Wie neu ist die Neue Hamas-Charta?

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Hamas Führer Ismail Haniyya und Yahya Sanwar währned einer Kundgebung. Foto Alresalah / Twitter
Hamas Führer Ismail Haniyya und Yahya Sanwar währned einer Kundgebung. Foto Alresalah / Twitter
Lesezeit: 14 Minuten

Jeder, der ein ernsthaftes Interesse an dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern hat, wird mit der vielzitierten Charta (auch: Gelöbnis [mithaq]) der terroristischen Organisation vertraut sein, die derzeit den Gazastreifen regiert. Diese Charta (hier auf Arabisch) wurde am 18. August 1988 veröffentlicht. Ihr richtiger Titel lautet „Charta/Gelöbnis der islamischen Widerstandsbewegung ‚Hamas’ Palästina“, wobei Hamas die Abkürzung ist für „die islamische Widerstandbewegung“.

von Dr. Denis MacEoin

Diesen April enthüllte die libanesische Nachrichtenseite al-Mayadeen den Entwurf einer stark revidierten Fassung der Charta von 1988, die „in den nächsten Tagen“ veröffentlicht werden sollte. Die Anti-Israel-Website Mondoweiss lieferte alsbald eine englische Übersetzung dieses Entwurfs, den jemand aus dem Flüchtlingslager Ayda in der West Bank angefertigt hatte. Bislang war es mir nicht möglich, den arabischen Text des Entwurfs im Internet zu finden, obwohl er in den arabischen Medien etliche Male diskutiert wurde. Wir werden darauf zurückkommen, doch es ist sinnvoll, zunächst einen Blick auf die Version von 1988 zu werfen, um eine Basis für einen Vergleich zu haben. Und vorher noch müssen wir uns anschauen, wie sich das Hamas-Gelöbnis von der PLO-Charta in den Fassungen von 1964 und 1968 unterscheidet und wo es Gemeinsamkeiten gibt.

Der vollständige Titel der Bewegung ist wichtig, um das Dokument und seine Ziele zu verstehen. Die Hamas wurde 1987 als der kompromisslose Arm der palästinensischen Mujamma – mit Verbindungen zur Muslimbruderschaft – gegründet, und war in ihrer religiösen Orientierung ausdrücklich radikal und neosalafistisch. Dies stand in auffälligem Kontrast zu der rivalisierenden palästinensischen Bewegung, der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), die 1964 von der Arabischen Liga als eine offen säkulare und nationalistische Entität gegründet wurde. Die beiden PLO-Nationalchartas von 1964 und 1968 lassen Religion als Basis des antiisraelischen Kampfes aussen vor. [1. Das arabische Original findet sich hier und hier ]

Allerdings nimmt der säkulare Nationalismus in den beiden Chartas zwei besondere Formen an. Die PLO-Charta von 1964 basiert auf dem Konzept des Panarabismus, der seine Inspiration von der Arabischen Liga und Ägyptens damaligem Präsidenten, Gamal Abdel Nasser, nahm. Die Palästinenser sind demnach einfach Araber unter Millionen anderen Arabern, und ihr Kampf wurde geführt, ohne besondere Betonung auf der Schaffung eines palästinensischen Staates. Diese Sichtweise änderte sich jedoch 1967, als der Sechs-Tage-Krieg die Machtlosigkeit der arabischen Staaten im Hinblick auf die palästinensische Sache offenbarte. Als Ägypten und Jordanien Israel angriffen (Ägyptens Schliessung der Strasse von Tiran war ein legitimer Kriegsgrund oder casus belli), schlug Israel sie zurück und sass am Ende auf Land – Gaza, die Sinaihalbinsel, Judäa und Samaria –, welches sofort zurückzugeben es anbot, im Tausch gegen Anerkennung und Frieden. Dieses Angebot wurde innerhalb weniger Wochen auf der Konferenz von Khartum zurückgewiesen.

Während und nach dem „Friedensprozess“ und den Osloer Abkommen der 1990er Jahre versprach die palästinensische Führung, sie werde die anstössigsten und am stärksten gegen Frieden gerichteten Klauseln aus der Charta von 1968 entfernen. Viele Jahre sind seither vergangen, nichts ist passiert, die Charta bleibt unverändert.

