Der französische Intellektuelle Bernard-Henri Lévy warnt: Der offene Antisemitismus ist zurück

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Marche Blanche für für Mireille Knoll, Strassburg 28. März 2018. Foto Claude Truong-Ngoc / Wikimedia Commons - cc-by-sa-4.0, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=67784432
Marche Blanche für für Mireille Knoll, Strassburg 28. März 2018. Foto Claude Truong-Ngoc / Wikimedia Commons - cc-by-sa-4.0, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=67784432
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Der stetige Anstieg des Antisemitismus weltweit bedeutet, dass die Juden in den USA und Europa kaum eine andere Wahl haben als anzuerkennen, dass die Notwendigkeit von „Widerstand und Gegenoffensive zurückgekehrt ist“, sagte der führende französisch-jüdische Schriftsteller und Intellektuelle Bernard-Henri Lévy der amerikanischen Wochenzeitung The Algemeiner am Donnerstag in einem ausführlichen Interview.

 

Lévys Kernaussage – die weiter vertieft werden soll wenn er am 13. Februar im Gespräch mit dem Historiker Simon Schama in New York auftritt – ist, dass der Antisemitismus einen Grad erreicht hat, dem die Mehrheit der heute lebenden Juden bisher nicht begegnet ist.

„Der Antisemitismus ist zurück. Überall. Offen“, sagte Lévy, als er über das Jahr nachdachte, in dem zahlreiche Fälle von tödlichen antisemitischen Gewalttaten begangen wurden, darunter der Mord an Mireille Knoll, einer 85 Jahre alten Holocaust-Überlebenden die allein in Paris lebte und das Massaker eines bewaffneten Neonazis an 11 jüdischen Gläubigen in einer Synagoge in Pittsburgh.

Der Hass auf Juden hat jetzt „eine Intensität und eine Gewissenlosigkeit, von der wir glaubten, dass sie längst verschwunden sei“, argumentierte Lévy.

„Die Zeiten sind wieder hart für die Juden“, fuhr er fort. “ Die Notwendigkeit von Widerstand und Gegenoffensive ist für die Juden Europas, der Vereinigten Staaten und der Welt zurückgekehrt. Es ist schrecklich. Aber so ist es nun mal. Und es ist eine Tatsache, dass wir uns jetzt sofort damit befassen müssen.“

Auf die Frage, ob man den Antisemitismus in Europa mit dem in den USA vergleichen könne, antwortete Lévy, dass „die beiden Dinge glücklicherweise nicht vergleichbar sind. Antisemitismus ist in den Vereinigten Staaten viel schwächer als in Europa.“ Aber er fuhr fort: „Das Neue ist, dass er auch in den Vereinigten Staaten präsent ist, was bedeutet, dass es im Westen keinen sicheren Zufluchtsort mehr gibt.“

Lévy sagte, dass er bei seinem bevorstehenden Auftritt in New York „die Geschichte eines jüdischen Kindes – nämlich von mir – erzählen werde, das kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde und dessen Eltern zu ihm sagten: „Es ist den Amerikanern zu verdanken, dass du geboren wurdest; es ist ihnen zu verdanken, dass Europa vor dem Nationalsozialismus und letztlich vor dem Selbstmord gerettet wurde; mit den Vereinigten Staaten von Amerika haben wir eine besondere Nation, eine außergewöhnliche Nation, fast so sehr wie Israel, eine Zuflucht für die Juden der Welt“.

Er fügte hinzu: „Heute jedoch wundere ich mich. Ich denke an meine Eltern – an meine Mutter, die die amerikanischen Soldaten vergötterte und an meinen Vater, der an deren Seite kämpfte. Und manchmal frage ich mich, ob sie nicht zu zuversichtlich waren. Pittsburgh riss ein Loch in den prächtigen Pakt zwischen Amerika und den Juden. Warum? Wie? Wie weit zurück reicht der Riss? Das ist es, was ich versuchen werde zu erklären.“

„Antisemitismus ist keine Meinung, sondern eine Leidenschaft, ja sogar eine Religion“

Auf die Frage nach seinen Ansichten zur staatsbürgerlichen Bildung als Mittel zur Vorbereitung künftiger Generationen auf Rassenhass und Antisemitismus, insbesondere durch die Vermittlung der Geschichte des Holocaust in den Schulen, antwortete Lévy, dass solche Initiativen auf einem Fehlverständnis des Antisemitismus beruhten. „Antisemitismus ist keine Meinung, sondern eine Leidenschaft, ja sogar eine Religion“, sagte er. „Und diese Religion ist stärker als Vernunft, Bildung und Informationskampagnen. Der Traum der Aufklärung war, dass man durch die Eröffnung einer Schule einen Antisemiten zum Schweigen hätte bringen können. Aber so funktioniert das nicht.“

Lévy wies darauf hin, dass der französische Philosoph Voltaire aus dem 18. Jahrhundert, der allgemein als „die Verkörperung der Aufklärung“ angesehen wird, auch die Verkörperung des Antisemitismus war“. Ein zeitgenössischeres Beispiel wäre der amerikanische Sprachwissenschaftler und linke Aktivist Noam Chomsky, den Lévy als „einen sehr großen Denker (und übrigens ein Jude)“ bezeichnete, der „auch einer der Vordenker des zeitgenössischen Antisemitismus“ war.

„Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Bildung und Weisheit. Du kannst die Erinnerung an den Holocaust so viel lehren, wie du willst – aber das wird uns nicht vor der Rückkehr des Ungeheuers schützen.“ Eine bessere Strategie, so Lévy, liege in „einer genauen Analyse des Antisemitismus – seiner Art, seiner Quellen und seiner Funktionsweise“. Es gibt so viele Klischees in dieser Hinsicht, so viel konventionelles Denken. Das muss dekonstruiert werden.“

Dies ist eine gekürzte Version eines Artikels der zuerst auf Englisch erschienen ist bei The Algeminer. Übersetzung Audiatur-Online. 

