Ilhan Omar, Rashida Tlaib und die Medien – aus Spekulationen werden Tatsachen

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Foto Screenshot CBS This Morning / Youtube
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Lesezeit: 9 Minuten

Israel hat zwei amerikanischen Politikerinnen, die auf dem Einreiseformular angegeben hatten, nach „Palästina“ reisen zu wollen, die Einreise verweigert. Die Rede ist von Ilhan Omar und Rashida Tlaib, die für ihre antisemitischen Äusserungen bekannt sind (Audiatur-Online berichtete darüber schon im Oktober 2018). Der israelische Ministerpräsident hat die Entscheidung ausführlich begründet.

Darüber könnte man debattieren: Soll Israel antisemitische Hetzer einreisen lassen oder nicht? Doch der Bericht der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA), der u.a. vom Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) und dem Tagesanzeiger weitgehend übernommen wurde, verschweigt die offizielle Begründung. Stattdessen wird der vermeintliche Grund für Israels Handeln an einem Ort gesucht, den ausser den beiden Abgeordneten selbst (und vielleicht ihren Wählern) niemanden interessiert: ihrer Religionszugehörigkeit. Die Schlagzeile des SRF lautet:

„Zur Freude Trumps – Israel untersagt muslimischen US-Abgeordneten die Einreise“

Die Schlagzeile des Tagesanzeigers:

„Israel verbietet muslimischen US-Abgeordneten die Einreise 

Im Text des SRF wird dann zwar zugegeben, dass es für die Entscheidung eine Rechtsgrundlage gibt, die gar nichts mit Religion zu tun hat – doch auch hier kann das SRF es sich nicht verkneifen, ein zweites Mal auf den islamischen Glauben der beiden zu sprechen zu kommen: 

„Sie sind die beiden ersten Musliminnen im US-Parlament und dürfen nun nicht nach Israel reisen: Rashida Tlaib und Ilhan Omar gelten als Unterstützerinnen der internationalen Kampagne BDS (‚Boycott, Divestment and Sanctions’) gegen Israel. Anhängern der Kampagne kann seit 2017 aufgrund eines Gesetzes die Einreise nach Israel untersagt werden.“

Hier werden drei Dinge syntaktisch verknüpft, die nichts miteinander zu tun haben:

  • dass sie „die beiden ersten Musliminnen im US-Parlament“ sind (gemeint ist: die ersten muslimischen Frauen; schon vor ihnen gab es mit Keith Ellison einen muslimischen Abgeordneten)
  • dass sie nicht nach Israel einreisen dürfen
  • dass sie Anhänger der BDS-Boykottkampagne sind (was in Zusammenhang mit dem ersten Punkt so klingt, als wäre es aus Sicht des SRF normal, dass Muslime Israel boykottieren)

Immerhin erwähnt das SRF, dass es eine rechtliche Grundlage für die Entscheidung gibt. Damit wäre die Angelegenheit ja geklärt: Es gibt ein Gesetz, das denen, die erklären, dass sie Israel boykottieren oder zerstören wollen, die Einreise verweigert. Hinzufügen könnte man, dass es schon seit der Gründung des Staates Israel ein Gesetz gibt, das NS-Kriegsverbrechern die Einreise verbietet. Beide Gesetze entspringen offensichtlich demselben Geist: Wer Juden töten oder den jüdischen Staat zerstören will, der soll dafür nicht nach Israel kommen dürfen. Israel ist ein safe space, um es mit einem von linken amerikanischen Studenten geprägten Schlagwort zu sagen. Weiter schreibt der SRF:

„Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begründete den Entscheid per Tweet damit, dass die beiden sich im Kongress für Gesetze zum Boykott Israels einsetzten.“

Das kann man, je nach Blickwinkel, für einen guten oder für einen schlechten Grund halten. Hier könnte eine sachliche Diskussion beginnen. Doch diese scheitert beim SRF schon daran, dass in dem Tweet, den er als Beleg anführt, nichts von dem steht, was er belegen soll. Wer die Kette von Tweets liest, wird sehen, dass der israelische Ministerpräsident eine detaillierte Erklärung gibt. Statt sie aussagekräftig wiederzugeben, spekulieren SRF und der Tagesanzeiger darüber, dass die Entscheidung aufgrund eines Tweets von US-Präsident Donald Trump zustande gekommen sei:

„Nach einer Intervention von Donald Trump will Israel Rashida Tlaib und Ilhan Omar nicht ins Land lassen“, heisst es im Tagesanzeiger. Der SRF schreibt, der israelische Botschafter in den USA, Ron Dermer, habe „zunächst angekündigt, sein Land werde Tlaib und Omar den Besuch gestatten. US-Präsident Donald Trump hatte dann aber die israelische Regierung aufgerufen, die beiden Parlamentarierinnen nicht ins Land zu lassen.“

Dass die Entscheidung etwas mit dem amerikanischen Präsidenten zu tun habe, ist eine Spekulation. Selbstverständlich dürfen Journalisten spekulieren, insbesondere bei Ereignissen, über die nur unzureichende Informationen bekannt sind. Das ist aber hier nicht der Fall, zudem wird die Spekulation nicht als solche gekennzeichnet.

