Khan al-Ahmar und die Missachtung unterzeichneter Vereinbarungen durch die EU

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Khan al-Ahmar. Foto Regavim.
Khan al-Ahmar. Foto Regavim.
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Khan al-Ahmar ist eine Gruppierung von beduinischen Bauten in der Judäischen Wüste östlich von Jerusalem. Im vergangenen Jahr hat sich die Diskussion um dieses Thema immer weiter aufgeheizt. Die Ansammlung von Behausungen liegt auf staatlichem Land an der Hauptverkehrsstrasse zwischen Jerusalem und dem Jordantal. Achtundzwanzig Beduinenfamilien leben hier.

 

von Botschafter Dore Gold

Die Ansammlung von Unterkünften ist zu klein, als dass sie tatsächlich als Dorf bezeichnet werden könnte, daher wird sie von einigen Ortschaft genannt oder man weist ihr noch ganz andere Bezeichnungen zu. Die Behausungen in Khan al-Ahmar wurden ohne Baugenehmigung errichtet, welches allerdings von der israelischen Zivilverwaltung im Westjordanland verlangt wird.

Dementsprechend wurden bereits im Jahr 2009 Abrissverfügungen erlassen. Obwohl sich die Bewohner des Areals an den Obersten Gerichtshof Israels wandten, hiess es in der Entscheidung des Gerichts: „Es ist unbestritten, dass der gesamte Komplex unter Missachtung des gesetzlichen Bebauungsplans errichtet wurde.“ In der Vergangenheit hatte der Oberste Gerichtshof Israels entschieden, dass jüdische Familien, die in illegal errichteten Unterkünften leben, umgesiedelt werden müssen – so geschehen in Migron (2012), Amona (2017) und Netiv Ha-Avot (2018).

Einige westliche Kommentatoren haben die Entscheidung Israels zum Abriss von Khan al-Ahmar allerdings grundlegend missverstanden. Eine Analyse der New York Times beharrte darauf, Israel wolle „Platz für die Ausdehnung jüdischer Siedlungen“ machen. Selbstverständlich weiss jeder, der mit der Topografie des Westjordanlands und mit der Landkarte des Westjordanlands vertraut ist, dass die judäische Wüste ein ganz und gar unbewohntes Gebiet ist – daher ist das Argument, dass der Abriss von Khan al-Ahmar für die Ausdehnung von Siedlungen notwendig wäre, vollkommener Unsinn.

Ein noch wichtigerer Faktor ist, dass jeder mit einem gewissen Grundverständnis der israelisch-palästinensischen Diplomatie weiss, dass die Auflösung von Khan al-Ahmar durch Israel auf israelischem Recht basiert, so wie durch das Osloer Abkommen und insbesondere in dem Interimsabkommen von 1995, das seit damals die Landnutzung regelt, gewährleistet ist. Erinnern wir uns daran, dass das Interimsabkommen das Westjordanland in drei Zonen einteilte: Zone A, in der die Palästinenser umfassende zivile und militärische Autorität genossen; Zone B, in der die Palästinenser umfassende zivile und eingeschränkte Sicherheitskontrolle hatten, und Zone C, in der Israel sowohl die Sicherheits- als auch die zivile Autorität behielt, einschliesslich der Befugnis, Entscheidungen hinsichtlich der Flächennutzung und -bebauung zu treffen.

Es gab gute Gründe dafür, dass Israel die Vollmacht in Zone C behielt, denn dieser Bereich enthält Anlagen, die in direktem Zusammenhang mit der israelischen Sicherheit stehen. Abgesehen von Militärstützpunkten und Frühwarnsystemen befinden sich auch wesentliche Verkehrsadern in Zone C. Route 1, die von Jerusalem über den steilen Bergrücken bis hinunter ins Jordantal verläuft, ist die Schnellstrasse, über welche die israelische Armee im Falle eines Angriffs aus dem Osten ihre Streitkräfte an die Frontlinien schickt. Die Bedrohung kommt nicht aus dem Haschemitischen Königreich Jordanien, zu dem Israel friedliche Beziehungen unterhält. Historisch betrachtet wurde Israel eher von feindlichen Nachbarn bedrängt, die jordanisches Gebiet als Ausgangsbasis für einen Angriff benutzten. In der Vergangenheit lag die vorrangige Sorge in einer potentiellen Invasion durch den Irak (unter Saddam Hussein). Auch heute ist ein instabiles Irak nach wie vor eine reale Sorge, insbesondere, wenn der Iran schiitische Milizen gegen Israel einsetzt, so wie in Syrien der Fall, oder wenn diese Milizen den Palästinensern im Falle einer neuen Eskalation, wie etwa einer neuen Intifada, Verstärkung zukommen lassen.

