Das Jordantal wartet

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Ein Blick über das Jordantal, mit Blick auf das Galiläische Meer. Foto Cycling Man via Flickr, https://www.flickr.com/photos/tony709/9922864085, (CC BY-NC-ND 2.0)
Ein Blick über das Jordantal, mit Blick auf das Galiläische Meer. Foto Cycling Man via Flickr, https://www.flickr.com/photos/tony709/9922864085, (CC BY-NC-ND 2.0)
Lesezeit: 4 Minuten

Ministerpräsident Netanyahus Versprechen, dem Jordantal Souveränität zu geben, ist lobenswert. Die Gründe dafür leuchteten bereits Ministerpräsident Levi Eshkol unmittelbar nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 ein und wurden im Allon-Plan konkretisiert. Der Plan stellte fest: „Ostgrenze des Staates Israel muss der Jordan sein, sowie eine Linie durch die Mitte des Toten Meeres… Wir müssen dem Land – als untrennbaren Bestandteil seiner Souveränität – einen etwa 10-15 km breiten Streifen entlang des Jordantals hinzufügen.“

Von Generalmajor (a. D.) Gershon Hacohen

Der Plan wurde der von Eshkol geführten Regierung vorgelegt, der sich, ganz nach Mentalität der Mapai, entschloss, ihn ohne eine Abstimmung durchzuführen. Wie es in jenen Tagen typisch war, ging der Plan sofort in die Umsetzungsphase und es wurde eine Siedlungsinfrastruktur errichtet, die bis heute besteht. Ganz im Sinne des Plans wurde die Allon Road asphaltiert und die Gemeinden im Jordantal wurden entlang der Road 90 und der Allon Road errichtet.

In der Knesset-Debatte über das Interimsabkommen von Oslo im Oktober 1995 umriss Ministerpräsident Rabin etwa einen Monat vor seiner Ermordung seine Position und stellte fest: „Die Sicherheitsgrenze des Staates Israel wird sich im Jordantal befinden, im weitesten Sinne dieses Begriffs.“ Der Gedanke, dem Jordantal Souveränität zu verleihen, erfreute sich stets eines breiten nationalen Konsenses.

Es war Ministerpräsident Ehud Barak (1999-2001), der zum ersten Mal gegen diesen Konsens verstiess. Seither wurde die Aufgabe des Jordantals in die Clinton-Parameter (Dezember 2000) und in das grundlegende internationale Konzept des Friedensprozesses aufgenommen, welches dies als Eckpfeiler der Zwei-Staaten-Lösung betrachtet.

Nach dem Friedensvertag mit Jordanien 1994 und insbesondere nach dem Zusammenbruch der Armee von Saddam Hussein im Irakkrieg (2003) wurde zunehmend argumentiert, die Gefahr einer Front im Osten sei vorbei und die Kontrolle des Jordantals sei für die Sicherheit Israels nicht länger unabdingbar. In den Worten des Leiters des Zentralkommandos, Generalmajor (a. D) Amran Mitzna: „Wenn Langstreckenraketen abgefeuert werden können, ist strategische Tiefe bedeutungslos. Abkommen geben uns mehr Sicherheit als strategische Tiefe.“

Bereits damals war dieses Argument fern von einem grundlegenden Verständnis des Phänomens des Krieges. Seit dieser Zeit hat sich angesichts der Lehren aus dem palästinensischen Terrorkrieg (beschönigt als „Zweite Intifada“), der Umwälzungen, die als „Arabischer Frühling“ bekannt sind, des enormen Raketenarsenals der Hisbollah und der gewachsenen Bedrohung durch Raketen und Flugkörper und die Hamas selbst sowie des wachsenden Expansionismus Teherans, durch den schiitische Milizen an einer neuen Front entlang der wichtigsten nationalen Hauptverkehrsader (Highway 6) Israels stationiert werden könnten, die Bedeutung des Status des Jordantals als wesentliches Sicherheitsinteresse Israels nur noch gesteigert.

