Die zwei Gesichter des New Israel Fund

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Foto Facebook / New Israel Fund
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Der New Israel Fund (NIF) beschwert sich in den schärfsten Tönen über Jacob Keidar, den israelischen Botschafter in der Schweiz, weil dieser nicht an einer von ihm organisierten Veranstaltung in Zürich teilnehmen will. Was steckt dahinter – und hinter dem NIF?

„Wir glauben nicht an Suppenküchen, sondern an sozialen Wandel“
Naomi Paiss, NIF-Sprecherin

Am 18. September wird der NIF in Zürich eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Ist Israels Demokratie in Gefahr?“ veranstalten. Neben NIF-Präsidentin Talia Sasson, Carmi Gillon – der von 1994 bis 1996 Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet war – und „Haaretz“-Verleger Amos Schocken war auch Jacob Keidar, der israelische Botschafter in der Schweiz, eingeladen. Wie auf der englischsprachigen Website der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ zu lesen ist, habe Keidar zunächst zugesagt, dann aber seine Meinung geändert und abgesagt. Darum wird er nun vom NIF in einer Presseerklärung heftig attackiert:

„Leider sehen wir einmal mehr, dass das israelische Aussenministerium es zulässt, dass politisches Punktemachen gute Politik übertrumpft. Auf diese Weise beschädigt es Israels Ansehen bei der internationalen Gemeinschaft als ein demokratisches, tolerantes und pluralistisches Land.“

Um zu verstehen, was die Gründe dafür sein könnten, warum der Botschafter nicht an einer Veranstaltung des New Israel Fund teilnehmen will, muss man wissen, wer der NIF ist und welche Ziele er verfolgt.

Sein Engagement in Israel lässt sich grob in zwei Kategorien unterteilen: Auf der einen Seite ist das Netzwerk von karitativen, sozialen und Umweltschutzgruppen. Sie setzen sich u.a. ein für die Gleichstellung von Frauen, die Rechte von Schwulen und Lesben, die Sauberkeit von Luft und Gewässern sowie für Wohnraum für die Armen. Das geschieht zum einen über Lobbyarbeit in der Knesset, zum anderen durch eine Vielzahl von Basisgruppen, die die Öffentlichkeit informieren und für Anliegen, die aus Sicht des NIF unterstützenswert sind, vor Gericht ziehen.

Wegen dieses sozialen, humanistischen und ökologischen Einsatzes geniesst der NIF bei seinen Unterstützern einen exzellenten Ruf. Auf der anderen Seite hat er aber auch Gegner, die der Meinung sind, dass er Israel grossen Schaden zufüge; Anstoss nehmen diese Kritiker nicht an den oben genannten Projekten, sondern an dem, was aus ihrer Sicht die unschöne Seite dieser Organisation ist: Der NIF, so sagen sie, unterstütze mit seinem Geld Gruppen, die Israel dämonisieren, seinen Charakter als jüdischen Staat rundheraus ablehnen und die auf allen Ebenen – propagandistisch, diplomatisch und juristisch – die israelischen Streitkräfte (IDF) bekämpfen, mit dem Ziel, ihre Handlungsfähigkeit zu beschränken und Israel so gegenüber Feinden wie der Hisbollah und der Hamas schutzlos zu machen.

Der investigative Journalist Edwin Black – berühmt für Bestseller wie IBM and the Holocaust (2001) oder The Farhud (2010), ein Standardwerk über den Pogrom an den Juden im Irak 1941 – hat 2013 ein detailreiches Buch über den NIF veröffentlicht – Financing the Flames – in dem er beide Seiten anspricht: „Black erkennt die vielen positiven Dinge, die der NIF für Israel geleistet hat, während er Fragen über den Einfluss auf das Militär und die anderen Dinge aufwirft, die der NIF unternimmt. Besonders besorgniserregend sind seine Beispiele dafür, dass manche Anti-IDF-Aktivitäten kameragetrieben sind und einige Demonstranten aufgrund von finanziellen Anreizen handeln – dies muss näher erforscht und diskutiert werden“, äusserte sich Abraham Foxman, der Direktor der Anti-Defamation League (ADL) über das Buch.