Der Kampf um die Verkehrsadern war auch schon in der Vergangenheit ein Thema. Während der Zweiten Intifada zwischen 2000 und 2006 eröffneten palästinensische Scharfschützen an wichtigen Strassen, wie der Route 443, Route 60 und anderen Schnellstrassen, das Feuer auf israelische Fahrzeuge. Was bei all den Kommentaren über Khan al-Ahmar ausser acht gelassen wird, ist die Tatsache, dass es in unmittelbarer Nähe zu einer zentralen Verkehrsader gelegen und daher von erheblicher strategischer Bedeutung für Israel ist. Tatsächlich ist die Schule in Khan al-Ahmar nur 20 Meter von der Schnellstrasse Route 1 entfernt.

Daher hat Israel durchaus überzeugende Gründe, darauf zu bestehen, dass die illegalen Unterkünfte in Khan al-Ahmar von einem derart sensiblen Standort entfernt werden, sofern es einen alternativen Wohnort für die dort lebenden Bewohner gibt. Die israelische Zivilverwaltung hat zugesagt, die Bewohner von Khan al-Ahmar an einen Ort in West Jahlin umzusiedeln, der nur acht Kilometer von ihrem derzeitigen Wohnort entfernt ist.

Einer der erschreckenden Aspekte des Kampfes um Khan al-Ahmar ist die Tatsache, dass die Vorbehalte gegenüber den israelischen Handlungen von Seiten internationaler Organisationen und Länder kommen, die eigentlich über den rechtlichen Hintergrund dieses Falles informiert sein sollten. Das Interimsabkommen von 1995 wurde nicht nur von Premierminister Jitzchack Rabin für den Staat Israel und von Yassir Arafat für die PLO unterzeichnet. Es wurde auch von der Europäischen Union, Norwegen, der Russischen Föderation, den USA, Ägypten und Jordanien unterzeichnet – sie alle fungierten als Zeugen.

Demnach stellt sich eine zentrale Frage: Wie können EU-Institutionen wie das Europäische Parlament oder die Hohe Vertreterin der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, illegale Bautätigkeiten dulden, die gegen eine internationale Vereinbarung verstossen, die von der EU mitunterzeichnet wurde? Solche Aktionen unterminieren die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union und ihrer Institutionen, sowie deren Status als aufrichtige Vermittler in einem zukünftigen Nahost-Friedensprozess.

Botschafter Dore Gold ist seit 2000 Vorsitzender des Jerusalem Center for Public Affairs. Von Juni 2015 bis Oktober 2016 war er Generaldirektor des israelischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten. Zuvor war er tätig als aussenpolitischer Berater von Premierminister Benjamin Netanyahu, israelischer UN-Botschafter (1997–1999) sowie als Berater von Premierminister Ariel Sharon. Übersetzung Audiatur-Online.

3 Kommentare

  1. Dabei ist ihr Amt völlig überflüssig und ihr Gehalt von monatlich 35.000 € weggeworfenes Steuergeld!

  2. Frau Mogherini wird seit vielen Jahren angetrieben von ihrem Israelhass. Kein noch so fadenscheiniger Vorgang hält sie davon ab, sich im Europäischen Parlament mit fast schon manischer Verkniffenheit gegen den jüdischen Staat zu positionieren und sich als Sprachrohr vermeintlich “palästinensischer” Interessen aufzuspielen. Die eingespielte europäische Schäbigkeit wiederum, sich zum Werkzeug dieser Klientel machen zu lassen und wie hier staatliche Verordnungen Israels immer wieder infrage zu stellen, ist nicht minder scharf zu kritisieren.

    Einer Wellnesskur gleich kommt es dagegen für Mogherini, wenn sie z.B. mit Vertretern des iranischen Kriegstreiber-Regimes zusammentrifft. Hier beeindruckt sie vor allem damit, sich unübersehbar wohlzufühlen.

  3. als ich 1968-1971 dort gedient habe war es menschen leer. Von Zeit zu Zeit richtete ein beduiner sein Zelt auf und dann war es wieder verschwunden weil er mit seiner Herde weiter ging!

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