US-Präsident Trump in Jerusalem – Vorbereitungen mit einigen Pannen

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Foto The White House, Washington, PD, Wikimedia Commons.
Foto The White House, Washington, PD, Wikimedia Commons.
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Israel fiebert dem „historischen“ Besuch des amerikanischen Präsidenten Donald Trump entgegen. Noch nie, so der Eindruck, gab es bei den Vorbereitungen eines Staatsbesuches so viele Pannen und Skandale. Hinzu kommt noch die Diskrepanz zwischen politischen Ankündigungen und deren Umsetzung.

Ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit wollen wir hier auflisten, was alles passiert ist bis Montag, den 22. Mai, wenn die Air Force One im historisch erstmaligen Direktflug von Saudi Arabien in Tel Aviv landet mit dem amerikanischen Präsidenten an Bord und 600 Begleitern.

Der Besuch fällt mit den Feierlichkeiten zur Wiedervereinigung Jerusalems vor genau 50 Jahren während des 6-Tage-Krieges von 1967 zusammen.

Vorläufiges Programm

Laut dem letzten veröffentlichten Programm wird Trump um 12:15 Uhr auf dem Ben Gurion Flughafen landen und eine „offizielle Begrüssungszeremonie“ absolvieren. Schon 45 Minuten später ist der Empfang im Präsidentenpalais in Jerusalem vorgehen. Trotz Flug mit dem Hubschrauber dürfte da kaum genügend Zeit zur Verfügung stehen für Reden und Abspielen der beiden Hymnen.

Beim Präsidenten ist laut Programm unendlich viel Zeit vorgesehen. Denn erst um 18 Uhr wird Trump im vornehmen King David Hotel, wo er in der Präsidenten-Suite logiert, den israelischen Regierungschef treffen.

Um 19:30 Uhr werden Trump und Netanjahu mit ihrer Fahrzeugkolonne die kurze Strecke zum offiziellen Sitz des Premiers durch gesperrte Strassen überwältigt haben, um ein privates Abendessen einzunehmen.

Zeitgleich, ab 20 Uhr, wird der israelische Verteidigungsminister Avigdor Liberman den 600 Begleitern des Präsidenten und der israelischen Delegation im King David Hotel ein offizielles Abendessen bieten.

Loch im Programm

In dem offiziell vom israelischen Presseamt veröffentlichten Besuchsprogramm gibt es für den zweiten Tag, dem Dienstag, keine Angaben bis 13 Uhr. In dieser Zeit wird Trump seinen „privaten“ Spaziergang durch die Jerusalemer Altstadt zur Grabeskirche und der Klagemauer absolvieren. Bei den Vorbereitungen dazu gab es erhebliche Verstimmungen zwischen Washington und Jerusalem, nachdem amerikanische Konsularbeamte aus Jerusalem die israelischen Geheimdienstleute gebeten hatten, sich an der Kotel (Klagemauer), dem wichtigsten jüdischen Heiligtum, zu entfernen, weil die Klagemauer zum (palästinensischen) Westjordanland gehöre und nicht Teil Israels sei. Aus Protest beschlossen die israelischen Sicherheitsbeamten daraufhin, den Amerikanern die Sicherheitsvorbereitungen alleine zu überlassen. Das offizielle Israel beschwerte sich, veröffentlichte aber keine Empörung. Das Angebot Netanjahus, den Präsidenten zu der Heiligsten Stätte des Judentums in der Altstadt zu begleiten, wurde von den Amerikanern aus politischen Gründen ausgeschlagen. Offiziell heisst es jetzt, dass Israel „begeistert“ sei über den Plan Trumps, als erster amerikanischer Präsident die Stätte zu besuchen und in ihren Ritzen einen Brief an Gott zu hinterlegen.

Eigentlich wollte Trump die Bedeutung der monotheistischen Religionen für Jerusalem betonen. Er scheint sich aber nur auf Christentum (Grabeskirche) und Judentum (Klagemauer) zu beschränken. Ein Besuch auf dem muslimischen Haram A Scharif (Tempelberg) ist offensichtlich nicht vorgesehen.

