Die Anschläge auf das New Yorker WTC und andere strategische Einrichtungen in den USA im Jahr 2001 waren ein historischer Wendepunkt in der Haltung der westlichen Staaten zum Terrorismus − man begann zu begreifen, dass dieser eine Bedrohung des Weltfriedens darstellt.
Seither hat es noch eine lange Reihe weiterer, geografisch breit gestreuter Anschläge gegeben, darunter in Indien, Grossbritannien, Spanien, Belgien, Frankreich und Australien. Es besteht leider kein Zweifel, dass diese Liste der vom islamischen Terror betroffenen Länder noch anwachsen wird. Das Problem ist global. Die Staaten müssen sich darauf einstellen, mit diesem Terror um-, anstatt vor ihm in die Knie zu gehen.
Die Europäische Union, die durch die Abschaffung von Grenzen die Vision von einem »globalen Dorf« verwirklichen wollte, muss nun allmählich erkennen, wie ihr Traum auseinanderbricht. Der kontrollfreie Übergang zwischen den Staaten erschwert die Bekämpfung des Terrors erheblich, da dessen Akteure so gut wie ungehindert von Ort zu Ort reisen, und sich dem Zugriff der Sicherheitsbehörden entziehen können.
„Kontrollfreier Übergang zwischen den Staaten erschwert die Bekämpfung des Terrors erheblich.“
Das Profil des Gegners
Inzwischen ist unverkennbar, dass der Terrorismus immer neue Formen annimmt und sich seiner bislang bekannten Erscheinungsbilder entledigt, ebenso, wie er zunehmend ausgeklügelter wird − bis hin zur höchsten Gefahrenstufe eines Anschlags mit unkonventionellen Mitteln. Mit dieser wachsenden Raffinesse sehen sich jene Staaten konfrontiert, die bereit sind, der neuen Realität die Stirn zu bieten und nun enorme Ressourcen investieren, um das Rennen gegen die Terrororganisationen zu gewinnen. Aber der Kampf bleibt asymmetrisch! Kaum kann man sich des frustrierenden Gefühls erwehren, dass die Terroristen letztlich den Sieg davontragen und langsam aber sicher ihre Vision von der Welt als geeintem islamischem Gottesstaat verwirklichen. Man möge nur die Ausbreitung des Islams in Europa beobachten, das sich mit Riesenschritten in einen muslimischen Kontinent verwandelt. Dennoch verkennen zahlreiche Staaten immer noch die Absicht dieser extremistischen islamischen Organisationen, der internationalen Gemeinschaft ihr Weltbild aufzuzwingen, in anderen Worten: die Durchsetzung der »Religion Mohammeds durch das Schwert«.
Terrororganisationen wie die Hisbollah und der Islamische Staat verstehen sehr wohl, wie schwer es ist, ihnen den Todesstoss zu versetzen, den Schlag, der ihren proklamierten Absichten Einhalt gebieten kann. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: a) sie agieren nicht als regulärer Verband oder als Armee; b) ihr Handeln ist von einer religiösen Ideologie bewegt, die – entgegen der menschlichen Natur − den Tod glorifiziert; c) sie setzen darauf, ihre Ziele gewaltsam durchzusetzen, ohne den Verhandlungsweg zu suchen.
Die Arbeitshypothese muss daher lauten, dass man sich dem Terror niemals unterwerfen darf. Der Kampf gegen diesen muss auf mehreren Ebenen parallel geführt werden –rational, militärisch, diplomatisch, gesetzlich, religiös und kulturell. Zugleich muss er weltweit stattfinden und sich aller zur Verfügung stehenden Mittel bedienen.
Kann Terrorismus überhaupt bekämpft werden?
Die Bekämpfung des Terrorismus ist keineswegs einfach. Sie ist ein mit zahlreichen Schwierigkeiten gepflasterter Weg. Zunächst ist es notwendig, sich dabei klare Ziele abzustecken und den Terroristen wie ihren Drahtziehern den Vernichtungskrieg anzusagen. So schwer das auch sein mag, es liegt völlig auf der Hand, dass es keine Alternative gibt: das Phänomen muss bekämpft werden, wenn es keine katastrophalen Dimensionen annehmen soll.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Terrororganisationen weiter entwickeln und weiter alles Erdenkliche tun werden, um Unschuldige zu treffen. Das ist schliesslich die Grundlage ihrer Ideologie. Deshalb darf auch der Kampf gegen sie nicht mit Samthandschuhen geführt werden, sondern muss uneingeschränkt und kompromisslos sein.
Die vom Grossteil der Staaten eingeschlagenen Lösungswege bewegen sich auf der taktischen Ebene, ohne das Problem an der Wurzel zu packen. Der vorherrschende Ansatz bleibt die Defensive – man bedient sich mehr oder weniger fortschrittlicher Sicherheits- und Verteidigungssysteme, setzt mehr Geräte, Technologien und Personal ein, anstatt proaktiv zu werden. Staaten, die von den Schrecken des Terrors getroffen wurden, bilden Spezialeinheiten für den Kampf gegen Terroristen aus. Aber auch diese Kommandotruppen sollen erst dann zum Einsatz kommen, wenn der Feind sich bereits auf dem Territorium seines Opfers sichtbar gemacht hat, meistens erst nachdem seine mörderischen Absichten längst verwirklicht wurden. Dann sehen wir in den Medien die vertrauten Bilder: die Absperrung des von einem Anschlag betroffenen Schauplatzes oder Verhandlungen mit terroristischen Geiselnehmern − also genau das, was die Attentäter beabsichtigen und was ihre Organisationen zur Ausübung weiterer Attentate motiviert. Sie geniessen ungeteilte öffentliche Aufmerksamkeit und rufen just das von ihnen gewünschte Echo hervor.
