EU-Parlament: Vorhang auf für Stimme zur Abschaffung Israels

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BDS-Gründer Omar Barghouti (rechts) im EU-Parlament am 28. Februar 2018. Foto Twitter
BDS-Gründer Omar Barghouti (rechts) im EU-Parlament am 28. Februar 2018. Foto Twitter
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Diese Woche war Omar Barghouti, der Gründer der BDS-Bewegung, die anstrebt, den Staat Israel durch einen Boykott von Waren und Personen zu zerstören, im Europäischen Parlament – an einer Konferenz mit dem Titel: „Die israelischen Siedlungen in Palästina und die Europäische Union“. Eingeladen wurde er von der portugiesischen Abgeordneten Ana Gomes von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D).

 

Omar Barghouti, der an der Universität Tel Aviv studiert hat, wirft dem jüdischen Staat „Apartheid“ und „ethnische Säuberungen“ vor; eine Zweistaatenlösung und die Existenz Israels lehnt er ab. Selbst die radikalsten israelischen Linken hält er nicht für echte Linke, sondern für einen „Schwindel, eine grosse Lüge“, da viele von ihnen gar nicht für die Abschaffung Israels seien. „Ich bin völlig und kategorisch gegen Binationalismus, da er davon ausgeht, dass es zwei Nationen mit gleichen moralischen Ansprüchen auf das Land gäbe“, sagt er. Für ihn sind alle Araber in der geografischen Region Palästina Eingeborene, die Juden hingegen Invasoren. „Israel als einen ‚jüdischen Staat’ auf unserem Land zu akzeptieren, ist unmöglich“, so Barghouti. Er fordert, dass Palästina „de-zionisiert“ werden müsse. Bei der Frage nach dem „Rückkehrrecht“ für die vermeintlichen „Flüchtlinge“, kämpft er gegen jeglichen Kompromiss. Er ist gegen jeglichen Vorschlag, der weniger vorsieht, als die Abschaffung Israels; dort, wo heute Israel liegt, will er einen arabischen Staat.

Abgeordnete anderer Fraktionen als auch israelische und jüdische Organisationen hatten EU-Parlamentspräsident Anonio Tajani vergeblich aufgefordert, die Veranstaltung zu unterbinden. Auch der linksgerichtete israelische Oppositionsführer Isaac Herzog hatte versucht, zu intervenieren; in einem Brief an Ana Gomes bat er sie, von der Veranstaltung abzusehen. Barghouti eine Bühne zu bieten, unterminiere die Bestrebungen, den Frieden im Nahen Osten voranzubringen und dem palästinensischen Volk zu helfen. „Auf der Basis meiner Hingebung an eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung bin ich zutiefst besorgt über Ihren Plan, den BDS-Aktivisten Omar Barghouti in Ihre Veranstaltung miteinzubeziehen“, so Herzog. „Die BDS-Bewegung bewirbt eine extreme und völlig einseitige Position. Diese Bewegung setzt sich nicht nur für eine ungerechte Diskriminierung gegen Israel und seine Bürger ein, sondern ihre Unterstützer fordern ohne Scham, Israel aufzulösen und durch einen mehrheitlich arabischen Staat zu ersetzen. Das widerspricht der Politik und den Werten der EU und ihrer Mitgliedsstaaten und läuft den Wünschen der Mehrheit der Israelis und Palästinenser zuwider, die eine Zwei-Staaten-Lösung bevorzugen.“

Boykotte gegen die Industrie in „Siedlungen“, so Herzog weiter, schadeten den Palästinensern, die dort beschäftigt seien, deren Lebensunterhalt davon abhänge und die dort Löhne bekämen, die weit über dem palästinensischen Durchschnittsverdienst lägen. Er fügte hinzu, die BDS-Aktivitäten richteten sich vor allem gegen Juden in Europa, die wegen ihrer Sympathien für Israel oft Opfer von Einschüchterung und Ausgrenzung würden. BDS-Veranstaltungen seien zu „Plattformen für offen bekundeten Antisemitismus“ geworden.

