Die einseitige Berichterstattung der BBC und der Balen-Report

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Foto Screenshot Honestreporting
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Der britische öffentlich-rechtliche Sender BBC verschwendete Unsummen für Prozesskosten, um den kritischen Balen-Report zur Nahostberichterstattung unter dem Deckel zu halten. Doch dank Medienwächtern kann jeder selber sehen, wie BBC, CNN, Al-Dschezira, ARD und Andere mit weltweiten Einschaltquoten bis heute ihren eigenen Prinzipien untreu werden, anstatt aufrichtig, korrekt und ausgewogen zu berichten.

„Das Rationale am Menschen sind seine Einsichten, das Irrationale, dass er nicht danach handelt.“  Friedrich Dürrenmatt

Israel: der älteste Bestseller, die modernste Wissenschaft, Mirakel, die sich anhören, wie gestern passiert und Fakten, die so irre sind, dass man sie nicht für möglich hält. Wer glaubt, dass es Wunderheiler, Propheten und Verkündigungen nur in biblischen Zeiten gab, unterschätzt modernen Journalismus.

Wie ein Sender sich selbst sieht:

Die BBC hat den Ehrgeiz, den besten Journalismus der Welt zu liefern: zuverlässig, ausgewogen und wahrheitsgetreu. Doch der gute Ruf wurde 2004 massiv angekratzt. Der Journalist Malcolm Balen erhielt von einem früheren Nachrichtenchef der BBC den Auftrag, die Berichterstattung zu Nahost zu prüfen. Es hatte Beschwerden über Einseitigkeit gegeben. Balen untersuchte Tausende Stunden Berichterstattung. Sein Report enthielt 20.000 Worte. Doch die BBC hielt diesen Balen-Report unter Verschluss. Der Sender zahlte Anwaltskosten in Höhe von über 350.000 Euro, um Klagen abzuwehren, den Report der Öffentlichkeit zu übergeben. Wie ein Kind, das die Augen zuhält, in der Hoffnung, dass es keiner entdeckt, zog es der Sender vor, nicht hinzugucken. Mit Erfolg: Seitdem wurde das Thema nie wieder angegangen.

Mit offenen Augen

Die Arbeit von Balen lässt sich nicht ohne Weiteres wiederholen. Aber es reicht, BBC-Berichte aus letzter Zeit zu überprüfen, um zu testen, ob der britische Staatssender tatsächlich ausgewogen und korrekt berichtet. Behilflich ist dabei der Blog BBC-Watch. Laufend verfolgt er die Nachrichten und entdeckt dabei Erstaunliches.

Ein paar Beispiele: Obgleich der El-Quds Marsch mit (verbotenen) Hamas- und Hisbollah-Flaggen und den üblichen „Tod Israel, Tod den Zionisten“-Rufen in London „vor der Nase der BBC“ vorbeizog, wurde von Seiten des Senders kein Wort darüber verloren. Während die Reporter noch nicht einmal aus dem Fenster sahen, empörten sich sogar Abgeordnete im Parlament über das von Iran initiierte „Hassfest“.

Ein ganz neues Evangelium erfinden

Es ist rührend, zu sehen, wie die hartgesottensten Kriegsreporter zu Evangelisten des Grauens werden und fernab jeglicher Fakten plötzlich biblische Töne anschlagen. „Der Kindermord zu Bethlehem“ – nie war er so aktuell wie in den modernen Nachrichten aus Nahost. Der BBC -Rückblick auf den Libanonkrieg 2006 und den Gazakrieg 2014 wurde zum kitschigen Tremolo des Klischees. Die rund 1200 / 2000 Toten auf der arabischen Seite waren posthum „überwiegend Zivilisten und Kinder“. Bei den israelischen Opfern hiess es bei 160 / 60 Toten „überwiegend Soldaten“. Man sieht förmlich die Bibelstunde der Sonntagsschule vor sich, mit Netanjahu in der Rolle des Herodes. Die BBC vergass zu erwähnen, dass mindestens die Hälfte der libanesischen Toten Hisbollah-Kämpfer waren, von denen Israel 450 sogar namentlich identifiziert hat. Im Übrigen hat der biblische Kindermord gar nicht stattgefunden. Herodes ist ein Opfer von Propaganda. Ähnlich verhält es sich mit den Toten im Gazastreifen. BBC zeigt sich unfähig, bei Kriegen mit israelischer Beteiligung bei den Fakten zu bleiben. Rücksichtsloses Vorgehen gegen „Frauen und Kinder“ klingt dramatischer. Und die „offiziellen Zahlen“ aus Libanon oder dem Gazastreifen passen viel zu gut in das gewohnte Narrativ. Deshalb werden sie nicht hinterfragt.

