UNRWA: Propagandaabteilung der Hamas ?

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Eine Botschaft von einem UNRWA Mitarbeiter auf Facebook. Die Botschaft: "Tod dir, oh Söhne von Zion". Foto Elderofziyon
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Die Hamas kann die UNRWA weitgehend ungehindert für ihre Aktivitäten nutzen, auch in den sozialen Netzwerken. Wenn es deshalb zu Protesten kommt, wird zwar vielleicht einmal ein Posting gelöscht oder ein Mitarbeiter vorübergehend suspendiert. Das grundsätzliche Problem aber bleibt unangetastet: Das Hilfswerk besteht zu nicht geringen Teilen aus Hamas-Mitgliedern, die Hamas-Ziele verfolgen. Und das ist kein Zufall, sondern es hat System und Methode.

Ich betrete den Hauptsaal des UNRWA-Zentrums [im Flüchtlingslager Jenin], der gerade vom IKRK [Internationales Komitee vom Roten Kreuz] frisch gestrichen wurde. Am Eingang befindet sich eine Tafel mit seinem Namen: Saal der Märtyrer. Ich gehe ein paar Schritte weiter und sehe einen weiteren Saal, wieder einen der Märtyrer. «Märtyrer» steht in der palästinensischen Kultur für Personen, die bei Kämpfen mit israelischen Soldaten ums Leben kamen, oder für Personen, die jüdische Zivilisten etwa durch Selbstmordattentate töteten. Ich gehe weiter zur Bibliothek, die es hier auch gibt, und sehe auf den Regalen ein Buch, das ich vor geraumer Zeit in Amman kaufte und von dem ich weiss, dass es antisemitisch ist.

(Aus: Tuvia Tenenbom: Allein unter Juden, Berlin 2014, S. 459)

Knapp zwölf Jahre ist es her, da sah sich die kanadische Regierung veranlasst, dem Verdacht nachzugehen, dass die UNRWA, also das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinenser, auch Mitglieder der Hamas beschäftigt. Kanada unterstützte diese UN-Einrichtung finanziell und wollte nach der Erklärung Israels, dass es eine solche enge Verbindung gibt, konkrete Details erfahren. Der kanadische Fernsehsender CBC interviewte daraufhin den seinerzeitigen UNRWA-Generalkommissar Peter Hansen. Dieser räumte freimütig ein: «Ich bin mir sicher, dass Hamas-Mitglieder auf der Lohnliste der UNRWA stehen.» Er halte das jedoch «nicht für ein Verbrechen», denn: «Die Hamas ist eine politische Organisation, nicht jedes Mitglied ist ein Militanter. Wir führen keine politischen Überprüfungen durch und schliessen irgendwelche Leute aus, nur weil sie die eine oder andere politische Überzeugung haben.» Man erwarte von seinem Personal lediglich, sich im Einklang mit den Normen der Uno neutral zu verhalten.

Zu diesem Zweck müssten die UNRWA-Mitarbeiter – fast alle sind Palästinenser – ein Formular unterschreiben, «in dem sie bestätigen, dass sie keine politischen Verbindungen haben und nicht an Aktivitäten teilnehmen werden, die die Neutralität der UN verletzen würden», so UNRWA-Sprecher Christopher Gunness im Januar 2009. Sie haben allerdings nicht zu befürchten, dass etwaige Verstösse gemeldet werden, wie James G. Lindsay, Justiziar der UNRWA von 2002 bis 2007, deutlich machte: «Bewaffnete Gruppen haben keine Hemmungen, ihre Waffen einzusetzen, um ihre Ansichten zu bekräftigen oder diejenigen zu bestrafen, die nicht mit ihnen übereinstimmen. Darum passiert es vor allem in Gaza, der Westbank und dem Libanon selten, dass ein Angestellter meldet, dass ein anderer diejenigen Regeln gebrochen hat, die politische Reden verbieten – oder gar Verbindungen zum Terrorismus hat.» Mit anderen Worten: Die Hamas schüchtert diejenigen UNRWA-Mitarbeiter ein, die sich ihr nicht unterwerfen. Zugleich verfügt sie aber auch über etliche Unterstützer und Sympathisanten in den Reihen des Hilfswerks.

