Das Werfen von Steinen ist kein Protest und kann töten

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Symbolbild. Steinwerfer bei Ramallah. Foto Issam Rimawi/Flash90
Symbolbild. Steinwerfer bei Ramallah. Foto Issam Rimawi/Flash90
Lesezeit: 5 Minuten

Wenn im Nahen Osten Steine geworfen werden, ist es für die Mainstream-Medien in der Regel nichts, worüber man sich zu sehr aufregen müsste. Wenn palästinensische Horden Steine auf israelische Soldaten am Grenzzaun von Gaza werfen, um in den jüdischen Staat zu gelangen und Chaos anzurichten, werden solche Aktionen im Allgemeinen als eine nicht tödliche Form des Protestes dargestellt.

 

von Jonathan S. Tobin

Seitdem die Palästinenser im Dezember 1987 eine Intifada – einen “nationalen Aufstand” – starteten, wird das Steinewerfen als eine beliebte Form des Protestes gegen Israel angesehen. Tatsächlich ist der Akt des Steinewerfens auf Juden längst zu einem Symbol für den “Widerstand” gegen Israel geworden, der in der palästinensischen Kultur, in Gedichten und Liedern verherrlicht wird. Das Werfen von Steinen auf Soldaten und Siedler oder deren Autos und Busse ist so etwas wie eine Art Nationalsport geworden, ebenso wie ein Übergangsritus für arabische Jugendliche.

Vorfälle von Steinewerfen auf jüdische Ziele sind an der Tagesordnung und so zahlreich, dass Israel sich kaum noch bemüht, Statistiken über sie zu führen. Aber wir wissen, dass mindestens 14 Israelis bei Autounfällen durch Steinwürfe oder direkte Einschläge der Steine auf die Person getötet wurden.

Wenn Palästinenser im Zusammenhang mit solchen Verbrechen verhaftet werden, stellt man sie entweder sympathisch als legitime Kämpfer dar, die nur die ihnen zur Verfügung stehenden Waffen benutzen. Oder als Kinder, die von der israelischen Armee und der Polizei zu Unrecht für das was im schlimmsten Fall nichts anderes als so genannter jugendlicher Unfug ist, schikaniert oder sogar gefoltert werden.

Aber nach mehr als 30 Jahren solcher Medienberichterstattung hat die internationale Presse nun endlich beschlossen, diese “harmlose” Aktivität im Westjordanland als Verbrechen zu betrachten.

Steinewerfen als Routineereignis

Im Oktober wurde eine palästinensische Frau getötet, weil sie von einem Stein in den Kopf getroffen wurde der laut Polizei von einer Gruppe israelischer Jugendlicher geworfen wurde. Aisha Rabi, eine achtfache Mutter, war mit ihrem Mann und zwei ihrer Kinder in einem Auto unterwegs, als das Verbrechen stattfand. Die Verdächtigen sind Schüler einer Jeschiwah-Hochschule – einer von ihnen befindet sich seit seiner Verhaftung im Dezember in Haft, da laut israelischen Behörden Spuren seiner DNA auf dem Stein gefunden wurden, der Aisha Rabi getötet hat.

Obwohl palästinensisches Steinewerfen als Routineereignis gilt, wird eine gefährliche Grenze überschritten, wenn nur eine kleine Gruppe von Juden es für akzeptabel hält sich ähnlich zu verhalten.

Die ständigen Angriffe auf jüdische Fahrzeuge scheinen eine Vorgehensweise normalisiert zu haben, die in jedem anderen Kontext als schreckliches Verbrechen angesehen wird. Der Glaube, dass die israelischen Verteidigungskräfte nicht genug tun, um die Bewohner jüdischer Gemeinden in den Gebieten zu schützen, ist bei den Siedlern verbreitet. Das hat, gepaart mit Wut über den palästinensischen Terror, zumindest für eine kleine Minderheit radikaler Juden die Vorstellung legitimiert, es sei nichts falsch daran, sich an zufälligen Palästinensern zu rächen.

