Einst: Kauft nicht bei Juden – Jetzt: Boykottiert Israel!

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Foto Twitter/BDSBerlin
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Was ist der Unterschied bei diesen Parolen? Es gibt ihn im Kern nicht. Beide betreiben umfassende antisemitische Kampagnen gegen die Juden als Kollektiv.

 

Die nationalsozialistische, die am 1. April 1933 mit einem wirtschaftlichen Boykott von Geschäften jüdischer Inhaber (auch von Anwalts- und Arztpraxen) begann, setzte sich in der Folge auf breiter gesellschaftlicher Ebene fort, etwa in „Säuberungen“ kultureller und akademischer Institutionen von Juden, um dann in den Nürnberger Gesetzen von 1935 den ersten Höhepunkt auf dem Weg zur „Endlösung“ zu erreichen. Die heutige Boykotthetze (BDS) will den jüdischen Nationalstaat treffen, ihn politisch und sozial, wirtschaftlich, wissenschaftlich und kulturell delegitimieren und isolieren. Bei der BDS-Bewegung handelt es sich geradezu um eine internationale antijüdische Kampagne – mit Untertönen der intentionalen Vernichtung. Der Soziologe Samuel Salzborn hat dazu festgestellt: „Damit vollstreckt die BDS-Kampagne das Menschen- und Weltbild des Nationalsozialismus”.

Leugnung von Realitäten, ein wichtiges Kennzeichen von Antisemitismus 

Diese internationale BDS-Bewegung, ob kirchlich-christlich oder säkular gesellschaftlich gestützt, bezog sich von Anfang an auf den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika als Selbstlegitimation. Das findet sich schon im wichtigsten Dokument, das 2005 aus Gaza verbreitet wurde und gleichsam zur Bibel aller international weitverzweigten „BDS-Filialen“ geworden ist. Unterstellt wird immer, dass Israel ein rassistischer Staat sei, gegen den Strafmassnahmen ergriffen werden müssen. Absurder kann man die Tatsachen nicht verdrehen. Aber ein wichtiges Kennzeichen von Antisemitismus ist eben die Leugnung von Realitäten und Fakten und die Konstruktion einer phantasierten Realität. Die Holocaustleugnung ist dafür das krasseste Beispiel.

Freilich ist auch zu notieren, dass zunehmend Gegenmassnahmen gegen die BDS-Kampagnen auf gesellschaftlicher und politischer Ebene eingeleitet werden. In den USA in manchen Gesetzgebungen von Bundesstaaten und auch im Kongress. Auch Banken kündigen vermehrt Konten von BDS-Organisationen.

Schweiz: „Nulltoleranz“ über Null?

Auch der Schweizer Nationalrat wurde kürzlich aktiv. Mit grosser Mehrheit hat er den Bundesrat “beauftragt, …  dass öffentliche Gelder … nicht mehr gesprochen werden dürfen, wenn die unterstützten Nichtregierungsorganisationen (NGO) in rassistische, antisemitische und hetzerische Aktionen oder BDS-Kampagnen (Boykott, Kapitalabzug und Sanktionen) verwickelt sind”. Das war eine Sternstunde des Schweizer Parlaments. Das deutliche Votum zur Motion des SVP-Parlamentariers Imark durch den Nationalrat war auch ein unübersehbarer Auftrag an die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) bzw. das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) von Bundesrat Didier Burkhalter, endlich über die Bücher zu gehen und volle Rechenschaft abzulegen. Das EDA hatte zwar zunächst die Abweisung der Motion im Nationalrat empfohlen. Doch nachdem das Parlament so eindeutig entschieden hatte, hat der EDA-Chef bei der Überweisung der Motion an den aussenpolitischen Ausschuss des Ständerats das Begehren grundsätzlich begrüsst. Im Ständerat fand man allerdings, dass die Motion zu stark auf die Konfliktzone in Nahost fokussiert sei, weswegen ihre auf antisemitische NGOs und BDS bezogene Speerspitze abgebrochen wurde. Der Ständeratsausschuss hat betont, dass sowieso ja schon „eine Nulltoleranz gegenüber Antisemitismus und Rassismus besteht“. Nur fragt sich mancher Beobachter, manche Beobachterin, wenn denn diese „Nulltoleranz“ bestehen soll, warum dann eigentlich das EDA durch das DEZA, aber auch etwa durch Mitfinanzierung von HEKS-Projekten so viele Franken, Millionen in der Summe, auch an auf Israel bezogene antisemitische und BDS-konforme Organisationen überweist. Liegt die „Nulltoleranz“ ein bisschen über Null, wenn es um hetzerische Aktionen gegen Israel geht?