Für seine Recherchen traf sich Black mit Topleuten des NIF (u.a. mit Sokatch) und der vom NIF finanzierten Organisationen bzw. stand mit ihnen im E-Mail-Verkehr, nicht ohne sie über seine Absicht und die Zielsetzung seines Buches zu informieren: herauszufinden, was dran ist an der dem NIF entgegengebrachten Kritik.

NIF „hilft Frauen und Kindern“

Anerkennend äussert sich Black über das soziale und ökologische Engagement des NIF: „Verbesserungen des Umweltschutzes bei Luft und Wasser wurden vorangebracht, die schlimmsten Verschmutzer werden nun zur Verantwortung gezogen. Für die Benachteiligten wurde mühsam gleicher Zugang zu den vielen medizinischen Wundern erkämpft. Hunderte von Ungerechtigkeiten, kleine und grosse, wurden durch die konzertierten Aktionen des NIF – vor allem über die von ihm unterstützten Geldempfänger – beseitigt oder gelindert.“ Selbst „die härtesten Kritiker dessen, was seine Gegner die extremen sozialen Agitationskampagnen des NIF nennen“, gäben zu, „dass der NIF, wie ein Siedler in Shomron sagt, ‚viele gute Sachen gemacht hat – viele gute Sachen. Sie helfen Frauen und Kindern’“. Und doch unternimmt der NIF die guten Werke nicht um ihrer selbst willen. NIF-Sprecherin Naomi Paiss drückt es so aus: „Wir glauben nicht an Suppenküchen, sondern an sozialen Wandel’“.

Von Henry Ford zum New Israel Fund

Der grösste Geldgeber des NIF war von 2003 bis 2013 die amerikanische Ford Foundation. Der Anlass dafür war ein trauriger: Bei der UN-Konferenz gegen Rassismus, die im September 2001 in Durban stattfand und als ein antiisraelisches und judenfeindliches Hassfest in die Geschichte einging, hatte die Ford Foundation einen Grossteil der Propaganda finanziert. Nach diesem Ereignis begannen 21 Mitglieder des US-Kongresses, Fragen darüber zu stellen, warum die Ford Foundation dies tat; Ende 2003 verabschiedete sie sich aus diesem Geschäft und schrieb von da an grosszügige Schecks an den NIF. „Der Einfluss [der Ford Foundation und des NIF] auf Israel war immens“, schreibt Black:

„Indem er das Geld des Ford Israel Fund mit anderen Geldzuwendungen kombinierte, war der NIF 2005 in der Lage, über einen Vierjahreszeitraum mehr als 100 Millionen Dollar an Finanzierungen zu bilanzieren. Bis Ende 2011 stieg diese Summe um 50 Prozent auf über 156 Millionen Dollar. Diese riesigen Geldsummen flossen in erster Linie an eine Vielzahl von israelischen Aktivisten und Menschenrechts-NGOs, die für gesellschaftlichen Umbruch eintreten – nicht wenige von ihnen kämpfen für einen totalen gesellschaftlichen Umsturz der israelischen Ordnung.“

Kaum überschaubar sei das Universum der Gruppen, die ihr Dasein dem NIF verdanken, so Black: „Die vom NIF über den Ford Israel Fund finanzierten Konfrontationsorganisationen sind zu zahlreich, um sie in einem einzigen Werk zu erforschen. Dafür wäre eine kleine Bibliothek von Büchern notwendig.“

George Soros

Ein anderer grosser Geldgeber des NIF ist der Multimilliardär George Soros. Bekannt ist dies nur deshalb, weil Soros’ E-Mail-Account kürzlich gehackt wurde.

Abraham H. Miller, ein emeritierter Professor der Politikwissenschaft an der University of Cincinnati kommentierte den Nexus zwischen dem Spekulanten und dem NIF so: „Es ist klar, dass Organisationen wie J Street und NIF Soros’ antizionistische Agenda teilen. Anderenfalls würden sie kein Geld von ihm bekommen. Doch dass sie die Agenda teilen, müssen sie vor den Juden geheim halten, die sonst den richtigen Schluss ziehen könnten, dass dies Organisationen sind, die den jüdischen Staat nicht so sehr liberalisieren, sondern vielmehr zerstören wollen. … Soros’ Agenda ist es, Israel als jüdischen Staat zu zerstören, und diejenigen, die von ihm Geld bekommen, teilen diese Agenda. Ihre Versuche, sich von Soros zu distanzieren, zeigen nur, dass sie es nicht zulassen können, dass die jüdische Gemeinschaft die wahre Natur ihrer Absichten begreift.“

