Der kommunistische Bürgermeister von Bezons im Einklang mit der Hamas

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Foto Facebook / Dominique Lesparre
Foto Facebook / Dominique Lesparre
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Dominique Lesparre, der kommunistische Bürgermeister von Bezons, einer 30.000-Einwohner-Stadt im Département Val d’Oise nördlich von Paris, hat am Dienstag in einer feierlichen Zeremonie eine „Allée de la Nakba“ eingeweiht.

 

Das Strassenschild ist zweisprachig: Französisch und Arabisch. „Nakba“ bedeutet im Arabischen „Katastrophe“; in der Ideologie des arabisch-palästinensischen Nationalismus ist damit die Staatsgründung Israels und die Niederlage der angreifenden arabischen Armeen gemeint. Seit rund zehn Jahren gibt es zudem die von dem Schriftsteller Ilan Pappé angestossenen Bestrebungen, die Flucht Hunderttausender Araber aus Israel in die arabischen Nachbarländer während des Krieges von 1948 zu einer „ethnischen Säuberung“ umzudeuten. Damit haben diejenigen, die Israel zu einem Unrechtsstaat abstempeln wollen, ein Instrument gefunden, um jedes Jahr am Tag der israelischen Staatsgründung diese als etwas darzustellen, das betrauert, nicht gefeiert werden sollte (von der Vertreibung von 850.000 Juden aus arabischen Ländern, die 1945 begann und erst endete, als es dort keine Juden mehr gab, ist dabei nie die Rede).

„Kriegsverbrecher David Ben Gurion“

Darum geht es auch Dominique Lesparre. Damit keine Zweifel darüber aufkommen, was genau gemeint ist, enthält die Tafel einen Untertitel: „Zur Erinnerung an die Vertreibung von 800.000 Palästinensern und die Zerstörung von 532 Dörfern im Jahr 1948 durch den Kriegsverbrecher David Ben Gurion zur Gründung des Staates Israel.“ Das ist Pappés Geschichtsklitterung, zusammengefasst in einem Satz. Wenn Israels Staatsgründer ein „Kriegsverbrecher“ wäre und der Staat Israel ohne die ihm hier unterstellten Verbrechen nicht hätte gegründet werden können – warum das so sein soll, sagt der Text nicht –, dann, so soll jeder folgern, der den Text liest, wäre Israel ein monströses Gebilde, das sofort vernichtet werden muss. Und allen Versuchen, Israel zu vernichten, die es in der Geschichte bereits gab – inklusive dem von 1948 – wird eine Rechtfertigung erteilt.

„Bezons ist ein traditioneller kommunistischer armer Vorort von Paris, mit einem kommunistischen Bürgermeister und einer grossen muslimischen Gemeinde, die er umwirbt“, erklärt der französisch-israelische Journalist Jean Patrick Grumberg gegenüber Audiatur-Online. „Linksradikale Gruppen und die kommunistische Partei sind starke Unterstützer von BDS, Gaza und der Westbank.“ Dass David Ben Gurion als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet wird, sei „im Einklang mit dem Narrativ der Hamas“ und „für die Kommunisten nichts Ungewöhnliches“, so Grumberg. „Letztes Jahr hat derselbe kommunistische Bürgermeister den Terroristen Marwan Barghouti zum ‚Ehrenbürger’ ernannt. Barghouti ist ein Judenmörder, der zu lebenslanger Haft verurteilt wurde – in Ermangelung der Todesstrafe, die er verdient hätte, die aber in Israel nicht existiert.“ Das Schild wurde mittlerweile auf Anordnung des Präfekten von Val d’Oise entfernt.

Der CRIF, die Interessenvertretung französischer Juden, hatte schockiert auf die Aktion reagiert. Für Francis Kalifat, Präsident des Crif, “sind diese Aussagen falsch, schockierend, unverantwortlich und gefährlich, und sie ermutigen die antisemitische Gewalt, die gegenwärtig weit verbreitet ist, indem sie sie historisch rechtfertigen.”

