Der Bürgermeister von Jerusalem, Nir Barkat, weihte am Dienstag, den 24. August, in einer offiziellen Zeremonie eine neue Strasse in der israelischen Hauptstadt ein. Mit der Namensgebung für die Strasse, die nach dem wenig bekannten israelischen Juden Moshe (Miklós) Krausz genannt wurde, der während des Holocaust ungefähr 40.000 Juden gerettet hat, erfährt das Wirken von Krausz eine seltene öffentliche Anerkennung und Würdigung.
Von Michael Zeff / Tazpit
„Diese Gedenkfeier ist erst der Beginn der Korrektur einer historischen Ungerechtigkeit“, sagte Eyal Nachi, Vorstand des „Legal Forum for Israel“ und einer der Personen, die hinter dieser Initiative stehen.
„Krausz war ein Mann der zionistischen Weltbewegung und der Mizrachi-Bewegung, er hat Zehntausende von Juden gerettet, und trotzdem ist sein Name in der Öffentlichkeit unbekannt geblieben. Krausz starb allein und fast vergessen in Jerusalem, nachdem er am Ende des Zweiten Weltkrieges hierher eingewandert war“, sagte Eyal.
Krausz, der als Leiter des Palästina-Büros der zionistischen Weltbewegung in Budapest tätig war, war für die Beschaffung von Genehmigungen für die Auswanderung von Juden in das britische Mandatsgebiet Palästina verantwortlich.
Nach dem Einmarsch der Nazis in Ungarn 1944 begann Krausz mit Hilfe seiner Beziehungen zum Schweizer Vizekonsul Carl Lutz mit der Herstellung diplomatischer Schutzbriefe für Tausende ungarischer Juden und ihre ganzen Familien, was ihnen wirksame diplomatische Immunität vor den Nazis gewährte.
Darüber hinaus erhielt Krausz durch seine Schweizer Verbindung für viele private Gebäude, in denen sich Juden vor der Vernichtung durch die Nazis versteckt hielten, extraterritorialen Status unter der Schirmherrschaft der Schweizer Regierung.
Das bedeutendste unter diesen „sicheren Häusern“ war eine stillgelegte Glasfabrik in Budapest. Über 3.000 Juden benutzten das von ihnen „Glashaus“ genannte Gebäude als Versteck und überlebten dadurch den Holocaust.
„Juden aus allen Gesellschaftsschichten und mit unterschiedlichen Biografien drängten sich in den überfüllten Kellern zusammen“, sagte Mordechai Newmann, ein Überlebender des Glashauses, der die Zeremonie besuchte. „Orthodoxe Rabbiner, Aktivisten der sozialistischen Jugend, Arbeiter der Zionistischen Organisation und ihre Familien fanden alle ihren Platz im Glashaus“.
„In der Nacht zogen Mitglieder der zionistischen Jugendorganisationen Nazi-Uniformen an und schlichen sich aus den Kellern, um mehr Juden zu finden und sie in das Glashaus zu schmuggeln“, erzählt Newmann, der damals 14 war.
Trotzdem war dieser ausgeklügelte Plan, der eine so erstaunliche Zahl von Menschenleben vor der Vernichtungsmaschine der Nazis rettete, unbemerkt geblieben und hatte in Israel bis jetzt kaum öffentliche Aufmerksamkeit erhalten.
Laut Dr. Ayala Nadivi, Historiker des ungarischen Judentums, könnten die Gründe für die bisherige Anonymität von Krausz politischer Natur gewesen sein.
„Es gab zwischen den damaligen jüdischen und zionistischen Organisationen eine Menge interner Machtkämpfe und politische Eifersüchteleien“, sagte Dr. Nadivi. „Krausz war Mitglied der Mizrachi-Bewegung, während die jüdische Führung im britischen Mandatsgebiet Palästina überwiegend aus der Mapai-Bewegung (Arbeiterpartei des Landes Israel) bestand. Unabhängig von den Rettungsbemühungen von Krausz und Lutz gründete Mapai das Budapester Rettungskomitee und ernannte Israel Kastner zu dessen Leiter“.
„Später wurde mit dem Ende des britischen Mandats und der Gründung des Staates Israel eben diese Mapai zur regierenden Partei in Israel. Als Kasztner der Kollaboration mit den Nazis bei seinen Rettungsaktionen beschuldigt wurde, gab Krausz vor Gericht eine nachteilige Aussage gegen ihn ab. Ab diesem Zeitpunkt und obwohl es offensichtlich Aufzeichnungen zu den Rettungsbemühungen von Krausz gibt, wird er von keiner einzigen nationalen Organisation oder Zeitung anerkannt“, erklärte Dr. Nadivi.
Nach Nachi Eyal war es das 2014 erschienene Buch von Dr. Nadivi „Zwischen Krausz und Kasztner: Die Schlacht zur Rettung der ungarischen Juden“, das der Katalysator für das Wiedererscheinen des Namens von Krausz in öffentlichen Dokumenten war.
„Nachdem mein Assistent mich auf das Buch aufmerksam machte und ich es gelesen hatte, fühlte ich mich verpflichtet, bei Bürgermeister Barkat eine Eingabe zu machen“, sagte Eyal. „Nach der Einreichung eines Antrags und aller notwendigen Unterlagen, wie die von Dr. Nedivi zusammengestellten historischen Aufzeichnungen, willigte der Bürgermeister ein und benannte eine Strasse in Jerusalem nach diesem Mann, der mehr Juden als Schindler und Kasztner zusammen gerettet hat und selbst Jude war“.
Die Einweihungszeremonie wurde von Eyal und Dr. Nadivi, Überlebenden des Glashauses und ihren Nachkommen sowie vom ehemaligen Luftwaffenkommandeur, General Eliezer Shkedi und von Orit Strook, Abgeordneter der Knesset, besucht.
Die Bemühungen von Dr. Nadivi und des „Legal Forum for Israel“, die bemerkenswerte Geschichte von Krausz und sein Vermächtnis wiederherzustellen und zu bewahren, enden nicht mit der Namensgebung für die Strasse. „Ich habe bereits einen Brief an Erziehungsminister Naftali Bennett geschickt und ihn gebeten, die Geschichte von Krausz und der von ihm geretteten 40.000 Juden in den Lehrplänen der nationalen Schulen zu berücksichtigen“, sagte Eyal.