Aus Spekulation wird eine Tatsache

Das Schweizer Radio und Fernsehen und der Tagesanzeiger stellen die eigene Spekulation über die Beweggründe des israelischen Ministerpräsidenten als eine Tatsache dar, während von dessen offizieller Begründung nur ein Bruchstück angeführt wird. Damit sich der Leser ein eigenes Bild machen kann, übersetzen wir hier den gesamten Tweet des israelischen Ministerpräsidenten:

„Ministerpräsident Benjamin Netanjahu: Kein Land der Welt respektiert Amerika und den amerikanischen Kongress mehr als der Staat Israel. Als eine freie und lebendige Demokratie ist Israel offen für Kritiker und Kritik. Mit einer Ausnahme: Israelisches Recht verbietet denjenigen die Einreise, die zu Boykotten gegen Israel aufrufen und darauf hinarbeiten, solche zu verhängen, so, wie auch andere Demokratien jenen die Einreise verweigern, die dem betreffenden Land schaden wollen.

Tatsächlich haben die USA dies im Falle eines israelischen Knessetmitglieds getan, ebenso bei anderen öffentlichen Personen aus aller Welt. Die Kongressabgeordneten Tlaib und Omar sind führende Aktivisten beim Bewerben einer Boykottgesetzgebung gegen Israel im amerikanischen Kongress. Erst vor wenigen Tagen erhielten wir ihre Reiseroute für ihren Besuch in Israel, aus der hervorgeht, dass sie einen Besuch geplant haben, dessen einziges Ziel es ist, den Boykott gegen uns zu stärken und die Legitimität Israels zu leugnen.

Zum Beispiel: Sie haben als Ziel ihrer Reise nicht Israel, sondern ‚Palästina’ angegeben; sie haben weder um Treffen mit Vertretern der israelischen Regierung noch mit Vertretern der Opposition gebeten. Vor einer Woche hiess Israel rund 70 demokratische und republikanische Kongressmitglieder herzlich willkommen, die eine breite Unterstützung Israels durch beide Parteien zum Ausdruck brachten, was vor einem Monat auch im Kongress durch einee mit grosser Mehrheit angenommenen Resolution beider Parteien gegen BDS demonstriert wurde.

Die Reiseroute der beiden Kongressabgeordneten zeigt jedoch, dass der einzige Zweck ihres Besuchs darin besteht, Israel Schaden zuzufügen und die Hetze dazu zu schüren. Die Organisation, die ihre Reise finanziert, ist Miftah, ein begeisterter Befürworter von BDS. Zu ihren Mitgliedern gehören Personen, die sich den Terrorismus gegen Israel unterstützen. Darum hat der Innenminister beschlossen, ihren Besuch nicht zuzulassen, und ich als Ministerpräsident unterstütze seine Entscheidung.

Falls die Kongressabgeordnete Tlaib einen humanitären Antrag auf Besuch bei ihren Verwandten einreicht, hat der Innenminister angekündigt, dass er ihren Antrag unter der Bedingung prüfen wird, dass sie sich verpflichtet, während ihres Besuchs keine Massnahmen zur Förderung von Boykotten gegen Israel zu ergreifen. 

Antisemitismus wird geleugnet

In den Artikeln von SRF und des Tagesanzeigers findet man von all diesen Gründen (abgesehen von dem Hinweis auf BDS) nichts. Stattdessen werden Tlaib und Omar als Opfer des amerikanischen Präsidenten dargestellt. Das SRF schreibt, in den vergangenen Wochen habe der Präsident „immer wieder öffentlich die beiden Frauen attackiert, als antisemitisch verunglimpft“. Fast gleichlautend der Tagesanzeiger: „Er [US-Präsident Trump; S.F.] hatte Omar und Tlaib in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlich attackiert, als antisemitisch verunglimpft.” Hat hier einer vom anderen abgeschrieben? Nein, beide stützen sich auf die Schweizerische Depeschenagentur (SDA), in deren Text es ebenfalls heisst, Trump habe „Omar und Tlaib in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlich attackiert, als antisemitisch verunglimpft“ (der Tagesanzeiger hat die SDA als Quelle angegeben, das SRF nicht). Verunglimpft? Das würde bedeuten, dass dies nicht zuträfe. Doch der Antisemitismus von Omar und Tlaib ist gut dokumentiert. Ilhan Omar wurde sogar von der Führung ihrer eigenen Partei in einer offiziellen Erklärung wegen ihrer – so wörtlich – „antisemitischen Kommentare“ gerügt.