Ramallah bleibt ausgespart

Ursprünglich sollte Trump dann in Ramallah den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas besuchen. Doch die Amerikaner bemerkten, dass palästinensische Fotografen strategisch so positioniert werden sollten, dass sie Trump fotografieren könnten, wie er am Mausoleum von Jassir Arafat vorbeiläuft. Daraufhin wurden die Pläne umgeworfen. Denn für Trump wäre es ein Affront gewesen, dem „Erzterroristen“ Jassir Arafat die Ehre zu erweisen (anders als der deutsche Bundespräsident Frank Walter Steinmeier, der dort sogar einen Kranz niederlegte und sein Haupt verneigte). Die Begleiter von Trump beschlossen daraufhin, ihren Präsidenten nach Bethlehem reisen zu lassen und dort Abbas zu treffen. Es bleibt abzuwarten, ob die Palästinenser wie vor einem Besuch von Präsident Obama dort steinerne Landkarten verhüllen oder abreissen, weil sie „Palästina“ darstellen, ohne Israel.

Yad Vashem

Um 12 Uhr wird Trump in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem erwartet. Ursprünglich waren für die Kranzniederlegung im „Zelt des Gedenkens“ nur 15 Minuten vorgesehen. Sehr viel mehr Zeit wird er bis zum nächsten Termin, um 13 Uhr im Israel Museum, nicht haben. Denn wenn er sich auch noch in das Gästebuch der Gedenkstätte eintragen will und die Fahrt nicht lang andauert, wird er kaum Zeit haben, sich über den Holocaust zu informieren oder gar einen Gang durch das Museum zu machen, was in Israel bedauert wird

Israel Museum statt Masada

Der ursprünglich geplante Abstecher des US-Präsidenten zur Festung Masada am Toten Meer wurde auf Anraten des israelischen Aussenministeriums storniert, wegen „extrem heissen Wetters“. Bekanntlich sind Vorhersagen der Meteorologen mindestens so unzuverlässig wie Prognosen von Politikern. Tatsächlich prophezeien die Wetterfrösche für den Dienstag nämlich „für die Jahreszeit ungewöhnlich niedrige Temperaturen“. Deshalb darf man spekulieren, dass es dafür andere Gründe gab, über welche die Öffentlichkeit nicht informiert wird.

Inzwischen heisst es, dass die israelische Armee grundsätzlich keine Hubschrauberlandungen mehr auf dem Plateau genehmige. Die Alternative, Trump in einer Seilbahn auf den Berg hinaufzufahren, schien den Amerikanern wohl zu unsicher.

Ohnehin sind die Sicherheitskräfte wegen des Trump-Besuchs und wegen der 50-Jahre-Wiedervereinigungs-Feierlichkeiten in Jerusalem bis an ihre Grenzen überstrapaziert. 10.000 Soldaten, Polizisten und Geheimdienstleute sollen für die Sicherheit des Staatsgastes und bei den Jerusalem-Tag Feierlichkeiten sorgen. Weil zentrale Durchgangsstrassen gesperrt sein werden, wird den Bürgern Jerusalems geraten, zuhause zu bleiben oder riesige Umwege in Kauf zu nehmen.

Als Masada noch auf dem vorläufigen Programm stand, hatte die linksgerichtete und extrem regierungskritische Zeitung Haaretz einen grossen Artikel veröffentlicht, in dem der nationale Mythos rund um Masada als „fragwürdig und archäologisch unbewiesen“ dargestellt wurde. Der zeitgenössische jüdische Historiker Josephus Flavius hatte als einzige Quelle behauptet, dass die jüdischen Verteidiger von Masada sich gegenseitig umgebracht hätten, um nicht von den Römern in die Sklaverei verschleppt zu werden. Dieser „Wunsch nach Freiheit“ wurde zum nationalen Mythos, weswegen viele Soldaten auf Masada vereidigt wurden. Haaretz stellte die Ereignisse im Jahr 73 in Frage, zum Beispiel mit dem Argument, dass man dort 13 Ostrakoi (Scherben) mit den hebräischen Namen der Verteidiger gefunden habe, und nicht 11, wie es bei Josephus steht. Mit diesen Scherben wurde ausgelost, wer die Anderen umbringen und am Ende sich selber töten sollte. Weil Josephus sich wohl verzählt hat, wurde so die ganze Geschichte in Abrede gestellt.