„Für Israelis und Palästinenser, die den Frieden fördern wollen, ist BDS ein Hindernis, da es die Moderaten untergräbt, die Brücken des Verständnisses bauen und die legitimen Rechte beider Völker thematisieren wollen. Ausserdem unterminiert jegliche Verbindung der EU mit BDS in den Augen der Israelis die Glaubwürdigkeit der EU als ausgewogene Drittpartei.“ schreibt Isaac Herzog.

EU: Kein Anschein von Ausgewogenheit

Wenn die EU eine solche Glaubwürdigkeit je hatte, dann ist sie längst verspielt. Ein grosser Teil der EU-Politiker hat eben nicht nur, wie oft behauptet wird, ein Problem mit der derzeitigen israelischen Regierung, sondern mit der Existenz Israels.

Es gibt, wie die italienisch-israelische Politikerin und Publizistin Fiamma Nirenstein kürzlich in einem Interview sagte, abgesehen von der Feindseligkeit gegenüber Israel kein anderes Thema, das die EU vereinen kann: „Die EU-Länder können sich nicht einigen, wenn es um die Wirtschaft geht; sie können sich nicht einigen, wenn es um Migration geht; sie können sich nicht über das Wesen des Islam einigen. Doch sie alle stimmen gemeinsam, um Israel zu verurteilen. Es ist ein Theater, das auf demselben Hass basiert, den zu bedauern sie nun vorgeben.“

Omar Barghouti an einem Anlass im Jahre 2016. „Definitiv, ganz klar, wir sind gegen einen jüdischen Staat in irgendeinem Teil Palästinas“, sagt er und bezieht sich dabei auf die gesamte Landfläche zwischen Jordan und Mittelmeer – ganz Israel und die palästinensischen Gebiete.

Zu keinem Zeitpunkt in der jüngeren Vergangenheit war die einseitige Parteinahme der EU gegen Israel und für die PLO zu übersehen. Während die EU Israel permanent an den Pranger stellt, haben EU-Vertreter nie ein kritisches Wort über PLO-Chef Mahmud Abbas oder seinen Vorgänger Jassir Arafat verloren. Obwohl Abbas ein Diktator ist, der keinen Respekt vor den Menschen- und Bürgerrechten hat und seit dem Ende seiner regulären Amtszeit im Januar 2009 ganz auf Gewalt und Repression setzt, wird er von hochrangigen EU-Politikern immer nur mit Freundschaftsbekundungen und Herzlichkeit überschüttet.

Gegen Frieden und Kompromiss

Abbas ruft unverhohlen zur Ermordung von Juden auf und preist „jeden Tropfen Blut, der für Jerusalem fliesst“. Die EU wiederum gibt ihm das Geld, mit welchem er Terroristen lebenslange Renten bezahlt.

Die EU versucht nicht einmal den Anschein von Neutralität zu vermitteln. In einem offiziellen EU-Strategiepapier heisst es: „Die EU und die Palästinensische Autonomiebehörde arbeiten bei ihrem jeweiligen und stark verflochtenen Planungsprozess – d.h. der Palästinensischen Nationalen Politikagenda (NPA) 2017-2022 und der Gemeinsamen Europäischen Strategieagenda 2017-2022 – sehr eng zusammen, um sicherzustellen, dass die Planungszyklen beider Partner synchronisiert sind und die Gemeinsame Europäische Strategie dazu in der Lage ist, ihre Prioritäten und Interventionen an die NPA anzupassen […]“

In der von Abbas genehmigten Palästinensischen Nationalen Politikagenda wiederum wird angekündigt, dass der Staat „Palästina“ die Kontrolle über alle Gebiete wiedererlangen werde, die Jordanien und Ägypten im Krieg von 1948 besetzt haben („Grenzen von 1967“). Da Abbas in seinem Staat keine Juden dulden will („In einer Endlösung wird es in unserem Land keinen einzigen Israeli – weder Soldat noch Zivilist – auf unserem Gebiet mehr geben“, sagt er), würde das die gewaltsame Vertreibung von mehr als einer halben Million Juden bedeuten. Gleichzeitig sollen nach dem Willen Abbas’ fünf, sechs, sieben oder acht Millionen Araber nach Israel übersiedeln („zurückkehren“).

