Die Ermordung von Israelis ist eine gute Sache – allerdings müssen Ort, Zeit und Ziel so gewählt werden, dass die «internationale Gemeinschaft» die Taten als legitim ansieht. Auf diesen Nenner lassen sich Äusserungen aus den Reihen der Palästinensischen Autonomiebehörde in der jüngsten Vergangenheit bringen.
Dass die Palästinensische Autonomiebehörde antisemitischen Terror gegen Israel bestenfalls in taktischer Absicht verurteilt – wenn überhaupt –, ist bereits in der Vergangenheit immer wieder deutlich geworden. Spricht sich ein PA-Politiker einmal gegen Anschläge oder Morde aus, dann in der Regel nicht aus Gründen der Humanität oder Empathie, sondern weil er befürchtet, dass solche Attacken der «palästinensischen Sache» schaden könnten. Weitaus häufiger jedoch gibt es nicht nur keine Distanzierung oder Verurteilung, sondern sogar öffentliches Lob und Unterstützung für islamistische Attentäter. Die entsprechenden Äusserungen und Verlautbarungen finden jedoch nur selten den Weg in europäische Medien. Man verlässt sich hierzulande auf die englischsprachigen Statements von Mahmud Abbas & Co. – die oft schon haarsträubend genug sind – und ignoriert Ansprachen und Stellungnahmen auf Arabisch nahezu völlig. So war es bereits zu Zeiten von Yassir Arafat, der für den Westen den gemässigten Staatsmann gab, während er gegenüber seinen Landsleuten und der arabischen Welt der kompromisslose Israelfeind blieb, der er immer war.
Es ist vor allem Institutionen wie dem Middle East Media Research Institute (MEMRI) und Palestinian Media Watch (PMW) zu verdanken, dass arabische Reden, Interviews und Artikel palästinensischer Politiker und Journalisten seit Jahren in übersetzter Form auch einem englischsprachigen Publikum zugänglich sind. Wenn sie in Europa dennoch viel zu wenig zur Kenntnis genommen werden, dann ganz gewiss nicht aufgrund einer unüberwindlichen Sprachbarriere. Auszüge einer Ansprache zum Thema Tempelberg beispielsweise, die Mahmud Abbas Mitte September hielt (und die sowohl im offiziellen TV-Programm der Autonomiebehörde ausgestrahlt als auch auf die Website des palästinensischen Präsidenten gestellt wurde), wurden von PMW auf Englisch dokumentiert. Abbas sagte unter anderem: «Die Al-Aksa-Moschee gehört uns, und die Juden haben kein Recht, sie mit ihren dreckigen Füssen zu schänden. Wir segnen jeden Tropfen Blut, der für Jerusalem vergossen worden ist, denn es ist echtes, reines Blut, das für Allah vergossen wurde. Jeder Märtyrer wird ins Paradies kommen, und jeder Verwundete wird von Allah belohnt werden.» In deutschsprachigen Massenmedien fand diese Ungeheuerlichkeit gleichwohl nur wenig Widerhall.
Unlängst hat PMW auf weitere Wortbeiträge aus den Reihen der PA aufmerksam gemacht, die eindrucksvoll zeigen, wie es um den vermeintlichen Verhandlungs- und Friedenspartner für Israel bestellt ist. So nannte Jibril Rajoub – der wegen terroristischer Aktivitäten insgesamt 17 Jahre in israelischen Gefängnissen gesessen hat, unter Arafat Sicherheitschef im Westjordanland war und heute in der PA für die Bereiche Sport und Jugend zuständig ist – Mitte Oktober im offiziellen Fernsehsender der PA Terrorangriffe auf Israelis «tapfere individuelle Handlungen, auf die ich stolz bin». Er gratuliere jedem, der sie ausführe: «dem Kämpfer, dem Gefangenen, dem Märtyrer». Diese seien «das Kapital des gesamten palästinensischen Volkes». Bei der Wahl der Anschlagsorte und Angriffsziele müsse man allerdings taktisch klug vorgehen, so Rajoub: «Die internationale Gemeinschaft ist nicht damit einverstanden, wenn in Tel Aviv ein Bus in die Luft gesprengt wird. Aber sie fragt nicht danach, was mit einem Siedler oder Soldaten in den besetzten Gebieten zur falschen Zeit und am falschen Ort passiert. Niemand fragt danach! Deshalb kämpfen wir so, dass die Welt und die internationale Gemeinschaft auf unserer Seite bleiben.»
