Juden, Islamophobie und Mitgefühl für Flüchtlinge

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Wien Westbahnhof 5. September 2015. Foto Bwag. Lizenziert unter CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons.
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Es wäre unmenschlich, nicht mit Mitgefühl auf die tragischen und erschütternden Schilderungen des Leidens von Flüchtlingen zu reagieren.

Von Isi Leibler

Für Juden, mehr als für alle anderen, erwecken diese Bilder schreckliche Erinnerungen an ihre eigene kollektive Vergangenheit und an die Gräuel, die von ihren Familien und Verwandten ertragen wurden, als eine gleichgültige Welt faktisch mit den Nazis zusammenarbeitete und den Juden, die den Gaskammern entkommen wollten, einen sicheren Zufluchtsort verweigerte.

In diesem Zusammenhang ist es ironisch, dass die grosszügigste Hilfe für Flüchtlinge von den Deutschen ausgeht, die – selbst abgesehen von der Nazi-Zeit – kaum als Anhänger von Multikulturalismus bekannt waren. Viele führen dies auf einen Schuld-Reflex und Sühne für die Gräueltaten Deutschlands während des Holocausts zurück.

Es ist auch nicht verwunderlich, dass viele jüdische Gemeinden in Europa, Nordamerika und Australien derzeit an der Spitze derjenigen stehen, die von Regierungen fordern, liberaler zu sein und eine grössere Anzahl von Flüchtlingen aufzunehmen. Wir vernehmen auch leidenschaftliche Aufrufe von Rabbinern und jüdischen Laienführern, die religiöse und ethische Lehren zitieren, die uns als Juden verpflichten, Flüchtlingen Zuflucht zu gewähren. Der ehemalige britische Oberrabbiner Lord Jonathan Sacks ging sogar absurderweise so weit, eine Analogie zwischen den syrischen Flüchtlingen und den Juden in Europa während des Holocausts zu ziehen.

Flüchtlingsfamilien in Not eine helfende Hand zu reichen, ist sicher sehr lobenswert, aber Analogien zwischen diesen Flüchtlingen und den Juden, die mit der Nazi-Völkermord-Strategie konfrontiert wurden, sind nicht nur irreführend, sie trivialisieren auch den Holocaust.

Die Juden, die Zuflucht vor den Nationalsozialisten fanden, haben sich in ihre Gastgebergesellschaften integriert und nie versucht, ihnen ihre jüdischen Werte aufzudrängen – in krassem Gegensatz zu den Spannungen, die in den letzten Jahrzehnten in Europa von Elementen einer islamischen Migration verursacht wurden, die versuchen, anti-demokratische Werte durchzusetzen, die Freiheit der Meinungsäusserung einzuschränken und das Äquivalent der Scharia zu fördern. In der Tat wurden die Juden die engagiertesten Fürsprecher der Stärkung der Demokratie und leisteten wichtige Beiträge zur wirtschaftlichen und kulturellen Bereicherung der Länder, die ihnen Zuflucht gewährten.

Auch kann niemand ein einziges Beispiel anführen, bei dem ein Jude der zweiten Generation durch extremistische Rabbiner zum Terroristen wurde, während dies bei vielen muslimischen Migranten der Fall gewesen ist. In der Tat ist der Gedanke, dass Juden sich am Terrorismus in westlichen Ländern beteiligen könnten, einfach unvorstellbar.

Das Bürokraten der Europäischen Union Druck auf europäische Länder ausüben, Flüchtlinge aufzunehmen, widerspiegelt in der Tat anerkennenswerte humanitäre Absichten. Aber es besteht eine Notwendigkeit, rational zu handeln und einzusehen, dass eine wachsende Flut muslimischer Migranten nach Europa zu einer Katastrophe führen und sogar letztlich die westeuropäische Zivilisation untergraben könnte.

Das mag hysterisch klingen und bei der aktuellen Stimmung provozieren solche Anmerkungen automatisch den Vorwurf der Islamophobie und eines Mangels an Mitgefühl.

Aber die Realität ist, dass die überwiegende Mehrheit dieser „Flüchtlinge“ nicht nur aus anderen muslimischen Ländern als Syrien stammt, sondern dass 70 % davon Männer im wehrfähigen Alter sein dürften. Das bedeutet, dass die Mehrheit dieser „Flüchtlings-“ Bevölkerung nicht aus herkömmlichen Familien besteht, die Schutz suchen, sondern Männer sind, die eine wirtschaftliche Verbesserung anstreben.

Darüber hinaus werden diese grossen Zahlen wie ein Magnet wirken, mit dem Ergebnis tiefreichender demographischer Veränderungen durch Zig-Millionen von Muslimen, die aus den arabischen Ländern zu fliehen versuchen, um ein besseres Leben in Europa zu haben. Unter Berücksichtigung ihrer hohen Geburtenraten in einem Kontinent mit sinkenden Geburtenraten, könnte der Islam Europa durch demographische Mittel erobern, obwohl er militärisch vor Hunderten von Jahren auf dem Schlachtfeld besiegt wurde.

Die meisten europäischen Länder stehen bereits vor grossen Problemen mit der Integration bestehender muslimischer Gemeinschaften, die alle ernst zunehmende Extremisten in ihren Reihen haben, die mit westlichen Werten unvereinbare Ziele verfolgen und grossen gesellschaftlichen Aufruhr und Konflikte verursachen.