Omar verbreitet antisemitische Klischees über eine angebliche jüdische Verschwörung, die mit jüdischem Geld den amerikanischen Kongress kontrolliere und die die Welt „hypnotisiert“ habe, um ungestört „böse Taten“ tun zu können (sie selbst wird von islamistischen Organisationen wie CAIR finanziert und unterhält enge Beziehungen zum türkischen Präsidenten Erdogan). Ilhan Omars offen antisemitische Äusserungen waren der Anlass für die Resolution gegen Antisemitismus, die der US-Senat im Juni einstimmig verabschiedet hat. Omars Freundin und Kollegin Rashida Tlaib sagte im Januar, die Unterstützer einer Anti-BDS-Resolution im Kongress hätten „vergessen, welches Land sie vertreten“ und benutzte damit ein antisemitisches Klischee: Über hundert Jahre lang wurde Juden vorgeworfen, sie hätten eine doppelte (bzw.) geteilte Loyalität, stünden nicht hundertprozentig hinter ihrem Land. Dass dieser Vorwurf gerade von Tlaib geäussert wurde, war bemerkenswert: Nach eigenem Bekunden fühlt sie sich als Teil von „unserem palästinensischen Volk“.

Tlaib ist eine Freundin der verurteilten Doppelmörderin Rasmea Odeh und des Hisbollah-Unterstützers Abbas Hamideh, mit dem sie sich immer wieder fotografieren lässt. Hamideh hat laut Recherchen der NGO Clarion Project Verbindungen zu den Regimes in Teheran und Damaskus. Rashida Tlaib möchte den Staat Israel abschaffen und hat dies auf einer in ihrem Büro hängenden Landkarte bereits vorweggenommen.

Kürzlich kam heraus – was nicht wirklich überraschend war –  dass Tlaib sogar für das antisemitische Propagandaorgan Final Call des Hitler-Verehrers und Gründers der rechtsextremen Nation of Islam, Louis Farrakhan, geschrieben hat.

Staaten entscheiden nach Ermessen

Dass Staaten selbst entscheiden, wen sie einreisen lassen, ist eines der wichtigsten Kennzeichen ihrer Souveränität. Die USA verhängten 1986 ein Einreiseverbot gegen den österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim wegen dessen NS-Vergangenheit. Israel erklärte 2000 den damaligen FPÖ-Vorsitzenden Jörg Haider zur „unerwünschten Person“. Die Bundesrepublik Deutschland wies in letzter Zeit mindestens zweimal Ausländer aus, die der Terrororganisation PFLP zugerechnet werden. Es handelt sich immer um eine Ermessensentscheidung. Im Falle der beiden PFLP-Funktionäre berief sich die Berliner Innenverwaltung darauf, dass durch sie die „politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet“ werden könnten.

Rashida Tlaib und Ilhan Omar erkennen Israel nicht an und arbeiten daran, den jüdischen Staat zu zerstören. Man darf mit Fug sagen, dass sie ein erhebliches Interesse des Staates Israel gefährden – das an seiner Existenz.

Dem Schweizer Radio und Fernsehen, dem Tagesanzeiger und der SDA ist vorzuwerfen, dass sie über die wahren Beweggründe für das Einreiseverbot nicht oder kaum berichten und stattdessen ihre eigene Version der Wirklichkeit stricken. Omar und Tlaib wurde nicht die Einreise verweigert, weil sie muslimisch sind (das ist fast jeder vierte Israeli; anders als in der Schweiz ist es in Israel auch nicht verboten, Minarette zu bauen), sondern weil sie eine Gefahr für Israels Sicherheit darstellen. Sie von vornherein abzuweisen, ist ein kleiner Eklat (und auch nur für manche Leute), verglichen mit dem grossen, den es gäbe, wenn sie wegen illegaler Aktivitäten – wie etwa Beteiligung an Ausschreitungen – festgenommen werden müssten. Die Schweiz hätte sich einige Scherereien erspart, wenn sie seinerzeit den Diplomaten Hannibal Gaddafi gar nicht erst hätte einreisen lassen.

