Gaza-Doku: «Die Hamas hat die Medien zu ihren Marionetten gemacht»

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Foto Screenshot "Eyeless in Gaza"
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Die australische Dokumentation «Eyeless in Gaza» zeigt eindrücklich, wie voreingenommen viele Medien über Israel berichten. Sie macht deutlich, wie absichtsvoll tendenziös die Nachrichtenauswahl ausfällt und was für die Reporter oft handlungsleitend ist. Audiatur-Online hat mit dem Filmemacher Robert Magid gesprochen.

Als sich Israel im Sommer 2014 wieder dem Raketenbeschuss durch die Hamas ausgesetzt sah und darauf mit der «Operation Schutzlinie» reagierte, kam es weltweit nicht nur zu grossen, hasserfüllten antisemitischen Demonstrationen. Auch zahlreiche Medien bezichtigten den jüdischen Staat – wie bereits in der Vergangenheit, wenn dieser sich gegen Angriffe zur Wehr setzte –, «unverhältnismässig» und «rücksichtslos» vorzugehen, widerrechtlich die palästinensische Zivilbevölkerung  zu attackieren, Kriegsverbrechen zu begehen, an der «Gewaltspirale» zu drehen, einen «Flächenbrand» zu provozieren und vieles mehr. Kritische Stimmen, die dieser Sicht der Dinge, diesem medialen Einerlei widersprachen, waren rar und hatten es schwer, sich Gehör zu verschaffen.

Robert Magid hat nun einen Film vorgelegt, der deutlich zeigt und sagt, was die meisten Medien bis heute kaum einmal thematisieren und vielleicht auch nicht wissen wollen: dass die terroristische Hamas, die nach dem israelischen Abzug im Jahr 2005 und den Kämpfen mit der Fatah zwei Jahre später die Macht im Gazastreifen an sich gerissen hat, ihre Raketen bevorzugt aus dicht besiedelten Wohngebieten auf Israel abfeuert. Dass sie Einrichtungen der Vereinten Nationen, Krankenhäuser, Schulen und Moscheen als Waffen- und Munitionsdepots missbraucht. Dass sie der Bevölkerung untersagt, ihre Häuser zu verlassen, wenn Israel den Bewohnern per Flugblatt einen Militärschlag ankündigt, der Stellungen der Gotteskrieger in Wohngebieten gilt.

«Eyeless in Gaza» (Blind in Gaza) heisst Magids 51-minütige Dokumentation. Der 75-jährige Australier ist eine schillernde Persönlichkeit: Unternehmer und Investmentbanker, Spielzeugdesigner und -hersteller, Direktor eines Fernsehsenders, Eigentümer der Zeitung «Australian Jewish News». Für seine Produktion hat er mit Martin Himel einen Regisseur gewonnen, der über langjährige Erfahrung als Nahostkorrespondent und Leiter von Nahostbüros verschiedener amerikanischer und kanadischer Fernsehsender verfügt und für zahlreiche TV-Dokumentationen und -Features verantwortlich zeichnet, die beispielsweise für «CNN», «Sky», «PBS» und «Bloomberg TV» hergestellt wurden.

In «Eyeless in Gaza» ist vieles zu sehen, was in Europa kaum oder gar nicht bekannt ist. Ein indisches Fernsehteam etwa zeigt, wie Raketen der Hamas aus einem Wohngebiet abgeschossen werden. Ein Reporter berichtet, wie er nach einem Bericht über kriegerische Aktivitäten der Hamas aus dem Gazastreifen ausgewiesen wurde. Ein anderer Berichterstatter erzählt, dass Raketen der Hamas im Gazastreifen niedergingen und dort Palästinenser töteten, woraufhin die Hamas die Spuren zu verwischen versuchte. Der Journalist verliess Gaza anschliessend aus Angst vor Repressalien. Matti Friedman, ein früherer Korrespondent der Nachrichtenagentur «Associated Press», legt dar, welcher Druck auf Reporter im Gazastreifen ausgeübt wird; er kritisiert aber auch, dass sich viele Medien freiwillig selbst zensieren und unterschlagen, dass das Bildmaterial zum grössten Teil von Palästinensern produziert wird, die nur das liefern, was der Hamas passt.

