Jüdisches UNRWA – Die US-Hilfe für jüdische Flüchtlinge aus arabischen Ländern

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Jüdische Familie im Irak auf dem Weg nach Israel, 1951. Foto Teddy Brauner.
Jüdische Familie im Irak auf dem Weg nach Israel, 1951. Foto Teddy Brauner.
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Kurz nach der Gründung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) beschlossen die USA, die Wiedereingliederung jüdischer Flüchtlinge aus arabischen Ländern in Israel zu unterstützen.

 

von Kobby Barda

Die Entscheidung der USA, ihre Unterstützung für das UNRWA zurückzuziehen, eröffnet die Möglichkeit, dass andere Länder folgen werden und diese Organisation ihr Ende finden wird. Diese Umstände regen dazu an, einen Blick zurück auf die Gründungszeit des UNRWA zu werfen. Neben UNRWA, mit deren Hilfe die palästinensischen Flüchtlinge nach dem Krieg wieder integriert werden sollten, leisteten die USA auch finanzielle Unterstützung für ein Hilfsprojekt für jüdische Flüchtlinge aus arabischen Staaten.

Dieses Kapitel der Geschichte Israels ist aus einem einfachen Grund in Vergessenheit geraten – es ist gelungen. Hunderttausende jüdischer Flüchtlinge aus arabischen Ländern wurden in Israel integriert. Im Gegensatz dazu wurden Hunderttausende von palästinensischen Flüchtlingen von den Ländern, die sie aufnehmen sollten, abgelehnt, in einem zynischen Schritt, der darauf abzielte, den arabisch-israelischen Konflikt unter Bedingungen aufrechtzuerhalten, unter denen andere Konflikte längst gelöst sind.

In ihrem Buch „The War of Return“ befassen sich Adi Schwartz und Dr. Einat Wilf mit der Gründung der Organisation und der Beteiligung der US-Regierung. Erweitert man den Blickwinkel jedoch ein wenig, dann wird deutlich, dass die amerikanische Regierung neben der Gründung des UNRWA einen grossen Schritt zur Eingliederung von Flüchtlingen und Staaten in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg unternommen hat. UNRWA und die Unterstützung der jüdischen Flüchtlinge aus arabischen Ländern sollte ein Teil dieses Prozesses sein.

In den Fussstapfen des Marshallplans

George Marshall war US-Aussenminister in der Regierung von Präsident Harry Truman. Truman beauftragte ihn damit, die Welt nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs zu einem neuen Aufschwung zu führen. Marshall spielte eine entscheidende Rolle für den Wiederaufbau Europas: Unter seiner Führung und Anleitung überwiesen die Vereinigten Staaten ca. 12 Milliarden Dollar – nach heutigem Wert etwa 120 Milliarden Dollar – für die Rehabilitation des zerstörten Europas.

Die Gelder wurden hauptsächlich als Darlehen für Industrieunternehmen und für den Kauf von Waren aus den USA verwendet, doch manche Fördermittel wurden auch für die Rückführung und Eingliederung von Flüchtlingsbevölkerungen eingesetzt. So wurde in Deutschland beispielsweise eine Milliarde Dollar für die Ansiedlung von Deutschen aufgewendet, die aus dem Sudetenland vertrieben worden waren. Der Erfolg des Programms übertraf alle Erwartungen und der daraus resultierende wirtschaftliche Aufschwung, zum Beispiel in Deutschland und Österreich, wurde als „Wirtschaftswunder“ betitelt.

Flüchtling vs. Flüchtling

Yeshayahu “Si” Kennan war der Sprecher der israelischen Delegation bei den Vereinten Nationen während der Zeit des Marshallplans. Kennans Vorgesetzter, Botschafter Abba Eban, lehnte seinen Vorschlag ab, von der amerikanischen Regierung einen gleichwertigen Plan für den Nahen Osten einzufordern. Er argumentierte, dass die Araber das so erhaltene Geld gegen Israel verwenden würden. Kennan trat in der Folge dem American Zionist Council (AZC) bei und begann in diesem Rahmen, sich für die Einführung eines ähnlichen Programms im Nahen Osten einzusetzen. Zu dieser Zeit gab es etwa 1,6 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene im Nahen Osten – je zur Hälfte Juden und Araber. Es war Kennans Wunsch, dass die Länder die Fördermittel einsetzen würden, um die Flüchtlinge in den Ländern einzugliedern, in die sie nach dem Krieg gekommen waren.

Ermutigt durch den Erfolg des Marshallplans in Europa bemühten sich die Amerikaner, die Ordnung im Nahen Osten auf die gleiche Weise wiederherzustellen. Die Unterstützung der Truman-Regierung für die Gründung des Staates Israel (entgegen der Meinung Marshalls) liess ein Verantwortungsbewusstsein in der Regierung gegenüber den Konsequenzen der Unabhängigkeitserklärung und des Unabhängigkeitskrieges entstehen.

