Die palästinensische Version von „Kreativität für den Frieden“

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Creativity for Peace. Foto Screenshot Youtube
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Junge palästinensische Mädchen ernten Hohn und Hass für ihre Teilnahme an einem Koexistenz-Sommercamp in den USA. Das Sommerlager, das palästinensische und israelische Mädchen zusammenbringt, wird von Creativity for Peace – Kreativität für den Frieden –, einer Organisation mit Sitz in Santa Fe, New Mexico, veranstaltet. Seit 2003 haben jedes Jahr bis zu 20 junge Israelinnen und Palästinenserinnen im Alter von 15 bis 17 Jahren an dem Creativity for Peace-Camp teilgenommen.

von Khaled Abu Toameh

Fotos, auf denen zu sehen ist, wie die israelischen und palästinensischen Mädchen die gemeinsame Zeit geniessen, haben viele Palästinenser und andere Araber aufgebracht, die daraufhin in den sozialen Medien ihr Missfallen und ihre Wut über die Veranstaltung äusserten und die palästinensischen Mädchen unflätig beschimpften.

Die wütenden Reaktionen auf das palästinensisch-israelische Camp in den USA sollten im Zusammenhang mit dem erbitterten Widerstand der Palästinenser gegen jede Form der „Normalisierung der Beziehungen“ zu Israel gesehen werden.

Die palästinensischen Mädchen, die an dem Koexistenz-Camp teilgenommen hatten, wurden unter anderem beschuldigt, die Gefühle ihres Volkes verletzt zu haben, indem sie die „Normalisierung der Beziehungen“ zu dem israelischen „Feind“ förderten.

Palästinensische Aktivisten führen schon seit langer Zeit Krieg gegen jede Form der „Normalisierung der Beziehungen“ zu Israel. Unter dem Vorwand, dass die Treffen den Weg zur „Normalisierung der Beziehungen“ zu Israel ebnen würden, nahmen die Aktivisten wiederholt sogar offizielle Treffen zwischen den Israelis und Palästinensern, insbesondere in Ramallah und Ost-Jerusalem, ins Visier.

Einige dieser Aktivisten griffen zu Drohungen, Einschüchterung und Gewalt, um das Zustandekommen solcher Treffen zu verhindern.

So zum Beispiel, als vor zwei Jahren eine Gruppe israelischer und palästinensischer Friedensaktivisten im Ambassador Hotel in Jerusalem eine Konferenz veranstalten wollte. Kurz vor Beginn der Veranstaltung stürmten palästinensische Aktivisten die Hotelhalle. Sie skandierten Parolen gegen die „Normalisierung der Beziehungen“ zu Israel und zwangen die Teilnehmer, die Veranstaltung abzubrechen. Das war nicht der erste Vorfall dieser Art in dem Hotel.

Oder nehmen wir den Fall einer anderen Gruppe israelisch-palästinensischer Friedensaktivisten, die 2014 versuchten, eine Konferenz in Al-Bireh (der Schwesterstadt Ramallahs) auf die Beine zu stellen.

Auch dort zwangen palästinensische Demonstranten die Teilnehmer, das Treffen abzusagen, nachdem sie die Halle gestürmt hatten und die Teilnehmer, darunter insbesondere die palästinensischen „Verräter“, wüst beschimpften. Polizeibeamte der Palästinensischen Autonomiebehörde mussten die israelischen Friedensaktivisten vor den Demonstranten retten und sie zu ihrer eigenen Sicherheit aus der Stadt eskortieren.

Wer sind diese Personen, denen es ein derartiges Anliegen ist, die „Normalisierung der Beziehungen“ zu Israel scheitern zu lassen?

Sie kommen aus einem breiten Spektrum der palästinensischen Gesellschaft, u. a. aus der Fatah, der Hamas, der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP) und der Palästinensischen Volkspartei (ehemals Kommunistische Partei).

Wenn es um ihre wechselseitigen Beziehungen geht, sind diese Gruppierungen einander mehr Feind als Freund. Gilt es jedoch, das Zusammenleben [mit den Israelis] zu vereiteln, schliessen sie sich zusammen, um dieses Vorhaben zu torpedieren.

Für sie sind selbst palästinensische und israelische Kinder, die zusammen Fussball spielen oder an gemeinsamen Konzerten teilnehmen, ein indiskutables Gräuel.

Aktuell sind es die palästinensischen Teenager in dem Sommercamp in den USA, die diese vergiftete Haltung zu spüren bekommen.

In den Augen der „Normalisierungs“-Feinde sind diese Mädchen nichts anderes als Kriminelle. Sie haben zusammen mit israelischen Mädchen gespielt, mit ihnen getanzt und sogar gemeinsam mit ihnen Filme angeschaut und Shoppingbummel unternommen. Und schliesslich der Gipfel der Kriminalität – der grösste Schlag ins Gesicht ihres Volkes – diese palästinensischen Teenager teilten ihre Schlafquartiere mit den israelischen Mädchen.

„Verräterinnen“ und „Prostituierte“

In den sozialen Medien werden diese palästinensischen Mädchen als „Verräterinnen“ und „Prostituierte“ verurteilt. Dies sind nur einige der Beleidigungen, mit denen sie beschimpft werden, insbesondere auf zahllosen Facebook-Seiten.

