Der Eigentumsanspruch auf die Nakba

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Jemenitisch-jüdische Familie 1949 auf dem Weg zu einem Flüchtlingslager. Foto PD
Jemenitisch-jüdische Familie 1949 auf dem Weg zu einem Flüchtlingslager. Foto PD
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Hat ein geschichtliches Ereignis wirklich stattgefunden, dann hat es keinen Sinn, so zu tun, als hätte es das nicht. Das bedeutet nicht, dass man falsche Propaganda akzeptieren muss. Was die Nakba betrifft – der palästinensische Begriff für Israels Unabhängigkeitskrieg 1947/48 –, gibt es viel von beidem. Sie hat stattgefunden, aber nicht so, wie es dargestellt wird.

 

von Yaacov Lozowick

Der Begriff ethnische Säuberung wurde in den 1990er Jahren geprägt, als die Jugoslawen sich das selbst antaten. Der Begriff war neu, doch das Phänomen war alt. So wurden in Osteuropa in den fünf Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs fünf Millionen Menschen Opfer ethnischer Säuberungen. Ganz Polen wurde nach Westen verschoben, das östliche Drittel wurde frei von Polen gemacht, das westliche Drittel frei von Deutschen, um Platz für die Polen zu machen. Millionen von Deutschen wurden unter grosser Gewalt und Massensterben aus Osteuropa verjagt; dies sah man als Vergeltung für die von den Deutschen durchgeführten Massendeportationen während des Krieges. Die Teilung Indiens 1947 führte zu gegenseitigen ethnischen Säuberungen von mehr als zehn Millionen Muslimen und Hindus. 1949 wurden Hunderttausende von Indern aus dem unabhängig gewordenen Indonesien vertrieben.

Während also Juden und Araber sich darauf vorbereiteten, darum zu kämpfen, ob die Juden das Recht auf einen eigenen Staat hätten, war die Möglichkeit, dass ein Territorium von seiner Bevölkerung geleert werden könnte, um Platz für eine andere Bevölkerung zu schaffen, offensichtlich. So liefen die Dinge zu damaliger Zeit. Was die israelisch-palästinensische Geschichte so anders macht, ist, dass der Konflikt immer noch andauert und sich die Propagandisten 70 Jahre später immer noch um dieselben Ereignisse zanken.

Eroberung jüdischer Siedlungen

Amoz Oz erzählte in seinem autobiografischen Roman Eine Geschichte von Liebe und Finsternis, wie er als Siebenjähriger Anfang 1948 eines Morgens aufwachte und sah, dass Araber die Tür der Wohnung seiner Eltern und all die anderen Türen in der Nachbarschaft markiert hatten und sie so für die Zeit nach den Juden für sich beanspruchten. Gerade einmal zweieinhalb Jahre nach der Schoah war dies die explizite, mit militärischer Macht unterlegte, Absicht: die jüdische Gemeinschaft zu zerstören. Es waren auch nicht blosse Worte. In jedem einzelnen Fall, wo arabische Streitkräfte eine jüdische Siedlung eroberten, blieben dort keine Juden: In Kfar Darom, Yad Mordechai und Nitzanim, die von der ägyptischen Armee erobert wurden. In Mishmar Ha-Yarden, das von den Syrern erobert wurde. In neun von den Jordaniern eroberten jüdischen Dörfern: Kfar Etzion, Masuot Yitzchak, Ein Zurim, Revadim, Hartuv, Kalia, Beit Ha’arava, Neveh Yaakov, Atarot. In zwei jüdischen Vierteln nördlich der Altstadt. Am bedeutsamsten aber war, dass das jüdische Viertel der Jerusalemer Altstadt, wo Juden seit dem Ende der Kreuzzüge ununterbrochen gelebt hatten, von all seinen Juden geleert wurde.

Die Araber sagten, dass sie die Juden loswerden wollten, und in jedem einzelnen Fall, wo sie die Macht hatten, blieben keine Juden übrig. Der einzige Grund, warum die meisten von Israels Juden überlebten und blieben, war, dass Israel den Krieg gewann. Jede Diskussion der Nakba muss die Wahrheit enthalten, dass es allein israelische Militärmacht war, die die Araber vor der Schande bewahrte, drei Jahre nach dem Holocaust die gesamte jüdische Gemeinschaft zu vernichten.

Zwei Faktoren sind wesentlich, um das Schicksal der Palästinenser zu verstehen. Die erste waren die Auswirkungen des Massakers von Deir Jassin im April 1948, einen Monat vor der Gründung des Staates Israel. Eine Einheit von Freischärlern der IZL-Organisation eroberte das Dorf und massakrierte zwischen hundert und zweihundert seiner Bewohner. Die Führung des Jischuw, die bald darauf zur Staatsführung wurde, war schockiert. Doch die palästinensische Bevölkerung nahm an, es handle sich um ein Vorzeichen dessen, was noch kommen würde. Nachdem die Araber sich monatelang gerüstet hatten, um die Gründung Israels zu verhindern, bestätigte das Massaker für sie lediglich, dass die Juden ihnen dasselbe antun würde, wie sie den Juden. In den folgenden Monaten flohen viele vor anrückenden IDF-Truppen und liessen leere Dörfer zurück.

