Attentäterin mit Abschiedsbrief

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Abschiedsbrief und Messer der Terroristin. Foto Sicherheitsbehörden
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Rasha Awissi, 23, aus Kalkilja lief am Montagmorgen zu Fuss auf den Elijahu Checkpoint an der 55-Schnellstrasse zwischen Nablus und Kalkilja zu. Die Soldaten am Grenzübergang nach Israel hielten die junge Frau für „verdächtig“.

Sie riefen ihr zu, anzuhalten, doch sie lief unbekümmert weiter. Die Soldaten schossen in die Luft. Die Frau lief weiter. Als sie schliesslich ein Messer zückte und weiter auf die Soldaten zulief, schossen sie scharf. Die Frau wurde getötet.

In ihrer Tasche entdeckten die Soldaten später einen Abschiedsbrief, handgeschrieben auf Arabisch. “Ich beende meinen Weg. Ich tue das bei vollem Bewusstsein, in Verteidigung meines Heimatlandes für die jungen Männer und Frauen (meines Volkes)“ Weiter schrieb sie: „Ich kann es nicht länger aushalten, das zu sehen. Es ist zu viel für mich.“ Schliesslich bat sie noch um Vergebung durch ihre Mutter und Brüder, sowie ihres Verlobten.

Die israelische Terrorismusforscherin und heutige Likudabgeordnete Anat Barko, hatte in israelischen Gefängnissen während der 2. Intifada mehrere junge palästinensische Frauen befragt, um ihre (wahren) Motive für geplante Terroranschläge zu erfahren. Anders als bei jungen Männern hätten die Frauen meist persönliche Motive angegeben, darunter enttäuschte Liebe oder weil sie „Schande“ über ihre Familie gebracht hätten. Durch einen Terroranschlag, bei dem sie möglichst Juden umbringen, wollten sie die „Schande“ – etwa eine unerlaubte Schwangerschaft vor der Ehe – überwinden und sich als Märtyrerin von der palästinensischen Gesellschaft feiern lassen.

Graffiti von Ayat Al-Akhras. Foto Kay Wilson
Graffiti von Ayat Al-Akhras. Foto Kay Wilson

Ein berühmter Fall ist Ayat Al-Akhras aus dem Flüchtlingslager Dheisheh bei Bethlehem. Sie sprengte sich vor einem Supermarkt im Viertel Kirjat Jovel im März 2002 in die Luft, tötete zwei Israelis und verletzte weitere 28. Wie sich herausstellte, hatte die 17-jährige Frau vorehelichen Sex mit einem Fatah Aktivisten und verlor dabei ihre Jungfräulichkeit. Sie “rehabilitierte” sich mit dem Sprengstoffattentat. Heute wird sie als „Schahida“ (Märtyrerin) verehrt. Ihr Portrait mitsamt Pistole und „Arafattuch“ schmückt überlebensgross eine Brücke vor dem Eingang einer grossen UNO-Mädchenschule in dem Flüchtlingslager.

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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