Wenn Airlines Israel von der Landkarte löschen

2
Kein Israel auf der RouteMap von Kuwait Airways. Foto Screenshot Kuwait Airways
Kein Israel auf der RouteMap von Kuwait Airways. Foto Screenshot Kuwait Airways
Lesezeit: 5 Minuten

Im August 2015 sorgte die Meldung für Aufsehen, die französische Fluggesellschaft Air France habe Israel von der Landkarte getilgt. Einem Passagier war aufgefallen, dass auf dem Monitor, der während des Fluges die aktuelle Position anzeigt, zwar „West Bank“, „Gaza Strip“, „Jordan“ und „Lebanon“ standen, nicht aber Israel. Er machte ein Foto und setzte es auf seine Facebookseite. Daraufhin entstand massiver öffentlicher Druck, der Air France innerhalb weniger Tage zur Korrektur seiner Karten zwang.

Wie der Economist auf seiner Website berichtet, haben Joel Waldfogel und Paul Vaaler, zwei Ökonomen der Universität Minnesota, nun eine Forschungsarbeit veröffentlicht, die sich mit dem Nichtanzeigen Israels auf Flugmonitoren befasst. Darin stellen sie sich die folgenden Fragen:

  • Welche Airlines zeigen Israel auf der Landkarte an, welche nicht?
  • Ist das Nichtanzeigen Teil einer allgemeinen Politik (was dann der Fall ist, wenn beispielsweise grundsätzlich nur Städte- aber keine Ländernamen angezeigt oder wenn auf der Karte nur Länder genannt werden, die die entsprechende Fluggesellschaft auch bedient), oder ist eine gezielte Diskriminierung Israels anzunehmen?
  • Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Nichtanzeigen Israels und der Zahl der Fluggäste aus stark antisemitisch geprägten Ländern (gemessen am Index der Anti-Defamation League)?
  • Bieten Fluggesellschaften, die Israel offenbar absichtlich nicht anzeigen, während des Fluges koschere Mahlzeiten an oder nicht? (Wenn nicht, werten die Autoren dies als ein Anzeichen dafür, dass die betreffende Gesellschaft nicht nur Israel, sondern auch Juden insgesamt diskriminiert.)
  • Macht eine augenscheinliche Diskriminierung Israels es schwerer, in eine der weltweiten Airline-Allianzen aufgenommen zu werden?

Als Ökonomen betrachten sie Diskriminierung als Folge einer Kosten-Nutzenabwägung, was sie am Beispiel eines für Schulen im Nahen Osten bestimmten Atlas des kanadischen Verlags HarperCollins erklären. Um die dortigen Kunden nicht zu verärgern, wurde Israel auf der Landkarte weggelassen. Als dieses Politikum bekannt wurde, führt es wiederum zu Entrüstung im Westen, vor allem in Nordamerika – woraufhin sich der Verlag entschuldigte und die betreffenden Schulbücher einstampfte. „Wie diese Episode zeigt, gehen Firmen, die eine solche Praxis betreiben … das Risiko einer negativen Publicity und eingeschränkter Geschäftsmöglichkeiten ein“, schreiben die Autoren.

Um den Leser nicht unnötig auf die Folter zu spannen, sei gleich verraten, dass die Studie keine grossen Überraschungen bringt – wohl aber etliche interessante Details.

Alle die oben gestellten Fragen werden genau so beantwortet, wie es zu erwarten war. Bei westlichen Airlines konnte keine Diskriminierung Israels festgestellt werden. (Vielleicht ist das die grösste Überraschung?) Länder, zu denen Israel keine diplomatischen Beziehungen unterhält, bilden Israel erwartungsgemäss auch nicht auf der Landkarte ab. Doch auch Fluggesellschaften aus Staaten, zu denen Israel ein relativ gutes Verhältnis hat – etwa die Volksrepublik China oder Sri Lanka – diskriminieren Israel, indem sie es von der Landkarte löschen.

Kein Israel auf der Route Map bei der in Abu Dhabi stationierten Fluggesellschaft Etihad. Foto Screenshot Etihad.
Kein Israel auf der Route Map bei der in Abu Dhabi stationierten Fluggesellschaft Etihad. Foto Screenshot Etihad.

Dies ist übrigens in jedem Fall eine bewusste Entscheidung, erklären die Autoren: Die Karten würden in der Regel von Google übernommen und enthielten von Haus aus die Namen aller Staaten; wenn also einer fehlt, alle anderen aber angezeigt werden, lässt sich dies nicht auf ein Versehen zurückführen.