Trump wird seine für Masada geplante Rede nun im Israel Museum in Jerusalem halten. Die Presse wurde eingeladen, sich schon um 9:30 Uhr im Auditorium des Museums einzufinden, um dort die für 13:15 Uhr angesagte Rede auf der Kinowand zu beobachten. Da sie ohnehin live in alle Welt übertragen wird, könnten die Journalisten auch gleich zuhause bleiben und sich vor ihren Fernseher setzen.

Trumps angeblicher Geheimnisverrat

Überschattet wird der Besuch zudem wegen bislang unbestätigten Nachrichten, wonach Trump dem russischen Aussenminister streng geheime Informationen „aus israelischen Quellen“ über einen Agenten in den Reihen von IS in der syrischen Stadt Rakkah ausgeplaudert habe. Das gefährde jetzt das Leben dieses israelischen Agenten. Am Donnerstag, behauptete nun der arabische Sender Al Jazeera, dass Trumps Geheimnisverrat nicht aus israelischen, sondern aus jordanischen Quellen stamme. Vorläufig ist unbekannt, welche Informationen Trump an die Russen weitergeleitet hat. Moskau hatte „Hilfe“ angeboten, das Rätsel zu lösen und angeboten, das streng geheime Gesprächsprotokoll von Trump und des russischen Aussenministers Sergei Levrov zu veröffentlichen. Das dürfte jedoch nur weiteres Öl in diese überflüssige wie verantwortungslose Affäre giessen.

Botschaftsumzug und fehlerhafte Landkarten

Diskutiert wird auch Trumps Wahlkampf-Motto, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Gemäss jüngsten Berichten aus Washington werde das noch „geprüft“. Trump wolle den geplanten Umzug während seines Besuchs in Israel nicht verkünden. Die anfängliche Euphorie, vor allem der israelischen Rechten, erhielt so einen empfindlichen Dämpfer.

In letzter Minute kam noch eine weitere peinliche Panne des Weissen Hauses hinzu. Da wurden auf YouTube die Umrisse der Staaten gezeigt, die der Präsident besuchen werde, mitsamt roten Linien, die seine Flüge symbolisierten. Israel wurde da in den Umrissen von 1967 abgebildet, ohne Golanhöhen, Westjordanland und Jerusalem. Wegen Protesten aus Israel wurde die Karte aus dem Netz gelöscht. Doch auch Deutschland hätte Grund zu einer Beschwerde gehabt. Denn nach dem Vatikan fliegt Trump – laut Präsentation – über Italien nach Belgien, um in Brüssel am NATO-Gipfel und einer Gedenkfeier für die Berliner Mauer (!) teilzunehmen. Gemäss anderen Veröffentlichungen reist Trump jedoch dafür nach Hamburg und Berlin… So haben die Amerikaner mal eben Deutschland von der Landkarte gelöscht.

Beim Youtube-Konto des Weissen Hauses wurde dieser politisch nicht korrekte Reiseplan des Präsidenten auf „privat“ geschaltet und ist nicht mehr einsehbar. In einigen israelischen Medien, wie zum Beispiel bei Ynet kann man das Video noch einsehen.

Trump ist und bleibt also unberechenbar. Endgültiges lässt sich erst sagen, sowie der höchst anstrengende Besuch überstanden ist. Sein Abflug ist für 16 Uhr am Dienstag geplant.

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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