Jerusalems Erlöserkirche „steht nicht in Israel.“

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Erlöserkirche in Jerusalem. Foto معتز توفيق اغبارية , CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49913753
Erlöserkirche in Jerusalem. Foto معتز توفيق اغبارية , CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49913753
Lesezeit: 4 Minuten

Sieben Jahre lang war der Theologe Wolfgang Schmidt der verantwortliche Propst der Erlöserkirche in Jerusalem. Am Tag seines Abschieds gab es einen feierlichen deutschsprachigen Gottesdienst im Beisein von Würdenträgern anderer christlicher Kirchen, sowie jüdischen Israelis und deutschen Gästen. In seiner Predigt redete Schmidt von der „gemeinsamen Sprache“ Jesu und der Christen heute. Doch während des Gottesdienstes fiel kein einziges hebräisch Wort, während nach der Predigt arabische Pastoren auf Arabisch Psalmen rezitierten. Während des anschliessenden Empfangs fragte ich den Propst, warum denn bei dem Gottesdienst kein einziges hebräisches Wort erklungen sei, zumal die Kirche doch in Israel stehe. Schmidt antwortete schroff und klar: „Die Erlöserkirche steht nicht in Israel.“ Eine Nachfrage, in welchem Land sie sich denn befinde, liess er nicht mehr zu, sondern wandte sich ab.

Die Antwort des Propstes auf die journalistische Frage zum Standort der markanten Kirche, dem weithin sichtbaren Symbol des deutschen Imperialismus mitten in der Altstadt Jerusalems, provoziert Neugierde, zumal rund um die Erlöserkirche patrouillierende Grenzschützer und Polizisten an ihren Uniformen Abzeichen des Staates Israel tragen.

Schmidt ist inzwischen Oberkirchenrat in Karlsruhe. Als „Interimspropst“ wurde Rainer Stuhlmann berufen. Auf die Frage zum Standort der Kirche antwortete Stuhlmann schriftlich:

„Mich hatte verwundert, dass Sie Ihre Frage nicht auch an (OKR Schmidt oder OKR Pühn gestellt haben, die in dieser Sache sicher besser informiert sind als ich. Auf Ihre Frage “In welchem Land steht die Erlöserkirche?” gibt es für mich je nach Situation verschiedene Antworten, z.B. Im Gelobten Land, im Heiligen Land, im Land der Bibel…“

Aus Höflichkeit und um keinen theologischen Fehltritt zu begehen, wagten wir es nicht, Stuhlmann zu fragen, wie denn der Regierungschef des von ihm genannten „Gelobten Land, Heiligen Land oder Land der Bibel“ heisst. Ebenso wagten wir es nicht, ihn um eine Telefonnummer oder gar um eine Email-Adresse der Behörden jener Länder zu bitten.

Da keiner der von Stuhlmann aufgelisteten Staaten in der UNO vertreten ist, interessierte es uns dann doch, wohin denn Stuhlmann mit dem Flugzeug geflogen ist, um seinen Dienst anzutreten oder wo er eine Grenzkontrolle passiert hat, um sein Aufenthaltsvisum zu erhalten.

Oberkirchenrat (OKR) Schmidt hatte seine Antwort ja bereits gegeben. OKR Pühn ist Referent für deutschsprachige evangelische Gemeinden im Nahen und Mittleren Osten, Stiftungen im Heiligen Land und Kontakte zu den Kirchlichen Weltbünden. Wir wandten uns an die EKD-Pressestelle, um eine Antwort zu erhalten, zumal Stuhlmann offen gesteht, nicht ausreichend informiert zu sein, in welchem Land denn die Kirche stehe, in der er nun als Propst dient.