Schon Kinder werden antisemitisch verhetzt

Sie hat also, was die UNRWA betrifft, weitgehend freie Hand. In seinem Buch «UNRWA: A Roadblock to Peace» präsentiert der israelische Journalist David Bedein zahlreiche Beispiele für die Kooperation der UN-Einrichtung mit Terroristen: Gedenkzeremonien für Hamas-Führer werden in UNRWA-Schulen abgehalten, UNRWA-Lehrer widmen sich nach Feierabend dem Raketenbau und werden im Falle ihrer Tötung in den UN-Schulen als «Märtyrer» gefeiert, UNRWA-Jugendclubs mutieren zu Terroristentreffs. Hinzu kommt, dass das in UNRWA-Schulen verwendete Lehr- und Lernmaterial vor Antisemitismus nur so strotzt. Auf Landkarten ist der Staat Israel nicht existent, Juden haben laut den Schulbüchern keine heiligen Orte in Palästina, sondern bloss «gierige Ambitionen».

Immer wieder breiten Bildungseinrichtungen der UNRWA oder deren Personal ausserdem ihre israelfeindlichen, islamistischen, der Hamas zugeneigten Aktivitäten auch in den sozialen Netzwerken aus. So gab es beispielsweise in einer UNRWA-Schule in Gaza im Oktober des vergangenen Jahres eine – von der Schule auf Facebook dokumentierte – Feierstunde zugunsten jener Palästinenser, die mit Messern, Äxten und anderen Stichwerkzeugen auf jüdische Israelis losgingen. Die Schüler hatten aus diesem Anlass Plakate mit Parolen angefertigt. «Wir folgen deinem Ruf, oh Al-Aqsa, und werden unser Blut und unsere Seelen für dich opfern«, stand etwa auf einem Schild geschrieben, das ein junges Mädchen in den Händen hielt. Auf einem anderen, das ein kleiner Junge in die Kamera hielt, war zu lesen: «Wir sind Herren und keine Sklaven, wir sind diejenigen, aus deren Mitte jeden Tag ein Shahid [Selbstmordattentäter] hervorgeht.» Ein weiterer Knabe präsentierte ein Plakat mit der Aufschrift «Wenn die Juden der Wind sind, ist die Revolution der Tornado».

Mit anderen Worten: Hier ermutigte eine UNRWA-Schule ihre sehr jungen Schülerinnen und Schüler, die Ermordung von Juden zu unterstützen – auch um den Preis des eigenen Lebens. Nachdem der Blogger «Elder of Ziyon» auf die Zeremonie und die Fotos hingewiesen hatte, geschah zweierlei: Der betreffende Facebook-Eintrag wurde gelöscht und das UNRWA-Logo aus dem Facebook-Profil der Schule entfernt. Mehr nicht. Es gab keine Erklärung, keine Untersuchung, keine Konsequenzen – sondern nur den Versuch, Spuren zu verwischen und so zu tun, als sei der Social-Media-Auftritt der Schule gar kein offizieller. «Wieder einmal zeigt die UNRWA, dass es sie nicht kümmert, wenn ihre Schulen lehren, den Terror zu unterstützen», schrieb «Elder of Ziyon». Besorgt sei sie lediglich darüber, dass westliche Staaten womöglich erfahren wollen, was eigentlich mit den Hunderten von Millionen Dollars passiert, die sie der UNRWA zur Verfügung stellen, und dass sie die finanzielle Unterstützung einstellen könnten.

Antijüdische und terroristische Propaganda auf Facebook

In mehreren Berichten hat die Uno-kritische Organisation «UN Watch» die Aktivitäten von Mitarbeitern der UNRWA in den sozialen Netzwerken aufgedeckt. In einer Dokumentation vom September 2015 beispielsweise listete sie zwölf UNRWA-Beschäftigte auf, die auf ihren Facebook-Seiten unverblümt antisemitisch auftraten und zum Terror aufriefen. Ahmed Fathi Bader etwa, stellvertretender Leiter einer Schule in Gaza, rühmte dort die Hinrichtung «einer Gruppe von Palästinensern, die mit Juden kollaboriert haben», durch die Hamas. Yousef Matar, nach eigenen Angaben ein Assistent der UNRWA-Personalabteilung, veröffentlichte ein Foto, das eine palästinensische Rakete auf ihrem Weg nach Israel zeigt, und erinnerte die Palästinenser im dazugehörigen Posting an ihre «Pflicht» zum «Widerstand». Mohammed Abu Staita, ein weiterer UNRWA-Mitarbeiter, stellte eine Karikatur online, auf der zu sehen ist, wie ein ultraorthodoxer Jude mit Hakennase hinter einem Baum Schutz vor einem bewaffneten Palästinenser sucht. Der Cartoon ist eine Anspielung auf den Artikel 7 der antisemitischen Charta der Hamas, in dem es heisst: «Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten, bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt, komm und töte ihn!»

