Der Schweizer Nahost-Experte Arnold Hottinger ist 92 Jahre alt geworden. Geboren am 6. Dezember 1926 in Basel als Sohn des Pädiaters Adolf Hottinger und der Chemikerin Dr. Greta Hottinger-Cahn; gestorben am 21. Mai 2019 in Zug. Von 1961 bis 1991 war Hottinger NZZ-Korrespondent zunächst in Beirut, später in Madrid und Nikosia. Die Beendigung seiner Arbeit als Arabien-Korrspondent der Neue Zürcher Zeitung (NZZ) schrieb er dem Umstand zu, dass diese Zeitung traditionell pro-israelisch sei.
von Elisabeth Lahusen und Ulrich Sahm
Arnold Hottingers Texte zum Nahen Osten folgen konstant einer anti-israelischen Agenda, denn für ihn stand fest:
„Man muss wissen, dass Israel von der ganzen arabischen Welt und von vielen nicht arabischen Muslimen als eine Fortsetzung des Kolonialismus gesehen wird. Nicht ohne Grund. Der zionistische Staat wurde im Schutz des britischen Kolonialismus gegen den heftig artikulierten Widerstand der Landeskinder, der Palästinenser, mit Gewalt eingepflanzt.“
In diese 3 Sätze hat Arnold Hottinger mehrere „Fakes“ eingearbeitet. Tatsächlich wurden nämlich fast alle arabischen Staaten durch Beschlüsse der „Kolonialisten“ England und Frankreich nach dem Zusammenbruch des osmanischen Reiches künstlich geschaffen. Ohne die Bemühungen des Zionismus, der jüdischen Nationalbewegung, schon im 19. Jahrhundert, wäre der Staat Israel nicht entstanden. Bis zu ihrem ruhmlosen Abzug aus dem Mandatsgebiet Palästina, wenige Stunden vor der Ausrufung des Staates Israel, hatte die britische Kolonialmacht alles getan, die Errichtung eines jüdischen Staates zu verhindern, militärisch und vor alle durch eine Einwanderungssperre für Juden. Die von Hottinger erwähnten „Landeskinder“ nannten sich erst ab 1968 „Palästinenser“. Kein Wort zu der Vertreibung der Juden aus der arabischen Welt, wo sie teilweise seit 3.000 Jahren gelebt haben. Viele Länder mit uralten jüdischen Gemeinden, darunter Syrien, Ägypten, Irak und Nordafrika sind heute de facto „judenfrei“.
Im Journal 21, wo seine Texte noch bis zum Januar dieses Jahres erschienen sind, gab es im Jahre 2012 eine interessante Gegenüberstellung. Unter dem Titel „Die Wahrheit in ihren Brechungen“ hatte Hottinger einen dreiteiligen Beitrag über den Palästina-Konflikt veröffentlicht. Dieser Text und die Replik des Autors Paul Uri Russak sprechen für sich.
Für Audiatur-Online analysierte Michel Wyss:
„Geht es nach Hottinger, so ist Israel Täter und die Palästinenser sind Opfer. Beide Seiten würden zwar manchmal schlimme Sachen sagen, im Falle Israels ist das aber natürlich viel schlimmer: „Die israelische Regierungspropaganda entstellt die Tatsachen, um ihre wirklichen Ziele zu verbergen und sie auch vor den liberaleren Teilen der eigenen Bevölkerung verborgen zu halten. Die Palästinenser und mit ihnen viele andere Araber neigen dazu, ihrer Verzweiflung durch heftige Worte unter Übertreibung oder Entstellung von Sachverhalten vorübergehende Erleichterung zu verschaffen.“ So können dann auch Vernichtungsdrohungen seitens Hamas und Co. als purer Ausdruck der Verzweiflung weggeredet werden.“
Wer also war Arnold Hottinger
Der Mann war hochgebildet und eminent fleißig. Er hatte Orientalistik und Romanistik studiert. Neben Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch, sprach er auch Farsi und verschiedene arabische Dialekte. Er bereiste viele islamische Länder. 2015 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Zürcher Journalistenpreis ausgezeichnet. Seine Sicht auf den Nahen Osten prägte zwei Journalisten-Generationen, die Hottingers Lesart der Ereignisse oft ohne weitere Recherche übernahmen. So hieß es noch 2004 im Spiegel: „Die Lage der Araber, schreibt Hottinger, sei heute schlimmer, als je zuvor. „Zwischen Hammer und Amboss des israelischen Expansionismus und des amerikanischen Imperialismus“ trieben sie immer tiefer in Agonie und Gewalttätigkeit.“ Eine Aussage unter vielen, die von deutschsprachigen Zeitungen nicht hinterfragt wurden.
