Unterstützung von problematischen NGOs: Schönfärberischer Bericht der Schweizer Regierung

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"Aktivisten" vor einem Bild des PFLP-Gründers George Habasch. Foto PFLP / Twitter
"Aktivisten" vor einem Bild des PFLP-Gründers George Habasch. Foto PFLP / Twitter
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Der Schweizer Bundesrat hat einen Bericht veröffentlicht, in dem es um die Unterstützung von NGOs in den palästinensischen Gebieten und Israel geht. Diese Unterstützung war vielfach heftig kritisiert worden, weil sie nicht zuletzt Organisationen zugutekommt, die Israel hassen, sich antisemitisch betätigen und Verbindungen zur Terrororganisation PFLP pflegen. Der Bericht kann diese Kritik jedoch nicht entkräften – im Gegenteil.

«Die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen in Partnerländern der internationalen Zusammenarbeit» lautet der Titel eines zwanzigseitigen Berichts, den der Schweizer Bundesrat Ende Januar vorgelegt hat. Zwei Eingaben von Parlamentariern haben zu seiner Erstellung geführt: zum einen die Motion «Die Verwendung von Steuergeldern für Rassismus, Antisemitismus und Hetze konsequent unterbinden» von Christian Imark (SVP) aus dem April 2016, zum anderen das Postulat «Detaillierter Bericht über die Finanzierung palästinensischer und israelischer NGO» von Hans-Ulrich Bigler (FDP) aus dem September 2018. Beide Anträge waren Ausdruck der wachsenden Kritik an der politischen und finanziellen Unterstützung, die die Schweiz für Organisationen leistet, die an der antiisraelischen BDS-Bewegung beteiligt oder anderweitig antisemitisch tätig sind.

Im Bericht werden zunächst die Rechtsgrundlagen (verschiedene Bundesgesetze) sowie die Steuerungs- und Kontrollinstrumente (Projektplanung und -administration, Vertragswesen) genannt, die hinsichtlich der Kooperation mit NGOs von Belang sind. Sie hält der Bundesrat für ausreichend, es bestehe «derzeit kein Anpassungsbedarf». Die Nichtregierungsorganisationen, die von der Schweiz unterstützt werden, würden «sorgfältig ausgewählt», die Vorhaben «wirksam und effizient umgesetzt». Seit 2017 gebe es zudem in allen Verträgen mit externen Partnern eine Antidiskriminierungsklausel, überdies sei im Jahr 2018 der Verhaltenskodex aktualisiert worden, und man überprüfe, «ob auf Seiten des Partners politisch exponierte Personen involviert sind».

Sieben Millionen Schweizer Franken pro Jahr für 69 NGOs

Bei der Entscheidung, mit welchen NGOs kooperiert wird, seien unter anderem die «Ziele und Werte der Schweizer Aussenpolitik», die Relevanz der Projektarbeit einer Organisation sowie «deren Leistungsausweis und Expertise» von Bedeutung. Die Risiken, die sich in der Zusammenarbeit mit einer bestimmten NGO ergeben könnten, würden «systematisch erfasst und analysiert». Die Antidiskriminierungsklausel verlange, «dass die Vertragspartner keine zu Gewalt oder zu Hass aufrufenden oder diskriminierenden Handlungen vornehmen». Sie gelte auch für Aktivitäten, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Vertrag stehen. Bei Verstössen sei das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), also das Aussenministerium, «zur sofortigen Auflösung des Vertrages sowie zur Forderung auf Rückerstattung des geleisteten Beitrags berechtigt».

Man konzentriere sich bei seinen Aktivitäten «auf die Bereiche Rechtsstaat und Menschenrechte, Zugang zu Basisdienstleistungen und Lokalgouvernanz sowie landwirtschaftliche Entwicklung», heisst es im Bericht weiter. Im Jahr 2017 seien in Israel und den palästinensischen Gebieten insgesamt 69 israelische, palästinensische, ausländische oder internationale Organisationen unterstützt worden, und zwar mit rund sieben Millionen Schweizer Franken, was etwa einem Viertel des Gesamtbudgets des Schweizer Programms im israelisch-palästinensischen Kontext entspreche. 56 Prozent der Gelder seien zur Erbringung von Sozialdienstleistungen oder zur wirtschaftlichen Entwicklung eingesetzt worden, 24 Prozent für menschenrechtliche Aktivitäten, 17 Prozent für Friedensförderung und Konfliktprävention sowie drei Prozent für Aktivitäten im Migrationsbereich.

