Deutschland: Weniger öffentliche Gelder für Israelfeinde

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Symbolbild. Foto Sigrid Herrmann-Marschall / vunv1863.wordpress.com
Symbolbild. Foto Sigrid Herrmann-Marschall / vunv1863.wordpress.com
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Islamic Relief Deutschland (IRD) erhält keine Gelder mehr vom Aussenministerium. Grund dafür könnten noch nicht veröffentlichte Ergebnisse einer Prüfung durch den Bundesrechnungshof sein. IRD wie auch die britische Mutterorganisation gelten als umstritten, unter anderem wegen Bezügen zur Muslimbruderschaft. Dennoch werben viele prominente Politiker, darunter auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, noch immer mit ihrem Namen für ein IRD-Projekt. Und in NRW konnte Islamic Relief längst einen neuen Erfolg verbuchen.

von Sigrid Herrmann-Marschall

Islamic Relief Worldwide (IRW) mit Sitz im britischen Birmingham ist die weltweit wohl grösste muslimische Wohltätigkeitsorganisation. Laut eigenen Angaben verfügt IRW über Sammelstellen in etwa 40 Ländern. Die Organisation gilt als umstritten, seitdem das israelische Verteidigungsministerium ihr vorgeworfen hat, „Teil des Finanzsystems der Hamas-Organisation“ zu sein.

Der deutsche Ableger Islamic Relief Deutschland (IRD) mit Sitz in Köln wurde 1996 gegründet, anfänglich noch als Teil von IRW. Seit einer formellen Satzungsänderung im Jahr 2013 bezeichnet sich IRD nur noch als Partner-Organisation von IRW. Ein Partner allerdings, der den überwiegenden Teil seiner gesammelten Gelder an IRW abführt. Darunter auch Gelder vom deutschen Steuerzahler, denn IRD erhielt seit Jahren aus verschiedenen öffentlichen Töpfen Fördermittel, unter anderem auch vom Auswärtigen Amt (AA). Eine Kontrolle dieser Mittelflüsse erscheint allerdings schwierig und scheint auch nicht ernsthaft betrieben worden zu sein. Das veranlasste die Autorin Ende 2016, die Zuwendungspraxis des AA an IRD mit der Bitte um Prüfung an den Bundesrechnungshof (BRH) zu übermitteln.

Inzwischen gilt auch IRD als umstritten. Grund ist eine schriftliche Antwort der Bundesregierung vom 15. April 2019 auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion. In der vom Bundesinnenministerium (BMI) verfassten Antwort ist die Rede von „signifikanten personellen Verbindungen“ zwischen IRW als auch IRW „zur Muslimbruderschaft oder ihr nahestehenden Organisationen“. Damit bestätigte das BMI auch die Recherchen der Autorin aus den Jahren zuvor.

Frage zur öffentlichen Förderung ausgewichen

Auf die Frage der FDP-Abgeordneten, ob die Bundesregierung die Förderung einer Organisation, die den Muslimbrüdern zuzurechnen ist, für unbedenklich hält, antwortete das BMI 2019 noch ausweichend: „Im Grundsatz werden Förderentscheidungen im Zuge einer Prüfung einzelner Anträge unter Gewichtung aller förderrelevanten Aspekte getroffen. Eine pauschale Antwort, wie im Sinne der Fragestellung erwartet, ist daher nicht möglich.“

Zumindest die Förderung von IRD/IRW durch das Aussenministerium ist jetzt beendet worden. „Das vom Auswärtige Amt geförderte Projekt ,Beitrag zur Aufrechterhaltung der medizinischen Grundversorgung in Syrien‘ mit Islamic Relief ist planmässig ausgelaufen. Weitere laufende oder neue Förderungen von Islamic Relief durch das Auswärtige Amt gibt es nicht“, teilte das Ministerium letzte Woche auf Nachfrage mit. 2019 wurde das Projekt vom AA noch mit 2.504.900,00 Euro gefördert.