Noch ein Wort zu dem Verein Miftah, der die nun geplatzte Reise von Tlaib und Omar geplant hat. Miftah hat schon 2016 eine Reise von fünf demokratischen Kongressabgeordneten nach Osterjerusalem und Ramallah organisiert. Ein Highlight der Reise war ein Treffen mit Shawan Jabarin, der in Israel wegen der Rekrutierung von Terroristen für die PFLP eine Haftstrafe verbüsst hat. Nach seiner Rückkehr verglich der demokratische Abgeordnete Hank Johnson jüdische Siedler mit „Termiten“ (später entschuldigte er sich für seine „schlechte Wortwahl“). Es geht Israel wie anderen beliebten Urlaubsländern: Mit einer ganz bestimmten Art von Touristen hat man schlechte Erfahrungen gemacht und möchte sie sich darum lieber vom Hals halten. Das kann man verstehen.

Heute wurde übrigens bekannt, dass Rashida Tlaib doch noch nach Israel einreisen hätte können, um ihre Grossmutter zu besuchen. Die demokratische Abgeordnete hat aber auf Twitter angekündigt, dass sie ihre Grossmutter nicht besuchen wird.

Innenminister Arje Deri, der anbot das Verbot für Tlaib aufzuheben, antwortete:

“Die Kongressabgeordnete Rashida Tlaib hat gerade getwittert, dass sie Israel nicht besuchen wird. Gestern Abend schickte sie mir einen Brief, in dem sie mich bat, ihre Grossmutter zu besuchen, die in den 90ern ist, denn “das könnte meine letzte Gelegenheit sein, sie zu sehen”. Ich habe dieser humanitären Bitte zugestimmt, aber es stellte sich heraus, dass es nur eine Provokation war, die darauf abzielte, Israel in Verlegenheit zu bringen. Ihr Hass auf Israel ist grösser als ihre Liebe zu ihrer Grossmutter.”

Über Stefan Frank

Stefan Frank ist freischaffender Publizist und lebt an der deutschen Nordseeküste. Er schreibt regelmässig über Antisemitismus und andere gesellschaftspolitische Themen, u.a. für die „Achse des Guten“, „Factum“, das Gatestone Institute, die „Jüdische Rundschau“ und „Lizas Welt“. Zwischen 2007 und 2012 veröffentlichte er drei Bücher über die Finanz- und Schuldenkrise, zuletzt "Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos."

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2 Kommentare

  1. So, die “Miftah” sollte eigentlich die Reise dieser zwei muslimischen Hysterikerinnen bezahlen?
    Verdienen diese zwei im amerikanischen Kongress so wenig, dass sie fuer eine solche Reise gesponsort werden muessen?
    Die “Miftah” ist eine anti-israelische Propagandaorganisation. Man kann sich also leicht vorstellen, welchem Zweck dieser Besuch gedient haette.
    Die amerikanischen Demokraten sollten sich von diesen zwei muslimischen Spinnerinnen trennen.

  2. Die politischen Israelhasser und ihre medialen Sprachrohre in Europa haben gerade mächtig Schaum vorm Mund: Die beiden amerikanischen Antisemitinnen Ilhan Omar und Rashida Tlaib dürfen nicht nach Israel um dort ihre Spielchen abzuziehen (das Verbot für Letztere wurde aus humanitären Gründen aufgehoben). Die US-Demokratinnen – die von ihrer Gesinnung her optimal in jede rechtsradikale Partei passen könnten – sind keine Personen, die Argumenten zugänglich sind. Jeder Versuch, das zu tun, ist töricht und heißt, ihnen auf den Leim zu gehen und ihnen eine weitere Gelegenheit zu geben, für ihre menschenverachtenden Vorstellungen Werbung zu machen.

    Ihr klares Streben ist, Israel maximal zu schaden. All ihr Tun und Handeln, ihre „Entschuldigungen“, Aussagen und Behauptungen sind diesem Ziel untergeordnet. Dafür die Türe zu öffnen ist schlichtweg irrsinnig. Ein Toleranz-Vergleich mit den USA hinkt: Niemand versucht, die Existenz der USA zu bestreiten oder deren Zivilgesellschaft zu zerstören und die USA haben in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft keine fanatischen Todfeinde, die auf jede Lücke warten um diese dafür zu nutzen.

    Keine Toleranz für die Todfeinde der Toleranz.

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