Auflösung der Geldverteilungsmaschine

Besonders scharfe Kritik gab es in der Vergangenheit an der schweizerischen Unterstützung des Sekretariats für Menschenrechte und Humanitäres Völkerrecht mit Sitz in Ramallah. Bei dieser im Juni 2018 aufgelösten Organisation handelte es sich um einen palästinensischen Verein, der von der schwedischen Consulting-Firma Niras und dem Rechtsinstitut der Universität Bir Zeit organisiert wurde. Die Schweiz, Dänemark, Schweden und die Niederlande teilten sich von 2013 bis 2018 deren Finanzierung. Das Sekretariat funktionierte vor allem als Geldverteilungsmaschine, das heisst: Es leitete die Einnahmen an palästinensische und israelische NGOs weiter – darunter solche, die ganz offen zum Boykott Israels aufrufen und sich auch ansonsten der Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates verschrieben haben.

Das EDA habe die Kritik am Sekretariat «ernst genommen», sei «den gegen einige NGOs erhobenen Vorwürfen nachgegangen» und habe in zwei Fällen «Handlungsbedarf» gesehen: bei der palästinensischen NGO Badil wegen einer «Veröffentlichung, die als rassistisch zu bezeichnen war», und bei der palästinensischen Vereinigung Women’s Affairs Technical Committee, die nicht willens gewesen sei, «sich von einer zu Gewalt aufrufenden Äusserung zu distanzieren». Im Falle von Badil habe man «personelle Veränderungen in der Leitung und des Verwaltungsrats» erreicht, mit dem Women’s Affairs Technical Committee habe man die Kooperation beendet. Die Zusammenarbeit der Geberstaaten mit dem Sekretariat wurde 2018 beendet, «auch aufgrund des anhaltend hohen politischen Drucks», wie der Bundesrat in seinem Bericht schreibt.

Finanzielle Hilfe für NGOs mit Verbindungen zu einer Terrororganisation

Mit neun der 24 NGOs, die über das Sekretariat auch schweizerische Gelder erhalten hatten, arbeitet das EDA seitdem direkt zusammen. Darunter sind mit Addameer, Al-Dameer und dem Palestinian Centre for Human Rights auch drei Vereinigungen, die erwiesenermassen Verbindungen zur Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) pflegen. Die PFLP wird nicht nur in Israel, sondern auch von der Europäischen Union, Kanada und den USA als Terrororganisation eingestuft. Ein neuer Bericht von NGO Monitor, der ausschliesslich auf öffentlich zugänglichen Informationen fusst, legt offen, worin diese Verbindungen bestehen: in Doppelmitgliedschaften etwa, gegenseitiger Unterstützung, Solidaritätsbekundungen, Reden auf Veranstaltungen der jeweils anderen Organisation, gegenseitigen Besuchen und vielem mehr.

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Der Sozialdemokratische Schweizer Ständerat Carlo Sommaruga (SP Genf), setzte sich 2014 für die Freilassung der PFLP Vertreterin Khalida Jarrar ein und besuchte sie in einem Protestzelt in Ramallah. Foto Samidoun Palestinian Prisoner Solidarity Network / Facebook

So wurden beispielsweise nach der Ermordung der 17-jährigen Israelin Rina Shnerb im vergangenen Jahr durch eine Terrorzelle der PFLP mehrere Palästinenser in Israel inhaftiert, die mindestens bis in die jüngere Vergangenheit hinein für Addameer tätig waren. Auch der Vorsitzende und Mitbegründer der NGO sowie zwei Mitglieder des Rechercheteams gehören der PFLP an. Den Generaldirektor des Palestinian Centre for Human Rights ehrte die Terrororganisation im Februar 2014 für den Gewinn des «Alternativen Nobelpreises» mit einer eigenen Zeremonie, auf der dieser stolz bekannte, einst selbst für sie «gekämpft» zu haben. Al-Dameer veranstaltete zum Beispiel im November 2018 gemeinsam mit dem Gefangenenkomitee der PFLP ein Seminar zur Unterstützung einer inhaftierten PFLP-Führerin, zudem verfügen auch in dieser NGO verantwortliche Personen über enge Kontakte zur Volksfront oder gehörten ihr sogar in führender Position an. Dass diese Organisationen ausserdem zur antisemitischen BDS-Bewegung zählen, ist da nur folgerichtig.