7 Kommentare

  1. Liebe Freunde ich möchte einen Vorschlag machen für ein
    Volksseelen-Heilmittel –
    „Eine familiäre Entnazifizierung“.
    Der von USA in Bayern 1945 eingesetzte amerikanische
    Demokratisierungs Professor Pollok sagte zu dem ebenfalls von USA eingesetzten Bayerischen Ministerpräsidenten Högner:
    „Herr Ministerpräsident bevor Sie neu beginnen müssen Sie
    die Verwaltung völlig neu aufbauen, denn diese war zum größten Teil schuld an den Verbrechen der Dritten Reiches.“ Högner nahm den Rat nicht an. Die Fachkenntnisse von Gewissenlosen war bei Högner gefragt. Das müssen sich jetzt alle, täglich dreimal in Erinnerung bringen und fragen, war ein Etappenhengst oder gar eine Herde derartiger brauner in der Familie? War einer, der über den lustigen Stellungswechsel 1943 jubilierte, in der Familie? Ja, solche brauchte man auch nach 1945. So konnte sein Bubi auch noch Bürgermeister der Hauptstadt der Bewegung werden. Da braucht man keinen Arzt oder Apotheker fragen und auch nicht die SZ, da ist familiäre Gewissenserforschung angesagt, nur diese kann uns befreien. Weiter müssen Sie sich alle selbst fragen, war ein Kriegsgewinnler in meiner Familie?
    Das ist leicht festzustellen. Besaß die Familie vor 1933 dies
    und das, nach 1945 war der familiäre Besitz dies und jenes, da ist persönliche Ehrlichkeit gefragt, das Grundbuch hilft.
    Bitte rechnen Sie auch den Anstieg von Titel und gesellschaftlicher Würde und Ansehen mit zu dem Gewinn. Denn von Opa, Papa,
    Oma, Mama war das Höchste oft der ausgestreckte Arm und nicht der Geist, das ist traurig. Fotoalben der Familie helfen dabei. Und die guten kleinen Kinder können dann fragen und das Wissen in Sachen Familiengeschichte erweitern. Es muss sein, auch wenn es weh tut.
    Dagegen zeigt ein Gefreiter von der Ostfront, oder ein an Rachitis erkranktes Mitglied der Familie, die Nicht-NS-Parteinähe der Familie. Sollte über ein Familienmitglied ein Disziplinarverfahren ergangen sein oder gar Gefängnisstrafe, so ist das sehr positiv zu bewerten. Sollte aber ein Schriftsteller in der Familie sein, so sollte man bitte lesen, was da auf das Papier gebracht wurde.
    Eine familiäre Entnazifizierung tut Not in Deutschland, helfen Sie mit Deutschland ehrlicher zu machen. Durch diese familiäre Gewissenserforschung lernt man Nazis erkennen und hört auf über Nazis
    zu schreien. Besonders gefährlich ist eine plötzliche Besitzvergrößerung auch nach 1945 durch Persilscheinausstellung. Helft alle mit, dass diese dunkle Zeit wirklich von Anfang bis Ende aufgearbeitet wird. Lasst Licht in die Dunkelheit, schaut nicht über den Zaun, das Schreckliche ist sehr oft im eigenen Umfeld. Der silberne Leuchter, die schöne Vase, das tolle Besteck, der edle Schmuck das teure Bild, keiner will wissen woher sie stammen. Der Erwerber könnte ein Kreishauptmann aus der Familie gewesen sein dessen blutrünstige Taten keiner kennen will.
    Eine Filmempfehlung als Hilfe möchte ich Ihnen geben: „Die
    Wohnung“ von Arnon Goldfinger. Zweimal, dreimal anschauen, danke.

    Versuchen Sie bitte diese Anleitung gegen Nationalismus und
    Antisemitismus in dem deutschen Eichenblätterwald unterzubringen, danke

  2. Offenkundig in Ermangelung an Kenntinsse in solchen Bereichen wie Biologie, Genetik, Soziologie, Psychologie und Geschichte scheint es Ihnen doch unbekannt zu sein, warum sich die Geschichte der Menschen immer wieder wiederholen lässt.

    Eben diese Bereiche erlauben, die sog. Charaktereigenschaften jeweiliges Volkes und Nation, die unter anderem als dessen bzw. deren Leitkultur epigenetisch verankert sind, zu erörtern und zu verstehen.

    Z.Beispiel den Artikel von
    L.M.Kraus:

    „Margaret Thatchers Vorahnung für Deutschland“

  3. Danke für Ihre Nachricht.

    Na ja, es ist bekannt, dass sich die Regeln eben durch die Ausnahmen bestätigen lassen…..;)

  4. Ich bleibe trotzdem bei meiner Meinung!
    Ich zum Beispiel habe nicht den geringsten Judenhass in mir, im Gegenteil sogar, ich mag Juden und Israel sehr.

  5. Antisemitischer Mist – auch wenn er noch so geschwollen daher kommt – bleibt Mist. Bei dem, was Sie so aufgetürmt haben, würde allerdings selbst Herakles die Waffen strecken, und der hatte Erfahrungen im Ausmisten von Ställen.

  6. Mitnichten!
    Der Judenhaß ist ein der Bestandteile der Leitkultur sämtlichen Völker, da dieser epigenetisch verankert und weiter vererbt wird.

  7. In Europa ist das Wiederaufkommen des Antisemitismus grösstenteils auf die islamische Einwanderung zurück zu führen.

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