Offenbar ist die Frage delikat, wenn selbst der heute in der Erlöserkirche dienende Propst behauptet, dass die genannten Oberkirchenräte „in dieser Sache sicher besser informiert sind als ich.“

Obgleich die EKD Besitzer und Betreiber jener lutherischen Kirche in Jerusalem ist, schickte die EKD-Pressestelle eine erstaunlich ausweichende Antwort:

Ihre E-Mail an die Pressestelle im EKD-Kirchenamt wurde zur Beantwortung an den bundesweiten Info-Service der evangelischen Kirche weitergeleitet. Sie beziehen sich in Ihrer Anfrage auf eine Aussage des ehemaligen Propstes von Jerusalem, Wolfgang Schmidt. Wir können von dieser Stelle nicht sagen, wie er das gemeint hat. Bitte wenden Sie sich daher zur Klärung direkt an Herrn Schmidt im Evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe.“

Gezeichnet hatte i.A. eine Mitarbeiterin im Team Info-Service der evangelischen Kirche.

Offensichtlich wollen sich die kirchlichen Stellen nicht festlegen. Was der scheidende Propst Schmidt „meinte“ ist ziemlich irrelevant, denn die Aussage, dass die Kirche „nicht in Israel“ stehe war überdeutlich.

Auf der EKD-Homepage kann man immerhin unter mehreren Standorten auswählen:

Israel / palästin. Gebiete / Jordanien – Jerusalem / Amman

Geschichte des Standorts

Die Erlöserkirche stand noch unter türkisch-osmanischer Herrschaft, als sie am Reformationstag des Jahres 1898 durch Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Victoria eingeweiht wurde. Die Schlüsselgewalt erhielt Friedrich Wilhelm Barkhausen, Präsident des Evangelischen Oberkirchenrats der Evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen Preussens. Wilhelm II. war der erste westliche Herrscher der Neuzeit, der Jerusalem betrat. Für ihn wurde ein Graben vor dem Jaffator zugeschüttet. So konnte der deutsche Kaiser gekleidet in einer Kreuzfahrer-Uniform hoch zu Ross einreiten.

1917 marschierten die Briten durch diese Maueröffnung in Jerusalem ein und gliederten die Stadt dem britischen Mandat Palästina ein. Der Teilungsplan der UNO von 1947 bestimmte, dass Jerusalem ein „corpus separatum“ unter Kontrolle des UN-Sicherheitsrates werden sollte. Im Krieg von 1948 eroberte Jordanien die Altstadt und annektierte sie. 1967 gab es wieder Krieg, wobei Israel die Stadt eroberte und ebenfalls annektierte. Anschliessend beanspruchen die Palästinenser Jerusalem für sich als Hauptstadt ihres bis heute nicht ausgerufenen Staates. Der palästinensische Präsident Abbas ist sich gewiss: „Jerusalem ist der dem Himmel am nächsten liegende Punkt und somit die Hauptstadt unseres palästinensischen Staates.“

Auf eine schriftliche Anfrage in welchem Land denn nun die Erlöserkirche stehe, antwortete ein EKD-Sprecher:

„Die Zugehörigkeit eines Ortes wird nicht durch die EKD, sondern durch völkerrechtliche Regelungen festgelegt. Entsprechend sind die diesbezüglichen völkerrechtlichen Regelungen, die von der Bundesrepublik Deutschland anerkannt wurden, auch für die EKD geltender Massstab. Bekanntlich befindet sich das Vertretungsbüro der Bundesrepublik Deutschland für Ostjerusalem in Ramallah.“

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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15 Kommentare

  1. Nicht selten schäme ich mich, Deutscher zu sein! Vor Gott und dem jüdischen Volk!
    Mir bleibt: jeden Tag Sein Volk zu segnen – bei allen deutlichen Worten, die wir für Israel auch einsetzen sollen & dürfen.

  2. Was soll ich sagen?! Die Deutschen halt.
    Um ehrlich zu sein, sollten die Juden in Israel SEHR VIEL MEHR Selbstbewußtsein zeigen und vor allem den Europäischen Staaten, die glauben in Israel ihre Pfründe zu verteidigen einfach nach hause schicken.
    Und ein paar dieser Bauten gehören schlicht abgerissen, damit man dort Wohnungen für Juden bauen kann.