Müsste die Tatsache, dass diese NGOs zum Boykott des jüdischen Staates aufrufen und Israel auch ansonsten dämonisieren, nicht ein Grund für die schweizerische Regierung sein, von der Kooperation mit diesen Vereinigungen abzusehen? Müsste die Tatsache, dass Funktionäre und Aktivisten von Addameer, Al-Dameer und dem Palestinian Centre for Human Rights mit der terroristischen PFLP verbandelt sind, nicht zur Beendigung der Zusammenarbeit führen? Denn wer solchen Vereinigungen finanziell hilft, nimmt mindestens billigend in Kauf, was sie tun. Doch augenscheinlich sieht die schweizerische Regierung wider alle Evidenz keine Verstösse gegen die Antidiskriminierungsklausel in den Verträgen, die sie mit den NGOs vereinbart hat. 

Prävention von Radikalisierung und Gewalt?

Gleiches gilt für das Gaza Community Mental Health Programme. Durch den Schweizer Beitrag an diese Organisation habe «die psychologische Unterstützung grosser Bevölkerungskreise im Gazastreifen sichergestellt werden» können, heisst es im Bericht des Bundesrates. Viele Palästinenser hätten von Spezialbehandlungen ihrer Ängste und Traumata sowie von Rehabilitationen profitiert, was «in einem Umfeld, wo die Hälfte der Bevölkerung unter 29 Jahren alt ist und die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe über 60 Prozent erreicht, eine wichtige Massnahme zur Prävention von Radikalisierung und Gewalt» darstelle. Ein genauerer und kritischer Blick auf diese Organisation fördert allerdings zutage, dass sie sich mitnichten nur um psychische Krankheiten und Traumata kümmert. Mit der «Prävention von Radikalisierung und Gewalt» ist es ebenfalls so eine Sache.

Denn die Stellungnahmen und Aktivitäten des Gaza Community Mental Health Programme zeigen regelmässig, dass auch diese Vereinigung sich als politische Vereinigung zum Zwecke der Dämonisierung Israels versteht. So unterstellt sie dem jüdischen Staat «kollektive Bestrafungen», «Massaker», «Kriegsverbrechen» und «Apartheid» zum Nachteil der Palästinenser. Mit teilweise fragwürdigen medizinischen Analysen – etwa der Behauptung, die israelische Luftwaffe erhöhe durch den Überschallknall ihrer tief fliegenden Kampfflugzeuge die Zahl an Fehlgeburten im Gazastreifen – versucht sie, Israel zu diskreditieren. Die Organisation gehörte überdies zu den Erstunterzeichnern des BDS-Gründungsmanifests im Juli 2005 und hatte schon drei Jahre zuvor betont, es sei «entscheidend, israelische Produkte zu boykottieren, um so effektiv zu verhindern, dass die Wirtschaft die Kriegsmaschinerie hinter den israelischen Massakern finanziert».

So sehen die Ziele und Werte der Schweizer Aussenpolitik aus?

Werden die Nichtregierungsorganisationen, mit denen die Schweiz kooperiert, also tatsächlich so «sorgfältig ausgesucht», wie der Bundesrat es in seinem Bericht behauptet? Wird ernsthaft überprüft, «ob auf Seiten des Partners politisch exponierte Personen involviert sind»? Werden die Risiken, die sich in der Zusammenarbeit mit bestimmten NGOs ergeben könnten, wirklich «systematisch erfasst und analysiert»? Nimmt das EDA seine Antidiskriminierungsklausel eigentlich selbst ernst? Dem Bericht zufolge ja – aber dann stellt sich die Frage, was das für «Ziele und Werte der Schweizer Aussenpolitik» sind, die da eine Grundlage für die Kooperation mit den betreffenden Vereinigungen darstellen sollen.

Gehören die Dämonisierung, die Delegitimierung und der Boykott Israels etwa zu diesen Zielen und Werten? Das würde der Bundesrat gewiss vehement verneinen – und noch viel vehementer würde er den Vorwurf zurückweisen, die PFLP zu unterstützen. Dennoch muss man feststellen, dass die schweizerische Regierung eine Menge Geld an Organisationen überweist, die den jüdischen Staat hassen, sich antisemitisch betätigen und mit einer terroristischen Organisation verbunden sind. Das ist – man muss es so deutlich sagen – eine Form von Komplizenschaft. Und der Bericht des Bundesrates deshalb nichts als Schönfärberei.

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Über Alex Feuerherdt

Alex Feuerherdt ist freier Autor und lebt in Köln. Er hält Vorträge zu den Themen Antisemitismus, Israel und Nahost und schreibt regelmässig für verschiedene Medien unter anderem für die «Jüdische Allgemeine» und «Mena-Watch». Zudem ist er der Betreiber des Blogs «Lizas Welt». Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor von »Vereinte Nationen gegen Israel«, erschienen bei Hentrich & Hentrich 2018.

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