Was der NIF auch finanziert

Ein grosser Geldempfänger (1,8 Millionen US-Dollar zwischen 2008 und 2014), geradezu ein Flaggschiffprojekt des NIF, ist Adalah, eine Organisation, die dem regelmässigen Audiatur-Leser wahrscheinlich bekannt ist: „Der vorgebliche Einsatz von Adalah ‚für die Rechte der palästinensisch-arabischen Bürger in Israel’ besteht in erster Linie darin, den jüdischen Staat erbittert zu bekämpfen, ihn zu dämonisieren und zu delegitimieren“, schrieb Alex Feuerherdt kürzlich an dieser Stelle.  „Im Jahr 2009 verfasste Adalah zudem gemeinsam mit der palästinensischen NGO Al-Ha eine Studie, in der es heisst, Israel sei ‚ein kolonialistisches Unternehmen, das ein System der Apartheid eingeführt hat’. Die Massnahmen, die der jüdische Staat zu seiner Verteidigung ergreift, seien ‚unmenschliche Apartheid-Taten’, die ‚im Kontext eines institutionalisierten Regimes von systematischer Unterdrückung’ verübt würden und bei denen ‚eine Rasse über eine andere’ herrsche.“

Edwin Black schreibt: „Adalah gehört zur Speerspitze derer, die Israel wegen seiner Aktionen in Gaza der Kriegsverbrechen bezichtigen.“ Im mittlerweile diskreditierten und widerrufenen Goldstone-Report wird Adalah immer wieder zitiert – zusammen mit Behauptungen vieler anderer vom NIF finanzierter Organisationen. „Goldstones Widerruf“, so Black, „tat Adalahs Eifer, seine Beteiligung auf der Website als Adelstitel zu führen, keinen Abbruch. Zweifellos war dies der Ausweis von ‚Strassenimage’ [street cred] – nicht in der arabischen Strasse, sondern in der NGO-Strasse. Die bejubelten Anwälte der Organisation werden um Rechtsgutachten in Kriegsverbrecherprozessen  gebeten … Adalahs Liste der komplexen Gerichtsverfahren und des Eintretens gegen den jüdischen Staat ist so lang, dass sie auf der Website nach Jahren sortiert angezeigt wird, unter der Rubrik ‚Erfolge’“.

„Eine sehr gute Frage“

Für sein Buch traf sich Black mit Adalah-Sprecher Salah Mohsen in einem Jerusalemer Restaurant. Das Gespräch war aufschlussreich. Adalah, so Black, beobachte „mit grossem Eifer die defensiven und offensiven Aktionen Israels und erhebe routinemässig den Vorwurf des Kriegsverbrechens“. Was, fragt Black, „tut Adalah, wenn die Raketen in die andere Richtung fliegen – von Gaza nach Israel?“ Es schloss sich folgender Wortwechsel an:

„Antwort: Oh ja, das kommt vor. Was mich persönlich betrifft, so hasse ich es, wenn Raketen Israel treffen. Doch die Raketen, die von Gaza nach Israel fliegen, gehören nicht zu unserem Mandat.

Frage: Sie reagieren also nicht, wenn das Opfer jüdisch ist, nur wenn es arabisch bzw. palästinensisch ist. Doch das Geld, das Adalah aus Amerika und von dem New Israel Fund bekommt, fliesst dank der amerikanischen Steuergesetzgebung. Wir in Amerika wollen, dass unsere Steuergelder Aktivitäten fördern, die nicht gegen eine Religion diskriminieren – sei es die jüdische oder eine andere.

Antwort: Ja, aber wenn die Raketen aus Gaza kommen und Israelis treffen, ist das nicht unser Mandat. Andere Organisationen tun das.

Frage: Kennen Sie Namen [einer solchen Organisation]?

Antwort: Nein, nicht aus dem Stegreif, die kenne ich nicht.

Frage: Hat jemals jemand die Frage gestellt, warum amerikanisches Geld benutzt wird, um ausschliesslich Palästinenser zu schützen und gegen die ins Visier genommenen Juden diskriminiert wird?