Wir sollten uns keinen Illusionen hingeben. Die meisten Auswanderer aus muslimischen Ländern sind mit Hass gegen westliche Werte, Verachtung der Demokratie und gehässigem Antisemitismus gross geworden. Ironischerweise wird Deutschlands Sorge, den Abschied von seiner schlimmen Nazi-Vergangenheit durch die Aufnahme grosser Mengen von „Flüchtlingen“ zu demonstrieren, unweigerlich die Stärkung des zunehmenden islamistischen Antisemitismus in Deutschland und in ganz Europa zur Folge haben.

Es wäre absurd, sich vorzustellen, dass diese Migranten auf wundersame Weise wirksamer integriert werden als ihre Vorgänger. Wir haben bereits das Gespenst der zweiten Generation von Muslimen, die in europäischen Ländern erzogen und gefördert wurden und zu Dschihadisten wurden, die freiwillig in terroristischen Milizen in Syrien dienen und in westliche Länder zurückkehren, um mit terroristischen Aktivitäten zu beginnen.

In diesem Umfeld werden Europas aktuelle Sicherheitsprobleme exponentiell zunehmen, wenn grosse Zahlen islamischer Flüchtlinge den Kontinent heimsuchen – vor allem, da es keine Mittel zur Identifizierung oder des Ausschlusses potentieller Terroristen gibt. Tatsache ist, dass ein erheblicher Teil dieser Flüchtlinge die Dschihad-Bewegung unterstützt und niemals in demokratische Gesellschaften integriert werden kann.

Dies sind in der Tat schwerwiegende Probleme, für die es keine einfache Lösung gibt. Dem Mitgefühl zu erlauben, die Politik ohne Berücksichtigung langfristiger Folgen zu bestimmen, spiegelt einen völligen Mangel an Entschlossenheit wider, die demokratischen Werte zu erhalten und ist fast vergleichbar mit Lemmingen, die sich in Richtung Schlachtbank aufmachen – ein wahres Rezept für den Niedergang der westlichen Zivilisation.

Fakt ist, dass die westlichen demokratischen Werte bedroht sind, und dass Multikulturalismus zwar ein idyllisches Konzept ist, aber nur in einem Umfeld Anwendung finden kann, in dem alle Beteiligten eine offene demokratische Gesellschaft akzeptieren. Aber leider zeigt die Realität, dass die muslimischen Radikalen an Stärke gewinnen, und während Unterschiede zwischen gemässigten und radikalen Muslimen in der Realpolitik  der globalen internationalen Weltbühne durchaus zutreffend sein mögen, deuten alle Anzeichen auf ein zunehmendes Erstarken antidemokratischer und dschihadistischer Elemente unter allen muslimischen Gemeinden im Ausland hin.

Dies wird auch durch die erstaunliche, aber hartnäckige Weigerung der reichen arabischen Ölländer unterstrichen – Saudi-Arabien und den Golfstaaten, die eine grosse Zahl asiatischer Arbeiter importieren – auch nur eine minimale Anzahl Ihrer eigenen Verwandten aufzunehmen. Sie rechtfertigen ihre Ablehnung mit der Begründung, dass solche Leute Unordnung schaffen und Sicherheitsrisiken darstellen.

Es ist auch ein Skandal, dass die Arabische Liga und die 57 Staaten umfassende Organisation der Islamischen Konferenz fromme Kommentare abgeben, aber sich dann an die nicht-muslimische internationale Gemeinschaft wenden, um Probleme zu lösen, die vom islamistischen Extremismus in den eigenen Reihen geschaffen wurden. Die wohlhabenden muslimischen Staaten sollten verpflichtet werden, die Führungsrolle bei den Bemühungen, ihre eigenen Leute zu integrieren, zu übernehmen.

Es muss intensive Bemühungen geben, die Region des Nahen Ostens zu stabilisieren. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Barbarei, die heute die Region dominiert, ein direktes Ergebnis der Sorge von US-Präsident Barack Obama ist, die Iraner nicht vor den Kopf zu stossen, und der Zurückweisung seiner Verpflichtung, gegen die Syrer einzuschreiten, nachdem Baschar al-Assad chemische Waffen gegen sein eigenes Volk einsetzte.

Es gibt keine einfachen Lösungen, aber die westliche Welt muss versuchen, diese Probleme zu lösen, ohne den Weg für antidemokratische Kräfte, die unsere Lebensweise zerstören, zu ebnen. Als Juden dürfen wir uns trotz der Identifizierung mit den grauenvollen Bildern des Leidens derjenigen, die ein besseres Leben in den westlichen Ländern finden möchten, nicht von Emotionen leiten und durch den Vorwurf der Islamophobie einschüchtern lassen. Wir müssen rational die langfristigen Auswirkungen unserer Handlungen berücksichtigen und während wir Mitgefühl zeigen und uns den Aufrufen anschliessen, Christen und Jesiden, die vom Völkermord in Syrien bedroht sind, als Flüchtlinge in den westlichen Ländern aufzunehmen, müssen wir andererseits vermeiden, eine Situation zu schaffen, in der wir den Boden dafür bereiten, dass Dschihadisten ihre Ziele mit demographischen Mitteln erreichen und die Hand fressen, die sie füttert.

Diese Kolumne wurde ursprünglich in der Jerusalem Post und Israel Hayom veröffentlicht. Isi Leibler ist ehemaliger Vorsitzender der australischen jüdischen Gemeinde und ehemaliger Vorsitzender des Verwaltungsrates des Jüdischen Weltkongresses. Leibler lebt in Israel und ist regelmässiger Kolumnist für die Jerusalem Post und Yisrael Hayom.