Robert Magid lässt darüber hinaus einen palästinensischen Journalisten zu Wort kommen, der nach kritischen Berichten für den Sender «Deutsche Welle» von der Hamas gefoltert wurde. Und er spricht mit Angehörigen von Fatah-Mitgliedern, die die Hamas als «Kollaborateure» hinrichten liess. Über all dies ist in europäischen Medien normalerweise nichts zu erfahren, weil diese «nur dann Interesse zeigen, wenn die Täter Juden sind», wie Matti Friedman sagt, «und schweigen, wenn Palästinenser andere Palästinenser töten«. Magid ist ein so bedrückender wie aufklärerischer Film gelungen, der die Selektivität und Voreingenommenheit gegenüber Israel, die in vielen Medien zu beobachten ist, anschaulich werden lässt.

Gezeigt wurde die Dokumentation unter anderem in Sydney, Melbourne, New York, London und Jerusalem. «NGO Watch» hat sie zudem in Räumlichkeiten der Vereinten Nationen in Genf präsentiert. Es wäre sehr zu wünschen, dass der Film auch einem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht wird. Audiatur-Online hat den Produzenten Robert Magid in Australien erreicht und mit ihm ein kurzes Interview über sein Werk führen können.

Vier Fragen an Robert Magid 

Robert Magid, was hat Sie inspiriert und motiviert, diese Dokumentation zu produzieren?

Ich war kurz vor dem Gaza-Krieg 2014 im Urlaub in Israel, kam zurück nach Australien und hörte dort in den Nachrichten, Israel greife eine unschuldige Zivilbevölkerung mit unverhältnismässigen Mitteln an. Dazu wurden dramatische Bilder von getöteten und verletzten Palästinensern und von zerstörten Gebäuden in Gaza gezeigt. Auf diese Weise wurde der Eindruck vermittelt, dass Israel der Aggressor ist. Aber das war sehr oberflächlich. Mich hat das

Foto “The New York Times”. Fair use.

an ein Foto erinnert, auf dem ein blutüberströmter junger Mann und ein sichtlich erboster israelischer Soldat mit einem Knüppel in der Hand zu sehen sind. In der Bildunterschrift hiess es, der junge Mann sei ein Palästinenser. Dadurch wurde suggeriert, dass der Soldat ihn gerade zusammengeschlagen hat. In Wahrheit handelte es sich bei dem verletzten Mann um einen Israeli, der von Palästinensern angegriffen worden war und von dem Soldaten in Sicherheit gebracht wurde. Tatsachen werden manchmal grob verzerrt. Man kann auf ein Bild schauen und zu Schlussfolgerungen kommen, die sich dann als völlig falsch erweisen. Deshalb habe ich beschlossen, die Kamera auf diejenigen Medien zu drehen, die ihre Kameras auf die Ereignisse richten.

Warum sind die Medien so voreingenommen, wenn es um Israel geht?

Es ist offensichtlich, dass der Antisemitismus dabei eine grosse Rolle spielt. In Deutschland etwa läuft das oft nach dem Motto: Wir hatten eine schlimme Vergangenheit, aber die Israelis haben eine schlimme Gegenwart. Israel sollte aus meiner Sicht mit den gleichen Massstäben gemessen werden wie andere Länder auch. In den Vereinten Nationen gibt es jedoch viele muslimische Länder, viele arabische Länder, aber nur einen jüdischen Staat. Bei den Abstimmungen gibt es deshalb eine grosse Voreingenommenheit, Israel ist in der absoluten Minderheit und deshalb ein leichtes Angriffsziel. Das wirkt sich natürlich auf die Berichterstattung aus. Es gibt aber auch ökonomische Gründe. Viele arabische Staaten sind sehr reich, sie investieren eine Menge Geld in die Medien anderer Länder und beeinflussen dadurch natürlich deren Inhaber, die Ausrichtung, die Inhalte. Teilweise gehören Medienkonzerne auch Arabern. Hinzu kommt, dass es in vielen Ländern zahlenmässig grosse arabische und muslimische Communitys gibt. All das spielt eine Rolle.