Menachem Begin mit Levi Eshkol am Sinai 1967. Foto GPO Archiv
Menachem Begin mit Levi Eshkol am Sinai 1967. Foto GPO Archiv

Die meisten Befürworter eines palästinensischen Staates sagen, er werde demilitarisiert und gar keine Bedrohung der Sicherheit Israels sein können. Während der Jahre des Oslo-Prozesses gab die PLO vor, eine Demilitarisierung zu akzeptieren und unterzeichnete eine Reihe diesbezüglicher Abkommen, nur um eklatant dagegen zu verstossen, indem das Westjordanland und Gaza in Treibhäuser des Terrors verwandelt wurden. Das Versagen der UN-Truppen im Libanon beim Umsetzen der Resolution 1701 zur Beendigung des Libanonkriegs von 2006, die die Hisbollah daran hindern sollte, sich im Süden dieses Landes zu bewaffnen, zeigt, warum Vorschläge zur Entsendung internationaler Truppen in ähnlicher Rolle ins Jordantal keine echte Demilitarisierung gewährleisten können. So ist das Jordantal als von der israelischen Armee kontrollierte Pufferzone eine existenzielle Notwendigkeit im Hinblick auf die Sicherheit Israels.

Landbrücke zwischen Asien und Afrika

Abgesehen von der Sicherheitsfrage kann das Jordantal in seiner ganzen geographischen Ausdehnung Millionen Israelis aufnehmen und den Standort für eine nationale Infrastruktur bieten, die nicht in die Küstenebene gequetscht werden kann. Derzeit sind der Norden und der Süden Israels, Galiläa und der Negev, fast ausschliesslich durch verstopfte Verkehrsadern in der Küstenebene verbunden. Aufgrund seiner stetig steigenden Bevölkerungsdichte braucht Israel eine weitere Strecke – und zwar den Highway 80, der auf seinen Ausbau von Arad im Süden bis nach Gilboa im Norden wartet. In einer Ära des Friedens könnte eine entwickelte Strasseninfrastruktur im Jordantal das Land Israel erneut in eine wichtige Landbrücke zwischen Asien und Afrika verwandeln.

Diese zukunftsweisende Vision wartet seit vielen Jahren auf ihre Erfüllung. Wird Netanyahus Souveränitätserklärung nicht unverzüglich durch einen starken Anstieg der Bautätigkeit und gezielte Unterstützung durch die Regierung getragen, wird sie ins Stottern geraten und verkümmern.

In einem Artikel mit dem Titel „Keimpflanze der Seele“, erklärte David Ben-Gurion: „Dies ist ein zionistischer Staat, der verpflichtet ist, einen Schöpfungsakt zu vollbringen. Es ist ein Akt mit zwei Komponenten: die Sammlung der Exilanten und der Aufbau der Wildnis.“ Das Jordantal wartet schon zu lange auf zionistisches Handeln.

Generalmajor (a. D.) Gershon Hacohen ist Senior Research Fellow am Begin-Sadat Center for Strategic Studies. Er diente 42 Jahre lang in den israelischen Streitkräften (IDF). Dieser Artikel wurde am 12. September 2019 in Israel Hayom veröffentlicht. Übersetzung Audiatur-Online.

1 Kommentar

  1. Man kann ein Gebiet, das nur so groß ist wie das Bundesland Hessen nicht auf zwei verschiedene Völker aufteilen – dazu noch auf solche, von denen eines das andere auslöschen möchte. Außerdem ist das Geschwätz von der „Zweistaatenlösung“ pure Heuchelei, denn jeder, der sich mit Politik befasst weiß, dass die Gebiete, die Israel in etlichen Verteidigungskriegen gegen die angreifenden Araber erworben hat, sein rechtmäßiges Eigentum sind.
    Wer das nicht wahrhaben will, der betrachte Deutschland vor und nach den beiden Weltkriegen, die Deutschland begonnen und verloren hat – die deutschen Ostgebiete: Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien gehören nun anderen – zu Recht. Und nach dem selben Recht gehören nun Ost-Jerusalem, Westbank und Golan dem Staat Israel.
    Nicht zu fassen, dass nicht einmal Israel das begreift und durchsetzt, sondern Verträge mit Arabern schließt, die nach koranischer Mentalität zum Scheitern verurteilt sind.

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