Zumindest ausserhalb Europas geht starke Häufung von Antisemitismus in einem bestimmten Land mit einer hohen Wahrscheinlichkeit einher, dass Israel nicht auf der Landkarte zu finden ist. Die Autoren schildern den Fall von Kuwait Airways, die sich 2015 weigerte, auf der Strecke New York-London einen Israeli zu befördern, obwohl er ein gültiges Ticket besass. Da dies gegen amerikanische Vorschriften verstiess und der Gesellschaft Zwangsmassnahmen drohten, entschied sich Kuwait Airways, die Verbindung einzustellen. Die New York Times schrieb damals: „Kuwait Airways stellt Flüge ein, um israelische Passagiere zu vermeiden“, während der Online Standard titelte, dass die Fluglinie New York und London „wegen Israelis“ nicht mehr anflige.

Ebenfalls nicht überraschend: Fluggesellschaften, die Israel nicht anzeigen, bieten in der Regel auch keine koscheren Mahlzeiten an. Und wenn eine Fluggesellschaft Israel von der Landkarte streicht, schadet ihr das bei westlichen Geschäftspartnern überhaupt nicht; sie kann trotzdem einer der internationalen Allianzen beitreten.

Soweit bestätigt die Studie also das, was man vermuten konnte. Überraschend sind dagegen einige Fakten und Thesen, die die Autoren liefern. So erfährt der Leser, dass Fluggesellschaften aus der Volksrepublik China Taiwan auf der Karte anzeigen – obwohl der Inselstaat von Peking nicht anerkannt wird und das Verhältnis mitunter gespannt ist. (Politische Machtinteressen sind eben ihrem Wesen nach etwas ganz anderes als Antisemitismus.) Interessant ist auch, wie die staatliche Fluggesellschaft Egypt Air die Sache handhabt. Nach dem Vertrag von Camp David sind Ägypten und Israel verpflichtet, den internationalen Flughafen des jeweils anderen Landes anzufliegen; sowohl El Al als auch Egypt Air bieten also eine regelmässige Verbindung zwischen Kairo und Tel Aviv an. Egypt Air tut dies aber gewissermassen inkognito:

„Sie hat eine getrennte Sparte namens Sinai Air geschaffen und betreibt Flugzeuge ohne äussere Markierungen. Die Flüge stehen nicht auf der Website von Egypt Air, auch ist es nicht möglich, online Tickets für Flüge zum Airport Ben Gurion in Tel Aviv zu buchen. Die Täuschung endet, wenn die Passagiere die Kabine betreten. Im Innern der Flugzeuge von Sinai Air findet man überall das Symbol von Egypt Air, sowohl auf den Uniformen der Flugbegleiter als auch auf den Servietten. Vor Beginn des Flugs werden die Passagiere mit den Worten begrüsst: ‚Willkommen an Bord des Flugs 4D-54 nach Tel Aviv…’“

Waldfogel und Vaaler liefern einige bedenkenswerte Überlegungen, was getan werden könnte, um die Diskriminierung zu beenden. So könne Google es etwa zur Vertragsbedingung machen, dass auf seinem Kartenmaterial alle Staaten angezeigt werden müssen, die Mitglied der Vereinten Nationen sind (allerdings, so räumen die Autoren ein, könnten die Airlines dann zu Karten anderer Anbietet wechseln). Zu fragen sei zudem, ob nicht das Löschen Israels von der Landkarte gegen amerikanische Antidiskriminierungsbestimmungen verstosse, was dann zu Sanktionen gegen die betreffende Gesellschaft führen könnte. Ob ein US-Richter sich einer solchen Auffassung anschliesst? Es käme auf einen Versuch an.

Literatur: Joel Waldfogel, Paul M. Vaaler: Discriminatory Product Differentiation: The Case of Israel’s Omission from Airline Route Maps

Zuerst veröffentlicht auf MENA-Watch – Der unabhängige Nahost-Thinktank.

Über Stefan Frank

Stefan Frank ist freischaffender Publizist und lebt an der deutschen Nordseeküste. Er schreibt regelmässig über Antisemitismus und andere gesellschaftspolitische Themen, u.a. für die „Achse des Guten“, „Factum“, das Gatestone Institute, die „Jüdische Rundschau“ und „Lizas Welt“. Zwischen 2007 und 2012 veröffentlichte er drei Bücher über die Finanz- und Schuldenkrise, zuletzt "Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos."

Alle Artikel

2 Kommentare

  1. Ein sehr bedenklicher Zustand, aber nicht erstaunlich, wie sehr auch in Schweizer Schulen(Oberstufe) der Nahostkonflikt sehr einseitig dargestellt wird. Da viele Lehrer dem linken politischen Spektrum zuzuordnen sind, ist es nicht verwunderlich, dass sie mehrheitlich pro palästinensische Ansichten vertreten. Durch solchen politisch gefärbten Geschichts oder Geographie Unterricht erhalten die Schüler einen verzerrten und schiefen Eindruck zu dem sehr komplexen israelisch-palästinensischen Konflikt!

  2. Nix Neues, am Schweizer Gymnasium hatten wir auch kein Geographielehrbuch mit Israel drinnen, dafür stand Palästina. Ich bin heute noch stolz solche Lehrer gehabt zu haben die diesen Fake nicht unterstützt haben.

Kommentarfunktion ist geschlossen.