Freundlich und lächelnd schüttelt Mohsen den Kopf.

Antwort: Niemand hat das je gefragt. Sie sind der erste Amerikaner, der diese Frage stellt. Wenn wir Geld aus Amerika bekommen, dann ist das für genau definierte und spezifische Vorschläge, die wir unseren Spendern schicken. Sie wissen, was wir tun.

Mohsen hält inne, lächelt und schaut hoch. ‚Doch das ist eine sehr gute Frage – eine sehr gute Frage.“

Beruf: Provokateur

Eine besonders schlimme vom NIF finanzierte Organisation ist B’Tselem. Wie die meisten anderen der NGOs im NIF-Portfolio möchte auch B’Tselem, dass Israel auf Selbstverteidigung am besten gänzlich verzichtet. Nicht nur, dass die Organisation routinemässig Aktionen des israelischen Militärs zur Schutz der israelischen Bevölkerung (der jüdischen und der arabischen) als „Kriegsverbrechen“ denunziert; nicht nur, dass ihre Mitarbeiter nicht sagen können, ob die Hamas eine Terrororganisation ist, während einer von ihnen im Gespräch mit Tuvia Tenenbom den Holocaust leugnete; die vielleicht übelste von B’tselem verfolgte Taktik besteht darin, an jugendliche arabische Heisssporne Kameras zu verteilen und sie dazu zu ermuntern, die Konfrontation mit israelischen Soldaten zu suchen, um diese zu einer unbedachten Reaktion zu verleiten, die dann gefilmt und im Internet veröffentlicht wird.

Black resümiert: „Das Resultat ist eine wachsende Zahl von 19- und 20-jährigen Jungen und Mädchen, die provokative Beleidigungen ihrer Mütter und Väter, ihres Landes, ihrer Religion und alle möglichen anderen [Provokationen] ertragen müssen, mit dem Kalkül, sie zum Durchdrehen zu bringen.“ Begleitet von diesen Beleidigungen wird den jungen Soldaten ständig ein Gegenstand vor das Gesicht gehalten, eine Fahne oder Kamera. Es sei vielleicht das erste Mal in der Militärgeschichte, so Black, dass ein Soldat im Einsatz „keinen persönlichen Raum hat – sei es fünf Zoll, fünf Fuss oder fünf Yards.“

„Weil die kleinlauten israelischen Offiziellen von dem internationalen und zivilen Charakter der Schikanen eingeschüchtert und verblüfft sind, haben sie es versäumt, Regeln zu erlassen, die es ihren Soldaten gestatten würden, einfach auf einen Hügel oder ein Feld zu gehen, ohne verfolgt, angeschrien und beschimpft zu werden oder ihre Sicht durch eine palästinensische Flagge verdeckt zu bekommen. So kommt es, dass ein vollständig uniformierter und bewaffneter israelischer Soldat in Israel weniger Rechte hat als ein Verkehrspolizist in Milwaukee, Moskau oder Mailand: einem störenden und ihn beinahe angreifenden Zivilisten sagen, dass er Abstand nehmen soll.“

Wie diszipliniert und stoisch die israelischen Soldaten die täglichen Provokationen ertragen, kann man daran ablesen, dass es trotz Tausender von B’Tselem verteilter Kameras nur wenige Videos gibt, auf denen zu sehen ist, wie ein israelischer Soldat einmal die Fassung verliert.

Krieg gegen Israel

Auch Boykottaktivitäten habe der NIF zeitweise mitfinanziert, so Black:

„Unter den zahlreichen Gruppen, die der NIF dazu befähigte, die israelische Wirtschaft anzugreifen, war die Coalition of Women for Peace, die Datenbanken über israelische Firmen anlegte und sich überall auf der Welt an die Speerspitze von Boycott and divestment stellte. Jahrelang nutzte die CWP Mittel des NIF, um die israelische Wirtschaft sowohl an der Basis als auch auf institutioneller Ebene zu attackieren. … Mit der Macht des NIF und europäischen Geldes im Rücken wurde die CWP zu einer grossen weltweiten Kraft bei den Versuchen, Israel und seine Wirtschaft zu destabilisieren und Kriegsverbrecherprozesse anzustrengen.“

