Machenschaften zwischen der Muslimbruderschaft und dem Iran enthüllt

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Mahmoud Ahmadinejad während der 5. Internationalen Konferenz zur Unterstützung der palästinensischen Intifada in Teheran im Oktober 2011. Foto http://farsi.khamenei.ir/photo-album?id=17400#i, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63737214
Mahmoud Ahmadinejad während der 5. Internationalen Konferenz zur Unterstützung der palästinensischen Intifada in Teheran im Oktober 2011. Foto http://farsi.khamenei.ir/photo-album?id=17400#i, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63737214
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Durchgesickerte iranische Geheimdienstberichte enthüllen, dass die Muslimbruderschaft und die iranischen Revolutionsgarden versuchten zusammenzuarbeiten. Sie trafen sich 2014 in der Türkei, um zu diskutieren, wie und wo sie kooperieren könnten und gegen wen sie vorgehen sollten. Erstes Ziel: Saudi-Arabien. Andere gemeinsame Feinde: Israel und die Vereinigten Staaten.

von Seth Frantzman

Die Enthüllungen stammen aus einigen der 700 Dokumente vom iranischen Ministerium für Nachrichtenwesen, die an «The Intercept» und die «New York Times» weitergegeben wurden. Die Papiere zeigen, dass die Muslimbruderschaft – eine sunnitisch-islamische religiöse Organisation mit Wurzeln in Ägypten und Ablegern in anderen Ländern, die zahlreiche islamistische Gruppen, darunter die Hamas, inspiriert hat – mit der iranischen Führung zusammenarbeiten wollte.

Die Annäherung dieser beiden Gruppen im Jahr 2014 scheint der Darstellung zu widersprechen, dass sunnitische und schiitische religiöse Extremisten nicht miteinander auskommen. Doch die Region ist nicht so einfach und in der Tat sahen sie Bereiche der Zusammenarbeit. Zunächst einmal kam die Muslimbruderschaft 2012 in Ägypten an die Macht, wurde aber 2013 von Abdel Fatah al-Sisi verdrängt. Während Mitglieder verhaftet wurden, wandten sich andere an den Iran. Dies geschah im Frühjahr 2014.

Die iranischen Revolutionsgarden waren so begeistert, dass sie mitteilten sie würden Maj. Gen. Qassem Soleimani schicken, der Kommandant der Eliteeinheit Quds Force der iranischen Revolutionsgarden für exterritoriale Operationen. Die Muslimbruderschaft wollte sich in der Türkei treffen, wo ihre Verbündeten unter der herrschenden AKP-Partei an der Macht waren. Auch die Hamas wurde in der Türkei gut aufgenommen und Präsident Recep Tayyip Erdogan war ein wichtiger Unterstützer von Mohammed Morsi von der Muslimbruderschaft in Ägypten. Die Türkei war wütend, als al-Sisi Morsi von der Macht verdrängte. Saudi-Arabien hatte Sisi unterstützt.

Das war die Realität der Region in diesem Jahr. Die Türkei hatte nichts dagegen, dass das Treffen stattfand, aber Soleimani war zu prominent. Stattdessen wurde ein Mitglied der Revolutionsgarden namens „Abu Hussain“ entsandt. Es wurde ein türkisches Hotel ausgewählt. Die Muslimbruderschaft, so heisst es bei «The Intercept», schickte „Ibrahim Munir Mustafa, Mahmoud al-Abiary und Youssef Moustafa Nada“. Aber Nada erklärte gegenüber «The Intercept», dass er nie am Meeting teilgenommen habe.

Entscheidend ist, dass während der Welt gesagt wurde, dass Sunniten und Schiiten an Orten wie Syrien, dem Libanon oder dem Irak gegeneinander kämpfen, Vertreter dieser Gruppen tatsächlich bereit waren zusammenzuarbeiten. Wie sollte das funktionieren?

