„Es ist das erste Mal, dass wir Artefakte aus der Zeit des Ersten Tempels in situ (lateinisch für „am Ort“, Anm. d. Red) auf dem Tempelberg gefunden haben.“ Das sagte Yuval Baruch, Leiter der Israelischen Antiquitätenbehörde bei einem Archäologiekongress in Jerusalem.
Erstmals wurde öffentlich eingestanden, dass es doch eine beschränkte Kooperation zwischen dem Waqf, der verantwortlichen islamischen Behörde auf dem Jerusalemer Tempelberg/Haram esh Sharif, und Archäologen der israelischen Antikenbehörde gebe. Sie kam zustande, nachdem der Waqf eine Baugenehmigung für Infrastrukturarbeiten beantragt hatte.
Bisher gab es dazu nur Gerüchte. Doch stellt sich heraus, dass israelische Fachleute den Bauarbeitern bei der Verlegung von neuen Stromleitungen zum Felsendom über die Schulter schauen durften, also an jener Stelle, wo mutmasslich der Tempel des Salomon gestanden hat. Die Archäologen durften Kleinfunde zwecks Analyse und Forschung mitnehmen.
Seit den Zeiten des Britischen Mandats vor der Gründung des Staates Israel 1948 hat es keinerlei archäologische Forschungen auf jenem Plateau gegeben, das wegen der zerstörten biblischen Tempel und den heutigen muslimischen Moscheen als die Heiligste Stätte auf Erden gilt. Sie ist zwischen Juden, Christen und Moslems höchst umstritten. Seit dem 7. Jahrh. stehen dort muslimische Heiligtümer, während die jüdisch-christliche Vergangenheit heute sogar von der UNESCO verleugnet wird.
Bei der Präsentation auf dem Campus der Hebräischen Universität wurden Olivenkerne, Tierknochen und Töpferscherben aus der Zeit des ersten Tempels zwischen dem 8. und 6. Jahrh. v.d.Z. vorgestellt. Erstmals wurden solche Funde in Situ, also auf dem Tempelberg selber gemacht, als Bauarbeiter unter den heutigen Steinplatten Gräben für die Stromkabel ausgehoben haben. Die Funde selber boten keine „Sensation“. Denn schon seit zehn Jahren durchsieben Archäologen unter der Leitung von Prof. Gabriel Barkay Aushub vom Tempelberg, den die Moslems für den Bau ihrer unterirdischen Moschee in „Salomons Ställen“ im Süden des Tempelbergs mit Bulldozern auf Lastwagen geladen und dann auf einer Müllhalde im Kidrontal entsorgt haben, ohne jegliche archäologische Überwachung. In diesem Aushub wurden Münzen, Speerspitzen, Scherben und sogar Reste des Marmorfussbodens der Vorhallen des Tempels in der herodianischen Zeit gefunden. Diese Funde sind aus ihrem historischen Kontext herausgerissen worden und nicht vor Ort dokumentiert worden. Das mindert ihren wissenschaftlichen Wert.
Pragmatische Zurückhaltung Israels
Seit der israelischen Eroberung Ost-Jerusalems 1967 vermeidet die israelische Regierung jede Einmischung auf dem Plateau, obgleich es eine ständige Präsenz der Polizei dort gibt, allerdings ohne die üblichen Hoheitszeichen. Trotz lautstarker und weltweiter Proteste von Archäologen hatte die Regierung immer wieder die Augen zugedrückt, als Moslems ohne Rücksicht auf historische Bestände Renovierungsarbeiten durchführten. Jede israelische Einmischung hätte zu Spannungen mit der muslimischen Welt und gar zu einem „Weltkrieg“ führen können. Aus pragmatisch-politischen Gründen war die Regierung bereit, den Preis der systematischen Zerstörung aller jüdischer Vergangenheit an der heiligsten Stätte des Judentums zu bezahlen.
Trotz der jetzt bekanntgewordenen gelegentlichen Kooperation kann von einer systematischen Erforschung des Tempelberges keine Rede sein. So verrotten ungeschützt Balken aus Zedernholz am Goldenen Tor. Sie dienten einst als Dachbalken der ursprünglich schon teilweise von König Herodes errichteten El Aksa Moschee. Es könnten Balken sein, die König Salomon aus dem Libanon zur Errichtung seines Tempels vor 2800 Jahren importiert hatte. Die Waqfbehörde entsorgte sie, als nach einem Brand 1969 die El Aksa Moschee renoviert werden musste.
Bei der gleichen Konferenz haben die israelischen Archäologen Asaf Avraham und Peretz Reuven ihre Forschungen zu original-muslimischen Dokumenten aus dem 8. Jahrh. vorgestellt, als sich der Islam etablierte. So wurde in einer Dorfmoschee nahe Hebron eine Inschrift aus dem 9. Jahrhundert entdeckt, die Jerusalems Tempelberg als Ort des Tempels Salomons kennzeichnet. Aus diesem Grund hätten die Moslems dort ihre Moscheen errichtet. Nach Angaben der Forscher gebe es aus dieser Periode sogar Münzen mit der Abbildung des siebenarmigen Leuchters im jüdischen Tempel. Noch in den 1990iger Jahren verteilte der Waqf in Jerusalem Broschüren an Touristen, in denen auf die jüdischen Tempel hingewiesen wurde, an dessen Stelle der Felsendom errichtet worden sei.
Erst seit Ausbruch der 2. Intifada im Herbst 2000 gingen die Palästinenser dazu über, die jüdische wie christliche Vergangenheit dieser Stätten zu verleugnen. Jassir Arafat hatte erstmals im Gespräch mit Präsident Bill Clinton und Ministerpräsident Ehud Barak die jüdische Vergangenheit auf dem Tempelberg abgestritten. Das war angeblich ein entscheidender Grund für das Scheitern des Friedensgipfels in Camp David. Mit den mehrheitlichen Beschlüssen der UNESCO hat Arafats Sicht jetzt auch eine international unterstützte Zustimmung erhalten.
Die ganze Krypta und andere Teile der El Aksa moschee stammen noch aus der Zeit des Herodes. Die heutige Moschee ist die Erweiterung früherer Bauten
Lieber Ulrich Sahm, im folgenden Abschnitt Ihres Artikels scheint Ihnen ein Fehler unterlaufen zu sein: „Sie dienten einst als Dachbalken der ursprünglich schon teilweise von König Herodes errichteten El Aksa Moschee. Es könnten Balken sein, die König Salomon aus dem Libanon zur Errichtung seines Tempels vor 2800 Jahren importiert hatte. Die Waqfbehörde entsorgte sie, als nach einem Brand 1969 die El Aksa Moschee renoviert werden musste.“
Seit wann hat Herodes teilweise die El Aksa Moschee errichtet? Zu Lebzeiten von Herodes existierte der Islam noch gar nicht. Die El Aksa Moschee wurde erst von Kalif Abd al-Malik, nachdem er um 692 den Felsendom hatte fertigstellen lassen und auch den hölzernen Vorgängerbau hatte abreißen lassen, errichten. Papyri aus Aphrodito in Oberägypten verweisen darauf, dass die Arbeiten zwischen 706 und 717 stattfanden.
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