Das Elternhaus
Die Familien Hottinger und Cahn waren seit Generationen bekannte Ärzte und Naturwissenschaftler. Die Eltern Hottingers zogen mit ihrem Sohn von Basel nach Düsseldorf. Das Kind trug den Namen Arnold, nach dem jüdischen Vater der Mutter, dem berühmten Mediziner Professor Arnold Cahn. In Düsseldorf arbeiteten Adolf und Greta unter Albert Eckstein (1891-1950). Eckstein war jüdischer Oberarzt der Düsseldorfer Kinderklinik. Vom März 1933 stammt ein erster Hinweis auf Greta Hottinger als Wissenschaftlerin in der Form eines Aufsatzes in der renommierten „Zeitschrift für Kinderheilkunde“.
Kurz danach war die Karriere dieser Wissenschaftler in Nazi-Deutschland schon beendet. Eine Tochter des Juden Arnold Cahn und ihr Ehemann hätten wegen der Rassegesetze in Düsseldorf nach 1933 nicht mehr arbeiten können. Der Kreis jüdischer Ärzte in Düsseldorf war ab dann Geschichte.
Dr. Adolf Hottinger leitete nach 1945 auf eigenen Wunsch ein Notspital für KZ-Häftlinge in Herisau.
Der Onkel
Während Greta Hottinger Cahn in Düsseldorf war, arbeitete ihr Bruder Karl Eduard Cahn-Bronner als Mediziner in Bad Homburg. 1925 wurde er Privatdozent an der Frankfurter Universität. Im Krankenhaus in Bad Homburg vor der Höhe war er gleichzeitig Leiter der Inneren Abteilung. Als Sohn eines jüdischen Vaters wurde auch ihm durch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums 1934 die Lehrbefugnis entzogen. Noch bis 1936 arbeitete er als Arzt in Bad Homburg, floh er über Italien und Kuba in die USA, wo er bis 1958 als Professor an der University of Illinois in Chicago lehrte.
Der Bruder
Arnold Hottingers jüngerer Bruder, Lukas Hottinger, wurde noch im Februar 1933 in Düsseldorf geboren, kurz bevor die Familie wieder nach Basel zurückging, wo der Vater als Kinderarzt arbeitete. In der Schweiz wuchsen die Söhne auch auf und studierten. Während Arnold seine Karriere als israelkritischer Journalist ausbaute, machte sich der Bruder einen Namen als Paläontologe. Eng verbunden mit dem Werk seines Onkels, den er zeitlebens verehrte, teilte Lukas nicht die Probleme, die Arnold mit dem jüdischen Staat hatte. Im Gegenteil: Seit einer Gastprofessur ab 1970 an der Hebräischen Universität in Jerusalem arbeitete Lukas Hottinger viel mit israelischen Wissenschaftlern zusammen.
Nur im Memorial für Lukas Hottinger, erscheinen der Beruf und volle Name der Mutter Greta Hottinger-Cahn, die in sämtlichen Nachrufen für Arnold Hottinger nicht erwähnt wird:
„Lukas Hottinger, Mikropaläontologe und langjähriger Professor für Geologie und Paläontologie an der Universität Basel, verstarb am 4. September 2011 friedlich in Allschwil, Schweiz. Er wurde am 25. Februar 1933 in Düsseldorf als Sohn des Kinderarztes Prof. Adolf Hottinger und der Ärztin Dr. Greta Hottinger-Cahn in eine Familie von Ärzten hineingeboren.“
Dr. Greta Hottinger- Cahns Vater war Professor Arnold Cahn, der als Mediziner international anerkannt war. Er war langjähriger persönlicher Freund und Hausarzt der Familie von Albert Schweizer. Arnold Hottinger trägt den Namen dieses jüdischen Großvaters.