Klar ist: Solange der jüdische Staat nicht kapituliert und sein eigenes Ende erklärt, wird er es dem NIF und seinen Handlangern niemals recht machen. Black erzählt,  wie die damalige NIF-Präsidentin Naomi Chazan 2008, während  Israels Militäroperation Cast Lead, die das Ziel verfolgte, den immer weiter eskalierenden Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen zu stoppen, eine Petition unterzeichnet habe, die vom israelischen Militär eine „sofortige Einstellung der Aggression in Gaza“ verlangte. Diese, hiess es darin, habe „bereits Hunderte von Leben gekostet“. „Das Gemetzel wird den Konflikt nur weiter anfachen und jegliche verbleibende Hoffnung auf einen Frieden zwischen dem israelischen und dem palästinensischen Volk zerstören.“ Black kommentiert: „Die Petition wurde nach dem allerersten Kriegstag unterzeichnet und verschickt. Der von der Hamas ausgehende Hagel von Hunderten Raketen auf israelische zivile Gebiete wurde in Chazans Petition nicht erwähnt.“

Es ist vor allem die Kampagne vieler vom NIF unterstützter Gruppen gegen die israelische Armee – nie aufhörende Klagen über angeblich von ihr verübte „Kriegsverbrechen“ und die Versuche, Soldaten für ihren Einsatz vor Gericht zu zerren –, die vielen Israelis Unmut bereitet. Es gebe Leute, schreibt Black, die „manche Handlungen des NIF“ für „kriminell“ hielten. Als Beispiel führt er Yaakov Amidror an, den Generalmajor der Reserve und Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrats. Dieser habe in einem Beitrag für die israelische Tageszeitung „Israel Hayom“ das Wort „Verrat“ benutzt. NIF-Organisationen, so der Vorwurf, hätten einen bedeutenden Anteil an Versuchen, IDF-Offiziere anzuklagen, die gegen den Terror gekämpft haben; an den entsprechenden Klagen seien Juristen beteiligt, denen der NIF das Studium finanziert habe.

Black traf sich auch mit einem Mann namens Dov, dessen Sohn Moran bei einem Antiterroreinsatz ums Leben kam, was nach Dovs Dafürhalten hätte vermieden werden können, hinge nicht über der israelischen Armee ständig das Damoklesschwert von Kriegsverbrecherprozessen, die aus dem Ausland bezahlte Menschenrechtsgruppen anstrengen. Black beschreibt die Situation, in der Moran und seine Einheit ein Haus umzingelt hatten, in dem sich Terroristen, aber keine Zivilisten verschanzt hatten. Früher hätten die Soldaten eine Rakete eingesetzt, um die im Haus verschanzten Terroristen zu bezwingen. „Moran benutzte keine Rakete; er benutzte die Flüstertüte, um die Terroristen aufzufordern, herauszukommen, wie die neuen Dienstanweisungen es vorschrieben. Kugeln wurden aus dem Haus abgefeuert. Die Salven trafen einen Freund von Moran. Während Moran seinem Freund Erste Hilfe leistete, kamen Schüsse von den Wachposten neben dem Haus. Moran wurde getroffen. Er starb an seinen Verletzungen.“

Gefragt, welche Botschaft er für die Spender des NIF habe, der jedes Jahr Millionen an Menschenrechtsgruppen zahlt, die dafür sorgen, dass israelische Soldaten die Aussicht auf Kriegsverbrecherprozesse zu gewärtigen haben, sagt Dov: „Was ich sehe ist: Wenn sie uns beschuldigen, kriegen sie Geld. Wenn sie uns mehr beschuldigen, kriegen sie mehr Geld. Wenn sie beweisen, dass wir einen Fehler gemacht haben, kriegen sie sogar noch mehr Geld. Das ist eine Situation, die sich selbst am Leben erhält. Es gibt keinen Zweifel daran, dass diese Menschenrechtsorganisationen mit all ihrem Geld der Situation nicht helfen, sondern Schaden anrichten – und der einzige Schaden ist der für den Staat Israel.“

Lobbyismus für den Umsturz

Der NIF will ein anderes Israel und das Mittel, dieses Ziel zu erreichen, ist sein Geld. Auf seiner Website brüstet sich der NIF damit, seine Ressourcen für politischen Lobbyismus in Israel einzusetzen:

„Wir und unsere Organisationen arbeiten, wenn wir auch unabhängig sind, daran, die Regierungspolitik in Israel auf allen Ebenen zu beeinflussen. Und wir setzen uns ausserhalb Israels für Veränderungen der israelischen Gesellschaft ein, die Einfluss auf jüdische Gemeinden anderswo haben können.“

Zu den Aktivitäten gehört auch die Beeinflussung israelischer Wahlen. Gleich nach den Parlamentswahlen von 1999, als Ehud Barak und seine Arbeiterpartei den regierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den Likud besiegten, habe Eliezer Yaari, der NIF-Direktor in Israel, ein Rundschreiben an seine Mitarbeiter gesandt, in dem er das Wahlergebnis als einen Sieg des NIF gefeiert habe, so Black:

„Dieser Wandel ist nicht nur das Ergebnis einer von amerikanischen Beratern geführten ausgeklügelten Kampagne und intensiver Werbung [Hervorhebung durch den Autor], sondern auch von der seltenen Mobilisierung Zehntausender Leute, die Wandel fordern.“

Das Schreiben endete mit den Worten:

„Heute ist ein grosser Tag für Israel: Wir haben bewiesen, dass sozialer Wandel die politische Macht stürzen kann. In all den Jahren hat der New Israel Fund just dieses Potenzial genährt und hinter ihm gestanden, das übernacht wie ein Vulkan ausgebrochen ist. Ich möchte darum jedem von euch danken und auf die neue Herausforderung hinweisen, die in unserem Namen steckt: Wir sind der New Israel Fund, und es liegt in unserer Macht, eine wichtige Kraft bei der Schaffung eines neuen Israel zu sein.“

Black kommentiert:

„Für viele Israelis steckt in den letzten drei Worten [„a new Israel“; d. Verf.] von Yaaris Denkschrift die Quintessenz der eigentlichen Mission des NIF. Kritiker des NIF sagen, die Organisation gebe nicht einfach nur steuerbegünstigte amerikanische Gelder dafür aus, um sich auf dynamische Art in die israelische Wahl- und Kandidatenpolitik einzumischen. Diese Kritiker, von denen einige Angst vor der Vergeltung des NIF haben, beklagen einhellig, dass der NIF ein politisches Programm vertritt, das im Widerspruch zur jüdischen Identität Israels steht, und darauf aus ist, die IDF zu destabilisieren, die die Israelis vor dem Terrorismus beschützt. Kritiker beharren darauf, dass der NIF nur deshalb in der Lage ist, seine Macht auszuüben, weil er mit den Muskeln der von amerikanischen Steuerzahlern subventionierten Gelder ausgestattet ist. Einige bezichtigen die karitative Organisation, eine Agenda zu verfechten, die ihrem Wesen nach garantieren würde, dass Israel verschwindet.“

„Verschwinden des jüdischen Staats wäre keine Tragödie“

Im September 2011 brachte die WikiLeaks-Veröffentlichung eines geheimen Telegramms der US-Botschaft von 2010 ans Licht, dass Hedva Radovanitz, die damalige stellvertretende NIF-Direktorin in Israel, sich im Gespräch mit einem amerikanischen Botschaftsmitarbeiter wohlwollend über einen möglichen Untergang des jüdischen Staates geäussert hatte. In dem Telegramm heisst es, „Hedva Radovanitz, die stellvertretende Direktorin des New Israel Fund (NIF), die die Mittel für 350 NGOs im Volumen von insgesamt 18 Millionen Dollar pro Jahr managt“, habe von einer „Kampagne gegen NGOs“ gesprochen. Diese habe mit dem „Verschwinden der politischen Linken“ in Israel zu tun. Nur mithilfe von 120 NGO-Angestellten sei es gelungen, 5.000 Teilnehmer für eine Menschenrechtskundgebung zu mobilisieren. Damit gab sie indirekt zu, dass die israelische NGO-Industrie ihre Blüte nur ausländischem Geld verdankt. Dann sagte sie etwas, das Noah Pollack in einem Artikel für „Commentary“ eine „Bombe“ nannte:  „Sie merkte an, dass sie glaube, dass Israel in 100 Jahren mehrheitlich arabisch sein werde und dass das Verschwinden eines jüdischen Staates nicht die von Israelis befürchtete Tragödie sei, da es dann demokratischer werde“.