Die zweite Triebkraft war das Verhalten des jüdischen Militärs. Zwischen November 1947 und März 1948 bestand die Hauptaufgabe der vorstaatlichen Haganah-Kräfte darin, Angriffe örtlicher palästinensischer Kräfte auf die jüdischen Siedlungen zu verhindern. Die Haganah führte einen Verteidigungskrieg. Erst im April ging sie in die Offensive und begann, Territorium und palästinensische Siedlungen einzunehmen. Im Mai und Juni 1948 wiederholte sich das Muster in grösserem Rahmen, als die neugeschaffene IDF versuchte, die einfallenden Armeen Syriens, Ägyptens und Jordaniens zurückzuschlagen. Es war ein Verteidigungskrieg, um das Leben der Juden und die Existenz ihrer Gemeinschaften zu schützen. Nachdem sie die Invasoren erfolgreich gestoppt hatte, ging die IDF in die Offensive, das war erst im Juni. Jetzt lag das Ziel darin, Israels strategische Lage zu verbessern, um die langfristige Lebensfähigkeit des Staates sicherzustellen. Offensichtlich ging diese Transformation mit einem wachsenden Mass an Selbstvertrauen einher und dem Bestreben, vormals ungeahnte Ziele zu erreichen. In den letzten Monaten des Krieges benahm Israel sich mehr wie Polen, die Tschechoslowakei, Indien, Pakistan oder Indonesien. Es war mehr und mehr bereit, die lokalen Araber mit Nachdruck zu ermutigen, woanders hinzugehen.

Und doch: Niemand hat je ein Dokument gefunden, das bezeugt, dass es eine Politik der Vertreibung der arabischen Bevölkerung gegeben hätte, denn die gab es nicht. Der Krieg begann im November 1947, und bis Juni 1948 bestand das Ziel der Juden darin, die Entschlossenheit der Araber zu überleben, sie zu vernichten. Offene Vertreibungen ereigneten sich vor allem ab Juni, und selbst da war es offenbar eine Atmosphäre, sie zum Gehen zu ermuntern, und es gab auch Fälle von Mord, aber keine klare Politik der Vertreibung. An einigen Orten wurden Palästinenser eines Dorfes vertrieben, die des Nachbardorfes hingegen nicht – und die Nachfahren der Letzteren leben immer noch dort. Niemand kann die 700.000 Palästinenser leugnen, die vor den Israelis flohen. Niemand kann die 100.000 leugnen, die blieben.

800.000 jüdische Flüchtlinge

Es gab zwei Epiloge. Während der Waffenstillstandsverhandlungen mit Jordanien 1949 verlangte Israel die Kontrolle über einige Hügel am Rande schmaler Küstenebenen. Die Hügel wurden israelischer Kontrolle unterstellt, zusammen mit den auf ihnen liegenden Dörfern. Orte wie Jat, Taybe u Baka el Garbiya. Die palästinensische Bevölkerung der Dörfer wurde nach Israel übertragen. Gleichzeitig fing die arabische Welt an, ihre Juden zu vertreiben. Jüdische Gemeinden, die Jahrhunderte lang existiert hatten – an Orten wie dem Irak oder dem Jemen sogar Jahrtausende –, wurden entwurzelt und aufgelöst. Rund 800.000 jüdische Flüchtlinge kamen nach Israel.

Es gibt Leute, die in den Ereignissen von 1948 die Erbsünde Israels sehen, eines Staates, dessen blosse Gründung ein Akt der Gewalt und der Massenvertreibung gewesen sei. Abgesehen davon, dass die Vorstellung von der Erbsünde eine christliche ist und weder im Judaismus noch im Islam existiert, zeigt eine ehrliche Bestandsaufnahme dessen, was wirklich geschehen ist, dass die Gewalt der damalige Standard war, fast banal; sie zeigt, dass ein arabischer Sieg ein viel grösseres Blutvergiessen und viel grösseres Leid mit sich gebracht hätte. Und sie zeigt, dass es regionale Bevölkerungstransfers von gleichem Ausmass gab. Mehr als 700.000 Palästinenser verliessen Israel, und eine grosse Zahl von Juden verliess die arabische Welt, die meisten von ihnen Richtung Israel. Diejenigen, die darauf beharren, dass dies aus Israel etwas einzigartig Böses mache, das für seine Sünden auch 70 Jahre später noch verdammt werden müsste, haben selbst Fragen zu beantworten.

Der Historiker Dr. Yaacov Lozowick ist Dozent an der Abteilung für Informationswissenschaften an der Bar Ilan Universität. Von 2011-2018 war er israelischer Staatsarchivar und von 1993 bis 2007 Direktor des Archivs in Yad Vashem.

3 Kommentare

  1. Doch einen Beweiß gibt es Theodor Herzel wurde aus der Knesset
    vertrieben?

    Wer stellte den Antrag das Bild zu entfernen?
    Wenn Ihr wollt ist es Wahrheit.

  2. Der Artikel geht leider nicht darauf ein, dass der Grossteil der Muslime, die 1948 ihre Häuser
    verliessen, dies aufgrund von Aufrufen arabischer Führer taten, – .z.B. um den arabischen Invasionsarmeen Platz zu machen auch um von diesen nicht niedergemacht zu werden usw. So verliessen z.B. gemäss vorliegenden britischen Polizeiberichten etwa 55,000 der 62,000 Muslime die Stadt Haifa, obwohl die Juden sie baten zu bleiben. Eine Rolle spielte auch die arabische
    Gräuelpropapganda, die nicht den beabsichtigten Zweck, nämlich mehr Kampfeswille,
    erfüllte sondern Viele flüchten liess. Gemäss dem Institute for Palestine Studies in Beirut gingen 68%, ohne die Israelis gesehen zu haben. Glubb Pascha (Kommandant arab. Legion) stellte 1948 fest: „Dörfer wurden regelmässig verlassen, bevor sie durch den Verlauf des Krieges bedroht waren“. Haled al Azm, ehem. Ministerpräsident Syriens: „Seit 1948 haben wir die Rückkehr der Flüchtlinge gefordert, dabei hatten wir sie selbst zur Flucht veranlasst“

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