Nationalismus ist kein islamisches Konzept. Selbst der Panarabismus befindet sich ausserhalb der islamischen Ideologie und Praxis. Fast von Beginn an basierte der Islam auf der Vorstellung einer weltweiten Gemeinschaft (der umma), die alle Muslime und islamischen Regionen aufnimmt – angeblich seit Anbeginn der Zeit –, mit dem Versprechen einer schlussendlichen islamischen Herrschaft über die ganze Erde. Laut einer akzeptierten Überlieferung in der kanonischen Sammlung von al-Bukhari war unter den fünf Dingen, die Mohammed im Unterschied zu den vorherigen Propheten gegeben wurden, dass „jeder Prophet nur zu seiner Nation gesandt worden war, ich aber wurde der ganzen Menschheit gesandt“. [2. Erzählt von Jabir bin ‚Abdullah in Bukhari, Band 1, Buch 7, Nummer 331.] In einer anderen Version heisst es, er habe gesagt: „Ich wurde der ganzen Menschheit gesandt und mit mir schliesst sich die Linie der Propheten.“ [3. Erzählt von Abu Hurayra, Sahih Muslim 4:1062 ]

Dieses Empfinden globaler Grössenordnung hat die islamische Welt von Anfang an geprägt – in Form von Reichen. Diese begannen mit den Umayyaden (661-750) und endeten mit den Osmanen (1299-1922). Die lange Geschichte des islamischen Imperialismus hatte zwei unvergängliche Folgen: Er verhinderte in seinem Raum die Entstehung von Nationalstaaten und brachte dort die Theorie religiöser Herrschaft zur Macht. Eine Identität gab es für die Bürger des Imperiums nur durch die Familie, den Clan, den Stamm, das Dorf oder die Stadt – oder durch religiöse Zugehörigkeiten verschiedener Art. Überall waren die einzig wahren Bürger orthodoxe Muslime; unterworfene Minderheiten wie Juden und Christen wurden strikt unten gehalten: durch ein separates Bündel harscher Gesetze und eine Sondersteuer, die jizya, die für „Schutz“ zu zahlen war.

Dieses Erbe islamischer Dominanz, des Dschihad als legitimer und normaler Politik gegenüber dem nichtmuslimischen Europa, den afrikanischen Regionen, Zentralasien und Indien in Kombination mit der Auffassung, dass jüdische, christliche oder säkulare Herrschaft über islamisches Territorium illegitim und nicht hinzunehmen sei, hat tiefe Spuren im palästinensischen Identitätsgefühl hinterlassen. Als frühere Bewohner des Osmanischen Reichs in Syrien fanden sich die arabischen Palästinenser in den 1920er Jahren fast über Nacht in einem Meer von internationalen Bestimmungen und Festlegungen bezüglich des Territoriums und der nationalen Identität wieder. Dies war der nie als solcher anerkannte Angelpunkt des wachsenden Konflikt mit den jüdischen Palästinensern – und das ist er auch heute noch.

Das Aufkommen verschiedener Nationalismen in der islamischen Welt seit dem frühen 20. Jahrhundert (etwa in Pakistan, Bangladesch oder Syrien) hat wenig mit dem traditionellen Islam zu tun, sehr viel aber mit dem Einfluss des Westens, wo sich Nationalismus zuerst entwickelte. Einige muslimische Staaten (wie etwa der Iran, Marokko oder Ägypten) hatten stets ein Gefühl der territorialen Identität, doch die meisten waren immer Provinzen imperialer Systeme gewesen. Als der Völkerbund drei Mandate für Syrien/Libanon, Palästina/Transjordanien und Mesopotamien (Irak) erliess, schuf er aus zwei Provinzen fünf Nationen. Die arabischen Staaten, die heutzutage Israel ablehnen, vergessen, dass auch sie ohne das Mandatssystem nicht existieren würden – ein Punkt, der selten oder nie in den öffentlichen Foren zur Sprache kommt, in denen über die Legitimität Israels debattiert wird.

