielle Unterstützung ein. Ich bin mehr als enttäuscht – was Sie da schreiben ist eine einzige Lüge!!!

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