Schweizer Geld für Terrorhelfer

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"Aktivisten" vor einem Bild des PFLP-Gründers George Habasch. Foto PFLP / Twitter
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Die palästinensische NGO Addameer ist keineswegs nur eine Organisation, die Häftlingen juristisch hilft. Einige ihrer Funktionäre und Aktivisten sind vielmehr auch in der terroristischen PFLP tätig. Darüber hinaus unterstützt Addameer die antisemitische BDS-Bewegung. Dennoch wird die Vereinigung von der Schweiz finanziell unterstützt.

Mitte Dezember des vergangenen Jahres gab der israelische Inlandsgeheimdienst Shin Bet bekannt, in den vorangegangenen Monaten nach intensiven Ermittlungen und Schritt für Schritt ein Netzwerk der terroristischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) im Westjordanland aufgespürt und zerschlagen zu haben. Rund 50 Mitglieder dieses Netzwerkes seien festgenommen worden, bei den zahlreichen Durchsuchungen in deren Wohnungen habe man ausserdem reichlich Waffen, Munition und Material für den Bau von Bomben gefunden und konfisziert. Dadurch seien geplante Terroranschläge verhindert worden.

Zu diesen grossangelegten Ermittlungen kam es nach der Ermordung der Israelin Rina Shnerb Ende August 2019. Die 17-Jährige war mit ihrem Vater Eitan und ihrem Bruder Dvir an der beliebten Ein-Bubin-Quelle in der Nähe von Dolev im Westjordanland unterwegs, als eine ferngezündete Bombe explodierte. Die Jugendliche starb, ihr Vater und ihr Bruder wurden schwer verletzt. Anfang Oktober nahmen israelische Sicherheitskräfte den mutmasslichen Hauptverantwortlichen für den Mord fest: Der Palästinenser Samer Mina Salim Arbid war dem Shin Bet zufolge der Anführer jener Zelle der PFLP, die die Tat plante und ausführte.

Die Volksfront zur Befreiung Palästinas wird nicht nur in Israel, sondern auch von der Europäischen Union, Kanada und den USA als Terrororganisation eingestuft. Ebenfalls in Haft kamen seinerzeit Walid Muhammad Hanatsheh, der eine Art Supervisor von Arbid und zudem der Kopf des militärischen Arms der PFLP gewesen sein soll, Qassem al-Karim Rajah Shibli, der dem Shit Bet zufolge die Bombe hergestellt hatte, Yasan Hasin Hasni Majamas, der verdächtigt wird, an der Planung und Ausführung des Attentats beteiligt gewesen zu sein, und Nizam Sami Yousef Ulad Mahmoud wegen der Mitgliedschaft in dieser Zelle.

Die Verbindung von Addameer zur terroristischen PFLP

Zu den Personen, die anschliessend festgenommen und inhaftiert wurden, zählt auch Khalida Jarrar. Die 56-Jährige, die den «bewaffneten Kampf» gegen Israel ausdrücklich befürwortet, ist nicht nur Rechtsanwältin und Mitglied des palästinensischen Parlaments für die PFLP, sondern gehört auch zu den führenden Köpfen der Terrororganisation im Westjordanland, für deren Operationen sie von den israelischen Sicherheitsbehörden verantwortlich gemacht wird. Wegen ihrer Aktivitäten für die PFLP war sie mehrmals in israelischer Administrativhaft, zuletzt von Anfang Juli 2017 bis Ende Februar 2019.

Der Sozialdemokratische Schweizer Ständerat Carlo Sommaruga, setzte sich 2014 für die Freilassung Khalida Jarrar ein und besuchte sie in einem Protestzelt in Ramallah. Foto Samidoun Palestinian Prisoner Solidarity Network
Der Sozialdemokratische Schweizer Ständerat Carlo Sommaruga, setzte sich 2014 für PFLP Vertreterin Khalida Jarrar ein und besuchte sie in einem Protestzelt in Ramallah. Foto Samidoun Palestinian Prisoner Solidarity Network

Khalida Jarrar und Samer Arbid – der ebenfalls in der Vergangenheit mehrfach wegen terroristischer Aktivitäten, beispielsweise während der zweiten Intifada, in israelischen Gefängnissen sass – waren mindestens in der jüngeren Vergangenheit aber auch für eine weitere Organisation tätig, nämlich für Addameer. Diese Vereinigung setzt sich nach eigenem Bekunden «für eine Verstärkung der globalen Boykottkampagne» gegen Israel ein, ist also Teil der antisemitischen BDS-Bewegung, und fokussiert ihre Tätigkeit nicht zuletzt auf die in israelischen Gefängnissen einsitzenden palästinensischen Häftlinge, von denen etliche wegen terroristischer Aktivitäten verurteilt wurden.