Lösungsansätze
Die richtige Lösung und das beste Konzept basieren auf der alten Regel: »Du musst deinen Feind kennen, um ihn besiegen zu können«. Dessen Vorgehensweise, Sprache, Kultur und Verhalten müssen gründlich studiert werden. Nur so lässt sich die ideologische Motivation hinter den Anschlägen einer bestimmten militanten islamischen Fraktion verstehen. Zahllose Experten warten mit immer neuen Lösungen für das globale Problem des Terrors auf. Ihre von grosser Vielfalt gekennzeichneten Vorschläge lassen sich zwei entgegengesetzten Polen zuordnen − den militanten Ansatz auf der einen, und den humanitären auf der anderen Seite. Erstere fordern einen Krieg gegen den Terrorismus, bis zu seiner absoluten und unwiderruflichen Niederlage. Die Vertreter des humanitären Ansatzes hingegen wollen den gemässigten Islam stärken, um dadurch den Fundamentalisten weltweit den Boden zu entziehen. Natürlich tummelt sich in diesem Sammelsurium angedachter Lösungen noch so manche weitere Idee.
Wir selbst befürworten einen integrativen Ansatz, der eine Kombination aus nachrichtendienstlich-operativen Mitteln (Strategie) und Sicherheitsmassnahmen (Taktik) darstellt.
Auf der operativen Ebene muss man versuchen, den Bevölkerungssektor, in dem der Feind zuhause ist, zu infiltrieren, um die Drahtzieher des Terrors auszuschalten. Voraussetzung für den Einsatz operativer und geheimdienstlicher Mittel ist ein gründliches Verstehen der Veränderungen in der muslimischen Welt. Um ungeachtet ihres Aufenthaltsorts in die Terrorzellen einzudringen, ist eine internationale Zusammenarbeit aller operativen Kräfte und Nachrichtendienste erforderlich. Was für Friedenszeiten gilt, wird im Krieg umso relevanter − die Notwendigkeit, sein Gegenüber sorgfältig zu studieren, das heisst, auch kleinste Veränderungen in dessen Kampftaktik zu erkennen. Das bedeutet, dass alle Einsatz- und Undercover-Kräfte mit der Kultur des Gegenspielers, seiner Sprache und seinen Verhaltensmustern so intim vertraut sein müssen, dass man sie in potenzielle Terrorzellen einschleusen kann. Das ist der Schlüssel zur Neutralisierung des Problems, nur so können die ideologischen Motivationen eines potentiell gefährlichen islamischen Sektors verstanden und der Terror eliminiert werden. Allerdings darf diese Vertrautheit mit dem Feind – das heisst, die Kenntnis seiner Sprache und seiner Kultur− je nach Aufgabenbereich oder operativen Anforderungen durchaus unterschiedlich stark ausgeprägt sein, in anderen Worten: die Ausbildung eines Agenten oder Kämpfers, der vor Ort zum Einsatz kommen soll, unterscheidet sich in ihrer Strategie und ihren Inhalten von der Ausbildung von Personal, dessen Aufgabe das Sammeln und die Analyse von in den arabischen Staaten frei zugänglichem Datenmaterial über diese Organisationen ist.
Was den taktischen Ansatz betrifft, so bleibt die Einbindung von erstklassig geschultem Sicherheitspersonal, professionell ausgestattet mit fortschrittlichsten technologischen Mitteln, natürlich unerlässlich, um die Attentäter bei ihren diversen Aktivitäten zu identifizieren, zu beobachten und zu neutralisieren – von dem Augenblick, wo diese eine Staatsgrenze überqueren bis zu ihrer Ankunft am potenziellen Zielort ihres Anschlags.
Unser Vorschlag: ein integrativer Ansatz
Aus unserem Verständnis heraus ist wie gesagt eine Kombination der operativen Methode (Strategie) und der sicherheitsbasierten Methode (Taktik) erforderlich, die auf folgenden Prinzipien beruht:
A) Die strategische Methode:
- Die Einrichtung von nachrichtendienstlichen, informationssammelnden und recherchierenden Dienststellen, inklusive Spezialeinheiten, die ins Herz der Terrororganisationen eindringen und deren tragenden Figuren treffen, bzw. vor Aufbruch der Attentäter zu ihren Anschlägen qualitativ wertvolle Informationen sammeln können. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, sich beim Sammeln von Informationen auch auf Personen zu stützen und nicht nur auf technologische Quellen.
- Das Sammeln und Auswerten von Informationen, die durch die Lektüre des umfangreichen Datenmaterials auf den Webseiten feindlicher islamischer Organisationen in deren jeweiliger Sprache verfügbar sind.
B) Die taktische Methode:
- Das Abstecken für Anschläge anfälliger Schauplätze und deren Einstufung nach Gefährdungsstufe, mit Schwerpunkt auf Orten mit umfangreichem Publikumsverkehr, B. öffentlichen Verkehrsmitteln, die vor allem aufgrund ihrer leichten Zugänglichkeit und ihrer hohen potenziellen Opferzahlen als besonders attraktive Ziele gelten.
- Die Organisation operativer Methoden zur Absicherung dieser gefährdeten Bereiche − nach Gefährdungsstufe.
- Die schwerpunktmässig skalierte Schulung von Sicherheitspersonal − nach Gefährdungsstufe.
- Die Integration modernster Technologien in diesen Bereichen − nach Gefährdungsstufe.
Der Autor dieses Artikels lebt in Israel und ist Gründer einer Firma für Sicherheitsstrategien im In-und Ausland. Die Firma bildet in verschiedenen Lern-Modulen Experten aus, damit sie die heutigen Herausforderungen und Aufgaben im Sicherheitsbereich bewältigen können. Interessenten für solche Kurse können sich an die Redaktion wenden.