Die Universität Zürich und die fragwürdige Wahl des Gastredners Miko Peled

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Miko Peled. Foto Screenshot Youtube / Freedom & Justice
Miko Peled. Foto Screenshot Youtube / Freedom & Justice
Lesezeit: 5 Minuten

Die Universität Zürich (UZH) ist ohne Frage ein international angesehenes, seriöses akademisches Institut. Als solches bietet sie über den regulären akademischen Betrieb hinaus auch informative Sonderveranstaltungen an, diesen Monat unter anderem zu so spannenden Themen wie: »Das Vessantara-Epos in Rollbildern und Dorffesten Nordost-Thailands« oder »Evolution der Fische während der Trias-Periode (für Erwachsene)«. Man fragt sich, um welche ominösen Fisch-Geheimnisse es dabei wohl gehen mag, wenn nur »Erwachsene« diese erfahren dürfen. Kein Geheimnis ist allerdings, um wen es bei Miko Peled geht, dem die UZH am 19. Juni 2017 das Wort erteilte.

Audiatur-Online und der Autor Ben-Dror Yemini haben den Mann näher unter die Lupe genommen, der auf Grund seiner fragwürdigen Motive und Inhalte inzwischen bereits von anderen renommierten Universitäten ausgeladen wurde, für die UZH allerdings die kompetenteste Person war, die ihr anlässlich des 50. Jahrestags des Sechstagekriegs als Experte einfiel − wohlgemerkt jenes Kriegs, bei dem sich eine Reihe arabischer Staaten aufmachten, um dem Ruf des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser zu folgen: »Werft die Juden ins Meer!«

Seit Jahren schon macht Miko Peled Karriere − allein mit seiner Biografie als »Sohn eines Generals«. So lautet auch der Titel des von ihm veröffentlichten einzigen Buches. Sein familiärer Hintergrund verleiht dem 1961 in Jerusalem geborenen israelisch-amerikanischen Aktivisten augenscheinliche Glaubwürdigkeit. Als Sohn von Mattityahu Peled, ehemals ranghoher Kommandant der IDF und ab 1969 einer der radikaleren Vertreter des israelischen Friedenslagers, wie als Enkel von Avraham Katznelson, einem der Mitunterzeichner der israelischen Unabhängigkeitserklärung, umgibt Peled das Flair und die Legitimität eines Mannes, der weiss, wovon er spricht. Mit diesem Image tourt er nun schon seit geraumer Zeit durch die USA, von einem Universitätscampus zum nächsten, von einem Kirchenverein zum anderen, wo er sich als einer der prominentesten Sprecher des BDS profiliert. Und damit seine Brötchen verdient.

Obwohl sich die Grenzen zwischen Antisemitismus und Antizionismus zunehmend verwischen, muss man eingestehen, dass eine Reihe von anti-israelischen Organisationen nach besten Kräften bemüht ist, sich von antisemitischen Elementen freizuhalten. Das ist sehr nett von ihnen. Es ist auch der Grund dafür, dass die Leiter der BDS-Bewegung klug genug waren, ihre Kontakte zu Juden und ehemaligen Israelis wie zum Beispiel Israel Shamir und Gilad Atzmon abzubrechen oder diese Leute öffentlich zu rügen.

Vor einigen Monaten war Peled an der Reihe. Nach Unterzeichnung des Militärhilfe-Abkommens zwischen den Vereinigten Staaten und Israel veröffentlichte er auf Twitter eine Nachricht, wonach er nicht überrascht sei, dass »Juden in dem Ruf stehen, verabscheuenswerte Diebe zu sein«. Das war selbst der »Jüdischen Stimme für den Frieden« (JVP) zu viel, einer der Organisationen, die die anti-israelische Kampagne an den Universitäten anführen. Sie reagierte mit einer Ausladung Peleds von einer Veranstaltung, die auf dem Campus der Princeton-Universität stattfinden sollte.

