Wenn Palästinenser nicht gleich sind

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Foto Screenshot Youtube/Action Group for Palestinians in Syria
Foto Screenshot Youtube/Action Group for Palestinians in Syria
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Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Menschenrechtsorganisation Action Group for Palestinians in Syria (AGPS), hat 3.840 Fälle von Palästinensern dokumentiert, die seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs 2011 getötet wurden – fast viermal so viele wie in den sechs Jahren der ersten Intifada (Dezember 1987-September 1993). Zu  den Todesursachen gehören Artilleriebeschuss, Gewehrfeuer oder Folter in den berüchtigten Gefängnissen des Landes.

 

von Dr. Edy Cohen

Zusätzlich zu diesem Bericht hat das syrische Regime erstmals eine Liste mit Namen veröffentlicht, unter denen auch 548 getötete Palästinenser sind. Zwar gibt das Regime keine Todesursachen an, doch Menschenrechtsgruppen sind sich einig, dass diese Palästinenser infolge von Folter, Aushungern und dem Verweigern von angemessener medizinischer Versorgung zu Tode kamen.

Der AGPS zufolge werden zudem immer noch 1.682 Palästinenser vermisst, deren Schicksal unbekannt ist. Nach einigen Einschätzungen wurden diese Palästinenser entweder im Laufe des blutigen Bürgerkriegs getötet oder sind – „im besten Fall“ – immer noch im Gefängnis. Folglich wurden also seit 2011 mindestens 5.522 Palästinenser entweder getötet oder sind verschwunden.

Neben diesen Getöteten oder Verschollenen gibt es in Syrien auch noch Zehntausende von Palästinensern, die ihre Wohnungen und ihre Beschäftigung verloren haben. Das Flüchtlingslager Jarmuk, das Heimat von Zehntausenden war, wurde im Lauf des Krieges völlig zerstört. Bevor es zerstört wurde, hatte das Assad-Regime es belagert. Während jener Zeit begannen Fotos ausgemergelter Palästinenser durch die Medien der syrischen Opposition zu zirkulieren.

Trotz dieser Gräueltaten hat kein einziger Offizieller der Palästinensischen Autonomiebehörde das Assad-Regime öffentlich verurteilt.

Das ist unglaublich. Wo ist der Aufschrei vonseiten der PA, der arabischen und weltweiten Medien, Menschenrechtsgruppen, palästinensischer und arabischer Politiker? Wo ist ihre Verurteilung der von dem syrischen Präsidenten Baschar Assad verübten Kriegsverbrechen an den Palästinensern? Warum äussert nicht jeder einzelne arabische Abgeordnete in Israel seinen Abscheu gegenüber dem syrischen Diktator?

Wenn ein Terrorist der Hamas oder des Islamischen Dschihad aus Gaza von einem israelischen Soldaten getötet wird, während er versucht, eine Bombe an einer Strasse zu platzieren oder den Grenzzaun zu durchbrechen, dann rast die arabische und westliche Welt vor Wut. Die Arabische Liga veröffentlicht ihre bekannte Verdammung; das stets feindliche Kuwait verurteilt Israel in der UNO und versucht, den Sicherheitsrat einzuberufen; Mahmud Abbas fordert für die Palästinenser internationalen Schutz, und über alle diese Reaktionen berichtet die arabische und westliche Presse rund um die Uhr.

Werden hingegen Palästinenser von anderen Arabern getötet, kümmert dies offensichtlich niemanden – nicht in der arabischen Welt, und nicht einmal unter den Palästinensern selbst, sei es die PA oder die Hamas. Alle schweigen. Palästinensisches Blut in der West Bank und Gaza ist viel wertvoller als palästinensisches Blut in anderen Teilen der Welt.

Palästinenser, die von IDF-Feuer getötet werden, können als ein Werkzeug benutzt werden –sei es von arabischen Ländern oder der westlichen Welt –, um Israel zu untergraben und zu schwächen. Menschenrechtsgruppen im Westen und auch in Israel lenken die meisten Energien und die meiste Beachtung auf die palästinensische Angelegenheit in Israel. Die Gleichung ist leicht zu durchschauen: Wenn man nicht Israel oder die Juden für die Tötung von Arabern verantwortlich machen kann, ist es nicht interessant.

Während des gesamten Kriegs in Syrien hat Abbas über das Schicksal der Palästinenser geschwiegen. Er hat nie Assad oder den Iran für das Töten von Palästinensern gerügt. Er trachtet nach der besten aller möglichen Welten: Unterstützung sowohl vom Iran als auch von den Arabern. Es scheint, dass er dabei Erfolg hat.

Während der Gräueltaten, die vor einigen Jahren im Irak an den Jesiden verübt wurden, demonstrierte eine Jesidin mit einem Plakat, auf dem stand: “Die Tragödie des jesidischen Volkes ist, dass die Juden nicht seine Feinde sind.“

Dr. Edy Cohen ist Forscher am BESA Center und Autor des Buches The Holocaust in the Eyes of Mahmoud Abbas (Hebräisch). Auf Englisch erschienen bei Begin-Sadat Center for Strategic Studies (BESA).