Bundesrat Burkhalter hatte die Problematik, dass die Schweiz antisemitische und rassistische Organisationen mit Steuergeldern finanziert, vor einiger Zeit für nicht zutreffend gehalten. Doch hat er nun eingeräumt, dass die „Problematik real ist“. So jedenfalls konnte man es z.B. in der Neuen Zürcher Zeitung lesen. Das ist ein bemerkenswerter Satz. Man erhofft sich nun, dass die in Millionenhöhe fliessenden Schweizer Zuschüsse an antisemitische und hetzerische Organisationen endlich überprüft werden. Aber es ist auch wichtig, dass die an palästinensische Regierungsorganisationen überwiesenen Summen an Abbas und Konsorten, deren Korruption und antiisraelische Agenda bekannt ist, überprüft werden. Wir müssen nicht von unserem Steuergeld Mördern und deren Familien Pensionen zahlen. Wirklich nicht.

So kann man zwar kritisch gegenüber der Behandlung der Motion Imark im Ständerat sein. Und es wäre ja auch zu wünschen, wenn der Ständerat dem Volk einmal vor Augen halten würde, welche Verluste man einstecken müsste, wenn BDS konsequent durchgeführt würde. Dann müsste man nicht nur auf Jaffa-Orangen, sondern auf israelische Erfindungen in ganz lebenswichtigen Bereichen verzichten, nicht zuletzt in denen der Medizin und Pharmazie, aber auch in der Informationstechnologie. Die Motion Imark bleibt aber ohnehin existent. Sie ist ein Lichtblick- und eben ein Auftrag an den Bundesrat. Wir werden dessen Umsetzung mit Interesse begleiten.

BDS Aktivisten sollten in der Zwischenzeit unbedingt und ganz konsequent zum Beispiel auf folgende Produkte, Innovationen und Erfindungen verzichten:

  • Den Herzmonitor von Startup CardiacSense. Ein Smartwatch-Herzmonitor, der fast so akkurat ist wie ein EKG-Rechner. Seine revolutionäre Aufspürmethode von Herzrhythmusstörungen misst den Blutdruck über ein PPG (Photoplethysmogramm). Danach brauchen Sie nur noch das Armband berühren und erhalten ein Elektrokardiogramm.
  • Auf das neueste von Mazor entwickelte Leitsystem für Wirbelsäuleneingriffe „Mazor X“. Chirurgen können damit einen 3D-Ausrichtungsplan entwickeln, der die Auswirkungen des geplanten Eingriffs auf die Körperhaltung des Patienten simuliert.
  • Oder auf Produkte des Biotechnologieunternehmen BiomX. Das Unternehmen entwickelt unter anderem eine Reihe von Medikamenten für Erkrankungen mit hohem medizinischem Bedarf wie z. B. Krebs, entzündliche Darmerkrankungen oder Akne. BiomX konzentriert sich auf die Modulation des menschlichen Mikrobioms (also Bakterien, die in und auf dem menschlichen Körper wohnen), um Immun-Onkologie-Behandlungen zu unterstützen.
  • Vielleicht auch auf alle Produkte die in Elektro-LKWs von Tevva Motors transportiert werden. Asher Bennett, der Bruder des israelischen Bildungsministers Naftali Bennett, hat nämlich die Firma Tevva Motors gegründet. Dort baut man emissionsfreie Lieferwagen auf Basis israelischer U-Boot-Technologie. Tevva hat Aufträge von UPS, DHL und Kühne+Nagel erhalten.
  • Produkte von Body Vision Medical. Die israelische Firma hat CT-Scans mit Röntgenstrahlen gekoppelt, um Ärzten zu helfen, kleine Lungenkrebstumore im Frühstadium zu entfernen. Bei der Operation werden vorchirurgische 3D-Aufnahmen von CT-Scannern mit 2D-Röntgenaufnahmen verbunden, um in Echtzeit hochauflösende Augmented Reality-Karten der Tumore zu erstellen.
  • In naher Zukunft auf Produkte und Dienstleistungen von SolarPaint. Das Startup im nordisraelischen Kibbutz Nahsholim hat ein „Elektroden-Netz“ entwickelt (ultradünnes Drahtgitter ähnlich einem Moskitonetz) mit nanopartikel-infundierter Beschichtung, was auf Dächern, Wänden und in naher Zukunft sogar auf Strassen aufgebracht werden kann, um Solarstrom zu erzeugen.
  • Auch auf Produkte von Xact Medical. Die Ben-Gurion-Universität und das Kinderkrankenhaus Cincinnati haben Xact Medical gegründet, um ihr FIND-System zu vermarkten. FIND steht hierbei für Fast Intelligent Needle Delivery. Das System erleichtert Ärzten das Einführen von Nadeln in Venen, beispielsweise für die Blutentnahme oder für intravenöse Versorgung. Statt dass man auf herkömmliche Methoden vertraut, wo in drei von zehn Versuchen vorbeigestochen wird, führen hier Roboter und Ultraschall die Nadel in den menschlichen Körper ein — gut z. B. für Kinder, da deren Gefässsystem noch klein ist und es bei ihnen ganz besonders auf Präzision ankommt.
  • Auf GlucoMe, eine digitale Diabetesplattform. Ein Plattform die Diabetiker im Auge behält und Behandlungsprogramme empfiehlt. Die Plattform besteht aus einem intelligenten Glukosemonitor, einem Insulinpenmonitor, einer App für Mobilgeräte und einem cloudgestütztes Managementsystem. Letztes Jahr hat die EU die Zulassung für Europa erteilt, die Zulassung der amerikanischen Gesundheitsbehörde wird noch für dieses Jahr erwartet.

