Die Politik Israels ist legal und gerechtfertigt. Das Wohlergehen der eigenen Bürger muss über dem von illegalen Einwanderern stehen.
von Dr. Emmanuel Navon
Die Entscheidung Israels, illegale Einwanderer auszuweisen (und einige davon in Drittländer) hat sowohl in Israel als auch im Ausland für heftige Kritik gesorgt. Die Debatte über dieses strittige Thema muss geführt werden, sollte aber fair sein und auf Fakten beruhen.
Es gibt 37.288 illegale Einwanderer in Israel. 71 % stammen aus Eritrea, 21 % aus dem Sudan, 7 % aus anderen afrikanischen Ländern und 1 % aus nicht-afrikanischen Ländern. Die meisten kamen 2006 bis 2012 illegal über die Sinai-Halbinsel nach Israel, und viele leben im Süden Tel Avivs. Die illegale Einreise nach Israel vom Sinai aus war in diesen Jahren möglich, weil die Grenze zwischen Israel und Ägypten nur aus einem niedrigen und leicht zu überwindenden Zaun bestand. 2010 begann Israel dann mit dem Bau einer undurchdringlichen Absperrung, die 2013 vollendet wurde. Diese Absperrung hat der illegalen Einwanderung ein Ende gemacht.
Wie andere Unterzeichner der UN-Flüchtlingskonvention (1951) auch, ist Israel verpflichtet, Menschen, die vor „Völkermord, Krieg, Verfolgung und Sklaverei in diktatorischen Regimen“ fliehen, den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen. Das tat das Land 1977, als es vietnamesische „Boatpeople“ aufnahm, die von anderen Ländern zurückgewiesen worden waren. Das hat es auch für den kleinen Prozentsatz der afrikanischen Migranten getan, die tatsächlich Asylsuchende sind. Eritreische Einwanderer beanspruchen den Flüchtlingsstatus wegen der Härte des Militärdienstes in Eritrea. Dieser Anspruch wurde von der Schweizer Regierung zurückgewiesen, und zwar aus Gründen, die das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) in seinem Bericht 2016 überwiegend für gerechtfertigt erklärte. Sudanesische Einwanderer hingegen gelangten nach Israel über Ägypten – ein Land, wo ihr Leben in der Regel nicht länger in Gefahr war. Israel betrachtet die Sudanesen aus Darfur jedoch als Sonderfall, weswegen die israelische Regierung bis jetzt 500 Darfur-Flüchtlingen eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung erteilt und versprochen hat, das RSD-Verfahren (zur Bestimmung des Flüchtlingsstatus) für weitere Darfur-Flüchtlinge zu beschleunigen.
Israel könnte theoretisch illegale Arbeitsmigranten aus altruistischen Motiven behalten (wie dies hauptsächlich von Gruppen amerikanischer Juden befürwortet wird), doch wie jede verantwortungsvolle Regierung muss es (einige würden sagen, primär) das Wohlergehen seiner eigenen Bürger berücksichtigen. Bewohner im Süden von Tel Aviv sind Opfer steigender Kriminalität und sich verschlechternder Lebensbedingungen. Auch sie haben Menschenrechte. Einige verlangen, illegale Einwanderer sollten im ganzen Land verteilt werden, um Süd-Tel Aviv zu entlasten. Als jedoch die israelische Regierung genau dies tun wollte (im Jahr 2009), rief die Vereinigung für Bürgerrechte in Israel das Oberste Gericht gegen diese Politik an und behauptete, diese schränke die Freizügigkeit ein.
„Israel ist bei weitem nicht der einzige demokratische Staat, der illegale Einwanderer zurückschickt.“
Ausserdem ist Israel, anders als grosse Länder mit alternder Bevölkerung wie etwa Deutschland und Japan, ein kleines und dicht besiedeltes Land mit hohen Geburtenraten. Es bestehen daher weder Bedarf noch Kapazitäten zur Legalisierung illegaler Arbeitsmigration. Deshalb schickt Israel illegale Einwanderer zurück in ihre Länder, wenn sie keinen Flüchtlingsstatus erhalten. Israel weist lediglich illegale Einwanderer aus, die alleinstehend sind und hat deutlich gemacht, dass es keine Familien ausweisen wird.
Israel ist bei weitem nicht der einzige demokratische Staat, der illegale Einwanderer zurückschickt. Die Vereinigten Staaten weisen jedes Jahr 400.000 illegale Einwanderer aus. Deutschland hat illegale Einwanderer nach Afghanistan, Italien Illegale in den Sudan zurückgeschickt. 2017 hat Deutschland 80.000 illegale Einwanderer ausgewiesen. Ab Februar 2018 zahlt die deutsche Regierung illegalen Einwanderern 3.000 Euro als Anreiz, in ihre jeweiligen Länder zurückzukehren. Diese Politik entspricht den Leitlinien des Europäischen Rates, der am 19. Oktober 2017 kundtat, er stehe „freiwilligen Rückkehrprogrammen“ für illegale Einwanderer positiv gegenüber.
Es gibt Leute, die behaupten, Israel weise nur illegale Einwanderer aus Afrika und nicht aus Osteuropa aus. Diese Anschuldigung ist so bösartig wie falsch. 2017 hat Israel erheblich mehr illegale Einwanderer aus der Ukraine (3.361) und aus Georgien (844) als aus Äthiopien (40) ausgewiesen. Israel ist das einzige Land der Welt, das Afrikaner (äthiopische Juden in den Jahren 1985 und 1991) nicht ins Land holte, um sie zu versklaven, sondern um ihnen die Freiheit zu geben.
Israel kann illegale sudanesische Einwanderer nicht in ihr Land zurückschicken, weil Israel und der Sudan keine diplomatischen Beziehungen unterhalten. Daher schickt Israel einige illegale sudanesische Einwanderer in Drittländer wie etwa Uganda und Ruanda (und gewährt ihnen eine Förderung in Höhe von 3.500 Dollar, was einem anderthalbfachen Jahreseinkommen entspricht). Das Oberste Gericht Israels entschied im Dezember 2017, dass: a. die UN-Flüchtlingskonvention das Weiterschicken von Einwanderern in Drittländer erlaubt, wenn ihr Leben in diesen Ländern nicht in Gefahr ist und b. es keine Hinweise gibt, dass das Leben der Einwanderer in Ruanda und in Uganda gefährdet ist. Israel ist nicht das einzige demokratische Land, das illegale Einwanderer in Drittländer weiterschickt. Australien zum Beispiel schickt illegale Einwanderer routinemässig nach Papua-Neuguinea.
Israel ist ein Zufluchtsort für alle Juden, und auch für nichtjüdische Asylsuchende, die die Kriterien der Flüchtlingskonvention erfüllen – was bei den meisten illegalen Einwanderern nicht der Fall ist. Israels Politik steht im Einklang mit dem Völkerrecht und der Praxis anderer Demokratien, und sie sollte nicht nach höheren Standards beurteilt werden.
Dr. Emmanuel Navon ist Dozent für internationale Beziehungen an der Tel Aviv University und am Herzliya Interdisciplinary Center. Er ist ausserdem leitender Wissenschaftler am Kohelet Policy Forum und Analyst für i24News. Auf Englisch zuerst erschienen bei The Times of Israel.