Die Nachrichten aus dem Iran sollten eigentlich das Gewissen der Welt aufrütteln. Wie die New York Times in einem am Montag veröffentlichten Frontartikel berichtete, reagierte das Regime mit beispielloser Gewalt, als Iraner versuchten gegen die willkürliche Entscheidung ihrer Regierung die Benzinpreise drastisch zu erhöhen, zu protestieren.
Im ganzen Land haben Sicherheitskräfte, einschliesslich Einheiten des islamischen Revolutionsgardenkorps, das Feuer auf unbewaffnete Bürger eröffnet. Laut der Times wurden in den ersten zwei Wochen der Proteste zwischen 180 und 450 Menschen getötet, mindestens 2.000 verwundet und 7.000 verhaftet.
Vielleicht genauso schockierend wie die von den regierenden Klerikern angeordneten Morde, ist die Reaktion aus Westeuropa. Die USA haben die Gewalt scharf verurteilt und sich verpflichtet, den Druck zu erhöhen. Den Druck, den sie bereits zuvor ausgeübt haben um das iranische Regime zu zwingen, das von ihm mit dem Westen abgeschlossene und gebrochene Atomabkommen neu zu verhandeln und sein Verhalten sowohl gegenüber der eigenen Bevölkerung, als auch gegenüber den Nachbarländern zu ändern. Europa signalisiert jedoch nicht nur mangelndes Interesse an den Unruhen im Iran, sondern verdoppelt auch die Bemühungen, westliches Geld nach Teheran fliessen zu lassen, damit das Regime weiterhin an der Macht bleiben kann.
Sechs Europäische Länder haben sich dem Instrument zur Unterstützung der Handelsbörsen (Instex) angeschlossen – einem Finanzmechanismus zur Umgehung der US-Sanktionen gegen den Iran.
„Als Gründungsaktionäre des Instruments zur Unterstützung der Handelsbörsen begrüssen Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich nachdrücklich die Entscheidung der Regierungen von Belgien, Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Norwegen und Schweden, INSTEX als Aktionäre beizutreten“, dies erklärten Frankreich, Grossbritannien und Deutschland in einer gemeinsamen Erklärung am Samstag.
Die Vereinigten Staaten zogen sich im Mai 2018 aus dem iranischen Atomabkommen von 2015 zurück und verhängten erneut, sowohl die vormals aufgehobenen als auch neue finanzielle Sanktionen gegen Teheran.
„Welche Botschaft sendet ihr an das iranische Volk?“
Das israelische Aussenministerium prangerte die Entscheidung an. „Mit Hunderten unschuldiger Iraner, die während der letzten Protestrunde ermordet wurden, hätten Belgien, Dänemark, Finnland, die Niederlande, Norwegen und Schweden kein schlechteres Timing wählen können“, hiess es in einer Erklärung am Sonntag. Er fuhr mittels einer rhetorischen Frage fort: „Wir fragen diese europäischen Länder: Welche Botschaft sendet ihr an das iranische Volk? Wäre es nicht effektiver und ethischer, die für die Ermordung unschuldiger Zivilisten verantwortlichen Regimebeamten zu designieren? Wie sollen das iranische Regime und die Iranische Revolutionsgarde (IRGC) diese Geste verstehen?“
„Europa gibt weiterhin vor, den Iran und die Proliferation ernst zu nehmen, beweist jedoch erneut, dass dies nicht der Fall ist“, sagte Danielle Pletka, Senior Vice President für aussen- und verteidigungspolitische Studien am American Enterprise Institute, gegenüber dem Jewish News Syndicate (JNS). „Das Übersehen von iranischen Verstössen ist ein Merkmal und kein Fehler der europäischen Aussenpolitik.“
Die Konferenz der Präsidenten der wichtigsten jüdischen Organisationen in den USA sagte in einer Erklärung: „In einer Zeit, in der der Missbrauch des iranischen Volkes durch die Ayatollahs besonders ungeheuerlich ist und die Aggression des Regimes in der Region immer offensichtlicher wird, wird der Anschluss diese Länder an INSTEX im wesentlichen als ein Signal und das Senden eines grünen Lichts für weitere Gräueltaten angesehen werden. Bei ihren Bemühungen um die Rettung des [iranischen Nuklearabkommens] belohnen diese Länder die destruktiven Aktionen des Iran und ermöglichen dessen Streben nach regionaler Hegemonie um jeden Preis.“
Behnam Taleblu, ein hochrangiger Mitarbeiter der Stiftung zur Verteidigung der Demokratien, sagte gegenüber JNS, dass Europa, angesichts der jüngsten Proteste in der Islamischen Republik, einfach in eine andere Richtung blickt.
Überstunden um einen Deal wiederzubeleben, der im Wesentlichen tot ist
„Reden wir über den falschen Ort und die falsche Zeit. Anstatt in diesem historischen und dunklen Moment an der Seite des iranischen Volks zu stehen, machen die europäischen Nationen Überstunden, um einen Deal wiederzubeleben, der im Wesentlichen tot ist“, sagte er. „Die Forderungen, die auf den Strassen des Iran laut werden, sind nicht nur auf eine begrenzte Bereicherung beschränkt. Sie fordern Gerechtigkeit – sie fordern eine iranische Regierung, die die Interessen der Iraner in den Vordergrund stellt und keine revolutionäre Aussenpolitik betreibt. Ein Zusammenspiel mit anderen europäischen Nationen, um sich INSTEX anzuschliessen, signalisiert Unwissenheit, oder Taubheit.“
Stattdessen, fuhr Taleblu fort, „ist dies eine Zeit für transatlantische Einheit. Die Barbarei des Regimes gegen das eigene Volk muss von allen verurteilt werden, die von sich behaupten, für die Menschenrechte einzutreten.“ Letztendlich „setzen die europäischen Nationen ihr Geld nicht dort ein, wo es wirklich um den Iran geht. Das Land mit all seinen Problemen und Perspektiven ist viel grösser als der Iran-Deal“, so Taleblu.
Wieder einmal entpuppen sich europäische Länder, darunter Deutschland, als faktische Komplizen eines mörderischen Regimes. Wenn ich die Vertreter dieser Staaten dann von Demokratie und Menschenrechten reden höre und erlebe, wie sich alle gemeinsam über das von ihnen auserkorene größte Übel dieses Planeten – den amerikanischen Präsidenten Trump – ereifern, wird mir regelmäßig übel.
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