Verleumderische Geschichte über Räumung in Jerusalem verbreitet sich wie Lauffeuer

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Foto Screenshot Youtube / France24
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Die Geschichte der Vertreibung der arabischen Familie Shamasneh aus einem Haus im Jerusalemer Viertel Shimon Hatzaddik hat sich wie ein Lauffeuer in der ganzen Welt verbreitet (siehe hier, hier und hier). Das Thema erschien in zahllosen arabischen Medien und sogar in der gemässigten westlichen Mainstream-Presse wie etwa der Washington Post oder der Times of London.

von Lyn Julius

Es ist ein Geschenk für die palästinensische Propagandamaschinerie: Israelis werden als herzlose Kreaturen angeschwärzt, die betagte Araber auf die Strasse werfen. Sogar das Borneo Bulletin hat seinen Lesern diesen vernichtenden Eindruck vermittelt.

Mit ein oder zwei Ausnahmen, ist sogar die jüdische und israelische Presse nicht in der Lage alle Fakten zum Fall zu benennen.

Vor neunundsechzig Jahren wurde die Familie Hubara, eine jüdische Familie, die in Shimon Hatzaddik lebte, vertrieben, als die von den Briten geführte Arabische Legion während der frühen Phasen des israelischen Unabhängigkeitskrieges in die Stadt einmarschierte und sie besetzte.

Der von den Arabern „Scheich Dscharrah” (Sheikh Jarrah) genannte Stadtteil Shimon Hatzaddik, Stätte des Grabes von Simon dem Gerechten und benachbarter Pilgerresidenzen, war im Besitz der aschkenasischen und sephardischen Gemeinden. 1948 wurden die dort lebenden Juden vertrieben und waren somit die ersten Flüchtlinge des Krieges. Ihre Häuser fielen unter die Gerichtsbarkeit des jordanischen Custodian for Absentee Property [Treuhänder für das Eigentum Abwesender], der die Anwesen dann an ortsansässige Araber vermietete.

Als die Israelis Ostjerusalem 1967 zurückeroberten, waren die ehemaligen jüdischen Besitzer plötzlich in der Lage, zurückfordern zu können, was ihnen gehört hatte. Dutzende ehemaliger Eigentümer haben sich auf langwierige Rechtsstreitigkeiten zur Rückgewinnung ihrer Häuser eingelassen.

Die israelischen Gerichte jedoch haben die Rechte der arabischen Mieter geschützt. Nur in Fällen, wo sie ihre Miete nicht zahlten, erfolgten die Urteile der Gerichte gegen die arabischen Bewohner.

“Mietschulden in Höhe von 180.000 Shekel”

In keinem der Presseberichte über den Fall der Shamasneh – mit Ausnahme der Ynet News und Arutz Sheva (und einem frühen Bericht in Haaretz) – wird erwähnt, dass die Shamasnehs die Miete nicht bezahlt haben. Nur wenige Medienvertreter haben sich die Mühe gemacht, den historischen Kontext der Vertreibung von Juden aus Ostjerusalem im Jahr 1948 auch nur zu erwähnen. Das Motiv, das den jüdischen Klägern zugeschrieben wird, ist der Wunsch, Jerusalem zu „judaisieren“ – „die Araber hinauszuwerfen und den jüdische Siedlungsbereich zu erweitern.“

Vor zehn Jahren verkauften die Hubaras ihre Eigentumsrechte an Aryeh King vom Israel Land Fund weiter. King erklärte, die arabische Familie habe die Mietzahlungen fünf Jahre zuvor eingestellt. „Ich vertraue ihnen nicht mehr, weil sie Mietschulden in Höhe von 180.000 Shekel [etwa 50.000 USD] haben, sowie Schulden für Schäden in Höhe von weiteren 160.000 Shekel.“ King gibt an, er habe ihnen gesagt, wenn sie einen Scheck eines Bürgen, den er für vertrauenswürdig hält, vorlegten, würde er in Betracht ziehen, sie länger bleiben zu lassen. Sie aber lehnten ab. Es sei unerfreulich, so sagte er, aber „sie haben alles Mögliche dafür getan, damit es [die Räumung] auch passieren würde.“

Was Berichte angeht, nach denen die betagten arabischen Eltern auf die Strasse gesetzt würden, sagte King der Zeitung Haaretz: „Die betagten Eltern haben keinerlei Grund, auf der Strasse zu bleiben, da ihre Tochter direkt nebenan wohnt und Hinweise vorliegen, dass sie Wohngeld von der Europäischen Union erhalten werden.“

Es ist bekannt, dass die israelischen Gerichte keine Räumungsbefehle gegen arabische Hausbesetzer durchsetzen, wenn diese nirgendwo anders hinkönnen.

Eine zweite Falschmeldung, die Medien verbreiten, ist, dass „das Gesetz Juden erlaubt, ihr Eigentum zurückzufordern, aber kein solches Gesetz für Palästinenser existiert.”

Laut der Israel Lands Administration haben bis 1993 im Rahmen des Absentee Property Law und des Validation and Compensation Law, 14.692 Araber Schadenersatz verlangt. Die Ansprüche wurden in Bezug auf 200.905 Dunam Land geregelt und insgesamt wurden 9.956.828 NIS an Schadenersatz gezahlt. Ausserdem wurden 54.481 Dunam Land als Kompensation vergeben (Israel Lands Administration Report für 1993).

Erst am 21. März 2016 berichteten die Gulf News Palestine: „Eine wachsende Anzahl palästinensischer Landbesitzer akzeptiert eine finanzielle Entschädigung für Grund und Boden, die sie innerhalb der Grünen Linie besassen … Aktive Gruppen von Landverkäufern und Rechtsanwälten setzen den Plan des israelischen Regimes um, die vertriebenen palästinensischen Landbesitzer davon zu überzeugen, Kompensationsgeschäfte zu akzeptieren und ihre Rechte an ihrem Grund und Boden aufzugeben.“

Die Landbesitzer werden davor gewarnt, eine Entschädigung zu akzeptieren, da dies das „Rückkehrrecht” der Palästinenser gefährden könne.

Inzwischen erhebt sich der internationale Chor der Missbilligung gegen Israel, während EU-Emissäre, Beamte, Autoren mit schlechtem Gewissen und Linke die armen, leidgeprüften Shamasnehs besuchen, um ihnen ihr Mitgefühl auszusprechen. Doch ist die Debatte absolut einseitig: Nicht ein einziger Israeli hat je eine Entschädigung für beschlagnahmtes Eigentum in arabischen Ländern erhalten. Keine NGO, keine westliche Regierung kämpft für deren Recht auf Entschädigung oder Rückgabe. Keine Linken zeigen ihr Mitgefühl vor jüdischen Häusern in Bagdad, Sanaa oder Tripoli und kein Medium hält die massenhafte Enteignung von Juden für berichtenswert.

Lyn Julius ist Journalistin und Mitbegründerin von Harif, einer Vereinigung von Juden aus dem Nahen Osten und Nordafrika in Grossbritannien. Zuerst erschienen auf Englisch bei The Times of Israel /Jewish News .

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