UNRWA: Antisemitismus und kein Ende

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Palästinenser demonstrieren am 17. September 2017 vor dem Hauptsitz der Agentur für Flüchtlinge im Flüchtlingslager Balata. Foto Nasser Ishtayeh/Flash90.
Palästinenser demonstrieren am 17. September 2017 vor dem Hauptsitz der Agentur für Flüchtlinge im Flüchtlingslager Balata. Foto Nasser Ishtayeh/Flash90.
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Die UNRWA steckt in einer tiefen Krise: Mehrere Länder haben die finanzielle Unterstützung für das Palästinenserhilfswerk ausgesetzt oder ganz gestrichen, gegen die Führung werden massive Korruptionsvorwürfe erhoben. Zum wiederholten Mal wird nun ausserdem in einer Studie der unverblümte Antisemitismus des UNRWA-Personals dokumentiert und kritisiert. Ein Ende der Einrichtung ist dennoch nicht abzusehen.

In diesen Tagen und Wochen tritt in New York die Generalversammlung der Vereinten Nationen zu ihrer 68. Sitzungsperiode zusammen, und dabei wird es auch um die Verlängerung des Mandats der UNRWA gehen. Das 1949 gegründete Flüchtlingshilfswerk der UNO für die Palästinenser war ursprünglich als zeitlich begrenzte Einrichtung geplant, doch es existiert noch heute, denn alle drei Jahre beschliesst die Generalversammlung seinen Fortbestand. Dabei handelt es sich um eine reine Formsache, obwohl es genügend Gründe gäbe, die UNRWA stillzulegen. Denn sie trägt wesentlich zur Verewigung der palästinensischen Flüchtlingsfrage bei und damit zur Verhinderung einer Lösung jenseits der «Rückkehr» von inzwischen fast fünfeinhalb Millionen Palästinensern auf israelisches Territorium, die es niemals geben kann und wird. Sie nährt bei den Palästinensern die Illusion, eines Tages in die Wohnorte ihrer Vorfahren «zurückzukehren», und schliesst jede andere Zukunft für den als «palästinensische Flüchtlinge» firmierenden Personenkreis aus, darunter auch die Integration in den Ländern, in denen viele dieser «Flüchtlinge» leben, die nie geflohen sind, sondern ihren Status, im Gegensatz zu allen anderen Flüchtlingen auf dieser Welt, lediglich über Generationen vererbt bekommen haben.

Die UNRWA ist zudem seit Jahren ein Tummelplatz für die terroristische Hamas, die nicht nur bei den letzten Wahlen zu den Angestelltenvertretungen dieser Einrichtung fast alle Sitze errungen hat, sondern das Hilfswerk auch sonst weitgehend ungehindert für ihre Aktivitäten nutzt und dort sogar Raketen deponiert, die sie auf Israel feuern will. In den 721 Schulen der UNRWA werden mehr als 500.000 Kinder antisemitisch verhetzt – nichts anderes sehen die Lehrpläne und das Lehrmaterial vor – und Gedenkzeremonien für Hamas-Führer abgehalten. UNRWA-Lehrer widmen sich nach Feierabend dem Raketenbau und werden in den UN-Schulen im Falle ihrer Tötung als «Märtyrer» gefeiert, UNRWA-Jugendclubs mutieren zu Terroristentreffs. Fast 32.000 Mitarbeiter hat die UNRWA – fast alle sind Palästinenser –, mehr als jede andere Einrichtung der Vereinten Nationen und fast doppelt so viele wie der UNHCR, also jenes Hilfswerk der UNO, das für alle anderen etwa 70 Millionen Flüchtlinge auf dieser Welt zuständig ist. Bei der UNRWA handelt es sich um eine völlig anachronistische Organisation von absurdem Ausmass, deren Zweck nicht die Hilfe für tatsächliche Flüchtlinge ist, sondern die Alimentierung von Menschen, die den jüdischen Staat zerstören wollen.

