Menschenrechtsaktivistin von Amnesty International: “Israel soll verschwinden”

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Hind Khoudary. Foto Screenshot Jung & Naiv: Episode 396 / Youtube
Hind Khoudary. Foto Screenshot Jung & Naiv: Episode 396 / Youtube
Lesezeit: 7 Minuten

Der Fall einer Mitarbeiterin von Amnesty International aus dem Gazastreifen, die Terrorismus verherrlichte und vor laufender Kamera den Wunsch nach der Zerstörung Israels äusserte, wirft einmal mehr die Frage auf, wie objektiv die Menschenrechtsorganisation ist, wenn es um Israel geht.

Hind Khoudary ist Anfang zwanzig und bringt vieles von dem mit, was sich ein internationales Unternehmen von einer Mitarbeiterin im Gazastreifen wünschen kann: Sie ist mondän, anstelle des sonst im Gazastreifen obligatorischen Kopftuchs hat sie eine Sonnenbrille über den Kopf geschlagen. Sie ist redegewandt, spricht fliessend Englisch, hat keine Scheu vor der Kamera oder Auftritten vor internationalem Publikum und zieht ihre Zuhörer mit persönlichen Alltagsschilderungen in den Bann. Sie wirkt hinreichend sympathisch und hat gute Kommunikationsfertigkeiten – zumindest, solange man nicht darauf achtet, welche extremen politischen Anschauungen sie nebenbei zum Ausdruck bringt.

Der deutsche YouTube-Kanal „Jung & Naiv“ hat Khoudary für einen Anfang des Jahres online gestellten Beitrag interviewt. „Ich bin Hint. Ich bin 23 Jahre alt und ich bin geboren und aufgewachsen in Gaza, und ich arbeite als Nachrichtenreporterin“, sagt sie. Ob sie von diesem Job leben könne, möchte der Interviewer wissen. „Ja“, sagt sie, „weil ich mit Auslandsmedien zusammenarbeite oder mit den westlichen Medien, gibt es immer bessere Möglichkeiten, weil ich gut Englisch spreche.“ Die palästinensischen Journalisten, die für arabische Medien arbeiteten, bekämen nicht „solch sehr hohe Gehälter“. Sie sei auf eine amerikanische Schule in Gaza gegangen, „aber die wurde 2008 von den Israelis bombardiert“. Hat sie den Gazastreifen jemals verlassen? „Ja“, sagt sie, „ich bin in die Vereinigten Staaten gereist, in die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Jordanien und Ägypten.“ Sie habe 2016 zum ersten Mal den Gazastreifen über den israelischen Grenzübergang Erez verlassen können, da sie an einem vom amerikanischen Konsulat finanzierten Programm zur Ausbildung von Führungspersönlichkeiten teilgenommen habe. Daran könne jeder teilnehmen, der Palästinenser sei. Es sei ihr wichtig, Leute aus „ganz Palästina“ zu treffen, auch aus dem „Land von `48“ – so nennt sie das Gebiet des Staates Israel, was im Untertitel fälschlich mit „aus den 48 Ländern“ übersetzt ist. (3:06)

Demnächst wolle sie nach New York zu den Vereinten Nationen, doch da sie „keine Zeit“ habe, eine Ausreisegenehmigung in Israel zu beantragen, werde sie ägyptische Grenzbeamte bestechen, die ihren Namen dann auf eine „Liste“ setzten, sagt sie. Das Leben in Gaza sei „sehr, sehr hart“. Da sie selbst mit ihrem eingestandenermassen „sehr hohen Gehalt“ offenbar kein sehr hartes Leben führt, verweist sie auf ein Schulkind, das neben ihr steht und vielleicht ihr Neffe ist oder zumindest jemand, den sie sehr gut zu kennen scheint: „Dieser Junge, er hat Gaza nie verlassen. Vielleicht kennt er nicht – er kennt nur die USA, Ägypten und Jordanien, er kennt nichts anderes, er hat nie Elektrizität erlebt, er lebt in riesiger Armut, sein Vater kann ihm nichts kaufen. Es ist sehr offensichtlich, dass sein Vater es sich nicht leisten kann, ihn zur Schule zu schicken, also verkauft er Kaugummi, um seiner Familie Geld geben zu können.“ (10:16) Der Junge hat Gaza angeblich nie verlassen, war aber schon in den USA. Das ist ebenso merkwürdig wie die Behauptung, er habe „nie Elektrizität“ erlebt, wo Khoudary ja an anderer Stelle des Gesprächs sagt, es gebe jeden Tag „drei bis vier Stunden“ Strom, zudem hätten die Leute „Generatoren und Akkus“ sowie „Solaranlagen“.