Auf der Website von Addameer wurde der 44-jährige Arbid bis zum Jahr 2015 als Buchhalter geführt. Khalida Jarrar war von 1993 bis 2006 Vorsitzende der Organisation und zählte mindestens bis 2017 zum Vorstand. Doch nicht nur diese beiden sorg(t)en für enge Verbindungen zur PFLP. Auch der Vorsitzende und Mitbegründer von Addameer, Abdullatif Ghaith, sowie Ayman Nasser und Salah Ramouri, zwei Mitglieder des Rechercheteams, gehören der Terrororganisation an. Dass Addameer lediglich eine «Anwalts-Organisation» ist, die «zu rechtsstaatlichen Strukturen arbeitet» und «Rechtshilfe für Beschuldigte zur Verfügung stellt», wie die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung schreibt, die mit der Vereinigung kooperiert, lässt sich jedenfalls nicht ernsthaft behaupten.

Finanzielle Unterstützung grenzt an Komplizenschaft

Dennoch wird sie auch von der schweizerischen Regierung politisch und finanziell unterstützt. Audiatur-Online liegt ein Vertrag vor, den das Schweizer Aussenministerium im Mai 2018 mit Addameer geschlossen hat und der eine Zuwendung von 150.000 US-Dollar für das betreffende Jahr vorsieht. Als Zweck der Zahlung ist «die Verwirklichung von Projekten und Aktivitäten» der Organisation genannt. Gemäss dem «Aktionsplan» von Addameer, der dem Vertragswerk als Anhang beigefügt ist, geht es dabei beispielsweise um Gefangenenbesuche, die juristische Betreuung von Inhaftierten – 300 in Israel und 40 im Zuständigkeitsbereich der Palästinensischen Autonomiebehörde – und die Kooperation mit dem notorisch antiisraelischen UN-Menschenrechtsrat sowie mit dessen Sonderberichterstatter für die palästinensische Gebiete, Michael Lynk. Mehr als zwei Drittel der Zuwendung werden dabei für Personalaufwendungen veranschlagt, dazu zählen etwa die Gehälter und Honorare für die Rechtsanwälte und Übersetzer.

Auf der Website des Aussenministeriums wird Addameer auch für das Jahr 2019 als Projektpartner der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) gelistet, das heisst: Im vergangenen Jahr flossen ebenfalls Gelder. In Artikel 7 des Vertrages aus dem Jahr 2018 heisst es, Addameer müsse «die Aufstachelung zu Gewalt oder Hass» genauso «grundsätzlich unterlassen» wie «die Diskriminierung aufgrund der Rasse, ethnischen Herkunft oder Religion». Das betreffe auch jene Projekte und Aktivitäten, die nicht Gegenstand des Vertrages sind. Jeder Verstoss gegen diese Grundsätze rechtfertige die sofortige Beendigung des Vertragsverhältnisses und die Rückforderung bisher geleisteter Zahlungen seitens des Aussenministeriums.

Ausschnitt des Vertrages den das EDA im Mai 2018 mit Addameer geschlossen hat.
Ausschnitt des Vertrages den das EDA im Mai 2018 mit Addameer geschlossen hat.

Sollte, ja, müsste die Tatsache, dass Addameer zum Boykott des jüdischen Staates aufruft und Israel auch ansonsten dämonisiert, nicht ein Grund für die schweizerische Regierung sein, von der Kooperation mit dieser Vereinigung abzusehen? Sollte, ja, müsste die Tatsache, dass Funktionäre und Aktivisten von Addameer eng mit der terroristischen PFLP verbandelt sind, nicht zur Beendigung der Zusammenarbeit führen? Zwar hat selbstverständlich jeder Häftling – ganz gleich, aus welchem Grund er im Gefängnis sitzt – das Recht auf einen juristischen Beistand. Doch ganz offensichtlich geht es Addameer nicht nur um die rechtliche, sondern auch um eine politische Unterstützung der Inhaftierten: Es gibt Sympathien für deren terroristischen Mordtaten – und mehr noch: Der eine oder die andere unterstützt jene Organisation, die sie ausgeführt hat, oder trägt gar eine (Mit-)Verantwortung für sie.

Wer einer solchen Vereinigung finanziell hilft, nimmt mindestens billigend in Kauf, was sie tut. Doch augenscheinlich sieht die schweizerische Regierung wider alle Evidenz keine Verstösse gegen den Artikel 7 des Vertrages, den sie mit Addameer vereinbart hat. Das als merkwürdig und seltsam zu bezeichnen, wäre noch eine erhebliche Untertreibung. Es grenzt an Komplizenschaft

Über Alex Feuerherdt

Alex Feuerherdt ist freier Autor und lebt in Köln. Er hält Vorträge zu den Themen Antisemitismus, Israel und Nahost und schreibt regelmässig für verschiedene Medien unter anderem für die «Jüdische Allgemeine» und «Mena-Watch». Zudem ist er der Betreiber des Blogs «Lizas Welt». Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor von »Vereinte Nationen gegen Israel«, erschienen bei Hentrich & Hentrich 2018.

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