Schweiz – Schweigen über die Millionen für BDS-Organisationen

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"Die drei Eidgenossen", eine Statue von James Vibert (eine weitere Bezeichnung lautet Rütligruppe). Sie steht in Bern und bildet den Mittelpunkt der Kuppelhalle des Bundeshauses. Foto Peter Mosimann, Wikimedia Commons.
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Das Aussendepartement hält Berichte darüber zurück, wofür staatliche Gelder aus der Schweiz in den palästinensischen Gebieten konkret eingesetzt werden. Dabei bestehen begründete Zweifel daran, dass sie der Friedensförderung dienen. Soll vertuscht werden, dass die begünstigten Organisationen eine klare antiisraelische Agenda verfolgen?

Wie man weiss, legt der Schweizer Bundesrat grossen Wert auf die Feststellung, dass er sich im Nahen Osten «für die Friedensförderung und die Beachtung des Völkerrechts durch alle Konfliktparteien» einsetzt. Insbesondere würden «in keiner Weise» Organisationen unterstützt, die zu Hass, Gewalt, Rassismus oder Antisemitismus aufrufen. Die Schweiz habe sich «nie mit der sogenannten ‹BDS-Bewegung› assoziiert» und finanziere auch sonst «keine Kampagnen, die zu einem Boykott israelischer Produkte aufrufen». So steht es zumindest in der Stellungnahme der Regierung zu einer Motion, die der Solothurner Nationalrat Christian Imark (SVP) Ende April 2016 eingereicht hatte. Imark hatte gefordert, keine öffentlichen Mittel mehr an Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu vergeben, die «in rassistische, antisemitische und hetzerische Aktionen oder BDS-Kampagnen (Boykott, Kapitalabzug und Sanktionen) verwickelt sind». Seinen Vorstoss begründete er damit, dass immer wieder «zweifelhafte Verbindungen» von israelischen und palästinensischen NGOs aufgedeckt würden, die «direkt oder indirekt mit Schweizer Steuergeldern alimentiert werden». Es bestehe daher, so Imark, Grund zur Annahme, «dass die Gelder von der Schweiz für Kampagnen eingesetzt werden, die der Friedensfindung mehr schaden als nützen».

Dass der Nationalrat damit ganz richtig lag und allen Grund für seine Eingabe hatte, zeigt eine dreiteilige Analyse, die im Sommer des vergangenen Jahres auf Audiatur-Online erschien [Teil 1, Teil 2, Teil 3]. Die israelischen und palästinensischen Partnerorganisationen, die vom Bundesrat zur Kooperation ausgewählt wurden und politisch wie monetär kräftig unterstützt werden, mögen für sich zwar in Anspruch nehmen, den Frieden zu fördern; ihre politischen Aktivitäten laufen diesem Ziel allerdings eindeutig zuwider: Etliche der von der Schweiz mitfinanzierten NGOs haben eine klar und deutlich erkennbare Schlagseite, sie dämonisieren und delegitimieren den jüdischen Staat nach Kräften, während sie auf palästinensischer Seite den Terror, die antisemitische Hetze und die strikte Weigerung, mit Israel zu koexistieren, teils ausblenden, teils verharmlosen oder gar als «Widerstand» rechtfertigen. Israel wird von ihnen in den schwärzesten Farben gemalt und als Unrechtsstaat par excellence gebrandmarkt. Manche NGOs pflegen sogar Verbindungen zum Terrorismus.

Ein Verstoss gegen die eigenen Verpflichtungen

Das sind gute Gründe, den Details der Mittelverwendung nachzuspüren, die dem zuständigen Aussendepartement (EDA) bekannt sein müssen. Doch dort verweigert man die Auskunft, wie «NGO Monitor» schreibt und auch Pierre Heumann in der «Weltwoche» berichtet (Nr. 04/2017, Seite 31). Demnach beruft sich das EDA auf sein Recht, Informationen aus offiziellen Dokumenten zurückzuhalten, wenn diese die aussenpolitischen Interessen der Schweiz und ihre internationalen Beziehungen beeinträchtigen könnten. Konkret geht es um Einzelheiten bei der Finanzierung des «Human Rights and International Humanitarian Law Secretariat» («Sekretariat für Menschenrechte und internationales humanitäres Recht»). Bei dieser Einrichtung handelt es sich um einen palästinensischen Verein, der von der dänischen Consulting-Firma «Niras» und der Universität Bir Zeit in der Nähe von Ramallah organisiert wird. Der Verein erhält «bis Juni 2017 umgerechnet ins­gesamt 15,7 Millionen Franken», wie Pierre Heumann vor zwei Jahren berichtete. Die Schweiz, Dänemark, Schweden und die Niederlande teilen sich diesen Betrag, das Schweizer Aussenministerium übernimmt davon drei Millionen Schweizer Franken.

