«Wenn wir jetzt nicht handeln, wird der islamische Staat wieder auferstehen»

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Al-Hol Camp im März 2019. Foto VOA - https://www.voanews.com/a/syria-camps-usagm/4823757.html, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=77399488
Al-Hol Camp im März 2019. Foto VOA - https://www.voanews.com/a/syria-camps-usagm/4823757.html, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=77399488
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Führende nationale Sicherheitsexperten haben am 18. Jahrestag der Anschläge vom 11. September gemeinsam einen offenen Brief an die westlichen Regierungen unterzeichnet. Das Schreiben, das von über einem Dutzend ehemaliger nationaler Sicherheitsfachleuten mitunterzeichnet wurde, warnt davor, dass die Bedingungen die zu den Anschlägen vom 11. September geführt haben, an Orten wie dem Irak, Syrien und darüber hinaus wieder an Bedeutung gewinnen, so dass Gruppen wie al-Qaida und der islamische Staat an Stärke gewinnen können.

Unter dem Titel “Wenn wir nicht jetzt handeln, wird der islamische Staat wieder auferstehen: Ein offener Brief von nationalen Sicherheitsexperten an westliche Regierungen”, lenkt der Brief die Aufmerksamkeit auf die wachsenden Bedenken gegenüber der Problematik ausländischer Kämpfer im Zusammenhang mit der aktuellen Situation im Irak und in Syrien. Die Experten warnen vor den langfristigen sicherheitspolitischen Auswirkungen, wenn die ehemals mit dem islamischen Staat verbundenen Bevölkerungsgruppen – Männer, Frauen und Kinder – in der rechtlichen und politischen Unordnung in Lagern und Gefängnissen in der Region zurückgelassen werden. Der Brief fordert die Staaten auf, anzuerkennen, dass die Art und Weise, wie sie diese Bevölkerungsgruppen heute behandeln, sich in Zukunft direkt auf die globale Sicherheit auswirken wird.

Die Lehren aus der Vergangenheit ziehen

Im Schatten des 11. September unterstreicht das Schreiben die bedenklichen Ähnlichkeiten zwischen der heutigen Situation und den Bedingungen, unter denen die moderne salafi-jihadistische Bewegung überhaupt erst entstanden ist. Heute befinden sich im Irak und in Syrien Zehntausende von Kämpfern und ihre Familien in Haft, darunter Tausende von Bewohnern aus der westlichen Welt. Die überwiegende Mehrheit der Inhaftierten sind keine Terroristen, sondern Kinder, warnen die Experten. Die internationale Gemeinschaft sollte die extreme Gefahr, die von diesen Bedingungen heute ausgeht, nicht unterschätzen.

Die Kernmitglieder der Taliban – das Wort bedeutet wörtlich “Schüler” – waren Studenten an extremistischen Madrassen in pakistanischen Flüchtlingslagern, die genauso erbärmlich waren wie das heutige al-Hol-Lager in Syrien, wo skandalöse Bedingungen die Indoktrination der nächsten Generation von Salafi-Jihadisten ermöglichen. Eine weitere Parallele: Eine Reihe von Ländern verhinderte die Rückkehr ihrer Bürger, die die Sowjets in Afghanistan bekämpft hatten. Einige, darunter vielleicht der berüchtigtste Salafi-Jihadist aller Zeiten, Osama bin Laden, wurden schliesslich die Staatsangehörigkeit entzogen. Durch solche Massnahmen entstand eine Gruppe von “Ausgestossenen”, deren Terroranschläge – einschliesslich der Anschläge vom 11. September 2001 – die Welt, wie wir sie kennen, verändert haben.

In ihrem offenen Brief warnen die Sicherheitsexperten davor, dass Staaten – darunter die meisten westlichen Regierungen – heute eine “Abseitsposition” eingenommen haben, die nichts anderes bedeutet, als der harten, aber notwendigen Verantwortung im Umgang mit ihren eigenen ausländischen Kämpfern und der Unterstützung der lokalen Bevölkerung aus dem Weg zu gehen. Ein Blick zurück in die Welt vor dem 11. September 2001 zeigt aber, wie unzureichende Reaktionen auf aktuelle Bedrohungen in Zukunft zu grösseren Gefahren führen können. Westliche Regierungen müssen jetzt handeln.

Insbesondere an westliche Regierungen gerichtet, fordert der offene Brief die nordamerikanischen und europäischen Regierungen auf, Kämpfer und ihre Unterstützer zurückzuholen und zu verfolgen, indem sie diese Menschen als die Gewalttäter entlarven, die sie sind – nicht als Märtyrer, die sie vorgeben zu sein. Solche Massnahmen werden zeigen, dass demokratische Staaten in der Lage sind, für Gerechtigkeit zu sorgen.

Der Brief schliesst mit zwei Optionen für die Zukunft: Westliche Regierungen können jetzt einen niedrigeren Preis zahlen und diese Herausforderung direkt angehen oder später möglicherweise einen hohen Preis zahlen, indem sie die Warnzeichen des Terrorismus ignorieren.