Und nicht nur die Zahl der palästinensischen «Flüchtlinge» wächst immer weiter an, sondern auch – und im Verhältnis sogar noch stärker – die Zahl der UNRWA-Mitarbeiter. Am prozentual stärksten aber ist die Zahl derjenigen gestiegen, die von der UNRWA gar nicht als Flüchtlinge geführt. aber trotzdem von ihr finanziell unterstützt werden: in Armut lebende Palästinenser und deren Nachkommen, die in Jerusalem oder dem Gazastreifen wohnen; Bewohner von Ortschaften an der Grenze und deren Nachkommen; Ehefrauen von männlichen Flüchtlingen sowie adoptierte Kinder und andere Familienangehörige. Im Gazastreifen beispielsweise hat sich die Zahl dieser Personen, die von der UNRWA in der Kategorie «andere» geführt werden, zwischen 2012 und 2019 annähernd verdreifacht: von knapp 50.000 auf etwas mehr als 149.000. Die Zahl der «Flüchtlinge» ist dort in diesem Zeitraum «nur» um 21,7 Prozent gestiegen: von 1,17 Millionen auf 1,4 Millionen. Mit all dem versucht die UNRWA vor allem, sich selbst zu legitimieren und aufzuwerten, ein Problem aufzubauschen und Gelder zu akquirieren. Und das umso mehr, seit sie in eine handfeste Krise geraten ist.

Krise, Korruption, Krähenbühl

Diese Krise rührt nicht nur daher, dass die USA ihre Zuwendungen, die rund ein Drittel des UNRWA-Budgets ausmachten, eingestellt haben, nachdem sie feststellen mussten, was für ein bürokratisches und israelfeindliches Monstrum das Hilfswerk ist. Vielmehr wird die UNRWA auch von einem handfesten Korruptionsskandal erschüttert, in dessen Zentrum Pierre Krähenbühl steht, der schweizerische Generalsekretär der Einrichtung. Ihm und weiteren führenden Funktionären der UNRWA werden in einem UN-internen Bericht unter anderem Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft vorgeworfen. Krähenbühl soll eine Liebesbeziehung mit einer Mitarbeiterin geführt haben, die im Jahr 2015 im Zuge eines «äusserst schnellen» Auswahlverfahrens die neu geschaffene Stelle einer Beraterin bekam, die dem Generalsekretär unterstellt war. So habe sie ihn bei internationalen Flugreisen begleiten können, und zwar in der Business Class, wie es im Bericht heisst. Darüber hinaus soll eine Stellvertreterin Krähenbühls ihrem Ehemann eine gut bezahlte Tätigkeit bei der UNRWA verschafft und zudem unliebsame Kollegen aus Entscheidungsprozessen herausgehalten haben.

Nach Bekanntwerden des Berichts setzte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) seine Zahlungen an das Hilfswerk in Höhe von 22,3 Millionen Franken vorerst aus. Die Niederlande, Belgien und Neuseeland schlossen sich an. Bereits im vergangenen Jahr war Krähenbühl mit der Kritik seines Landsmannes Ignazio Cassis konfrontiert. Der Schweizer Aussenminister hatte in einem Interview deutliche Worte zur UNRWA gefunden: Sie nähre, sagte er, die Illusion der Palästinenser von der «Rückkehr» aller «Flüchtlinge» auf ein Territorium, das seit 1948 israelisch sei. Damit stehe sie einer Lösung im Weg, zumal das Beharren auf dieser «Rückkehr» die Integration von Palästinensern verhindere, die seit Generationen etwa in Jordanien oder im Libanon lebten. «Indem wir die UNRWA unterstützen, halten wir den Konflikt am Leben», so Cassis seinerzeit. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Korruptionsvorwürfe wirkt es besonders befremdlich, wenn Krähenbühl und die UNRWA über Geldnot und fehlenden Rückhalt klagen.