Auszüge aus den Facebook-Seiten von zehn weiteren UNRWA-Beschäftigten dokumentierte «UN Watch» Mitte Oktober des vergangenen Jahres. Sie alle zeigen, wie Mitarbeiter der Vereinten Nationen öffentlich die palästinensische «Messer-Intifada» unterstützen. «Erstecht die zionistischen Hunde», forderte beispielsweise der UNRWA-Projektassistent Hani Al-Ramahi. Die UNRWA-Lehrerin Hiba Miari postete einen Cartoon, auf dem ein Vermummter mit einem grossen Schlüssel – dem Symbol für das angebliche «Rückkehrrecht» der Palästinenser – auf einem grossen Messer spielt wie mit einem Bogen auf einer Geige. Mahmoud Abu Zakari, ein Sozialarbeiter der UNRWA, wählte als Facebook-Profilbild das Foto eines jungen Mannes mit einem Messer. «UN Watch» schickte die Berichte unter anderem an den UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und den UNRWA-Generalkommissar Pierre Krähenbühl, versehen mit der Aufforderung, die betreffenden Mitarbeiter unverzüglich zu entlassen. Hillel Neuer, der Direktor von «UN Watch», sagte, die Facebook-Einträge stellten schwere Verstösse gegen die Bestimmungen der Vereinten Nationen dar, die Diskriminierung, Feindseligkeit und Gewalt ausschlössen.

Die erste Reaktion der UNRWA auf die Berichte bestand aus einem Dementi und einem Gegenangriff: Der Sprecher der Einrichtung, Christopher Gunness, forderte via Twitter dazu auf, den «haltlosen Unterstellungen» von «UN Watch» keinen Glauben zu schenken, und bat um Unterstützung bei der Recherche nach den politischen und finanziellen Hintergründen der Organisation – erkennbar mit dem Ziel, deren Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit in Zweifel ziehen zu können. Der Sprecher des UN-Generalsekretärs versuchte derweil zunächst, auf Zeit zu spielen, erklärte dann aber – gut versteckt in einem Wortprotokoll –, man sei dabei, alle Fälle zu überprüfen, und habe bereits erste Konsequenzen gezogen: Facebook-Einträge seien gelöscht und Mitarbeiter suspendiert worden. Zudem beteuerte er, die UNRWA toleriere keine Form des Antisemitismus und des Rassismus.

Nicht die Hamas, sondern die UNRWA selbst ist das Problem

Ende November 2015 hatte «UN Watch» jedoch erneut zahlreiche Facebook-Einträge von UNRWA-Mitarbeitern gefunden, in denen antisemitischer Terror glorifiziert und Antisemitismus propagiert wurde. «Die vorübergehenden Suspendierungen durch die UNRWA scheinen keine Wirkung zu zeigen», kommentierte Hillel Neuer seinerzeit. Er verglich die milden Konsequenzen mit einem «Klaps auf die Hand», der lediglich die Botschaft vermittle: Alles halb so wild, weiter geht’s, Business as usual. Neuer forderte erneut eine «Null-Toleranz-Politik» gegenüber jenen, die im Namen der Vereinten Nationen zu Antisemitismus oder Mord aufstachelten. Insbesondere die Hauptgeldgeber der UNRWA, beispielsweise die Vereinigten Staaten, seien aufgerufen, Konsequenzen zu ziehen und mit Nachdruck die sofortige – und endgültige – Entlassung der betreffenden Mitarbeiter zu verlangen.