Das heisst also: Jibril Rajoub – und damit die PA – hat nichts gegen Mord und Terror einzuwenden, ganz im Gegenteil. Er empfiehlt lediglich, vor allem solche Israelis zu töten, die auch von der Staatengemeinschaft als legitime Ziele angesehen werden. Und tatsächlich regt sich bei den seit Monaten andauernden Angriffen von Palästinensern mit Messern, Macheten und Molotow-Cocktails vor allem dann keinerlei internationaler Protest, wenn diese Attentate auf israelische Soldaten oder auf jüdische Zivilisten im Westjordanland verübt werden. Rajoubs Plan geht also auf: Die gegenwärtige Anschlagswelle schadet der «palästinensischen Sache» keineswegs. So, wie seine Worte auch ihm selbst nicht schaden werden, weil ihm schon Ende April 2013 ein Interview im libanesischen Fernsehen nicht geschadet hat, in dem er bedauerte, dass die Palästinenser keine Atomwaffen besitzen, andernfalls würden sie sie sofort gegen Israel einsetzen. Und weil es ihm auch nicht geschadet hat, dass er im September 2014 ein Fussballspiel zwischen israelischen und palästinensischen Jugendlichen mit der Begründung ablehnte, «jede gemeinsame sportliche Aktivität mit dem zionistischen Feind zum Zwecke der Normalisierung» sei «ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit».
Ein Beitrag in «Al-Hayat Al-Hadida», einer offiziellen Tageszeitung der Autonomiebehörde, vom 24. November kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie Jibril Rajoub. In dem Text, den PMW in Auszügen übersetzt hat, schreibt der Kolumnist und frühere Redakteur Hafez Al-Barghouti, nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York habe der damalige israelische Premierminister Ariel Sharon den Terminus «Terror» auch für «unseren nationalen Kampf» gebraucht. «Ich habe damals gewarnt und zur Mässigung aufgerufen, bis sich der Aufruhr um die Geschehnisse in New York gelegt hat», so Al-Barghouti weiter. «Jetzt, nach den Anschlägen von Paris, müssen wir uns ebenfalls zurückhalten, damit wir nicht für die Verbrechen des IS und seiner Konsorten mitverurteilt werden. Denn die Welt befindet sich gerade im Koma und wird wohl nicht so bald daraus erwachen. Wir müssen unsere Lektion lernen und warten.» Auch hier wird der Terror also nicht im Grundsatz verurteilt, sondern erscheint lediglich als eine Frage des «richtigen» Timings.
Schwer vorstellbar, wie Israel mit solchen Kräften auch nur zu einer halbwegs strapazierfähigen Sicherheitsregelung gelangen soll, von einem Friedensabkommen gar nicht erst zu reden. Nach wie vor ist die Palästinensische Autonomiebehörde ein Teil des Problems und nicht der Lösung. Eine Anerkennung Israels als jüdischer Staat durch sie ist noch immer kaum vorstellbar, weil sie weiterhin auf eine «Befreiung ganz Palästinas» setzt – von den Juden nämlich. Das kann sie nicht zuletzt deshalb tun, weil es aus Europa keinerlei Druck auf sie gibt, ja, weil nicht einmal ein Interesse daran besteht, Äusserungen wie die von Jibril Rajoub und Hafez Al-Barghouti auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Stattdessen wird die gesamte Aufmerksamkeit und Energie in die Delegitimierung und Dämonisierung des jüdischen Staates investiert. So sehen sie aus, die europäischen Prioritäten.
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Danke für die Übersetzung, Herr Kretschmann. Erfreulich zu sehen, dass auch aus Japan ebenso tiefsinnige wie entlarvende Fragen zur Herkunft der „Palästinenser“ gestellt werden, deren Beantwortung vermutlich noch eine geraume Zeit andauern wird.
Hierzu passt eine „Japanische Ansicht über die Palästinenser“:
http://www.al-rassooli.com/tiny-israel.html
und meine Übersetzung ins Deutsche dazu:
http://www.joachim-kretschmann.de/app/download/8393170184/Eine+Japanische+Ansicht+%C3%BCber+die+Pal%C3%A4stinenser.pdf?t=1452118164
Wie heißt es passend in der Bildunterschrift zur Fatah: „Sie ist die stärkste Fraktion innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Vollmitglied in der Sozialistischen Internationalen und hat in der Sozialdemokratischen Partei Europas Beobachterstatus.“ Daraus lässt sich leider schlussfolgern, dass die ehemals positiven Werte in der SI bzw. den sozialdemokratischen Parteien mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit pervertiert sind.
Der Text von Alex Feuerherdt unterstreicht erneut die Tatsache, dass den Palästinensern wegen ihrer Doppelzüngigkeit nicht zu trauen ist. Ihr Ziel ist die Vernichtung des israelischen Staates und seiner jüdischen Bewohner. Dass sie sich heute der scheinbar ungeteilten Unterstützung von sozialdemokratischen Parteien sicher sein können sagt viel über deren moralische und politische Verfassung aus..
Die vom Fatah-Offiziellen Jibril Rajoub vorgebrachten Äußerungen zeigen eindeutig, was von dem ganzen Weichspül-Programm „Land für Frieden“, etc. zu halten ist.
Wenn diese paramilitärische Subkultur Fatah, Hamas, usw. erst einmal eine Zweistaatenlösung in ihrem Sinne geschaffen hätte, wären aufgrund der geschmolzenen Sicherheitszone die Tage Israels gezählt.
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