Chaotische Kontroverse um Besuch von US-Abgeordneten

0
Foto Ilhan Omar Fibonacci Blue from Minnesota, USA. CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=77585697
Foto Ilhan Omar Fibonacci Blue from Minnesota, USA. CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=77585697
Lesezeit: 3 Minuten

Die beiden Abgeordneten der demokratischen Partei in den USA, Rashida Tlaib (43) und Ilhan Omar (37) hatten einen “offiziellen Besuch in Palästina” angekündigt und damit eine hochpolitische Kontroverse in Israel und in den USA ausgelöst. Talib hat palästinensische Wurzeln und Omar stammt aus Somalia. Beide sind lautstarke Vertreter der umstrittenen BDS-Bewegung, fordern einen Boykott Israels und befürworten eine Delegitimierung des jüdischen Staates. Beide sind auch die bisher einzigen muslimischen Abgeordneten im amerikanischen Kongress.

 

Als sie ihren Besuch ankündigten, erklärten sie, während ihrem Besuch keine offiziellen israelische Vertreter treffen zu wollen. Sie planten einen Besuch in der Al Aksa-Moschee auf dem Jerusalemer Tempelberg und wollten sich von extrem anti-israelischen Aktivisten der Organisation “Breaking the Silence” durch Hebron führen lassen. Neben Treffen mit Vertretern der palästinensischen Autonomiebehörde wollten sie auch mit der regierungskritischen Organisation “B’tselem” sprechen. So war klar, dass der Besuch vor allem dazu dienen sollte, dem Staat Israel Schaden beizufügen.

Die israelischen Regierungsbehörden standen vor einem schweren politischen Dilemma, den Angriff auf die „israelische Ehre“ hinzunehmen, oder erstmals gewählten Vertretern des amerikanischen Kongresses die Einreise über den Ben Gurion Flughafen zu verwehren. So berieten Israels Premierminister und Vertreter der verschiedenen Ministerien bei nächtlichen Beratungen über den Fall. Grundsätzlich befand die Regierung, dass sie gegen ein geltendes Gesetz verstossen würde, wenn sie offene Anhänger der BDS-Bewegung feierlich mit allen Ehren auf dem wichtigsten israelischen Flughafen empfangen würde. Andererseits wollten die Israelis keine Krise mit dem amerikanischen Repräsentantenhaus und der Regierung in Washington heraufbeschwören. Argumentiert wurde, dass ein solcher Besuch in keinem demokratischen Land akzeptiert würde. Holland habe sogar türkischen Ministern die Einreise verweigert. Befürchtet wurde auch, dass ein israelisches Einreiseverbot den Frauen nur noch mehr Ruhm und Macht einbringen würde. Am Ende wurde beschlossen, die Demokratinnen nicht einreisen zu lassen.

Die Zeitschrift “Stern” kommentierte: „Der Schritt ist eine Kehrtwende Israels – und löst bei führenden Demokraten Empörung aus.“ Richard C. Schneider meinte in „Die Zeit“, dass Netanjahu mit dem Beschluss sein Land in eine „Sackgasse“ geführt habe. Der Beschluss werde „möglicherweise die besondere Beziehung zwischen den USA und Israel auf lange Zeit beschädigen.“

Derweil hatte US-Präsident den Israelis empfohlen, einen Bann gegen Tlaib und Omar auszusprechen. Trump hat laut Tagesschau der ARD getwittert: “Es wäre ein Zeichen grosser Schwäche, wenn Israel die beiden demokratischen Abgeordneten Ilhan Omar und Rashida Tlaib einreisen lassen würde.“ Er hatte es schon vorher gefordert und die Frauen angegriffen: “Ich denke, die sind so anti-Israel und so anti-jüdisch. Wenn andere so wie sie reden würden, wäre die Hölle los.”

Einreise aus „humanitären Gründen“ für Tlaib

Doch am Freitag gab es wieder eine Wende. Tlaib wandte sich in einem persönlichen Brief an den israelischen Innenminister Arje Deri der Schass-Partei. Sie bat darum, aus „humanitären Gründen“ einreisen zu dürfen, um ihre 90 Jahre als Grossmutter in ihrem Dorf in einem palästinensischen Dorf im Westjordanland besuchen zu dürfen. In dem Brief versprach sie, sich an die israelischen Auflagen zu halten und während ihres Aufenthaltes im Lande nicht gegen Israel zu hetzen.

Minister Deri warf daraufhin den Regierungsbeschluss um und genehmigte Tlaib die Einreise in der kommenden Woche. Er äusserte die Hoffnung, dass sie sich an ihr Versprechen halten werde, nicht gegen Israel zu hetzen.

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

Alle Artikel