Dies ist nur eine sehr, sehr kleine Auswahl an Produkten, Innovationen und Erfindungen die konsequente BDS-Aktivisten meiden sollten. Viele weitere Dinge gibt es zum Boykottieren, wie zum Beispiel Software und Apps aus Israel. Diese sind heute in beinahe jeder Firma und auf jedem Smartphone der Welt zu finden. Oder die Internet-Firewall, Rechnungsstellung per Mobiltelefon, Voicemail, VoIP-Telefonie oder Sofortnachrichtensysteme und vieles mehr.

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Über Ekkehard W. Stegemann

Ekkehard W. Stegemann war von 1985 bis 2014 Ordinarius für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Universität Basel.

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1 Kommentar

  1. Ohne Zweifel eint die Anhänger der BDS-Bewegung ein Weltbild, das mit dem der Anhänger der ehemaligen nationalsozialistischen Bewegung in Grundzügen vergleichbar ist. Dem „Juden“ werden alle möglichen negativen Eigenschaften und ein Einfluss unterstellt, der weltweite Auswirkungen habe. Der perfide Vorwurf der Apartheid soll darüber hinaus im Umkehrschluss gleichzeitig eine angeblich antirassistische Einstellung der Gerüchteverbreiter belegen.

    Eine Strategie, wie dieser nicht gänzlich erfolglosen Kampagne zu begegnen ist, sollte allmählich deutlichere Konturen annehmen und zu massiverer Gegenwehr führen. Für einen falschen Ansatz halte ich das Konzept, Gründe aufzuführen, die belegen, dass Israel nicht rassistisch sei. Natürlich ist das nicht der Fall, doch wenn versucht wird, solche Vorwürfe „richtigzustellen“, spielt man das Spiel nach den Vorgaben der Verleumder.

    Ähnlich absurd ist es, auf Vorhaltungen von „Israelkritikern“ zu reagieren, warum sie nicht auch diverse andere Staaten, wie z.B. Syrien, Marokko und Nordkorea(!) kritisieren. Es liegt auf der Hand, dass solche Vergleiche nicht nur kontraproduktiv sondern zutiefst absurd sind.

    Der israelische Staat muss keineswegs beweisen, dass er demokratisch ist. Seine europäischen Gegenüber haben stattdessen die Bringpflicht, nachzuweisen, dass sie unter vergleichbaren Umständen ebenfalls noch eine demokratische Staatsform erhalten würden. Da habe ich bei etlichen „befreundeten“ Staaten erhebliche Zweifel.

    Kurz und bündig: Sachliche Entgegnungen sind schön und gut, manchmal ist ein Zurückschlagen die nachhaltigere Lösung.

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