Antisemitische Gewalt ist in Paris und den Pariser Vororten allgegenwärtig. Immer wieder werden französische Juden von muslimischen Einwanderern ermordet, so im März die Holocaustüberlebende Mireille Knoll, deren Leichnam der Täter anschliessend in Brand steckte. „Das waren keine gewöhnlichen Kriminellen“, sagte Francis Kalifat. „Sie wurde angegriffen, weil sie Jüdin war. Das ist es, was den Antisemitismus in unserem Land auszeichnet.“ Die Verdächtigen hätten gesagt: „Juden haben Geld.“ „Sie wurde richtig massakriert. Elf Messerstiche. Das ist Hass auf Juden, wir sehen die Raserei der Mörder. Daran erkennen wir Antisemitismus.“

„Jude“ als Schimpfwort

Bezons liegt im selben Département wie Sarcelles, dem Ort, der im Juli 2014 traurige Bekanntheit erlangte durch antisemitische Ausschreitungen, die das Ziel hatten, eine Synagoge zu stürmen. In den letzten zwölf Monaten wurden dort Juden zusammengeschlagen, verstümmelt, gefoltert oder ermordet. Laut einem offiziellen Bericht der nationalen Bildungsbehörde Education Nationale (EN) ist „Jude“ an Frankreichs staatlichen Schulen ein „gebräuchliches Schimpfwort“. „Damals wurde uns vorgeworfen, islamophob zu sein“, sagt der für die Studie verantwortliche damalige EN-Chef Jean Pierre Obin. Mit „damals“ meint Obin das Jahr 2004, als der Bericht erstellt wurde, der dann in der Schublade verschwand, weil sein Inhalt zu heikel war. „Heute“, so Obin, „gibt es in einigen urbanen Ghettos kein jüdisches Kind mehr, das eine öffentliche Schule besucht. Und wenn man den Lehrkörper fragt, wie er die Situation deutet, antworten einige, dass die jüdischen Schüler nicht mehr zahlreich genug seien, um sich zu verteidigen.“ Aus den Schulen höre man, dass die Gewalt auf dem Schulweg auch durch harsche Strafen wie den Ausschluss von der Schule nicht unterbunden werden könne.

Das bezeugt auch der pensionierte Lehrer Bernard Ravet in seinem Buch Principal de collège ou imam de la République? Darin schildert er Szenen aus seinem Alltag als Schulleiter an verschiedenen Schulen in Marseille. Er erzählt, wie das offensive Zurschaustellen islamischer Überzeugungen seit der Jahrtausendwende immer mehr um sich gegriffen hat: Schüler verliessen den Unterricht, wenn Rousseau oder Molière gelesen wird; lehnten Geschichtsunterricht ab, wenn es dort um Christen, Juden oder Muslime geht; weigerten sich, mit geometrischen Figuren zu arbeiten, die Kreuzen entfernt ähnlich sehen; lehnten es ab, in der Schulkantine Fleisch zu essen, dass nicht „halal“ ist und verlangten von Lehrern nordafrikanischer Herkunft, den Ramadan zu halten und nicht zu rauchen – selbst wenn diese nicht gläubig seien. Dazu geselle sich ein unbändiger Hass auf Juden; wenn die Shoah thematisiert werde, fielen oft Sätze wie: „Das geschieht den Juden recht“ oder „Das hat Hitler gut gemacht“.

Ravet sagt, als Schulleiter habe er jüdischen Eltern davon abraten müssen, ihr Kind in seine Schule zu schicken.