Das Problem reicht allerdings erheblich tiefer, es ist ein strukturelles. Lehrer und Mitarbeiter der UNRWA, die antisemitisch eingestellt sind und Hass gegen Israel predigen, sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die UNRWA betreibt das grösste Bildungswerk des Nahen Ostens, «rund eine halbe Million Kinder lernen hier in 703 Schulen, dass sie Opfer israelischer Vertreibung sind, ein sakrosanktes ‹Rückkehrrecht› haben, das notfalls mit Gewalt durchgesetzt werden soll», wie Gil Yaron in der Tageszeitung «Die Welt» schrieb. Bei den Wahlen zu den UNRWA-Angestelltenvertretungen im September 2012 erzielte die Hamas einen deutlichen Sieg, wie David Bedein schreibt. 11.500 UNRWA-Mitarbeiter gaben demnach damals ihre Stimme ab, die Hamas gewann alle elf Sitze im Lehrersektor, sechs von sieben im Arbeitersektor und acht von neun im Dienstleistungssektor. Eine konkurrierende Liste gab es zwar – nur war es die des Islamischen Dschihad.

«Wenn eine Organisation überwiegend aus Hamas-Mitgliedern besteht, die Hamas-Ziele verfolgen, dann ist diese Organisation mit der Hamas deckungsgleich, das heisst: Die UNRWA ist die Hamas», schrieb der amerikanische Journalist Daniel Greenfield im Juli 2014 während des Gazakrieges, nachdem wieder einmal Raketen der Hamas in einer UNRWA-Schule gefunden worden waren. Greenfields Forderung lautete deshalb: «Entzieht der UNRWA die finanzielle Unterstützung!» Tatsächlich ist das Hilfswerk ein Teil des Problems und nicht der Lösung, schon weil es die Flüchtlingsproblematik verewigt, statt auf ihr Ende hinzuarbeiten. Die UNRWA folgt dem palästinensischen «Narrativ» und bekräftigt es, sie verstärkt den Antisemitismus, die Opferhaltung und den Märtyrerkult der Palästinenser. Dass sich die Hamas in ihren Reihen tummelt und pudelwohl fühlt, ist weder ein unglücklicher Zufall noch ein Versehen, sondern nur folgerichtig, denn die ganze Struktur des Hilfswerks ist darauf angelegt.

Insofern ist es auch nur der sprichwörtliche Tropfen auf dem heissen Stein, wenn Facebook-Einträge gelöscht und Mitarbeiter diszipliniert werden. Das grundsätzliche Problem bleibt unangetastet: Die UNRWA ist – das muss man so deutlich sagen – eine Propagandaabteilung der Hamas. Eine Propagandaabteilung, die von der Schweiz mit rund 20 Millionen Franken pro Jahr unterstützt wird. Offiziell ist das Geld für Bildungszwecke und das Gesundheitswesen im Gazastreifen vorgesehen, doch angesichts der Verfasstheit des Hilfswerks darf man – vorsichtig formuliert – stark bezweifeln, dass damit Gutes geleistet wird. «Die UNRWA gehört seit ihrer Gründung 1949 zu den wichtigsten strategischen Partnern der Schweiz im Nahen Osten», heisst es vonseiten des Bundesrats. Seit Juli steht die Schweiz zudem für ein Jahr dem Beratenden Ausschuss der UNRWA vor und will in dieser Funktion das Ansehen und die Glaubwürdigkeit des Hilfswerks stärken. Angesichts der Tatsache jedoch, dass die UNRWA durch ihre Konzeption, ihre Existenzgrundlage und ihre politische Struktur per se ein Friedenshindernis darstellt und die Möglichkeit einer Koexistenz der Palästinenser mit Israel unterminiert, ist jeder Versuch einer Reform letztlich bestenfalls das Herumdoktern an Symptomen.

Über Alex Feuerherdt

Alex Feuerherdt ist freier Autor und lebt in Köln. Er hält Vorträge zu den Themen Antisemitismus, Israel und Nahost und schreibt regelmässig für verschiedene Medien unter anderem für die «Jüdische Allgemeine» und «Mena-Watch». Zudem ist er der Betreiber des Blogs «Lizas Welt». Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor von »Vereinte Nationen gegen Israel«, erschienen bei Hentrich & Hentrich 2018.

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