Vor diesem Hintergrund stiess Kennans Initiative im Kongress und im Aussenministerium auf offene Ohren. 164 Mitglieder des Kongresses unterzeichneten einen Antrag zur Ausführung der Initiative, und als Antwort darauf begannen die arabischen Staaten, Gegendruck auszuüben. Kennan spannte daraufhin führende Wirtschaftsexperten ein, um den Kongress davon zu überzeugen, dass eine Unterstützung Israels nicht nur für Israel, sondern auch für die USA von Vorteil wäre.

Jüdische Flüchtlinge aus dem Jemen, auf dem Weg nach Israel, 1950. Foto Public Domain.

Im September 1951, fast zwei Jahre nach der Gründung der UNRWA, trugen Kennans Bemühungen erste Früchte: Der Kongress gewährte Hilfen in Höhe von 160 Millionen Dollar für den Wiederaufbau der Region: 68 Millionen Dollar davon gingen an Israel und der Rest wurde zwischen dem Libanon, Syrien, dem Irak, Ägypten und Jordanien aufgeteilt.

Die Geschichte des ganzen Konflikts

Die Art und Weise, wie diese Fördergelder aufgeteilt wurden, ist einer dieser spezifischen Fälle, die den Verlauf des gesamten arabisch-israelischen Konflikts im Miniaturformat widerspiegeln: Der junge Staat Israel investierte diese Gelder, die einige Jahre vor den Reparationszahlungen aus Deutschland eintrafen, in den Siedlungsbau und die Infrastruktur und versuchte damit, den gewaltigen Strom der Juden zu bewältigen, die in Scharen aus arabischen Ländern flohen. So betrachtet handelte Israel ähnlich wie die europäischen Staaten, als diese die amerikanischen Hilfszahlungen aus dem Marshallplan ausgaben.

Auf der anderen Seite erlaubten es die arabischen Staaten, dass die Gelder vom Gesamtbudget der UNRWA geschluckt wurden, oder sie behielten es einfach für sich selbst. In ihrem Buch beschreiben Schwartz und Wilf den Mechanismus, den die Araber gegen die amerikanische Regierung einsetzten: Sie erlaubten der UNRWA, humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge zu leisten, und stimmten im Prinzip riesigen Projekten zum Ausbau der Infrastruktur zu, die ihre Länder neben der Wiedereingliederung der palästinensischen Flüchtlinge vorwärts bringen würden. Praktisch gesehen liessen sich die arabischen Regierungen jedoch viel Zeit mit der Umsetzung und verhinderten, dass der Wiederaufbau stattfand. Ihr Motiv? Sie nutzten die Notlage der Flüchtlinge aus, um den Staat Israel zu delegitimieren. Rückblickend scheint es, als habe Abba Eban den Plan zu Recht abgelehnt.

Das UNRWA-Monster hat sich zu einem Nährboden entwickelt, auf dem sich Anomalien in Bezug auf die Behandlung von Flüchtlingen vervielfacht haben: Der Flüchtlingsstatus der Palästinenser wird weitervererbt, die UNRWA selbst versucht nicht, die Flüchtlinge wieder einzugliedern, sondern leistet nur humanitäre Hilfe, und zahlreiche Mitarbeiter der Organisation sind selbst Palästinenser. Die UNRWA trägt entscheidend zur Aufrechterhaltung des arabisch-israelischen Konflikts bei, statt ihn zu lösen.

Im April 2008, einen Monat vor dem 60. Jahrestag der israelischen Unabhängigkeitserklärung, gab es die ersten Anzeichen eines amerikanischen Erwachens: Angesichts der „unbestreitbaren Rechte“ der Palästinenser entschied der Kongress, den aus arabischen Staaten geflüchteten Juden die gleichen Rechte zu gewähren. Nach Anweisung des Kongresses bestimmte der Präsident, dass die Eingliederung der Flüchtlinge in ihrer Heimat zur Lösung des Konflikts im Nahen Osten führen würde und dass mit dem Begriff „Flüchtlinge“ alle Menschen gemeint sind, die während des israelischen Unabhängigkeitskrieges im Jahr 1948 aus ihren Heimatländern im Nahen Osten fliehen mussten.

Mit der Entscheidung der Regierung von Präsident Trump, die Finanzierung der UNRWA einzustellen, scheint sich ein Kreis zu schliessen. Die Zeit wird zeigen, ob dieser Schritt von Erfolg gekrönt ist. Sollte dies jedoch der Fall sein, könnte es ein wichtiger Schritt hin zur Beendigung des israelisch-arabischen Konflikts sein.

Kobby Barda ist ein Historiker auf dem Gebiet der US-israelischen Beziehungen. Auf Englisch zuerst erschienen bei MiDA