UN Watch präsentiert neue Beispiele für Antisemitismus

Nun kommt noch eine neue Studie von UN Watch hinzu, in der die in Genf ansässige Organisation an zehn ausgewählten Beispielen zeigt, wie UNRWA-Mitarbeiter aus Gaza, Syrien und dem Libanon, von denen einige in leitender Funktion an Schulen tätig sind, auf ihren Facebook-Seiten antisemitische Hetze und die Verherrlichung von Terror gegen Juden und Israel betreiben. In den Postings wird unter anderem Abdullah Barghouti glorifiziert, ein militärischer Führer der Hamas, der während der zweiten Intifada für den Tod von 67 Israelis verantwortlich zeichnete. Auch Adolf Hitler erfährt Bewunderung. Andere UNRWA-Mitarbeiter rühmen auf Facebook tödliche Angriffe auf Israelis mit Messern oder Autos. Bewaffnete Kinder werden als Vorbilder dargestellt, immer wieder wird zur Tötung von Juden und zur Vernichtung des jüdischen Staates aufgerufen.

Dass das keine Einzelfälle sind, hat UN Watch bereits in der Vergangenheit nachgewiesen: In mehreren Studien dokumentierte die Organisation zwischen 2015 und 2017 den antisemitischen und Terrorismus verherrlichenden Inhalt von 90 weiteren Facebook-Seiten, die von UNRWA-Mitarbeitern oder gar -Einrichtungen betrieben wurden. Wie das Hilfswerk darauf reagierte, schildert Hillel Neuer, der geschäftsführende Direktor von UN Watch, so: «Obwohl wir UNRWA-Lehrer identifiziert haben, die Hitler unterstützen und zur Ermordung von Juden aufrufen, ist nach meiner Kenntnis kein einziger UNRWA-Lehrer als Folge davon entlassen worden. Wenn in anderen Ländern rassistische und antisemitische Äusserungen von Lehrern aufgedeckt werden, werden die Betreffenden sofort vom Dienst suspendiert. Warum setzt eine vermeintlich neutrale UN-Einrichtung, die angeblich Toleranz lehrt, weiterhin Personal ein, das Terror und Antisemitismus unterstützt?»

Diese Frage ist letztlich eine rhetorische. Die UNRWA trägt nicht zu einem friedlichen Miteinander von Palästinensern und Israelis, von Muslimen und Juden bei, sondern zum genauen Gegenteil. Sie ist eine von der Hamas dominierte Einrichtung mit dem Ziel der Zerstörung Israels, ihr Lehrpersonal sorgt für die antisemitische Indoktrinierung von Schulkindern, ihr Ziel ist die «Rückkehr» von fünfeinhalb Millionen Palästinensern auf israelisches Territorium, um die dort lebenden Juden zur Minderheit zu machen, was das Ende Israels als jüdischer Staat bedeuten würde. Die Führung der UNRWA tut sich auch noch durch Korruption hervor und konterkariert damit die Zielsetzung, die ein Hilfswerk haben sollte, zusätzlich und nachdrücklich. Es wäre an der Zeit, dass die UNRWA aufgelöst wird – eine Massnahme, die durch die Nichtverlängerung ihres Mandats durch die UN-Generalversammlung eingeleitet werden könnte. Doch diesen vernünftigen Schritt werden die Vereinten Nationen gewiss nicht unternehmen.

Über Alex Feuerherdt

Alex Feuerherdt ist freier Autor und lebt in Köln. Er hält Vorträge zu den Themen Antisemitismus, Israel und Nahost und schreibt regelmässig für verschiedene Medien unter anderem für die «Jüdische Allgemeine» und «Mena-Watch». Zudem ist er der Betreiber des Blogs «Lizas Welt». Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor von »Vereinte Nationen gegen Israel«, erschienen bei Hentrich & Hentrich 2018.

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