Der palästinensische Nationalismus ist also ein Auswuchs der grösseren arabischen Nationalismen, die von den Mandaten geschaffen wurden; das gilt sowohl für das Palästinensische Königreich Jordanien als auch für den lange aufgeschobenen zukünftigen Staat Palästina. Wenn es einen palästinensischen Wunsch nach einer Zwei-Staaten-Lösung gibt, dann einen fragwürdigen: Laut derzeit kursierenden Landkarten von „Palästina“ und der neuen Hamas-Charta soll dieser Staat sich auf dem Territorium Israels und nicht daneben befinden. Der Grund, warum der Wunsch der palästinensischen Führer nach einem palästinensischen Staat nie verwirklicht wird, ist einzig und allein ihre niemals endende Ablehnung des jüdischen Nachbarn.

Solange die PLO die politische Landschaft der West Bank und Gazas dominierte, blieb nur die Aussicht auf eine irgendwann kommende Wende hin zu einem vernünftigen politischen Kompromiss, den wohl beide Seiten würden eingehen müssen, zu einer Zweistaatenlösung. Die säkular-nationalistische Position der Palästinenser gab etwas Hoffnung auf eine politische Normalisierung und eine neue Charta. Das änderte sich 1987 mit dem Aufkommen eines grossen Rivalen der säkular-nationalistischen PLO in Form der neuen Widerstandsorganisation Hamas, die kurz nach der Ersten Intifada gegründet wurde. Hamas ist eine Abkürzung für harakat al-muqawama al-islamiyya („Islamische Widerstandsbewegung“). Ein Jahr später, 1988, sorgte die Hamas für Aufsehen, indem sie ihre eigene Charta veröffentlichte, ein kompromissloses Dokument, das die Abschaffung Israels, zu der sich die PLO verpflichtet hatte, noch weiter führte, etwa durch die Beseitigung aller Juden überall.

Während sowohl die Hamas als auch die PLO/Fatah davon träumten – und immer noch träumen –, dass eine einzige palästinensische Nation an die Stelle Israels und der umliegenden umstrittenen Territorien tritt, unterscheiden sie sich in einem wichtigen Punkt: die Hamas-Nation von Palästina wäre ein islamischer Staat, der nach islamischen Werten und dem Gesetz der Scharia regiert würde.

Seit der Veröffentlichung der beiden PLO-Chartas haben sich die Verhältnisse in der Region verändert.[4. Ein kurzer, aber wissenschaftlicher Vergleich der drei Chartas von Philipp Holtmann ist hier verfügbar.] Der Nahe Osten und die islamische Welt im Allgemeinen haben einen Wandel vollzogen: von westlich beeinflussten politischen Werten, die auf modernen Staaten basieren, die mit von Menschen gemachten Gesetzen regiert werden und auf säkularen Regierungen gründen – entweder demokratisch (wie im Libanon) oder diktatorisch (wie in Syrien) –, hin zu einer Rückkehr und Intensivierung traditioneller islamischer Theorien über die Regierung, mit Gesetzen, die allein von Allah (was Gott heisst, obwohl die Eigenschaften beider verschieden, wenn nicht gar gegensätzlich sind) gemacht wurden.

Einige Formen des salafischen Islam existieren seit dem 18., 19. und frühen 20. Jahrhundert, doch die Islamische Revolution im Iran, die 1979 stattfand, in Kombination mit dem Geldregen durch Öl und den Aufstieg von dschihadistischen Bewegungen wie Al-Qaeda haben den gewalttätigen Radikalismus ganz nach oben gebracht, nicht nur in der schiitischen Welt, sondern auch überall in sunnitischen Ländern von Ägypten bis Afghanistan.

„Verbindungen zur Muslimbruderschaft“

Die Hamas begann ihr Dasein mit Verbindungen zur Muslimbruderschaft in Ägypten, die, obwohl in ihrer Ausrichtung fundamentalistisch, ursprünglich nicht besonders militant war. Die Hamas hingegen schloss sich ganz klar dem immer grösseren Strom des antiwestlichen Terrorismus an, der mit dem Dschihad gerechtfertigt wird, ein Strom, der später mit dem Aufkommen des Islamischen Staates seinen Höhepunkt fand.