Sie könnten gegen den „gemeinsamen Feind“ Saudi-Arabien vorgehen. Die Muslimbruderschaft hatte einst in Saudi-Arabien grosse Fortschritte gemacht. Aber in den letzten Jahren wurde sie in Frage gestellt. Die Vereinigten Arabischen Emirate begannen 2011 gegen sie vorzugehen und Saudi-Arabien folgte diesem Beispiel und bezeichnete sie 2014 als „terroristische Organisation“. Die USA benannten Hasm und Liwa al-Thawra, nach Angaben der Carnegie Endowment for International Peace Ableger der Muslimbruderschaft, im Jahr 2018 als terroristische Organisationen.

Im Jahr 2014 erklärten die Muslimbruderschaft und die iranischen Revolutionsgarden, dass sie möglicherweise im Jemen zusammenarbeiten könnten. Dies ist eine grosse Überraschung, denn Saudi-Arabien hat erst ab 2015 im Jemen eingegriffen, um die Houthi-Rebellen zu stoppen. Der Zusammenbruch der Muslimbruderschaft wird weitgehend als Teil des Einsatzes von Kronprinz Mohammed bin Salman sowie des Krieges im Jemen angesehen.

„Die Delegation der Muslimbruderschaft sagte, dass die beiden Seiten ihre Kräfte gegen die Saudis bündeln könnten. Der beste Ort das zu tun, ist der Jemen“, so der Bericht von The Intercept.

Sie hätten auch im Irak zusammenarbeiten können. Der nicht näher spezifizierte Feind dort wären die USA. Die Revolutionsgarden waren bereits gegen die USA im Irak aktiv. Die Bruderschaft könnte helfen, die Spannungen mit der sunnitischen Bevölkerung abzubauen.

Es ist nicht bekannt, was bei dem Treffen herauskam, aber es gab Hinweise auf weitere Diskussionen in der Türkei oder Beirut. Die Details des Treffens zeigen aber, dass diese beiden wichtigen Organisationen bereit zu sein schienen, verschiedene gemeinsame Interessen zu diskutieren. Dies ist Teil eines breiteren Netzwerks, in dem die iranischen Revolutionsgarden bereit sind, mit Gruppen wie der Hamas oder den Taliban zusammenzuarbeiten, wenn es ihren Interessen dient. Und dies obwohl sie vorgeben, gegen andere extremistischere sunnitische jihadistische Gruppen zu sein.

Beide haben gemeinsame Interessen und Feinde, und beide haben eine Weltanschauung, die in der religiösen Theokratie verwurzelt ist. Während die Muslimbruderschaft oft die Wahlurne und den politischen Islam nutzt, um Macht zu gewinnen und auf beiden Seiten des Zauns arbeitet, indem sie moderat aber auch theokratisch auftritt, nutzen die Revolutionsgarden verschiedene Methoden, um Einfluss zu gewinnen. Die Revolutionsgarden arbeiten mit Gruppen wie der Hisbollah und den Popular Mobilization Units im Irak zusammen. In jedem Fall schaffen sie eine Mini- Revolutionsgarden mit einer politischen Partei und einer bewaffneten Gruppe. Dann fügen sie sich in die demokratischen Systeme ein, um langsam einen Teil des Staates zu übernehmen.

Beide Gruppen kennen die Bedeutung des Einsatzes demokratischer Mittel und von Gewalt. Demokratie ist wie ein Zug: Man fährt mit bis zu seinem Bahnhof und steigt dann aus. Das Ziel ist die Macht. Sowohl die iranischen Revolutionsgarden als auch die Muslimbruderschaft wollen Macht. Und sie sehen Länder wie Saudi-Arabien und seine Verbündeten, die USA und seine Verbündeten oder Israel oft dieser Macht im Weg stehend.

Seth J. Frantzman ist Nahost-Berichterstatter für die Jerusalem Post und Autor beim Middle East Forum. Auf Englisch zuerst erschienen bei The Jerusalem Post. Übersetzung Audiatur-Online.