Herausforderungen für den neuen IDF-Stabschef

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Der neue IDF-Stabschef Aviv Kochavi an der Kotel am 15. Januar 2019. Foto Yonatan Sindel/Flash90
Der neue IDF-Stabschef Aviv Kochavi an der Kotel am 15. Januar 2019. Foto Yonatan Sindel/Flash90
Lesezeit: 4 Minuten

Die wichtigste Rolle eines jeden Stabschefs der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) und damit auch die von Generalstabschef Aviv Kochavi, ist es die Armee auf einen nächsten möglichen Krieg vorzubereiten. Die IDF und die politische Führung müssen daher sehr sorgfältig prüfen, welche Art von Krieg das sein wird.

 

von Prof. Efraim Inbar

Seit 1982 führt die IDF keine konventionellen grossen Kriege gegen Gegner mit Panzern und Flugzeugen, sondern nur „kleine“ Kriege. Die Chancen stehen gut, dass sich diese Tendenz fortsetzen wird, da es keine Gegner mit grossen konventionellen Streitkräften gibt.

Die Erfolgskurve der IDF in kleineren Konflikten sollte verbessert werden. Der Zweite Libanonkrieg im Jahr 2006 ist kein Grund zum Stolz, und auch einige der Gefechte in Gaza haben keinen klaren israelischen Sieg hervorgebracht.

Trotzdem muss sich Israel auch auf einen grossen Krieg vorbereiten. Eine militärische Konfrontation mit der Hisbollah im Libanon ist ein Szenario mit hoher Wahrscheinlichkeit. Die Zerstörung der 120.000 gegen Israel gerichteten Raketen erfordert eine gross angelegte Bodeninvasion im Südlibanon. Und Syrien, das nach Jahren des Bürgerkriegs seine Wunden leckt, ist dabei eine neue Armee aufzubauen.

Auch Ägypten verfügt über eine grosse und fortschrittliche konventionelle Armee und hat eine beachtliche logistische Infrastruktur im Sinai aufgebaut. Ägypten könnte seine Politik gegenüber Israel ändern, wenn die Muslimbrüder an die Macht zurückkehren und so das ägyptische Militär zu einer ernsthaften Herausforderung machen. Gleichzeitig muss Israel seine Fähigkeit, Stärke weit und breit zu entwickeln, erhalten und verbessern, insbesondere wenn es an der Zeit ist, sich mit der iranischen nuklearen Bedrohung auseinanderzusetzen.

Die Identifizierung der Art des nächsten Krieges hat direkten Einfluss auf den Aufbau der Kampfordnung der Armee. In den letzten Jahren wurden die Bodentruppen vernachlässigt. Panzerformationen wurden stillgelegt und Reserveeinheiten der Bodentruppen nicht ausreichend trainiert.

Die in letzter Zeit geführten Debatten über die Einsatzbereitschaft der IDF konzentrierten sich hauptsächlich auf den Zustand der Bodentruppen und es wäre angebracht in die Verbesserung dieser Situation zu investieren. Der Gazastreifen und insbesondere die libanesischen Szenarien sehen eine Invasion mit erheblichen Bodentruppen vor, die über den Einsatz der Luftwaffe hinausgeht. Und selbst das weniger wahrscheinliche Szenario eines grossen konventionellen Krieges erfordert den Einsatz einer grossen und effektiven Landstreitmacht. In der IDF wurde bereits Kritik geäussert, dass der Schwerpunkt auf Luftangriffen auf Basis präziser Aufklärung liegt, und zwar auf Kosten einer manövrierenden Landstreitmacht.

Die ehemalige US-Botschafterin bei der UNO Nikki Haley, erhält im Juni 2017 während eines Besuchs am Kerem-Shalom-Grenzübergang Informationen vom damals noch stellvertretenden Stabschef Aviv Kochavi. Foto U.S. Embassy Tel Aviv, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=59754105
Die ehemalige US-Botschafterin bei der UNO Nikki Haley, erhält im Juni 2017 während eines Besuchs am Kerem-Shalom-Grenzübergang Informationen vom damals noch stellvertretenden Stabschef Aviv Kochavi. Foto U.S. Embassy Tel Aviv, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=59754105

Ein kleines Land wie Israel und sogar grössere und reichere Länder können keine Armee für alle möglichen Zukunftsszenarien aufbauen. Daher baut es eine Reihe von Einsatzmöglichkeiten auf, mit denen man am besten mit dem erwarteten nächsten Krieg umgehen könnte. Der Mix der Kampfordnung kann nicht schnell geändert werden, da die Beschaffung und Schulung von neuen Systemen Zeit braucht.

Daher muss Israel danach streben, grosse Sicherheitsreserven zu haben. Es gibt keine Lehrbuchlösung für den richtigen Mix. Auch hier ist die Erfahrung, die realistische Einschätzung der Situation und die persönliche Intuition des Stabschefs der Schlüssel zum Aufbau einer Armee, die im Stande ist den Sieg bei der nächsten militärischen Auseinandersetzung zu erringen.

In Israel ist der Stabschef ein aktives Mitglied des Sicherheitskabinetts, was bedeutet, dass seine Meinung äusserst wichtig ist. Die Spielregeln im Sicherheitskabinett unterscheiden sich von denen in der militärischen Organisation in der Kochavi seit mehreren Jahrzehnten dient. In seinen früheren militärischen Einsätzen war er zwar bereits dem politischen Geschehen ausgesetzt und doch müssen wir ihm auf diesem Gebiet viel Glück wünschen. Ein klares Verständnis zwischen der politischen und der militärischen Ebene ist entscheidend für den Erfolg bei der Einsatzfähigkeit von militärischen Streitkräften.

Schliesslich sollten wir uns daran erinnern, dass Napoleon immer auf der Suche nach „Generälen mit Glück“ war. Hoffen wir, dass Aviv Kochavi Glück hat. Sein Erfolg ist der Erfolg des Landes.

Professor Efraim Inbar ist Vorsitzender des Jerusalem Institute for Strategic Studies (jiss.org.il) und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Middle East Forum. Dies ist eine leicht gekürzte Version eines Artikels der zuerst auf Englisch erschien bei The Jerusalem Post. Übersetzung Audiatur-Online. 

1 Kommentar

  1. Generäle „mit Glück“ ist das Eine, mit Geist das Andere. Hier ein dritter Vorschlag, nämlich „Regen ist billiger als Bomben“.

    Zum besseren Verständnis ein paar Reime :

    Reime als Trojanerpferd

    Betrachtet durch die Wahrheitsbrille
    erscheint die Wirklichkeit ganz klar
    als ein Mix aus Wunsch und WILLE ,
    wo zuvor — rein gar nix war !

    Die WELT ist ein Gedankenspiel,
    welches GEIST ins Leben rief
    einzig alleine mit dem Ziel
    FREUDE zu haben kollektiv.

    Der WILLE ist vom Geist die KRAFT
    — wissenschaftlich ENERGIE –,
    die ALLES hat bisher erschafft,
    natürlich auch BIOLOGIE !

    Diese „Wissenschaft des Lebens“
    reimt sich hier bemerkenswert
    und hoffentlich nicht ganz vergebens
    rein sprachlich als Trojanerpferd :

    Es gilt, das LEBEN zu bewahren,
    zu lenken und noch zu verbessern,
    indem ‚die Medien‘ offenbaren,
    wie trockenes Land ist zu bewässern.

    Wenn „Medien“ und „Information“
    gehen Hand in Hand,
    erhält der Mensch vom Geist zum Lohn
    WELTFRIEDEN in Stadt und Land.

    Jürgen Friedrich, 16.1.2019

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