Israel-Schweiz Studie: Superkorallen des Golf von Eilat könnten Korallenriffe weltweit retten

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Korallenriffe im Golf von Eilat (Golf von Aqaba). Foto École polytechnique fédérale de Lausanne.
Korallenriffe im Golf von Eilat (Golf von Aqaba). Foto École polytechnique fédérale de Lausanne.
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Die Korallenriffe des an der Südküste Israels und im nördlichen Teil des Roten Meers gelegenen Golf von Eilat sind besonders widerstandsfähig gegenüber der globalen Erwärmung und könnten laut einer Studie israelischer und Schweizer Wissenschaftler möglicherweise eines Tages dazu dienen, die absterbenden Riffe in anderen Teilen der Welt neu anzusiedeln.

von Ilana Messika/TPS

Da die Untersuchung ergeben hatte, dass die Korallenbänke im Golf sehr resistent gegenüber hohen Wassertemperaturen und Ozeanübersäuerung sind – beides Folgen der globalen Erderwärmung – riefen die Wissenschaftler Israel, Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien (die vier Anrainerstaaten des auch als Golf von Akaba bekannten Gewässers) zur Zusammenarbeit auf, um die Riffe vor Umweltverschmutzung und anderen von Menschen geschaffenen Faktoren zu schützen, die die Widerstandsfähigkeit der Korallen verringern könnten.

In der Studie, deren Ergebnisse kürzlich im Wissenschaftsmagazin Royal Society Open Science veröffentlicht wurden, setzten Forscher von der Bar-Ilan Universität und dem InterUniversity Institute of Marine Sciences in Israel sowie Wissenschaftler der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und der Universität Lausanne (UNIL) Korallen der Spezies Stylophora pistillata einer Wasserchemie und Temperaturen aus, die für das Ende des Jahrhunderts prognostiziert werden, wenn die globale Erwärmung im gleichen Tempo fortschreitet wie bisher.

„Unter diesen Bedingungen würden die meisten Korallen vermutlich ausbleichen und eine hochgradige Mortalität zeigen“, stelle der EPFL-Wissenschaftler Dr. Thomas Krueger fest. „Überraschenderweise sind diese Korallen jedoch sehr gut mit der Situation zurecht gekommen – am Ende der 6-monatigen Versuchsreihe haben wir zahlreiche Variablen gemessen und die meisten davon hatten sich tatsächlich verbessert.“

“Korallenriffe sterben in grossem Stil ab”

Auf der ganzen Welt sterben Korallenriffe in grossem Stil ab, meist aufgrund der globalen Klimaerwärmung. Steigende Temperaturen und Säuregehalte in den Weltmeeren führen häufig zum Ausbleichen der Korallen, was letztlich ihr endgültiges Absterben zur Folge hat. Nur noch ein Drittel des Ökosystems im australischen Great Barrier Reef, dem grössten Korallenriff unseres Planeten und Weltkulturerbe, blieb bisher von der gefürchteten Korallenbleiche verschont.

Die Wissenschaftler hoffen, dass die lokalen Korallen den Schlüssel zum Verständnis des biologischen Mechanismus bergen, der die Wärmebeständigkeit der Korallen bewirkt oder auch für die Schwäche, die für das massive Ausbleichen der Korallen verantwortlich ist. Möglicherweise könnten die Korallenbänke im Golf von Eilat sogar in der Zukunft dazu dienen, bereits zerstörte Riffe weiter südlich im Roten Meer und an anderen Orten der Welt wieder neu zu besiedeln.

Prof. Maoz Fine von der Mina and Everard Goodman Faculty of Life Sciences an der Bar-Ilan Universität und dem InterUniversity Institute of Marine Sciences erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Tazpit Press Service (TPS), dass Korallenriffe zu den artenreichsten und produktivsten Ökosystemen der Welt zählen. Laut Fine beherbergen Korallenriffe eine ungeheuer breite Palette an Lebewesen, sie bieten Nahrung und biologisch aktive Wirkstoffe für die pharmazeutische Industrie, schützen die Küsten vor Sturmschäden und stellen einzigartige touristische Sehenswürdigkeiten dar.

Korallenriffe im Golf von Eilat (Golf von Aqaba). Foto École polytechnique fédérale de Lausanne.
Korallenriffe im Golf von Eilat (Golf von Aqaba). Foto École polytechnique fédérale de Lausanne.

„Die Erhaltung von Korallenriffen ist extrem wichtig, sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht“, so Fine. „Diese Wasser-Ökosysteme sind jedoch aufgrund der Auswirkungen der globalen Klimaerwärmung weltweit vom Aussterben bedroht. Das einzigartige Genom (Erbgut, Anm.d.Red) der Korallenriffe im Golf von Akaba lässt vermuten, dass diese Riffs voraussichtlich die letzten sein werden, die überleben“, so Fine weiter.

Laut der Studie begann die Neubesiedlung des südlichen Teils des Roten Meers durch Korallenriffe erst gegen Ende der letzten Eiszeit vom Pazifik aus über den Golf von Aden. Die Meerenge Bab al-Mandab an der Küste von Jemen, südlicher Eingang zum Roten Meer und thermisches Nadelöhr mit sommerlichen Wassertemperaturen von bis zu 30-32°C, stellte eine selektive Barriere dar, durch die sich nur extrem resistente Individuen in Richtung Norden ausbreiten konnten. Fine erklärte, dass dieser Prozess der natürlichen Selektion ähnelt und der Grund dafür ist, warum die Korallen, die wir heute im Golf von Eilat antreffen, mit einem „warmen Genom“ kodiert sind, das in der Lage ist, hohen Wassertemperaturen zu widerstehen.

„Die Korallenriffe im Golf von Akaba bieten uns die Chance, uns auch in Zukunft noch an den Korallenriffen erfreuen und von ihnen profitieren zu können. Eine solche Chance bringt allerdings auch eine grössere Verantwortung mit sich“, sagte Fine.

Abschliessend forderte er: „Ägypten, Jordanien, Israel und Saudi-Arabien müssen ein gemeinsames Schutzprogramm ins Leben rufen, um alle belastenden anthropogenen Bedingungen zu beseitigen, wie z. B. lokale Ölverschmutzung, Nährstoffe aus Fischfarmen oder Pflanzenschutzmittel aus dem Gartenbau, die diese aussergewöhnliche Thermotoleranz im Endeffekt zerstören.“

1 Kommentar

  1. Interessant, wie diese Themen durch die Redaktionen wandern. Wir hatten das damals im Wissenschaftsteil von ILI – News am 21. Mai, http://www.il-israel.org/nl/170521/index.html#medtec nachdem diese Forschungsarbeit von ” 20 Minuten” ein paar Tage zuvor aktuell thematisiert worden war. Zu diesem Zeitpunkt stand aber bei uns die Lancet- Geschichte im Vordergrund, so dass wir das Thema leider viel zu kurz fassen mussten. Schön, dass Ihr es jetzt noch einmal ausführlich aufgreift .

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