Prüfbericht bislang nicht veröffentlicht

Damit blieb auch unklar, ob das AA bei einer erneuten Antragstellung durch IRD für ein anderes Projekt wieder Mittel bewilligen würde. Es ist offen, ob IRD solche Anträge stellte, denn über nicht bewilligte Anträge wird keine Auskunft erteilt. IRD könnte jedoch bemerkt haben, dass weitere Förderungen nicht so still bewilligt werden könnten wie Jahre zuvor. Grund dafür könnte auch die Prüfung durch den Bundesrechnungshof sein. Der stellte letzte Woche auf Nachfrage klar, nicht Islamic Relief selbst, sondern lediglich die Zuwendungen des AA an IRD geprüft zu haben. Der Prüfbericht sei dem Aussenministerium bereits übermittelt worden. Dem Bundestag oder einem seiner Ausschüsse sind die Prüfungsergebnisse bislang aber noch nicht mitgeteilt worden. Auch eine Veröffentlichung des Prüfberichts habe es noch nicht gegeben. Eine solche Einstufung von Prüfergebnissen sei angezeigt, „wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann“, hiess es dazu vieldeutig.

Doch das AA ist nicht die einzige staatliche Institution, die an die fragwürdige Organisation Mittel vergibt. So vergaben nach dem Finanzbericht von IRD im Jahr 2018 auch die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), die Stadt Köln und der Berliner Senat Gelder an IRD.

Prominente Politiker werben trotzdem für IRD-Projekt

Hinzu kommt, dass noch immer zahlreiche prominente Politiker für Islamic Relief werben, genauer: für das IRD-Projekt „Speisen für Waisen“. Lediglich Serap Güler (CDU) hatte sich im August 2019 nach kritischen Nachfragen dazu infolge der FDP-Anfrage wieder davon zurückgezogen. Offenbar wollte sie, nachdem sie 2017 in Nordrhein-Westfalen zur Staatssekretärin für Integration berufen wurde, nicht mehr mit Islamic Relief in Verbindung gebracht werden.

Ihr Parteikollege Bülent Arslan aber reagierte nicht so, ebenso der ehemalige nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Ali Bas (Grüne) sowie die SPD-Politiker Malu Dreyer (Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz), Frank-Walter Steinmeier (inzwischen Bundespräsident), Aydan Özoguz, Hannelore Kraft (ehemalige NRW-Ministerpräsidentin), Dieter Reiter (Oberbürgermeister von München), Dilek Kolat und Henriette Reker, parteilose Oberbürgermeisterin von Köln: Alle genannten Personen waren am 3. Mai noch immer mit Foto auf der Webseite des IRD-Projekts als Unterstützer aufgeführt.

Neuer Erfolg für Islamic Relief in NRW

Hinzu kommt, dass Islamic Relief in Nordrhein-Westfalen längst einen neuen Erfolg verbuchen konnte: Eine vom dortigen Landesintegrationsministerium veröffentlichte Liste belegt, dass IRD beim ersten Kongress „Muslimisches Engagement in NRW“ am 1. Juli 2019 in Düsseldorf teilnehmen durfte. „Muslimisches Engagement in NRW“ gilt als neues Vorzeige-Projekt des Ministeriums. Politisch für das Projekt verantwortlich sind Landesintegrationsminister Joachim Stamp (FDP) und Serap Güler als Staatsekretärin. Mit der Projektbegleitung hat das Ministerium den Politologen und früheren Abteilungsleiter im Integrationsministerium Aladin El-Mafaalani betraut.

Fazit: Einer derart problematischen Organisation wie Islamic Relief als Leumundszeuge zur Verfügung zu stehen, ist entweder inkompetent, inkonsequent oder verantwortungslos. Inkompetent ist man, wenn man nicht in der Lage ist, zu erkennen, wem man sich da zur Verfügung stellt. Inkonsequent ist man, wenn man durchaus weiss, mit wem man sich abgibt, einem dies aber egal ist oder man andere Vorteile wähnt. Und verantwortungslos ist man, wenn man das Marketing von IRD gar mit Wissen und Wollen unterstützt. Dieses Marketing erst ebnet den Weg zu den öffentlichen Mitteln. Handeln öffentliche Zuwendungsgeber an diesem Punkt nicht ihrer Verantwortung gemäss, müssen die Kontrollgremien tätig werden.

Sigrid Herrmann-Marschall ist Islamismus-Expertin. Auf Deutsch zuerst erschienen bei VORWÄRTS UND NICHT VERGESSEN.

1 Kommentar

  1. Was will man von einem Frank-Walter Steinmeier schon erwarten?
    Dafür freut es mich, dass zumindest das auswärtige Amt schon mal eine Spendenquelle für die Hamas dicht gemacht hat. Ich hoffe, das weitere folgen werden.

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