Einer friedlichen Kompromisslösung also ist Abbas ebenso abgeneigt wie Omar Barghouti. Und vom Terrorismus hat er sich nicht etwa verabschiedet, sondern verherrlicht ihn. Trotzdem liebt ihn die EU. Da scheint es nur folgerichtig, wenn nicht nur Omar Barghouti im Europäischen Parlament reden darf, sondern auch, wie im letzten Jahr, die Flugzeugentführerin Leila Khaled. Und wenn man schon dabei ist, warum sollen dann nicht auch EU-Parlamentarier der Fraktion „Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke“(GUE/NGL) mit Bildern des in Israel inhaftierten Mehrfachmörders Marwan Barghouti posieren?

Die derzeit in der EU tonangebenden Kräfte haben sich längst entschieden: gegen jede Moral, für vorbehaltlose Unterstützung auch noch der schlimmsten Antisemiten und Mörder. Die PLO und Abbas, die Boykottkampagne zur Vernichtung Israels und die EU: Sie alle sind miteinander verbunden – und nicht einmal verschämt oder um mehrere Ecken, sondern offen und direkt.

„Siedlungen sind Krebsgeschwür“

Wie die Kuwait News Agency (KUNA) berichtet, nahm an der Anti-Israel-Veranstaltung im Europäischen Parlament neben Ana Gomes und Omar Barghouti auch der „palästinensische Botschafter in der EU“, Abdalrahim Alfarra, teil. Er forderte die EU auf, einen „palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt“ „anzuerkennen“. Die „Siedlungen“ – damit meint er alle Juden, die jenseits der Waffenstillstandslinie von 1949 leben, also auch die im Jüdischen Viertel Jerusalems – bezeichnete er als „Krebsgeschwür“, das den „Frieden in der gesamten Region“ bedrohe. Ana Gomes behauptete in ihrer Einführung, die Veranstaltung sei nicht antisemitisch, sondern ziele darauf, eine „gerechte Lösung des Palästina-Israelischen Konflikts zu bewerben“.

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Über Stefan Frank

Stefan Frank ist freischaffender Publizist und lebt an der deutschen Nordseeküste. Er schreibt regelmässig über Antisemitismus und andere gesellschaftspolitische Themen, u.a. für die „Achse des Guten“, „Factum“, das Gatestone Institute, die „Jüdische Rundschau“ und „Lizas Welt“. Zwischen 2007 und 2012 veröffentlichte er drei Bücher über die Finanz- und Schuldenkrise, zuletzt "Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos."

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3 Kommentare

  1. Da Abbas in seinem Staat keine Juden dulden will („In einer Endlösung
    wird es in unserem Land keinen einzigen Israeli – weder Soldat noch
    Zivilist – auf unserem Gebiet mehr geben“, sagt er), würde das die gewaltsame Vertreibung von mehr als einer halben Million Juden bedeuten.

    Die Schlußfolgerung ist nicht nachvollziehbar: Abbas spricht von Israelis nicht von Juden. Aber sicher würde für Grundstücke, die nicht rechtmäßig erworben wurden der Grundsatz gelten: Rückgabe vor Entschädigung.

  2. Das europäische Parlament wird immer öfter zur Bühe für für linke und sozialdemokratische Antisemiten, angebliche Ex-Terroristen und schwer definierbare Mischformen von Faschisten und Rassisten wie es dieser Omar Barghouti beispielhaft darstellt.

    Dass insbesondere Sozialdemokraten sich immer öfter gemein machen mit den Todfeinden jeder demokratischen Gesellschaftsform ist ebenso furchterregend wie die Tatsache, dass es dazu überhaupt keine nennenswerten Gegenstimmen innerhalb der Sozialdemokratie gibt.

  3. Na ja, BDS konnte ja bisher immer ein Versteckspiel treiben, indem hier dies gesagt wird, dort etwas anderes. Und natürlich ist man nie antisemitisch. Nach dieser Rede allerdings herrscht Klarheit. Ein Existenzrecht Israels, wie es auch von der UNO garantiert wird, interessiert ihn nicht.

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