Die Hamas-Charta von 1988 spiegelt dies wider. Sie stellt mehr als einmal heraus, dass der palästinensische Nationalismus seinem Wesen nach religiös sein müsse und sich von säkularen Formen des Nationalismus unterscheide:

„Aus Sicht der Islamischen Widerstandsbewegung ist Patriotismus fester Bestandteil des Glaubens. … Während sich verschiedene Nationalismen immer nur auf materielle, menschliche oder regionale Faktoren berufen, bezieht sich die Islamische Widerstandsbewegung auf all dies, darüber hinaus aber auf die wichtigeren Elemente, die ihm Seele und Leben verleihen. Er ist verbunden mit dem Ursprung allen Geistes und Spender des Lebens und pflanzt im Himmel der Heimat das Banner, um Erde und Himmel fest miteinander zu verbinden.“ (Artikel 12)

„Der Patriotismus der Islamischen Widerstandsbewegung ist fester Bestandteil ihres Glaubens. Auf diesen Grundsatz hin erzieht sie ihre Mitglieder, die im Dschihad dafür kämpfen, das Banner Gottes über ihrem Land aufzupflanzen.“ (Artikel 13).

Es fällt auf, dass andere Teile der Hamas-Charta von 1988 der PLO-Charta ähneln. In Artikel 13 lesen wir z.B.:

„Die Palästina-Frage kann nur durch den Dschihad gelöst werden. Initiativen, Vorschläge und internationalen Konferenzen sind Zeitverschwendung und nutzlose Unterfangen.“

Dies kommt dem nahe, was im säkularen Sprachgebrauch der PLO „bewaffneter Kampf“ (al-kifah al-musalah) heisst:

„Der bewaffnete Kampf ist der einzige Weg zur Befreiung Palästinas. Es handelt sich daher um eine Strategie und nicht um eine taktische Phase. Das arabische palästinensische Volk bekundet seine unbedingte Entschlossenheit und seinen festen Willen, diesen bewaffneten Kampf fortzusetzen und auf dem eingeschlagenen Weg einer bewaffneten Volksrevolution zur Befreiung seines Landes und der Rückkehr in dieses Land voranzuschreiten.“ (PLO-Charta von 1968, Art. 9)

Noch näher ist der Gebrauch des Begriffs „Dschihad“ durch die Hamas der „Kommandoaktion“ (al-‚amal al-fida’i) der PLO, die wörtlich „Selbstopferungsaktion“ heisst (PLO-Charta von 1968, Art. 10). Fida’i hat dieselbe arabische Wurzel, von der auch das Wort fida’iyin (Fedayin) kommt.

Die Hisbollah, die grösste militärische Bedrohung Israels im Libanon, ist wie die Hamas eine revolutionäre religiöse Organisation, die von der schiitischen Theokratie inspiriert wurde, die im Iran seit 1979 regiert. Obgleich die Hamas eine sunnitische Organisation ist, ist sie ebenso glücklich, von der Islamischen Republik Iran Waffen und Geld anzunehmen, wie der Iran glücklich ist, beides zu geben. Das ist von grosser Bedeutung. Der Angriff auf Israel ist nur ein Teil der internationalen religiösen Unternehmungen, die im Gange sind und zu denen das iranische Regime, die Hisbollah im Libanon und in Syrien, der Islamische Staat im Nahen Osten und in Europa, al-Qaeda, die Hamas, der Islamische Dschihad und Dutzende islamische Akteure aus ideologischen Bewegungen wie der Muslimbruderschaft und Pakistans Jama’at-i Islami gehören, ebenso wie offene Terroristen wie die Taliban in Afghanistan oder Boko Haram in Nigeria.

Die Hamas ist dabei weit entfernt davon, allein dazustehen. Obwohl es ideologische Differenzen gibt, die eine Einheitskoalition mit der Fatah in Gaza und der West Bank schwierig machen, ist sie offen für Bündnisse mit dem Iran, der Hisbollah und was auch immer vom Islamischen Staat im Sinai, Libyen und anderswo übrig ist.

Doch die Ankündigung, dass es dieses Jahr eine neue Charta mit einem angeblich reformierten Inhalt geben werde, liess einige vermuten, dass die Hamas in eine neue Phase eintreten könnte. Aber stimmt das? Selbst ein flüchtiger Blick zeigt, dass dies nicht der Fall ist.

