Schweizer Antisemitismusbericht 2016 – Wenn aus Einstellungen Taten werden

0
Rund 5000 Besucher bei Neonazi-Konzert im Unterwasser. Foto Twitter
Rund 5000 Besucher bei Neonazi-Konzert im Unterwasser. Foto Twitter
Lesezeit: 3 Minuten

Je nach Studie sind antisemitische Einstellungen bei 10 bis 25 Prozent der Bevölkerung verbreitet. Der Schweizerische israelitische Gemeindebund SIG und die Gesellschaft gegen Rassismus und Antisemitismus GRA zeigen in ihrem Antisemitismusbericht 2016 auf, was
passiert, wenn aus Einstellungen Taten werden.

Laut dem Bericht wurden im Jahr 2016 einige gravierende Vorfälle aus dem rechtsextremen Spektrum registriert: Im Oktober 2016 fand im Toggenburg ein Konzert mit einschlägigen Neonazi-Bands statt. Gemäss Medienberichten nahmen rund 5000 Personen an dem Anlass teil. Mehrere Bands, die an dem Anlass aufgetreten sind, haben Lieder mit antisemitischen Inhalten im Repertoire; Fotos vom Anlass zeigen Konzertbesucher, die den Hitlergruss machen.

Ein gravierender Vorfall ereignete sich beim Eingang eines jüdischen Friedhofes in Zürich. Dort sei ein Jude von einem aggressiv auftretenden und beinahe handgreiflich werdenden Anwohner mit „Saujude“ und mehrmaligem „Heil Hitler“ beschimpft worden. Zudem habe der Täter damit gedroht, beim nächsten Besuch das Auto des Opfers zu zerkratzen.

Weiter kam es in Zürich auch zu zwei Tätlichkeiten: Auf einem Fussballplatz wollten zwei jüdische Knaben Fussball spielen und fragten andere Jugendliche, ob sie mitspielen dürften. Diese antworteten jedoch mit: „Ihr seid doch Juden. Juden haben hier nichts verloren. Scheiss Juden“. Anschliessend wurden die beiden jüdischen Jugendlichen bespuckt. Beim Verlassen des Platzes wurde ihnen mehrmals „Heil Hitler“ und „Scheiss Juden“ hinterhergerufen. Ebenfalls in Zürich wurde im April ein jüdischer Knabe auf der Strasse massiv antisemitisch beschimpft und bespuckt, als er auf seinem Fahrrad an drei Jugendlichen vorbeifuhr.

Antisemitische Zuschriften
Gemäss dem Bericht haben auch im Jahr 2016, jüdische Institutionen diverse Hassbotschaften per Post und E-Mail erhalten. Darunter waren Drohungen, Schuldzuweisungen, Beschimpfungen und wirre Texte.

Antisemitismus im Internet
Genaue Zahlen zu antisemitischen Inhalten im Internet lassen sich laut dem Antisemitismusbericht 2016 keine nennen. Die Zahl registrierter Inhalte und Äusserungen sei stark vom Umfang und der Methode der Beobachtung abhängig. Aus diesem Grund würden die Fälle im Netz hauptsächlich qualitativ analysiert. Antisemitische Hetze im Netz nehme in der Regel dann zu, wenn sich der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern zuspitzt und die Medien vermehrt darüber berichten. Zuletzt sei dies im Jahr 2014 der Fall gewesen. Die antisemitische Hetze stehe oft in Verbindung zu diesem Konflikt, wobei die Hetzer oft einen muslimischen oder islamistischen Hintergrund haben.

Rechtsextreme antisemitische Hetze im Internet sei im Berichtsjahr relativ selten beobachtet worden. Allgemein lasse sich aber schon seit Jahren beobachten, dass rechtsextreme Hetzer wissen, dass sie für diskriminierende Postings belangt werden können. Rechtsextreme in der Deutschschweiz würden daher selten offen antisemitische, strafbare Inhalte unter ihrem richtigen Namen posten.

Ein Facebookuser bewundert eine Person, die das Zitat "Ihr lasst euch das Gehirn waschen von all den Zionisten, Juden, denen alle Banken, alle Zeitungen und Tv-Sender gehören" auf Facebook teilt. Foto Screenshot Facebook / zVg
Ein Facebookuser bewundert eine Person, die das Zitat “Ihr lasst euch das Gehirn waschen von all den Zionisten, Juden, denen alle Banken, alle Zeitungen und Tv-Sender gehören” auf Facebook teilt. Foto Screenshot Facebook / zVg

Fazit
Die Anzahl der erfassten antisemitischen Vorfälle in der Schweiz ist über die Jahre betrachtet mit Ausnahmen relativ stabil geblieben, heisst es im Bericht. Die grösste Gefahr gehe von sehr kleinen Gruppen mit dschihadistischem oder rechtsextremem Gedankengut aus.