„Wie könnte ein brennender Drachen jemanden verletzten?“

Sie selbst glaube, „eine erfolgreiche Person“ zu sein, „gleichzeitig aber gibt es [in Gaza] Hunderte Menschen, die depressiv sind“ (10:55). Wenn Glück und Reichtum im Gazastreifen so extrem ungleich verteilt sind, sollte man vermuten, dass die Ursache dafür in Gaza selbst zu finden ist, doch der Gedanke kommt der erfolgreichen Person mit dem sehr hohen Gehalt nicht. Sie spricht davon, dass es in Gaza Leute gebe, die glaubten, Gaza sei „eine Kiste“ und sich gar „nicht vorstellen“ könnten, „dass es eine Welt da draussen gibt“. Dass sie da zu dick aufgetragen hat, wird klar, als der Reporter einhakt: „Aber ihr habt Internet, ihr wisst, dass es etwas da draussen gibt.“ „Selbstverständlich“, sagt Khoudary und überlegt sich eilig eine Antwort. Das Beste, was ihr einfällt, ist einige Stufen unter ihrer ursprünglichen Behauptung: „Manche Leute können es sich nicht vorstellen, wie es ist, 24 Stunden am Tag Elektrizität zu haben.“ Das ist auch, neben der Abwesenheit von Dreck, der einzige Unterschied, der ihr bei ihren Reisen ins Ausland aufgefallen ist: „Ausserhalb Gazas gibt es diese sehr schönen Gebäude, alles ist sauber, du hast 24 Stunden am Tag Strom, alles hat geöffnet.“ Gleichwohl sei es im Gazastreifen aber so „gemütlich“, dass jeder sofort wieder dorthin zurück wolle: „Gaza hat etwas sehr Spezielles, das schwer zu beschreiben ist. So, wie man es hasst, liebt man es auch. Jeder, der ausreist, bekommt schon in der ersten Woche Heimweh und will zurück nach Gaza. Gaza ist ein gemütlicher Ort, in einer Komfortzone für diese zwei Millionen Menschen.“ (3:56). Das klingt nach Urlaub. Angesprochen auf die Hamas, weicht Khoudary aus und sagt, die Gesellschaft sei eben „konservativ“. Sie werde aber „immer offener“ und daran, dass das nicht schneller geht, sei Israel schuld und dessen „Blockade unserer Köpfe“. (4:50)

„Wir hassen Zionisten”

Die Ausschreitungen, die seit März letzten Jahres jeden Freitag am Grenzzaun zu Israel stattfinden, seien friedlich, behauptet sie. Angesprochen auf brennende Reifen und Brandstiftungsdrachen, die Felder, Flora und Fauna rund um Gaza vernichtet haben, sagt sie: „Wie könnte ein brennender Drachen jemanden verletzten?“ (12:05).

„Wir hassen Zionisten“, sagt sie auch. Gefragt, ob sie wolle, dass Israel verschwindet, sagt sie wie aus der Pistole geschossen: „Selbstverständlich. Das ist unser Land“ (13:38). Ausser für Amnesty International hat Khoudary auch für die (anti-)israelische Website ++972mag gearbeitet, die massgeblich von der Heinrich-Böll-Stiftung – der Stiftung der deutschen Partei Bündnis 90/Die Grünen – finanziert wird.

Der Blogger David Collier war der Erste, der Anfang des Monats darauf aufmerksam machte, dass ein Terrorismusunterstützerin für Amnesty International „Menschenrechtsarbeit“ macht. In seinem Beitrag führt er viele weitere Fakten an, die schockieren würden, wenn man nicht schon eine Ahnung davon hätte, wer Khoudary ist. So hat Collier Belege dafür gefunden, dass Terroristen des Islamischen Dschihad für Khoudary „Helden“ und „Märtyrer“ sind, denen sie auf Twitter Herzchen schickt. Audiatur-Online bat Amnesty International und +972mag um eine Stellungnahme: Sind solche Einstellungen und Äusserungen aus Sicht der beiden Organisationen akzeptabel? Von ++972mag kam keine Antwort. Amnesty International antwortete:

„Die von Hind Khoudary ausgedrückten persönlichen Ansichten spiegeln nicht die Ansichten von Amnesty International wider. Hind Khoudary arbeitete für Amnesty International auf kurzfristiger Beratungsbasis, um speziell beim Sammeln von Videomaterial während der Proteste auf dem Great March of Return entlang des Zauns zwischen Gaza und Israel zu helfen. Sie half auch bei der Aufdeckung von Verstössen der Hamas-De-facto-Regierung während Demonstrationen im Gazastreifen gegen die steigenden Lebenshaltungskosten und die sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen im März 2019. Infolge dieser Arbeit wurde sie von den Sicherheitskräften der Hamas festgenommen und verhört. Während ihres Verhörs wurde sie misshandelt und bedroht. Sie wurde gewarnt, keine Menschenrechtsarbeit mehr zu verrichten, und dass sie angeklagt werden könnte, als ausländische Agentin zu arbeiten. Frau Khoudary arbeitet nicht mehr mit Amnesty International zusammen. Amnesty international ist eine unabhängige und unparteiische Organisation, die sich bei ihrer gesamten Arbeit an die höchsten Forschungsstandards hält. Alle von Amnesty International erstellten Forschungsergebnisse werden einem strengen Überprüfungsprozess unterzogen, der mehrere Ebenen von Genehmigungen durch Forschungsmanager und Experten für Politik und internationales Recht umfasst.“ 