  3. Vielleicht gibt es einmal die Frage an Oberkirchenrat W. Schmidt, ob er offenlegen kann, warum die Erlöserkirche / EKD Millionenbeträge nachzahlt an Moslems wegen des Ölbergs.
    Wie kann es sein, daß Letztere Ansprüche gegenüber der Kirche geltend machen aus Kaiser Zeiten?
    Die Zahlungen muten wie eine Dimmy-Steuer an.
    Englische Photos der Originalverträge von damals weisen nach, daß die vorgelegten Verträge mit moslemischem, vermeintlichem Anspruch gefälscht sind.
    Wenn das in Baden bekannt wird, ist das badische Kirchensteuerklientel sicherlich bereit, den Apparat zu “verschlanken”.

  4. Die Bibel sagt zu Kommentatoren wie Sie folgendes “Wie lange wollt Ihr Toren die Erkenntnis hassen?” Ich empfehle Ihnen, erst einmal die Hausaufgaben zu machen.

  5. Kommen von von Ihnen nach drei “Beiträgen” auch noch so etwas wie Argumente – also eigene geistige Leistungen – oder wollen Sie hier einfach nur trollen?

  6. Die St. Remo antwort kommt oft aus der rechten ecke und 0,001 % Aller Voelcker rechtler stimmen damit ueberein.
    Sagen sie das mal in neben leuten die einen ueberblick der sachlage haben und sie werden gelaechter hoeren.

  7. Nach internationalem Recht gehört ganz Jerusalem zu Israel, basierend auf der nach wie vor gültigen Balfour-Erklärung von 1917, 1920 in San Remo völkerrechtlich anerkannt und gefolgt vom Völkerbundmandat von 1922. Dieses legte die jüdische Heimstätte fest zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer, inkl. ganz Jerusalem. Dies ist auch heute gültig, weil die Araber 1947 den UNO-Teilungsplan (nur ein Vorschlag) abgelehnt hatten. Die Rechte Israels sind geschützt in Art. 80 der UNO-Charta, es gibt keinerlei Rechtsansprüche seitens Palästinenser auf z.B. Ostjerusalem. Die gültigen Satzungen von PLO/Fatah und der Hamas haben beide die Vernichtung Israels zum Ziel.

    Dass fast alle Botschaften in den 70er Jahren nach Tel Aviv zogen ist auf die damaligen Drohungen der Oel produzierenden arabischen Länder zurückzuführen. Die andauernde Delegitimierung Israels durch die meisten Nationen erleben wir in der UNO, EU, UNESCO, UNO-Menschenrechtsrat, einzelnen Ländern wie auch der Schweiz, Weltkirchenrat und in den Medien ohnehin. Der moderne Antisemitismus heisst Antiisraelismus, ein endzeitliches Phänomen. Denn im Buch Sacharia (12) sagt Gott “Ich werde machen Jerusalem zu einem Laststein für die Völker, alle die ihn heben wollen werden sich daran wundreissen”.

  8. die haben aus den Psalmen gelesen und dort stand angeblblich dass Gott sie von der israelischen Besatzung erlösen möge.

  9. Bei der antiisraelischen Neigung der handelnden Personen in dieser Veranstaltung würde mich auch interessieren, was da auf arabisch gelesen oder gesagt wurde.

  10. Oi weh, ich zeig ledeglich die internationale gesetzes und diplomatie lage auf die muss mann nich moegen is aber so.
    Bin uebrigens Israeli und sogar mal ne weile in der altstadt gelebt.
    Was mann I’m ausland oft nicht wahrnimmt ist das es ausser der likud pr blase auch viel anderes hier gibt und mann muss nicht mal durch mea shearim laufen um festzustellen das judentum und der staat Israel nicht identisch sind.