Lässt sich das Nichts in Worte fassen?

surit-incident-on-me-hpAm 27. Juli berichtete BBC über die Tötung des “Killers” (Anführungsstriche im Original) eines Rabbiners im Westjordanland. Ohne das Wort „Terror“ zu verwenden, zitiert BBC „Behauptungen“ der Israelis, wonach Mohammed Fakih den Mordanschlag verübt habe. Als Soldaten Fakih verhaften wollten, kam es zum Feuergefecht. Das war für BBC keine Erwähnung wert. Im Juli gab es Titel, die nicht nur in Israel Kopfschütteln hervorriefen: „Palästinenser erschossen, nachdem eine Attacke in Jerusalem zwei (Menschen) getötet hat“, „Eine Auto-Attacke in Jerusalem fordert zweites Todesopfer“, „Fahrer trifft Fussgänger in Ost-Jerusalem“. Man gewinnt den Eindruck als wenn Ausserirdische attackiert hätten, woraufhin ein Palästinenser erschossen wurde, oder dass Autos ganz von alleine angreifen und Todesopfer fordern. Auch zu dem Anschlag in Ansbach titelte BBC originell: „Syrischer Migrant stirbt bei deutscher Explosion“.

Mehrfach berichtete BBC über das „verbannte“ Buch „Lebender Zaun“ von Dorit Rabinyan. Trotz Beschwerden weigerte sich die BBC, diese Behauptung über das in jeder Buchhandlung erhältliche Buch zurückzunehmen. Ebenso hiess es, das Buch sei von der Pflichtlektüre-Liste für Schüler genommen worden. BBC-Watch monierte: Wie konnte es aus der Liste gestrichen werden, wenn es nie darauf gestanden hat?

„Ideologie ist Ordnung auf Kosten des Weiterdenkens.“ Friedrich Dürrenmatt

Medienbeobachter  

Im Zeitalter des Internet bleibt nichts unbemerkt, noch nicht einmal das, was man nicht sehen will. Neben BBC- Watch haben sich auch andere Augenöffner etabliert. In Deutschland betreibt Markus Vallen den Blog „German Media-Watch“, während in Österreich Florian Markl seit 2011 mit Mena-Watch eine Medienbeobachtungsstelle Naher Osten betreibt. In der Schweiz hat Audiatur-Online mit der Rubrik „Medien&Einspruch“ die Aufgabe übernommen, Darstellungen des Nahen Ostens auf Fehler und Verdrehungen abzuklopfen. In Israel betreibt „Palestinian Media Watch“ (PMW) das unangenehme Geschäft, palästinensische Veröffentlichungen an den Pranger zu stellen. Ein angesehener palästinensischer Journalist betrachtet PMW als „üble Propaganda-Maschine“. Er hat nicht unrecht, denn PMW spiegelt jegliche Hetze, jede Verherrlichung von Terroristen und fragwürdige Aussagen palästinensischer Politiker. Der Massstab ist Judenhass, Antisemitismus und die Unterstützung von Terror. Damit legt PMW den Finger in eine offene Wunde, zumal so das palästinensische Narrativ hinterfragt wird. Für die Palästinenser ist das umso schmerzhafter, als PMW akribisch jeder zitierten Aussage eine Quelleangabe beifügt.