Wenn man das Archiv der NZZ nach Greta Hottinger-Cahn durchforscht, so findet sich nur eine Todesanzeige.
Es handelt sich um das einzige Dokument im Internet, in dem neben dem vollen Namen der Mutter auch der Name Arnold Hottingers erscheint.
Der Weg und das Verhalten Hottingers ist nichts Ungewöhnliches. Solange er Arabien-Korrespondent der NZZ war, ist verständlich, dass er seine familiären Beziehungen zum Judentum versteckte, auch zu seinem eigenen Schutz. Doch nun ist er tot. Da müsste doch den Autoren der Nachrufe aufgefallen sein, dass der Mann kaum greifbare Wurzeln hat. Der Name seiner Mutter wird totgeschwiegen. Gerade bei einer derart berühmten und mit Auszeichnungen überhäuften Schweizer Persönlichkeit wie Hottinger müsste eine solche Lücke doch bemerkt werden. Es gibt freilich unter jüdischen und heute auch israelischen Intellektuellen das Phänomen des „jüdischen Selbsthasses“, wie es der Schriftsteller Theodor Lessing 1930 in seinem gleichnamigen Buch festgehalten hat. Das ist etwas völlig anderes, als Kritik an der Politik Israels oder die Wiedergabe arabischer Haltungen gegenüber dem jüdischen Staat. Es wäre vielleicht auch eine Erklärung für Hottingers ungezügelten Hass auf Israel, den er in vielen seiner Texte zum Ausdruck gebracht hat und die eines angesehenen Journalisten unwürdig sind.
Einmal abgesehen von Israel sagt Herr Hottinger viele kluge Dinge über die arabisch-islamische Wet. Eigentlich ein kluger und gebildeter Mann. Jedenfalls viel sympatischer als ein Daniele Ganser, oder auch ein Peter Scholl-Latour mit seinem Pazifismusgelaber und Gutmenschtum, obschon er als Freiwilliger im 1.Indochinakrieg für die Fremdbestimmung eines ganzen Volkes kämpfte.
Immer wieder bemerkenswert ist, wie wenig sich sogenannte Nahost-Experten mit dem Gegenstand ihres vorgeblichen Interesses wirklich kritisch auseinander setzen – und dazu gehört zumindest auch eine Reflektion über den eigenen Standpunkt. Arnold Hottinger steht stellvertretend für diese besondere Art von Spezialisten. Fast alle dieser sogenannten Experten zeichnen sich durch frappierende Einseitigkeit aus, sie betrachten Israel durch eine rein ideologische Brille. Ihr Blick auf dieses Land hat mit einer Analyse nichts zu tun sondern ist vielmehr eine Sammlung von Behauptungen, Propagandaversatzstücken und Konstruktionen, die alle dem Zweck dienen, den eigenen Hass auf Israel zu rationalisieren.
Auch bei Arnold Hottinger reichen schon wenige Absätze, um sich ein Bild von seinen offensichtlichen Ressentiments und peinlichem Halbwissen zu machen. Bliebe alleine die Frage zu stellen, warum „Spezialisten“ wie Hottinger immer wieder so gefragt sind – wenn man die Antwort nicht schon wüsste: Das allgemeine Interesse an „israelkritischen“ Darlegungen ist ungebremst hoch, weil bei der entsprechenden Zielgruppe deckungsgleiche Voreingenommenheiten aus „berufenem Mund“ besonders gerne angenommen werden.
Brillante und präzise Analyse von nussknacker56, über den Artikel vom Ulrich W. Sahm zum Tode des Nahostkorrespondenten Arnold Hottinger. Ich kann mich dieser Argumentation uneingeschränkt anschliessen.
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