Aus der Antwort kann man mehrere für Amnesty nicht eben vorteilhafte Schlüsse ziehen. Erstens: Khoudarys extreme politische Ansichten, ihr Wunsch nach der Zerstörung Israels, waren für Amnesty International offenkundig kein Grund, sie nicht einzustellen oder zu feuern. Hätte sie keine Scherereien mit der Hamas bekommen, würde sie wahrscheinlich immer noch für AI arbeiten. Zweitens: Personen, die weithin sichtbar und mit grosser Reichweite aus dem Gazastreifen berichten, können gar nicht als objektive Zeugen gelten. Wie der Vorfall zeigt, bekommen sie einerseits von westlichen Organisationen ein „sehr hohes Gehalt“, solange sie die erwünschten Anti-Israel-Statements liefern; andererseits geraten sie schnell in Lebensgefahr, wenn sie irgendetwas verbreiten, dass dem Hamas-Regime nicht gefällt. Eine objektive Berichterstattung ist unter diesen Umständen überhaupt nicht möglich – und wurde von Amnesty und +972mag wahrscheinlich auch gar nicht erwartet oder gewünscht.

Der Tweet handelt vom Tod zweier Terroristen, Bilal al-Bana und Abdullah Abu al-Ata. B’tselem berichtet, dass beide an Kampfhandlungen beteiligt (am 5. Mai 2019) und beide Mitglieder des Militärflügels des Islamischen Dschihad waren. Der Original-Tweet erwähnt auch das. Sie werden “Mudschahedin” genannt. Amnesty Beraterin Khoudary nennt diese Terroristen “Helden” und schickt ihnen Herzen. Foto Twitter / Khoudary

Audiatur-Online wandte sich an NGO Monitor, eine in Jerusalem ansässigen akademischen Organisation, die die Aktivitäten ausländischer oder vom Ausland bezahlter NGOs in Israel beobachtet, mit der Bitte um eine Einschätzung des Falls. Olga Deutsch, die Europadirektorin von NGO Monitor, schreibt: „Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie radikale Aktivisten zum Gesicht der ‚Recherche` von Amnesty International werden. Es ist nicht das erste Mal (und wahrscheinlich nicht das letzte), dass Amnesty Leute eingestellt hat, die eine lange Geschichte von Anti-Israel-Kampagnen haben. Amnesty selbst ist an antisemitischen BDS-Kampagnen beteiligt. Unsere Recherchen zeigen, dass Amnesty nicht über die Fähigkeit verfügt, die Daten zu verifizieren, die Khoudary für sie gesammelt hat. Das aber sollte man von einer Menschenrechts-NGO erwarten.“

Über Stefan Frank

Stefan Frank ist freischaffender Publizist und lebt an der deutschen Nordseeküste. Er schreibt regelmässig über Antisemitismus und andere gesellschaftspolitische Themen, u.a. für die „Achse des Guten“, „Factum“, das Gatestone Institute, die „Jüdische Rundschau“ und „Lizas Welt“. Zwischen 2007 und 2012 veröffentlichte er drei Bücher über die Finanz- und Schuldenkrise, zuletzt "Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos."

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3 Kommentare

  1. Wann endlich bekommt dieses kleine Israel den frieden ,den es verdient ? Ein winziger fleck erde umgeben von islamischen todfeinden . Lasst doch die juden und ihren staat endlich in frieden . Die tatsachen ins gegenteil zu verkehren , Israel sei der aggressor ,ist einfach nur schwachsinn . Das land und sein volk haben das recht und pflicht sich zu wehren und zu behaupten . Kann doch nicht sein , dass das wohl und weh der arabischen welt von der vernichtung Israels abhængt . Wobei im moment die perser die grossen sæbelrassler sind .

  2. Naja, zu Nahost haben alle, die sich mit der Frage überhaupt beschäftigen, eine klare Meinung und stehen der einen oder anderen Seite nahe. Das gilt auch für dieses – löbliche – Blog.

    In der Sache bedeutet “das Verschwinden aus den besetzten Gebieten” allerdings objektiv betrachtet dasselbe wie das “Verschwinden von Israel” überhaupt. Sehr viele Fans scheint die Zwei-Staaten-Lösung vor Ort nicht zu haben, jedenfalls nicht unter den Arabern.

    Aber es gibt ja noch die EU; die könnte eine Zwei-Staaten-Lösung vielleicht schon mal am Beispiel von Frankreich ausprobieren.

  3. Eine reißerische Überschrift und “leicht” einseitige Interpretation. Den Begriff des Verschwindens von Israel hat sie also gar nicht selber benutzt, sondern der Interviewer. Und weiterhin ist die Frage offen, ob sie mit ihrer Antwort nicht einfach nur das Verschwinden aus den besetzten Gebieten meinen könnte. Etwas viel Deutungsspielraum, um daraus so eine Überschrift zu produzieren, meine ich. Ob der Autor seinem eigenen Anspruch an Objektivität gerecht werden kann, darf durchaus in Frage gestellt werden. Leider gibt es kein Medikament gegen Einäugigkeit, sonst wäre der Nahostkonflikt schon längst befriedet.

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