„In Wirklichkeit nichts anderes als eine PR-Massnahme“

Die Wahrheit ist, dass die neue Charta, obgleich als eine grosse Neuorientierung dieser Gruppe gepriesen, in Wirklichkeit nichts anderes ist als eine PR-Massnahme. Die Hamasführer sind schlauer geworden, haben aber ihren Standpunkt nicht geändert.

Die offensichtlichste Veränderung betrifft die Wörter für Juden und Israelis. Während die Charta von 1988 zahlreiche Beispiele für reinen Antisemitismus enthält und die Juden als widerliche Feinde Gottes benennt, die vernichtet werden müssten, ist der Führung mittlerweile aufgegangen, dass rassistische, antisemitische und genozidale Begriffe in vielen westlichen Staaten nicht gut ankommen, selbst in solchen mit einer antizionistischen Agenda nicht.

Das Resultat ist nunmehr eine vorgebliche Unterscheidung zwischen Juden einerseits und Zionisten/Israelis andererseits. Folglich lesen wir:

„Die Hamas unterscheidet zwischen Juden als Volk des heiligen Buches und dem Judaismus als einer Religion und der Besatzung und dem zionistischen Projekt als unterschiedlichen Dingen und betrachtet den Konflikt als einen mit dem zionistischen Projekt, nicht mit dem jüdischen Volk aufgrund von dessen Religion. Und die Hamas hat keinen Konflikt mit den Juden, weil sie Juden sind, sondern die Hamas hat einen Konflikt mit den Zionisten, Besatzern und Aggressoren.“ (Neue Charta 2017, Artikel 15)

Auf diesen Artikel folgt jedoch einer, der davon recht verschieden ist:

„Das zionistische Projekt ist ein rassistisches, aggressives und separatistisches Projekt, das darauf beruht, anderer Leute Rechte zu verletzen und das gegen das Volk von Palästina und dessen Vision für Freiheit, Befreiung, Souveränität und die Rückkehr der Flüchtlinge gerichtet ist. Und der israelische Staat ist das Werkzeug dieses Projekts und sein Fundament.“ (Neue Charta 2017, Artikel 13)

Es wird niemanden erstaunen, dass auch behauptet wird, die Hamas könne gar nicht antisemitisch sein – wobei sie gleichzeitig versucht, 3.000 Jahre dokumentierte Geschichte, die sich vor dem Zweiten Weltkrieg ereignete, auszusperren:

„Die Hamas sieht, dass das jüdische Problem und der ‚Antisemitismus` und die Ungerechtigkeit gegen das jüdische Volk ein Phänomen ist, das mit der europäischen Geschichte zu tun hat, nicht mit der Geschichte der Araber und Muslime oder deren Erbe.“ (Neue Charta 2017, Artikel 16)

Dies ist natürlich blosses Geschrei, das den offenen Antisemitismus ausser Acht lässt, der im Koran und den Heiligen Überlieferungen (ahadith) zu finden ist, ebenso wie in den Bestimmungen der Scharia über die Behandlung von Juden und Christen als dhimmi, die weniger wert sind als Muslime – und nicht zuletzt die zahllosen Verfolgungen und Pogrome gegen Juden, die es in muslimischen Ländern gegeben hat. [5. Siehe Andrew Bostom (Hrsg.): The Legacy of Islamic Antisemitism: From Sacred Texts to Sacred History, Neuauflage 2008.]

In Artikel 16 der neuen Charta dominiert Propaganda den Narrativ und lenkt uns davon ab, dass dahinter die Treue der Hamas zu traditionellen islamischen Anschauungen über die Juden und den Judaismus steht.

