Israels Kampf gegen das Coronavirus

0
Menschen mit Gesichtsmasken in der Ankunftshalle des Flughafens Ben Gurion bei Tel Aviv am 28. Januar 2020. Foto Tomer Neuberg/Flash90
Menschen mit Gesichtsmasken in der Ankunftshalle des Flughafens Ben Gurion bei Tel Aviv am 28. Januar 2020. Foto Tomer Neuberg/Flash90
Lesezeit: 3 Minuten

Das Wort „Corona“ überschattet in allen Nachrichtensendungen sogar brennende innenpolitische Ereignisse, wie den kaum spürbaren Wahlkampf nur zwei Wochen vor dem nächsten Wahlgang oder der fortgesetzte Beschuss aus dem Gazastreifen. Israel blieb bisher von akuten Krankheitsfällen verschont, obgleich auch viele Chinesen und Thais auf den Baustellen und in der Landwirtschaft als Gastarbeiter beschäftigt sind. Ihnen wurde immerhin die Heimreise zum chinesischen Neujahrsfest verboten.

Israelische Forschungsinstitute und Startups beteiligen sich an der Suche nach Gegenmitteln.

Ein israelisches Gerät, das zur Behandlung von Patienten mit Lungenentzündung entwickelt wurde, könnte die Behandlung von Patienten mit dem neuartigen Coronavirus Covid-19 signifikant verbessern. „CoughSync“ wurde von Dr. Eliezer Be’eri auf der Kinderstation des Alyn-Krankenhauses in Jerusalem entwickelt, um Kindern zu helfen, die nicht selbst abhusten können. Durch künstlich stimuliertes Husten wird das Abhusten von Sekret erleichtert. Das Gerät könne auch Erwachsenen helfen, ohne das Personal durch Ansteckung zu gefährden.

Direkt betroffen von Covid-19 sind 15 Israelis auf dem Kreuzfahrtschiff Diamond Princess vor Japan. Seit zwei Wochen dürfen sie ihre Kabinen nicht verlassen, während auf dem Schiff mit einer Kapazität von 2670 Passagieren das Virus grassiert und schon über 500 Gäste infiziert hat, darunter eine Israeli. Per Internet kommunizieren die eingesperrten Israelis mit den Medien in ihrem Land und hoffen, möglichst bald heimkehren zu können.

Doch das gestaltet sich schwierig, weil die israelischen Fluggesellschaften alle ihre Flüge in den Fernen Osten gestrichen haben. Betroffen sind Singapur, China, Japan und Indien. Die Verluste allein bei El Al belaufen sich bereits auf über 50 Mio. US-Dollar. „Bald könnte es keine israelische Fluggesellschaft mehr geben“, drohte ein El Al Sprecher und forderte Unterstützung der Regierung.

Derweil beschloss die Regierung Vorsichtsmassnahmen. Wer in letzter Zeit China oder ein anderes Land im Fernen Osten besucht habe, müsse sich zwei Wochen lang zuhause aufhalten, ohne öffentliche Plätze aufzusuchen.

Doch wie in Israel üblich, sind die Massnahmen nicht vollständig durchdacht. Auch wer infiziert ist, kann sich auf dem Flughafen nach seiner Ankunft noch frei bewegen. Israelis können mit ihren biometrischen Pässen die Passkontrolle mithilfe einer Maschine passieren. Die manuelle Kontrolle wurde abgeschafft, sodass niemand die Ausreisestempel sieht, die in den ostasiatischen Staaten noch ganz altmodisch in die Pässe gestempelt werden.

Ein Gastarbeiter dürfte kaum bereit sein, über 100 Euro für ein Taxi nach Haifa, Beer Schewa oder Jerusalem zu zahlen, um vom Flughafen zu seinem Arbeitgeber zu gelangen. Also besteigt er einen Bus oder die Eisenbahn, wo er tausende Menschen anstecken könnte, falls er von der Krankheit befallen ist. Denn niemand prüft auf dem Flughafen, ob jemand unter Fieber leidet oder an anderen typischen Symptomen.

An seinem Arbeitsplatz angelangt, sollte der frisch angekommene Gastarbeiter zwei Wochen lang eine Quarantäne abwarten. Ihm kann vielleicht ein separates Zimmer zugewiesen werden. Aber niemand hat die Arbeitgeber bislang gezwungen, auch für separate Duschen oder Toiletten zu sorgen.

Die Massnahmen der israelischen Gesundheitsbehörden sind vielleicht gut gemeint, aber derart unvollständig, dass sie eine Epidemie kaum verhindern können.

Auch die Krankenhäuser sind nur unvollständig vorbereitet. Zurzeit verfügen sie nur über einzelne Zimmer, um Patienten von der Umwelt abzuschotten. Deshalb wird im Moment erwogen, ganze Abteilungen zu räumen, falls es zu einem massenhaften Ausbruch der Krankheit kommen sollte.

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

Alle Artikel