  11. Hallo, Seymore Butts, hier einige Fakten. Um 1000 vor Christus erklärte König David, der übrigens Jude und nicht „Palästinenser* war, Jerusalem zur Hauptstadt seines Reiches. Um 637 nach Christus wurde Jerusalem von arabischen Armeen erobert. Im Laufe seiner jahrtausendealten Geschichte wechselte Jerusalem mehrere Male seinen Besitzer. Jerusalem war jedoch niemals die Hauptstadt irgendeiner anderen souveränen Staatseinheit als des jüdischen Königreiches. Einen palästinensischen Staat hat es niemals gegeben, sowie es niemals ein palästinensisches Volk gegeben hat. Dass die „Jerusalemfrage“ heute ein Politikum ist, liegt an Personen wie Ihnen, die sich über jegliche Fakten und Tatsachen hinwegsetzen und Geschichtsverfälschungen als neue Tatsachen deklarieren. Sie haben wahrscheinlich laut applaudiert, als in der UNO verkündet wurde, dass es keinerlei Verbindung zwischen Jerusalem und dem Judentum gäbe. Willkommen im Klub der gezielten Meinungsmanipulation.

  12. Genau wie von Ulrich Sahm beschrieben, habe ich Herrn Schmidt selbst erlebt. Wobei er im Vergleich zu z.B. Frau Zander oder Herrn Stuhlmann sicher noch “gemäßigt” war.
    Leider sind weite Teile der Jerusalemer Lutherischen Gemeinde stramm antisemitisch verortet.
    Ich könnte noch dutzende ähnliche Beispiele bringen…
    z.B: Frage an eine deutsche Mitarbeiterin, ob sie denn jetzt hebräisch lerne: “Nein ich lerne natürlich arabisch. Mit Hebräisch kann man in Jerusalem nichts anfangen…”
    Das gipfelte für mich in dem Ausspruch eines arabischen lutherischen Pastors aus Anlaß der Himmelfahrtsmesse in der Auguste Viktoria 2018:
    “We as Christians do not have a problem with the Jews. Our problem is the existence of the State of Israel”.
    (Kleine Anmerkung am Rande: Der Abriß des Jaffators im Zusammenhang mit dem Kaiserbesuch ist historisch durchaus strittig, da auch zeitlich nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehend).

  13. Wenn diese frage auch heute offensichtlich ein politikum ist, ist die antwort sehr einfach ost Jerusalem war kurz besetzt und dann von juni 67 anektiert.

    Meines wissensstandes hat kein land (wahrscheinlich ausser naru und bolivien mit der naechste waffenlieferung) dies anerkannt.
    Deshalb sind bekannterweise 98% Aller botschaften in tel aviv.
    Aber schoen getrollt herr sahm.

  14. Ich hätte noch eine Frage:

    Wieso wurden Psalmen auf Arabisch und nicht auf hebräisch gelesen. Steht die Original Sprache der Psalmen bzw. Die Sprache in der Jesus sie vielleicht auch gelesen hat, auch zu Diskussion in der Evangelischen Kirche? Verstehe dass wenn sie in Deutscher Übersetzung beten, aber warum auf Arabisch und nicht auf hebräisch, anerkennen sie auch die (Jesus) Sprache nicht?.
    Finde es auch historisch falsch wie Kirchliche Quellen oft „als Jesus in Palästina lebte“ Schreibeten. Schliesslich gab es noch keine (Provinz Syria-)Palästina zu Jesus Zeiten, diese wurde erst im Jahr 135 so genannt. Das „Land der Philister“ dass manche als Ursprung voin dem Namen Palästina sehen, existierte nur im „Gaza Streifen“ und es ist mit nicht bekannt dass Jesus dort je war, ind überhaupt war es zu Jesus Zeiten schon längst verschwunden.
    Es nimmt mich wunder ob die „Geschichtsverfälschung“ mit Absicht oder durch Unwissen verursacht ist.

    Liebe Grüsse,
    hava

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