Am Ende des Films sagen Sie: «Die Hamas hat die Medien zu ihren Marionetten gemacht». Wie konnte das passieren, wie ist das möglich? Und ist es nicht auch so, dass sich manche Medien freiwillig zu Marionetten der Hamas gemacht haben?

Beides ist richtig. In Israel kann man in den Medien sagen und schreiben, was immer man will – auch sehr kritische Dinge. Es ist ein freies Land. Im Gazastreifen dagegen wird man des Landes verwiesen, wenn man sich negativ über die Hamas äussert. Gleichzeitig brauchen die Medien das Bildmaterial von dort, also unterwerfen sie sich den Bedingungen derjenigen, die dort das Sagen haben. Wenn die Hamas beispielsweise nicht will, dass gezeigt wird, wie sie Raketen aus dicht besiedelten Wohngebieten abfeuert, sorgt sie dafür, dass es keine entsprechenden Bilder gibt. Dort ist es wie in anderen totalitären Ländern auch: Terroristische Organisationen bestimmen darüber, was gezeigt wird und was nicht. Auf der anderen Seite stört es viele Medien auch gar nicht, dass sie nur die Bilder präsentieren dürfen, die der Hamas passen. Das entspricht ihrer Voreingenommenheit. Viele Medien sind links und positionieren sich deshalb auf der Seite derer, die sie für die Opfer halten. Sie lieben die Tragödie und wollen deren Opfer als Helden zeigen. Ihr Motto ist: «strong is wrong» – das heisst, wer Macht hat oder Stärke zeigt, steht auf der falschen Seite. Der jüdische Staat ist der Stärkere in diesem Konflikt, also muss er im Unrecht sein.

Wie könnte man zu einer fairen Berichterstattung über Israel und den Nahen Osten kommen? Was müsste sich ändern, damit das möglich wird?

Das ist eine riesige Aufgabe. An den Hochschulen beispielsweise, wo Journalismus gelehrt wird, sind viele Dozenten und Professoren ja selbst voreingenommen und unterziehen ihre Studenten oft einer regelrechten Gehirnwäsche, damit auch sie unbedingt Sympathien für die vermeintlichen Opfer hegen. Dabei sollte das Lehrpersonal vermitteln, wie man Nachrichten möglichst nüchtern und objektiv präsentiert. So etwas kann und darf ja nicht zur staatlichen Aufgabe werden. Ich habe keinen Masterplan für eine faire Berichterstattung über Israel. Es ist vor allem eine Frage der Integrität. Journalisten sollten sich eigentlich weigern, in Gebieten wie dem Gazastreifen zu arbeiten, wenn sie nicht frei berichten können, was dort geschieht. Zumindest aber müssen sie sehr deutlich darauf hinweisen, dass es dort keine Rede- und Meinungsfreiheit gibt.

Der Film «Eyeless in Gaza» kann auf der Video-Plattform «Vimeo» gegen eine geringe Gebühr angesehen werden.

Über Alex Feuerherdt

Alex Feuerherdt ist freier Autor und lebt in Köln. Er hält Vorträge zu den Themen Antisemitismus, Israel und Nahost und schreibt regelmässig für verschiedene Medien unter anderem für die «Jüdische Allgemeine» und «Mena-Watch». Zudem ist er der Betreiber des Blogs «Lizas Welt». Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor von »Vereinte Nationen gegen Israel«, erschienen bei Hentrich & Hentrich 2018.

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1 Kommentar

  1. Leider sind auch die meissten “Journalisten” in diesen Gebieten selbst Felestinenser auf die sich die Medien verlassen woollen. Es werden doch keine risiken fuer das eigene Personal genommen

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