Petra Heldt: “Deutsche evangelische Christen haben keine Kirche in Israel”

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Blick auf die Jerusalemer Altstadt. Links die Erlöserkirche. Foto ReeveJ, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35707652
Blick auf die Jerusalemer Altstadt. Links die Erlöserkirche. Foto ReeveJ, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35707652
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Wo steht die evangelische Jerusalemer Erlöserkirche? Die von Ulrich Sahm hier am 14. Dezember aufgeworfene Frage gibt Anlass zum Nachdenken. Die von der Evangelischen Kirche in Deutschland beauftragten Verwalter der Erlöserkirche in der Altstadt von Jerusalem haben wenigstens drei Möglichkeiten, diese Frage zu beantworten, doch nur eine Antwort ist, wie Sahm zeigt, im Sinne der Kirche richtig.

von Dr. Petra Heldt

Diese Antwort steht in Übereinstimmung mit der Politik der Deutschen Bundesregierung und sagt, dass die Erlöserkirche nicht in Israel steht. Die Bundesregierung hat sich einer Version einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet, worin der künftige Status von Jerusalem, das beide Seiten als Hauptstadt beanspruchen, auszuhandeln sei. So bleibt die Altstadt Jerusalems auch gegenwärtig weiterhin aus dem von Deutschland Israel zugedachten Staatsgebiet ausgespart. Anders als die evangelische Erlöserkirche, die sich 1948-67 im jordanisch besetzten Gebiet der Altstadt von Jerusalem befand, lag die katholische Dormitioabtei in jener Zeit auf dem Zionsberg im Niemandsland auf der israelischen Seite. So ist die Dormitioabtei im Verständnis der Bundesrepublik Deutschland heute offiziell auf israelischem Gebiet, die Erlöserkirche aber nicht.

Eine andere Antwort zur Frage nach der Staatszugehörigkeit des Ortes der Erlöserkirche könnte die Position des Staates Israel einnehmen. Hier ist Jerusalem Israels ungeteilte Hauptstadt. Auch hier ist die Antwort klar, aber gerade umgekehrt zur ersten: Die Erlöserkirche liegt in Israel. Ein evangelischer Kirchenverwalter ginge mit einer solchen Antwort allerdings einen Sonderweg und arbeitete gegen die Interessen der Bundesregierung und der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er würde eine politische Position beziehen, die nicht nur in Anbetracht der gegenwärtigen Bauunterstützung für die Erlöserkirche durch die Bundesregierung, wie es heisst, im Werte von Millionen Euro ungeschickt wäre.

Die dritte Art von Antwort weicht einer Eindeutigkeit aus. Sie nimmt das Anliegen vieler evangelischer Christen in Deutschland auf, die in der frommen Annahme zur Erlöserkirche pilgern, dass sie in Israel liege. Hier bleibt die Antwort nicht ohne Absicht unklar. Schwelende politische und theologische Schwierigkeiten zur Lage der Erlöserkirche werden etwa durch die freundliche Selbstbeschreibung der Kirche als einem Ort, der zwischen allen Stühlen sitzt, wie ein Propst einst formulierte, umgangen. Einen anderen Versuch zur Quadratur des Kreises unternahm die Erlöserkirche viele Jahre mit dem Bestreben, Israel wenigstens durch Gemeindeglieder, die im israelischen Bereich Jerusalems leben, marginal präsent sein zu lassen. Diese bescheidene, doch wirkungsvolle Bestrebung wurde in den vergangenen sieben Jahren unterbunden, wo es nötig schien, und stattdessen das linkspolitische israelische Spektrum gefördert, das oft die Staatsposition der Bundesregierung zu Israel unterstützt.

Faktum ist, dass die Evangelische Kirche in Deutschland nach ihrem eigenen Selbstverständnis im Staat Israel keine Kirche besitzt. Bestrebungen, das zu ändern, sind nicht erkennbar.

Arabisch, deutsche und englische Beschriftung der Erlöserkirche in Jerusalem. Foto brionv San Francisco, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35075082
Arabisch, deutsche und englische Beschriftung der Erlöserkirche in Jerusalem. Foto brionv San Francisco, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35075082

Die Erlöserkirche wird geleitet als stünde sie in einem palästinensischen Gebiet. So ist es wie selbstverständlich, dass die Kirche palästinensische Positionen referiert; dass deutsche evangelische Mitarbeiter sich häufig an einer palästinensisch kolorierten Westbank orientieren; dass das Arabische und Muslimische oft vertrauter ist als das folkloristisch im Angebot stehende Hebräische und Jüdische. Rückkehrer von der Erlöserkirche sind in Deutschland oft gute Botschafter dieser Politik.

Es sieht so aus, als ob die evangelische Kirche mehr im Auge hat als das Wort Gottes und das Heil der Menschen. So kommt es, dass die Erlöserkirche nicht in Israel steht.

Pfarrerin Dr. Petra Heldt ist Direktorin der Ökumenisch-theologischen Forschungsgemeinschaft in Jerusalem. 

3 Kommentare

  1. Nicht zu vergessen, dass der Großmufti von Jerusalem, Hitlers Freund, auch ein Freund und Förderer der Erlöserkirche war! Nicht zu vergessen, dass etwa der Jerusalemverein (der Erlöserkirche verbunden – und aus diesen Reihen kommen oft auch die Pröpste – grundsätzlich vom ‘Heiligen Lande’ redet und den Jüdischen Staat ignoriert!

    Nicht zu vergessen, dass – so kann man es im Archiv des Auswärtigen Amtes finden – als ein Argentinier 1000 Jüdische Kinder von den Nazis freikaufen wollte, um sie im damaligen Palästina anzusiedeln, er eine ablehnende Antwort erhielt, weil die Nazis schließlich nicht den ‘Lebensraum der edlen Araber’ mindern wollten.
    Und da Argentinien seit dem 9. November 1938 seine Grenzen für Jüdische Menschen geschlossen hatten, sind diese Kinder dann eben im Gas gelandet.

    Da haben wir doch einen wunderbaren historischen Kontext. Nicht dass wir nicht schon vorher wussten, wer wo steht!

  2. Wie man hier sieht, ist die EKD vor sich selbst nicht sicher: biblische Grundlagen zählen weniger als die Buhlerei zu sog. palästinensischen Gegebenheiten. Was reitet die EKD so gegen das Wort Gottes?
    Wenn man z.B. den Fleiß der Moscheen-Erbauer auf dem Tempelberg untersucht, erkennt man, wie emsig sie jegliche jüdische Vergangenheit Jerusalems zu negieren versuchen. Welch ein Hohn bei allen Tatsachen!
    Und genau dieser Gruppierung pflichtet die EKD bei. Wie geht das?

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