Jene, die die Hetzkampagne gegen diese Mädchen führen, haben bereits ihr Urteil gefällt – nämlich, dass dies ein „Normalisierungs-Camp“ ist. Die israelischen Mädchen, die an dem Sommerlager teilnehmen, werden als „Siedlerinnen“ bezeichnet, um die palästinensische Wut noch weiter anzuheizen, denn so lässt man es aussehen, als würden die palästinensischen Mädchen soziale Kontakte zu „extremistischen jüdischen Siedlern“ unterhalten.

Neben den Angriffen auf die Kinder richteten viele Palästinenser ihren Zorn auch gegen die Eltern, weil diese ihren Töchtern den Kontakt zu den israelischen Mädchen erlaubt hatten. „Bedauerlicherweise ist das Fehlen eines kulturellen Bewusstseins und nationaler Zugehörigkeit bei den Eltern der Hauptgrund (für solche Begegnungen)“, bemerkte Mu’ath Al-Hims auf Facebook.

Der Hauptteil der Schmähungen blieb jedoch den Mädchen selbst vorbehalten. In dieser Hinsicht sparten die palästinensischen Aktivisten nicht mit Worten.

Tayseer Katot schrieb als Reaktion auf die Fotos der israelischen und palästinensischen Mädchen im Camp folgenden Kommentar: „Das ist beschämend und unwürdig. Diese deprimierende Gruppe [von Mädchen] verdient es nicht, dass man sie Palästinenserinnen nennt.“

Als „Empörend und bedauerlich“ beurteilte Majed Al-Hasayneh die Fotos, die die palästinensischen und israelischen Mädchen gemeinsam zeigen.

Noch deutlicher wurde Mahmoud Abu Al-Bara in seinem Post: „Von der Fatah (der Palästinenserfraktion unter Vorsitz des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas) grossgezogene Prostituierte“.

Imad Chiri, ein weiterer Facebook-User, schrieb in seinem Kommentar: „Das ist eindeutiger Hochverrat und schamlose Normalisierung.“

Die meisten der von Palästinensern und anderen Arabern als Reaktion auf das gemeinsame israelisch-palästinensische Sommerlager geposteten Kommentare verunglimpfen die palästinensischen Mädchen und deren Familien. Die Beiträge brandmarken sie als Verräterinnen, Schlampen, Abschaum, die sich nicht schämen, in Begleitung israelischer Mädchen gesehen zu werden. Ganz zu schweigen von einer wahren Flut weiterer Beleidigungen, die nicht geeignet sind, abgedruckt zu werden.

Die palästinensischen Mädchen, die in den sozialen Medien an den Pranger gestellt werden, sind die jüngsten Opfer einer Hasskultur, die den Palästinensern eingeimpft wurde. Dieses Klima ist das unmittelbare Ergebnis einer andauernden Hetz- und Indoktrinierungskampagne, deren Ziel es ist, Israel und die Juden zu delegitimieren und zu dämonisieren.

Nur eine Handvoll Palästinenser hatte den Mut, sich zu outen und Partei für die Mädchen und ihre Familien zu ergreifen. Warum? Zwei Worte: Zustimmung und Angst.

Solche Beleidigungskampagnen werden ganz bestimmt – wie zweifellos beabsichtigt – Familien davon abhalten, ihre Kinder zu solchen Zusammentreffen mit Israelis zu schicken. Welche Eltern, die bei Verstand sind, würden zulassen, dass ihr Kind einem derartigen Ansturm von Hass ausgesetzt wird?

Ausserdem werden solche Kampagnen mit Sicherheit allen palästinensischen Führern eine Warnung sein, wahren Frieden mit Israel anzustreben.

Die Linie der Palästinenser ist also weniger eine „Kreativität für den Frieden“ als vielmehr eine „Kreativität für den Hass“.

Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter arabisch-israelischer Journalist und TV-Produzent. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute.

3 Kommentare

  1. Solange Israel die Gründung eines palästinensischen Staates mit allen nur erdenklichen Mitteln boykottiert und permanent palästinensisches Land auf der Westbank und in Ostjerusalem annektiert und völkerrechtswidrig besiedelt, ist keine “Normalisierung” möglich und angezeigt. Alles andere wäre ein indirekte Akzeptanz von Israels unheilvoller und allein auf militärischer Dominanz basierender Politik.

  2. Sehr präziser und zutreffender Kommentar von nussknacker56, ich schliesse mich vorbehaltslos seinen Worten an !!

  3. Jeder mir bekannte Versuch, die Situation zu entschärfen oder zu verbessern, geht von (pro)israelischer Seite aus. Jeder mit bekannte Versuch, genau dieses zu torpedieren oder ins Gegenteil zu verkehren, wird von arabischen Palästinensern und deren Sympathisanten in der USA und Europa unternommen. Es ist ganz einfach und es ist ganz offensichtlich.

    Für das allerorten praktizierte Wegsehen und das Nachplappern des palästinensischen Narratives gibt es keine Entschuldigung.

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