Der Fall des Pariser Vororts Bezons erinnert an den Brüsseler Stadtteil Molenbeek. Auch dort nutzte und pflegte der langjährige sozialistische Bürgermeister, Philippe Moureaux, den Hass auf Israel. Im Januar 2015, nach dem Massaker in der Redaktion von „Charlie Hebdo“ und dem Mord an vier Juden im HyperCacher-Markt, gab der nunmehr pensionierte Bürgermeister ein Interview auf Maghreb TV, einem über das Internet übertragenen Fernsehsender, der sich an ein aus Nordafrika stammendes Publikum in Belgien richtet. Nachdem er, wie viele andere, dazu aufgerufen hatte, nicht alle Muslime für die Taten einiger Terroristen verantwortlich zu machen, gab er Israel an allem die Schuld:

„Einige haben ein Interesse daran, uns zu spalten. … Diese Leute findet man leider vielerorts. Es gibt eine Ansteckung der Probleme im Mittleren Osten, im Nahen Osten, des israelisch-palästinensischen Problems, welches dazu führt, dass einige ein Interesse daran haben, die hiesigen Streitigkeiten anzufachen, wie eine Art von Reflex auf das, was dort passiert. … Man wird sagen, das komme von beiden Seiten. Aber es ist offensichtlich, dass hier im Westen vor allem versucht wird, Hass auf Araber zu schüren, um die Politik des Staates Israel zu rechtfertigen, eine Politik, die mir inakzeptabel erscheint.“

Im März 2013 luden die Sozialisten Molenbeeks zu einer Veranstaltung ein, die den Titel trug: „Und wenn wir gelassen über den Zionismus reden würden?“ Auf dem Einladungsflugblatt war eine im Stürmerstil gezeichnete antisemitische Karikatur des arabischen Neonazis „Zéon“. Nach heftigen Protesten sagten die Sozialisten die Veranstaltung ab – mit der Begründung, dass die angestrebte „gelassene“ Diskussion nun leider nicht mehr möglich sei.

Es erinnert auch an den britischen Politiker George Galloway, der wegen seines Antisemitismus die Labour-Partei verlassen musste. Es war sein Hass auf Israel, der Galloway die frenetische Unterstützung muslimischer Wähler sicherte, die in seinem Wahlbezirk Bradford mehr als ein Viertel der Wähler ausmachen.

Hass auf Israel verbindet die Kulturen

Das heisst nicht, dass Leute wie Lesparre, Moureaux und Galloway sich verstellen müssten – ihr Hass auf Israel und die Juden ist authentisch. Leider aber entdecken sie dann auch noch, dass er ihnen in ihren Wahlbezirken, die von hoher Arbeitslosigkeit, Bandenkriminalität und islamistischen Milieus geprägt sind, zugute kommt. Waren sie, wie viele andere Politiker, an die Macht gekommen mit dem Versprechen, die Lage in ihrer Stadt oder ihrem Stadtteil zu verbessern – mehr Jobs, mehr Wohnungen, weniger Kriminalität – merken sie schnell, dass sie die Versprechen nicht halten können. Die enttäuschten Wähler drohen, bei den nächsten Wahlen zu Hause zu bleiben oder für einen anderen Kandidaten zu stimmen. Auch die Religiosität der Muslime muss ihnen, den Atheisten fremd bleiben, mögen sie auch noch so viel Begeisterung für Rituale wie das Fastenbrechen am Ramadan heucheln. Der Hass auf Israel aber ist ein gemeinsames Band, eine Sprache und Botschaft, auf die sich ein grosser Teil der Franzosen – Muslime und Nichtmuslime – einigen kann. In einer Umfrage vom letzten Monat stimmte mehr als jeder zweite Franzose der Aussage zu: „Der Zionismus ist eine internationale Organisation, die danach trachtet, die Welt und die Gesellschaften zum Vorteil der Juden zu beeinflussen.“

Über Stefan Frank

Stefan Frank ist freischaffender Publizist und lebt an der deutschen Nordseeküste. Er schreibt regelmässig über Antisemitismus und andere gesellschaftspolitische Themen, u.a. für die „Achse des Guten“, „Factum“, das Gatestone Institute, die „Jüdische Rundschau“ und „Lizas Welt“. Zwischen 2007 und 2012 veröffentlichte er drei Bücher über die Finanz- und Schuldenkrise, zuletzt "Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos."

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