Solche giftigen Ideen sind unmoralisch und eine Bedrohung für die Rechtsstaatlichkeit. Sie tragen auch dazu bei, die Hunderttausenden friedlicher und gesetzestreuer Juden, die in Judäa und Samaria leben, als radikale Gesetzesbrecher darzustellen, die darauf abzielen, palästinensisches Blut zu vergiessen, obwohl in Wirklichkeit nur eine winzige Minderheit an Angriffen gegen Araber beteiligt ist.

Aber obwohl die wegen Gewalt gegen Palästinenser angeklagten Extremisten nicht repräsentativ für die Siedlerbevölkerung oder Israelis im Allgemeinen sind, ist es beunruhigend, dass der Mord an Aisha Rabi nicht von der gesamten Siedlerführung verurteilt wurde und sogar von einigen extremistischen Rabbinern geduldet zu werden scheint. Anstatt ihre Bewegung von einer so abscheulichen Tat zu distanzieren, haben diese Führer ihre Bemühungen auf die Verteidigung der Angeklagten konzentriert und behaupten, dass sich das israelische Geheimdienstpersonal, das den Vorfall untersucht, der Misshandlung der Verdächtigen schuldig gemacht hat. Dass einige der gleichen Personen, die gegen ein solches Verhalten der Behörden protestieren, nicht dagegen sind, solange es nur auf palästinensische Terrorverdächtige angewendet wird, ist eine Ironie.

“Empörung über Mord an palästinensischer Mutter ist notwendig”

Während der Fall noch untersucht wird und die Angeklagten Anspruch auf Unschuldsvermutung haben, ist die überwältigende Mehrheit der Israelis zu Recht der Meinung, dass es keine Toleranz für jemanden geben kann, der Steine auf Fahrzeuge wirft, egal wer hinter dem Steuer sitzt. Ebenso wichtig ist, dass diejenigen die solche Angriffe entschuldigen oder entschuldigen könnten, es nicht verdienen im öffentlichen Rampenlicht zu stehen. Es sollte keine Diskussion über die Notwendigkeit geben, ein solches Fehlverhalten zu bekämpfen, auch wenn es marginal ist.

Die Empörung über den Mord an einer palästinensischen Mutter ist notwendig. Aber diejenigen, die die Siedlerbewegung als Ganzes beschimpfen, sollten auch innehalten und darüber nachdenken, ob sie ihre Ansichten über das alltägliche Steinewerfen auf israelische Fahrzeuge, welches zu Sachschäden, Verletzungen und im schlimmsten Fall zum Tod führt, überdenken sollten.

Wenn es falsch ist, dass vereinzelte wenige jüdische Jugendliche mutmasslich ein so schreckliches Verbrechen begehen, dann sollte es keine Zweifel daran geben, die täglichen Fälle ähnlicher palästinensischer Angriffe auf Juden als ebenso kriminell zu bezeichnen.

Was auch immer Sie über Siedlungen denken oder wie die endgültige Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts aussehen sollte, wenn – wie die internationalen Medien zu denken scheinen – es falsch ist, dass Juden Steine auf Araber werfen, mit dem Ziel, Verletzungen und/oder Tod zu verursachen, dann ist es genauso falsch, dass Araber dasselbe mit Juden tun. Wenn Sie anderer Meinung sind, dann rechtfertigen Sie im Grunde genommen den Terrorismus gegen Juden.

Diejenigen die Aisha Rabi getötet haben, verdienen es, mit allen Mitteln des Gesetzes bestraft zu werden. Gleichwie diejenigen die denken, dass jeder, der Juden verletzen, verstümmeln oder töten will, ein Freiheitskämpfer oder ein harmloser Jugendlicher ist, eine Doppelmoral schaffen, die nicht vom Antisemitismus zu unterscheiden ist.

Jonathan S. Tobin ist Chefredakteur der Nachrichtenagentur JNS. Auf Englisch zuerst erschienen bei Jewish News Syndicate. Übersetzung Audiatur-Online.