Den Unterschied zwischen der unveränderten Dschihad-Ideologie der Hamas und dem Image, das sie nun ausstrahlen will, findet man in den Artikeln 8 und 9 der Neuen Charta:

„8. Die Hamas begreift, dass der Islam mit allen seinen Einzelheiten in seiner neutralen Spiritualität für alle Orte und Zeiten angemessen ist, und die Hamas glaubt, dass er die Religion des Friedens und der Vergebung ist, und dass in seinem Schatten die Anhänger aller unterschiedlichen Religionen sicher und in Sicherheit leben. Ausserdem glaubt sie, dass Palästina immer ein Beispiel für Koexistenz, Vergebung und bürgerliche Innovationen war und sein wird.“ (Neue Charta 2017, Artikel 8)

„9. Die Hamas glaubt, dass die Botschaft des Islam zusammen mit den Sitten der Gerechtigkeit, der Wahrheit, der Würde und Freiheit ankam und sich gegen Ungerechtigkeit in allen ihren Ausprägungen richtet; er kriminalisiert die Kriminellen, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion und Nationalität. Der Islam ist gegen alle Spielarten des religiösen Extremismus, sektiererischen Extremismus und ethnischen Extremismus; er ist die Religion, die ihre Anhänger lehrt, gegen Tyrannei zu kämpfen und den Schwachen zu helfen; er lehrt seine Anhänger, ihre Zeit, ihr Geld und sich selbst zu opfern, um ihre Würde, ihr Land, ihr Volk und ihre heiligen Stätten zu verteidigen.“ (Neue Charta 2017, Artikel 9)

Hier sehen wir in einer vollständigeren Form die Anbindung an die Religion, die die erste Charta auszeichnete.

„Wir erkennen den zionistischen Staat nicht an“

Der Behauptung zum Trotz, dass der Islam „die Religion des Friedens und der Vergebung ist, und dass in seinem Schatten die Anhänger aller unterschiedlichen Religionen sicher und in Sicherheit leben“, wird schnell klar, dass sich die Absichten der Hamas gegenüber Israel und dem Rest der nichtmuslimischen Welt nicht im mindesten geändert haben. Es fängt damit an, dass die Neue Charta erklärt, die Balfour-Deklaration, das britische Mandat und der UN-Teilungsplan von 1947 seien „von Anfang an illegal“ gewesen (Neue Charta 2017, Artikel 17), was bedeutet, dass es wenig Spielraum geben kann, was Israels Existenzrecht betrifft. Das wird im folgenden Artikel sehr deutlich gemacht:

„Wir erkennen den zionistischen Staat nicht an. Alle Arten von Besatzung, Siedlungen, Judaisierung und Fälschung der Wahrheit sind illegal. Diese Rechte verlieren durch den Lauf der Zeit nicht an Gültigkeit.“ (Neue Charta 2017, Artikel 18)

Darauf folgt eine Rückkehr zur Doktrin des Dschihad:

„Die Hamas bestätigt, dass in Palästina kein Frieden geschlossen werden sollte, der auf der Ungerechtigkeit an den Palästinensern in ihrem Land basiert. Jede Vereinbarung, die darauf gründet, wird nicht zum Frieden führen, und der Widerstand und Dschihad bleiben ein gültiges Recht, ein Projekt und eine Ehre für alle Angehörigen unserer Nation.“ (Neue Charta 2017, Artikel 21)

Artikel 19 der Neuen Charta wiederholt, dass es niemals Frieden geben wird, solange Israel existiert. Dort heisst es:

„Wir verlassen keinen Teil des palästinensischen Landes, unter keinen Umständen, Bedingungen oder unter Druck, solange die Besatzung besteht. Die Hamas lehnt jegliche Alternative ab, die etwas anderes ist als die vollständige Befreiung Palästinas, vom Fluss bis zum Meer.“ (Neue Charta 2017, Artikel 19)

Die neue Charta ist reine Kosmetik; selbst eine flüchtige Lektüre sollte zeigen, dass die neue Hamas die alte Hamas ist, die ein anderes Gesicht trägt, im Versuch, das zu verbergen, was sie immer ausgezeichnet hat: Kompromisslosigkeit und Hass.

Dr. Denis MacEoin ist ein Distinguished Senior Fellow des Gatestone Institute, wo er über Islam, Israel, Antisemitismus und den Nahen Osten schreibt. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute.

1 Kommentar

  1. Es soll nur als Augenwischerei und Rauchkerzen dienen, für die die nicht sehen wollen, da Sie in Ihrer Antisemitischer und Anti-Israelischer Einstellung nach jeder sich nur bittenden greifbaren Möglichkeit, um deren Bestätigung zu finden, suchen.

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