„Dem Zionismus ein Ende setzen“

In Reaktion darauf beharrte Peled auf dem Inhalt seines Tweets und bereicherte diesen noch mit der altbekannten Mär, Israel begehe einen Völkermord. Ähnliches sagte er übrigens schon Jahre zuvor, zum Beispiel auf seiner Homepage 2011: »Und so funktioniert Israels gut geölter Apparat der ethnischen Säuberung… « (sic!). Man fragt sich nur, wie sich die Zahl der »ethnisch gesäuberten« palästinensischen Bevölkerung des Westjordanlands in den fünfzig Jahren israelischer Besatzung so gut wie verdoppeln konnte? Die Soldaten der IDF bezeichnet Peled als »Monster«. Weiter sagt er an selber Stelle über Israels Armee: »Heute hat die IDF nur einen Zweck: einen totalen Krieg gegen die Palästinenser zu führen, indem sie die palästinensische Zivilbevölkerung terrorisiert, Kinder aus ihrem Elternhaus entführt und Protesten mit brutaler Gewalt entgegentritt.« Er ruft zu einer Bewegung auf, die dem »Zionismus ein Ende setzt, der nichts anderes bedeutet als Apartheid.

Man muss nicht lange suchen, um solche und ähnliche Zitate Peleds zu finden, die hasserfüllte Rhetorik wiederholt sich in sämtlichen seiner Publikationen und Vorträge.
»Geldgierige Juden« also, »verabscheuenswerte Diebe«, »Völkermord«, »ethnische Säuberung«, »Monster«, »Apartheid«, »Kindesentführung«, »brutale Gewalt« und schlussendlich der unverhohlene Aufruf zum kompromisslosen Kampf gegen die Nationalbewegung seines eigenen Volkes, den Zionismus. Peled bestreitet das Existenzrecht des Staates Israel.

Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die allgemein akzeptierte Arbeitsdefinition des Antisemitismus, die erst unlängst − nach jahrelangem Zögern – auch vom Parlament der EU übernommen wurde. Aus ihr geht nicht zuletzt Folgendes hervor: Aussagen über Israel, die ähnliche Stereotypen beinhalten, wie jene der Nazis über die Juden, sind als antisemitisch definiert. Peleds propagandistische Lügen über einen »Genozid« und/oder jüdische Geldgier sind nach der von der EU angenommenen Arbeitsdefinition antisemitisch. Auf keinen Fall jedoch geht es dabei um kritische Stellungnahmen zur einen oder anderen Politik des Staates Israel. Kritik ist legitim. Der Mainstream der israelischen Presse lebt von seiner Kritik an der Politik der israelischen Regierung, und das ohne den leisesten Anflug von Antisemitismus.

„Miko Peled dämonisiert.“

Das Problem ist, dass eine so seriöse akademische Einrichtung wie die Universität Zürich sich weigert, zu begreifen, was sogar das EU-Parlament begriffen hat, was selbst die schärfsten Kritiker Israels schliesslich begriffen haben. Sie weigert sich zu begreifen, dass Miko Peled Israel nicht kritisiert. Miko Peled dämonisiert. Das ist es, was die Antisemiten mit den Juden taten. Das ist das, was Menschen wie Peled mit Israel tun.

Es bleibt also die Zürcher Universität und dessen Asien-Orient-Institut, Abteilung Islamwissenschaft zu fragen, ob sie auch einen Gastredner eingeladen hätte, der sich über Muslime oder Araber äussert, wie Peled es über die Juden tut? Ob die UZH bereit sei, sich mit dieser Frage ernsthaft auseinanderzusetzen? Die Antwort ist klar. Ein anti-muslimischer oder anti-arabischer Dozent wäre niemals eingeladen worden, auch dann nicht, wenn er selbst Araber oder Muslim wäre. Dazu gilt, was bereits Jean-Paul Sartre sagte: Rassismus und Antisemitismus gehören nicht ins Fach der Meinungen, die auf irgendeine Weise diskutabel sein könnten.

Sartre hat das verstanden. Das europäische Parlament hat das verstanden. Sogar eine so anti-israelische Körperschaft wie die JVP hat das verstanden. Nun muss man hoffen, dass auch die Universität Zürich es versteht.

Aus dem Hebräischen von Rachel Grünberger-Elbaz

2 Kommentare

  1. Es ist eine der menschlichen Tragödien, dass selbst die verwirrtesten Gemüter noch ihre Fans haben.

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