Irans vergessene verfolgte christliche Minderheit

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Symbolbild. Platz in Teheran. Foto CC0 Creative Commons
Symbolbild. Platz in Teheran. Foto CC0 Creative Commons
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Die Christen in der Islamischen Republik Iran befinden sich in einer ernsten Notlage, die in den Medien kaum wahrgenommen wird. Ursache ist eine neue Welle der Unterdrückung durch das Regime. Dies aufgrund des starken Wirtschaftseinbruchs des Landes und des Aufstands eines Volkes, das die Tyrannei des Regimes satt hat.

 

von Benjamin Weinthal, Co-Autorin: Julie Lenarz

Die Mullahs haben eine gnadenlose Kampagne gestartet, um ihre Gegner zum Schweigen zu bringen. Ganz oben auf ihrer Liste stehen Irans verfolgte Christen – ein altes Volk des Landes, das vom Regime als „Türöffner zum Westen“ stigmatisiert wird.

Am 9. August berichtete „Artikel 18“, eine Organisation, die sich für die Religionsfreiheit im Iran einsetzt, dass ein Gericht in Boushehr mehrere christliche Konvertiten und zehn weitere Iraner zu je einem Jahr Gefängnis verurteilt hatte, weil sie „sich zugunsten des Christentums gegen die Islamische Republik eingesetzt hatten“.

Das Urteil fiel nur wenige Wochen nachdem der iranische Präsident Hassan Rouhani, der im Westen oft als reformgesinnter Moderater dargestellt wird, geschworen hatte, dass „Christen die gleichen Rechte haben wie andere“.

Das Christentum ist dem Iran natürlich nicht fremd, denn es kam nicht lange nach dem Tod Christi in Persien an. Man schätzt, dass im Iran ungefähr 350.000 Christen leben und es gibt eine wachsende Tendenz der Hinwendung zum Christentum. Das statistische Amt des Iran meldet bei einer Einwohnerzahl von knapp über 82 Millionen 117.700 Christen.

Die tatsächliche Zahl der iranischen Christen beträgt aufgrund der antichristlichen Verhältnisse im Land jedoch vermutlich mehr als 350.000. Sich nach innen zu kehren, um sich so nicht den Gefahren des praktizierenden Christentums auszusetzen, ist im Iran zu einer Überlebensstrategie geworden.

Verfolgung nicht auf die Evangelische Kirche beschränkt

Das Gesetz diskriminiert Nicht-Muslime, die seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 auch von allen einflussreichen Positionen in zentralen Staatsorganen ausgeschlossen werden, sehr stark. Blasphemie und Apostasie sind nach wie vor Kapitalverbrechen.

Die Verfolgung der iranischen Christen ist gut dokumentiert und nicht auf die Evangelische Kirche beschränkt. Im vergangenen Jahr verhaftete das Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) zwei Christen, eine Mutter und ihren Sohn, im Rahmen eines brutalen Vorgehens gegen den Katholizismus in der Provinz West-Aserbaidschan.

Die US-Regierung von Präsident Donald Trump stufte die IRGC im Oktober 2017 als terroristische Organisation ein. Die 125.000 Mitglieder starke IRGC ist seit langem bekannt für ihr brutales Vorgehen gegen Christen und Demokratiebewegungen, die sich dem Mullah-Regime entgegen stellen.

Europa hat es bisher abgelehnt, die IRGC für ihre eklatanten Menschenrechtsverletzungen zu sanktionieren.

Die Fakten sind jedoch schwer zu ignorieren. Iranische Behörden verhaften regelmässig Gläubige, überfallen Hauskirchen und konfiszieren Bibeln, christliche CDs und andere religiöse Literatur, während vom Regime gesteuerte Medien antichristliche Propaganda verbreiten.

In einem Bericht der Kommission für internationale Religionsfreiheit aus dem Jahr 2018 heisst es:

„Im vergangenen Jahr erfuhr die Religionsfreiheit im Iran sowohl für anerkannte als auch für nicht anerkannte religiöse Gruppen weitere Einschränkungen, wobei die Regierung vor allem die Baha’is und christliche Konvertiten ins Visier genommen hat“.

Vier evangelische Christen wurden im Mai 2017 verhaftet und wegen hauskirchlicher Aktivitäten und Bekehrungstätigkeiten zu je zehn Jahren Gefängnis verurteilt.

Der Pfarrer Youcef Nadarkhani stand im Juli zusammen mit drei Mitangeklagten wegen ihrer Hausgemeindeaktivitäten vor Gericht. Alle wurden zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Es sei daran erinnert, dass Nadarkhani bereits 2010 wegen seiner Bekehrung zum Christentum zum Tode verurteilt wurde. Nach einer weltweiten Kampagne, die eine grossen Druck erzeugt hatte, entliess ihn das iranische Regime nach einer dreijährigen Haftstrafe. Über 70.000 Menschen hatten eine Petition unterzeichnet, mit der sie von der iranischen Justiz die Freilassung Nadarkhanis forderten.

Im Juni 2017 verurteilte ein iranisches Gericht den Pfarrer einer assyrischen Pfingstkirche, Victor Bet Tamraz, sowie drei weitere Mitglieder seiner Gemeinde wegen ihres Glaubens zu je zehn bzw. fünfzehn Jahren Gefängnis.

Der Iran hat eine Entscheidung zu treffen. Als Unterzeichner von internationalen Menschenrechtserklärungen muss sich die Islamische Republik an die grundlegenden humanitären Menschrechte – einschliesslich der Religions- und Glaubensfreiheit – halten. Andernfalls wird sie zu Recht von der Gemeinschaft der Nationen geächtet.

Die USA verhängten im August Wirtschaftssanktionen gegen den iranischen Edelmetallhandel, den Automobilsektor und die Verwendung der US-Währung. Eine mächtige zweite Serie von US-Wirtschaftsstrafen wird im November den iranischen Öl- und Finanzsektor treffen.

Um Irans klerikale Führungsriege zu isolieren – und diese für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich zu machen – sollten die EU und die USA eine wirksame Reihe von Sanktionen gegen Regimebeamte verhängen, die iranische Christen verfolgen.

Die Islamische Republik bleibt sehr verwundbar, wenn ihre weit reichende Einschränkung der Religionsfreiheit ins Rampenlicht gerückt wird. Wenn wir aus der Vergangenheit Hoffnung schöpfen dürfen, dann können neue neue Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzungen und ein weltweit ausgeübter Druck das Leben vieler verfolgter Christen im Iran retten.

Benjamin Weinthal ist Europakorrespondent bei The Jerusalem Post. Auf Englisch erschienen bei Foundation for Defense of Democracies.

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