Das WikiLeaks-Dokument sei “sehr bedeutsam”, da es beweise, dass die Verwicklung des NIF in den Goldstone-Report und seine Unterstützung für Organisationen wie Adallah “kein Zufall” seien, “sondern die Umsetzung der antizionistischen Agenda”, kommentierte Erez Tadmor von der zionistischen NGO Im Tirtzu, die die Verbindungen des NIF zum Goldstone-Report aufgedeckt hatte. Wie rechtfertigte sich der NIF? Er tat so, als hätte er gar nicht gewusst, welche Ansichten seine Topfunktionärin über Israel hat und als gäbe es gar keinen Zusammenhang zwischen ihren Äusserungen und dem NIF: “Frau Radovanitz arbeitet nicht mehr für den NIF, darum kennen wir ihre persönliche Meinung über das Thema einer jüdischen Mehrheit in Israel nicht. Wir betonen, dass die uns zugeschriebenen Kommentare nicht die offizielle Position des NIF widerspiegeln.”

Kohle ins Feuer

„Die politischen Aktivitäten des NIF würden im jüdischen Staat vielleicht nicht von Erfolg gekrönt sein“, schreibt Black, „gäbe es da nicht die exorbitanten Geldzuwendungen von Ausländern, die die Agenda verfolgen, die israelische Gesellschaft nach einem ganz anderen Bild umzumodeln. Viele dieser Geldgeber wollen ein Israel, das nichts mehr mit dessen Traditionen und Zielsetzungen zu tun hat.“ Die Bedrohung Israels durch seine Feinde spiele für die ausländischen Grossspender keine Rolle, so Black. Und da die Spenden in den USA steuerbegünstigt seien, würden alle Amerikaner diese Aktivitäten mit ihren Steuern mitfinanzieren. Für jede Million, die an steuerbegünstigte Organisationen gehe, müssten die Steuerzahler 450.000 Dollar mehr an Steuern aufbringen, hat ein auf Steuerrecht spezialisierter Anwalt Black erklärt. „Das Endergebnis der üppig finanzierten Kultur der Konfrontation“, so Blacks Fazit, „ist mehr Gewalt zwischen Arabern und Juden, mehr Hass, mehr schlimme Erinnerungen und weniger gute Gelegenheiten, einen gemeinsamen Nenner zu finden und den Weg der Koexistenz zu gehen.“ Statt „den alten Hass zwischen Arabern und Juden abzukühlen“ verursachten die Sponsoren der Konfrontationsindustrie „anhaltenden Schaden, indem sie die Flammen finanzieren“.

Literatur: Edwin Black: Financing the Flames: How Tax-Exempt and Public Money Fuel a Culture of Confrontation and Terror in Israel, Dialog Press 2013. http://www.financingtheflames.com/

Weiterführende Lektüre:

https://www.audiatur-online.ch/2016/08/25/adalah-der-new-israel-fund-und-bds-das-geheimnis-der-black-lives-plattform/

http://www.jpost.com/Diaspora/Birthright-Israel-cuts-ties-with-New-Israel-Fund-383088

http://www.jewishpress.com/indepth/opinions/new-israel-fund-is-not-a-pro-israel-organization/2015/03/15/

http://observer.com/2014/11/new-israel-fund-supports-groups-that-hurt-the-jewish-state/

Über Stefan Frank

Stefan Frank ist freischaffender Publizist und lebt an der deutschen Nordseeküste. Er schreibt regelmässig über Antisemitismus und andere gesellschaftspolitische Themen, u.a. für die „Achse des Guten“, „Factum“, das Gatestone Institute, die „Jüdische Rundschau“ und „Lizas Welt“. Zwischen 2007 und 2012 veröffentlichte er drei Bücher über die Finanz- und Schuldenkrise, zuletzt "Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos."

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1 Kommentar

  1. Grundsätzlich untergräbt der NIF als Gegner von Zionismus die Israelische Demokratie. Wenn nun krampfhaft etwas Positives im Umfeld vom NIF gefunden wird, dann darf man das mit Fug und Recht auch von Nazis behaupten, die haben doch Autobahnen gebaut.

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