Schlupflöcher in den Anti-Terror-Gesetzen und -Verordnungen der EU

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Mitglieder der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) am 08. Mai 2020 in Gaza-Stadt. Foto imago images / ZUMA Wire
Mitglieder der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) am 08. Mai 2020 in Gaza-Stadt. Foto imago images / ZUMA Wire
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Die Europäische Union (EU) fertigte vor einiger Zeit einen eigenen Katalog an, der verschiedene Anti-Terror-Gesetze und Verordnungen enthält. Die im Jahr 1996 von Itamar Marcus gegründete israelische Nichtregierungsorganisation (NGO) Palestinian Media Watch, analysierte den besagten Katalog und entdeckte einige Schlupflöcher, die es terroristischen Gruppierungen ermöglicht, die Gesetze und Verordnungen zu umgehen.

Die EU legte im Jahr 2001 eine Terroristenliste an, die Vereinigungen, Personen und Körperschaften aufzählt, welche als Terrororganisationen eingestuft und die mit eventuellen restriktiven Massnahmen (2001/931/GASP) bedacht werden können. Zusätzlich wurden über die Jahre hinweg verschiedene Richtlinien hinzugefügt, um die Gesetzgebung genauer zu definieren und um ihren Spielraum sei weit wie möglich einzuschränken. So zum Beispiel im Jahr 2017 mittels der Richtlinie (EU) 2017/541. Darin heisst es unter anderem:

“Terrorakte stellen eine der schwerwiegendsten Verstösse gegen die universellen Werte Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Solidarität sowie die Wahrnehmung der Menschenrechte und Grundfreiheiten dar, auf denen die Union beruht.”

In der benannten Verordnung kriminalisierte die EU terroristische Aktivitäten und die Glorifizierung, Rekrutierung und Finanzierung in Bezug auf Terrorakte, sowie die Teilnahme oder gar Leitung selbiger in allen EU Ländern. Hierbei wurde jedoch in Gänze vergessen, die von der EU geförderten staatlichen oder nichtstaatlichen Organisationen dazu aufzufordern, ihre terroristischen Aktivitäten einzustellen, welche über den EU Raum hinausgehen. Ipso facto bedeutet dies, dass offiziell und vor allem ungestraft EU Gelder dazu verwendet werden können, um Terrorismus zu finanzieren, der ausserhalb der europäischen Grenzen stattfindet.

Das zweite Schlupfloch ist in einer weiteren Verordnung aus dem Jahr 2019 zu finden, die sich mit der finanziellen Zuwendung von NGOs beschäftigt. Hierbei ist es den Nichtregierungsorganisationen untersagt, die von der EU als Terrororganisation definierten Vereinigungen, Personen und Körperschaften finanziell zu unterstützen. Im Gegensatz zu den NGOs ist es allerdings den staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen, die Gelder von der Europäischen Union erhalten, mitnichten untersagt, die von der EU benannten Terroristen oder Terrororganisationen finanziell zu unterstützen, da sie nicht einmal in dieser oder einen anderen Regelung erwähnt werden.

Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), die jährlich Millionen von Euro von der EU erhält und die wiederum die von der Europäischen Union deklarierten Terrororganisationen finanziell unterstützt, sowie die ebenfalls verbotenen Aktivitäten wie die Teilnahme, Leitung oder Glorifizierung von Terrorakten und das Rekrutieren von Terroristen vornimmt, ist hierbei nur ein Beispiel für diejenige Entitäten, die diese Schlupflöcher meisterhaft zu finden und vor allem zu nutzen wissen. Die PA kommt also zum einen ungestraft mit all ihren Aktivitäten davon, weil sie nicht in Europa ansässig ist und somit nicht den Kriterien der europäischen Terrorgesetzen entspricht und zum anderen, weil sie schlichtweg abstreitet, dass die von der EU benannten Terrororganisationen, wie z.B. die Hamas, die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden und die PFLP, Terrororganisationen sind:

„Unter keinen Umständen werden wir zustimmen, dass eine der palästinensischen Organisationen als Terrororganisation definiert wird. Wir werden nicht zustimmen! Denn heute ist es die Hamas, morgen der [islamische] Dschihad, in zwei Tagen die Fatah … unter keinen Umständen werden wir zustimmen, dass die Hamas verurteilt wird.“  [Offizielle Fatah-Facebook-Seite, 2. Dezember 2018]

In den Jahren 2011-2019 schüttete die PA insgesamt 1.155925,07 Euro an sogenannte „PLO Institutionen“ aus, die von der EU als Terrororganisationen deklariert wurden.

Das in Abschnitt fünf verbotene Idealisieren von Terrorakten wird durch die PA nahezu täglich vorgenommen. Derartiges Verhalten ist vor allem in Zeitungs- und Social Media Beiträgen zu finden, in denen Shahids (sog. Märtyrer), die unschuldigen Menschen das Leben genommen haben, in Artikeln glorifiziert werden. Es ist ebenfalls keine Seltenheit, dass nach ebendiesen Mördern ganze Strassenzüge oder Gebäude benannt werden. Zusätzlich unterhält die Fatah das sogenannte Märtyrer Omar Abu Laila Camp, in dem Jungen u.a. symbolische Ehrenbegräbnisse für Terroristen abhalten. An einer Mädchenschule in Bethlehem erinnert man am Eingang des Gebäudes mittels Graffiti an die „Märtyrer der Al-Aqsa Intifada“. Es wird hierbei insbesondere einem 17 jähren Mädchen gedacht, das während des benannten Aufstandes zwei Menschen getötet und 28 Menschen verletzt hatte. Hierbei werden Kindern und Jugendlichen nicht nur äusserst fragwürdige Vorbilder vermittelt, sondern sie werden ebenfalls dazu motiviert, es den Märtyrern gleich zu tun.

Abschliessend empfiehlt Palestinian Media Watch, in Bezug auf die angeführten Probleme der Anti-Terror-Gesetze, die folgenden Lösungsvorschläge:

  • Die EU sollte ihre Beschlüsse auf alle Länder ausweiten und nicht bei den EU Grenzen stoppen, um zu gewährleisten, dass der Kampf gegen den Terrorismus erfolgreich geführt werden kann.
  • Die EU muss darauf bestehen, dass jede staatliche oder nicht-staatliche Einheit, neben den in den Anti-Terrorgesetzen 2017/541 bereits festgehaltenen Nichtregierungsorganisationen, den Regeln der Europäischen Union zustimmt und sie einhält. Dies würde zur Folge haben, dass die Terrorismusbekämpfung optimiert und Terroranschläge ausserhalb und innerhalb der EU, wie z.B. in der Vergangenheit durch die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) geschehen, in Zukunft vermieden werden könnten.

Festzuhalten bleibt, dass die EU in den letzten Jahren durchaus bemüht war Regeln und Gesetze zu verabschieden, um den internationalen und nationalen Terrorismus zu bekämpfen. Der Teufel liegt hierbei jedoch wie immer im Detail und es bleibt zu hoffen, dass denjenigen NGOs, die sich tagtäglich mit dieser Problematik auseinander setzen, Aufmerksamkeit zuteil wird, um zu verhindern, dass EU Gelder für terroristische Aktivitäten verwendet werden und um die Terrorismusbekämpfung an sich noch wirksamer und effektiver gestalten zu können.