“Lohnkosten von knapp drei Millionen Franken pro Jahr”

Das «Sekretariat» funktioniere vor allem «als Geldverteilungsmaschine», so Heumann weiter, das heisst: Es leitet die Einnahmen an palästinensische und israelische NGOs weiter. Mehr als die Hälfte dieser Organisationen unterstützen «NGO Monitor» zufolge die BDS-Kampagne, darunter sind grosse Geldempfänger wie «Badil», «Al-Haq» und «Addameer», die allesamt zu den führenden Organisationen in der antiisraelischen Boykottbewegung zählen. Dass sie sich als Menschenrechtsvereinigungen bezeichnen, ist nichts als eine Camouflage. Sie verfolgen letztlich das Ziel, Israel als Unrechtsstaat zu delegitimieren, der kein Existenzrecht hat, und das «Sekretariat» ist ihnen dabei behilflich – mit Geldern, die auch aus der Schweiz kommen. Wenn das Aussendepartement sich nun weigert, Transparenz in Bezug auf die konkrete Verwendung dieser monetären Mittel herzustellen, dann verstösst es gegen die Kriterien, denen es sich selbst verpflichtet hat. Denn «als das EDA vor vier Jahren den Vertrag unterschrieb, waren die Bedingungen für die finanzielle Aufsicht klar geregelt», wie Pierre Heumann in der «Weltwoche» schreibt. «Regelmässig sollte eine unabhängige Firma die Effizienz der Programme prüfen. Bern wollte wissen, ob die rund drei Millionen, die die Schweiz den Menschenrechtsorganisationen hatte zukommen lassen, gut und zielgerecht eingesetzt worden waren. Im Vertrag sind Termine festgelegt, da Untersuchungsberichte zu Finanzen und Erfolgen abgeliefert werden müssen.»

Millionen Franken für eine antiisraelische Agenda

Genau diese Berichte werden nun zurückgehalten, was den Schluss nahelegt, dass ihre Inhalte grundsätzliche Zweifel an der Unternehmung begründen könnten. «Soll etwa vertuscht werden, dass viele der begünstigten NGOs eine krass antiisraelische Agenda verfolgen?», fragt Heumann deshalb. Ist es also das, was die aussenpolitischen Interessen der Schweiz angeblich dermassen tangiert, dass man die Informationen nicht preisgeben will – weil die schweizerische Politik im Nahen Osten sonst massiv infrage gestellt werden müsste? Oder ist es das Kosten-Nutzen-Verhältnis? «Allein das Büro, das die Mittel aus der Schweiz und aus Skandinavien verteilt, verursacht insgesamt Lohnkosten von knapp drei Millionen Franken pro Jahr», hat Pierre Heumann herausgefunden. Einzelne Palästinenser, die für dieses Sekretariat arbeiten, erhalten demnach Löhne in einer Höhe, die, gelinde gesagt, alles andere als ortsüblich ist: «So bezieht der Programmdirektor während der Ausführungsphase ein Salär von umgerechnet rund 230‘000 Franken, der Manager des Sekretariats ‹verdient› umgerechnet gar 320‘000 Franken, und der Fonds- und der Finanzmanager bringen es zusammen auf über 500‘000 Franken.»

Man sollte meinen, dass das für das EDA ein Grund ist, die Mittelzuwendung an das «Sekretariat» zumindest zu kürzen. Doch geschehen ist das Gegenteil: Bis 2018 wird sie nun sogar erhöht, nämlich von drei auf fünf Millionen Franken – wegen der «Verschlechterung der Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten». Über den genauen Verwendungszweck dieser staatlichen Gelder soll die Öffentlichkeit jedoch nichts erfahren. Das ist nicht einzusehen und nicht hinnehmbar. Die Theorie und Praxis der Unterstützung von NGOs in Israel und den palästinensischen Gebieten durch die Schweizer Regierung gehört auf den Prüfstand gestellt, ganz besonders die Beteiligung der Schweiz am «Sekretariat für Menschenrechte und internationales humanitäres Recht». Denn diese Einrichtung hat mit einer Friedensförderung nichts zu tun, mit dem Gegenteil dafür eine ganze Menge.

Über Alex Feuerherdt

Alex Feuerherdt ist freier Autor und lebt in Köln. Er hält Vorträge zu den Themen Antisemitismus, Israel und Nahost und schreibt regelmässig für verschiedene Medien unter anderem für die «Jüdische Allgemeine» und «Mena-Watch». Zudem ist er der Betreiber des Blogs «Lizas Welt». Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor von »Vereinte Nationen gegen Israel«, erschienen bei Hentrich & Hentrich 2018.

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3 Kommentare

  1. Ihre Ausfaelle waeren glaubwuerdige, wuerden sie durch Fakten unterlegt … z.B. die angeblichen Organisationen, die sich sosehr gegen die Existenz Israels aussprechen. Was sie allerdings tun ist sich gegen die illegale Besetzung Israels auszusprechen.

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