Noch wirksamer ist das 1998 gegründete Middle East Media Research Institute (MEMRI) unter der Leitung von Yigal Carmon, einem ex-Terrorberater von Jitzhak Rabin. Über 80 Mitarbeiter beobachten rund um die Uhr arabische, türkische und iranische Medien. Sie schneiden Reden mit, Predigten hetzerischer Imame in Moscheen und Fernsehdiskussionen und verbreiten die Videoclips. Dank mitgelieferter Untertitel auf Englisch, Französisch und Spanisch wird so die Sprachbarriere durchbrochen. Erstmals wurden westlichen Regierungen die Augen geöffnet zu Vorgängen in der arabischen Welt. Bis dahin war das mangels Sprachkenntnissen verborgen geblieben. Wie bei PMW sind alle Mitschnitte mit Quellenangaben versehen und werden täglich per Email an 70.000 Abonnenten verschickt. Memri deckt nicht nur antisemitische Hetze auf, sondern auch oppositionelle Anzeichen und andere Entwicklungen, die arabische Tyrannen unter dem Deckel halten.

Obgleich für jedermann zugänglich, zumal die Abonnements kostenlos sind, bleibt der Einfluss dieser Medienbeobachter beschränkt. Denn sie können nicht mit der Verbreitung von ARD, ZDF, CNN, BBC, Al Dschezira und anderen Massenmedien konkurrieren. Die berieseln beharrlich die Menschen mit politisch-korrekt vorformulierten Meinungen, in der irrigen Hoffnung, dass die Realität irgendwann der Ideologie folgt. Doch die Welt ist kein Kindergeburtstag. Topfschlagen und „Blinde Kuh“ eignen sich nicht zur Minensuche und die Binde vor den Augen schützt nicht vor Terror.

„Geschönte“ Meldung bei Focus:

Am 25.07.2016 kam es in einer Troisdorfer Arztpraxis zu einer Bedrohung des Arztes. Ein 19-jähriger Bonner kam in Begleitung seiner Freundin in eine Arztpraxis in der „Alte Poststrasse“ um die früher begonnene medizinische Behandlung einer Verletzung fortzusetzen. Er war mit dem Fortgang der Behandlung nicht einverstanden und rief seinen Vater, einen 45-jährigen Bonner hinzu.

Der erschien in Begleitung eines weiteren Sohnes in der Praxis. Gemeinsam bedrohten sie den Arzt, wobei der 45-jährige dem Arzt ein Messer vorhielt, während die übrigen den Arzt umstellten, so dass er nicht fortkonnte. Anschliessend flüchtete der Vater zusammen mit seinem zweiten Sohn, einem 15-jährigen aus Sankt Augustin. Durch die zwischenzeitlich hinzugerufene Polizei wurde der 19-jährige zusammen mit seiner Freundin, einer 16-jährigen Troisdorferin, festgenommen.“

Die „Finanznachrichten“ brachten zuvor eine andere Version:

„Troisdorf: Patient ruft „Allahu Akbar!“, attackiert Arzt mit einem Messer. In Troisdorf wurde ein deutsch-türkischer Chirurg von einem Patienten und seiner Familie mit einem Messer attackiert. Die Angreifer sollen nach Angaben von Augenzeugen „Allahu Akbar“ geschrien haben. Der Staatsschutz ermittelt. Der Troisdorfer Chirurg Atilla Tan wurde in seiner Praxis von einem 19-Jährigen, seinem kleineren Bruder und seinem Vater angegriffen. Einer der Angreifer soll ein „mindestens 30 Zentimeter langes Messer“ gehabt haben, berichtet der Express. Der bewaffnete Vater soll bei seiner Attacke geschrien haben: „Ich bin Palästinenser, ich habe so viele Juden abgestochen“. Anschliessend soll er gesagt haben: „Entschuldige dich bei meinem Sohn, geh auf die Knie und küsse seine Hand.“ Die Angreifer forderten vom Arzt, auf die Knie zu gehen, was an eine Hinrichtungsszene erinnert. „Der wollte mich enthaupten“, so der Arzt zum Express. Ein Praxismitarbeiter bestätigt den Vorfall: „Der Vater trat die Praxistür mit den Worten auf: ,Wo ist der Hurensohn? Den bringe ich um‘ (…).“

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Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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